Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401261/7/MB/WU

Linz, 14.02.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der X, StA: Armenien, vertreten durch X, wegen Anhaltung in Schubhaft vom 31. Jänner 2013 bis 6. Februar 2013 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung der Bf in Schubhaft vom 31. Jänner 2013 bis 6. Februar 2013 für rechtswidrig erklärt.

II.     Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat der Beschwerdeführerin den Verfahrensaufwand in Höhe von 751,90 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 17/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 31. Jänner 2013, GZ.: Sich40-1296-2013, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. Abs. 2 Z 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF – FPG – iVm. § 57 AVG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet und im PAZ X, vollzogen.

 

Die belangte Behörde führt zunächst zum Sachverhalt aus, dass die Bf am 30. Jänner 2013 um 17.00 Uhr bei der PI X in der EAST-West vorstellig geworden sei und unter den Personalien: X, geb. X, StA Armenien, einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich einbrachte. In diesem Zusammenhang habe die Bf einen nationalen Führerschein und eine armenische Geburtsurkunde zur Vorlage gebracht; ein nationales Reisedokument konnte die Bf nicht vorweisen. Nachfolgend wird von der belangten Behörde die Niederschrift von der Erstbefragung nach dem AsylG abgelichtet. Hieraus ergibt sich im Wesentlichen, dass nach ersten Angaben der Bf diese an behandelten Bluthochdruck leide. Zudem ergab sich, dass die Bf weder zu ihrem Vater, noch zu ihrer Mutter im Heimatstaat näheren Kontakt pflege, sie in den USA und in Griechenland lebende Schwestern zu ihrer Familie zählen könne, des weiteren aber zu Österreich keinen familiären oder freundschaftlichen Bezug habe. 2012 habe sie den Entschluss zur Ausreise aus Armenien gefasst, da sie aufgrund ihrer geschlechtlichen Einstellung von ihrem Vater und auch der heimatlichen Polizei verfolgt werde. Sie sei sodann legal aus ihrem Heimatstaat ausgereist und schlepperunterstützt nach Österreich eingereist. Der Reisepass sei der Bf in Kiew vom Schlepper abgenommen worden. Als Reiseroute gab die Bf an, dass sie mit einem Reisebus von Erewan nach Tiflis gefahren sei und sodann von einem unbekannten Mann in Empfang genommen wurde. Sodann sei sie zum Flughafen gebracht worden und nach Kiew geflogen. In Kiew sei sie von einer Person namens "Sascha" abgeholt worden und mit dem PKW zu einem LKW Terminal gebracht worden. Auf einem LKW sei sie nach Österreich verbracht worden und sei in Linz ausgestiegen. In Linz sei sie dann zu Fuß zu einem Taxistand gegangen und mit diesem um ca. 120 Euro zur EAST-West gefahren. Auf Vorhalt, dass sie ein Visum von Tschechien inne haben solle, verweigerte die Bf die weiteren Aussagen im Verfahren. Begründend führt die Bf in der Vernehmung an, dass ihr Schweigen einerseits mit den Fluchtgründen zu tun habe und sie andererseits vorab die Rechtsberatung in Anspruch nehmen möchte, bevor sie weiteres aussage. Weiters führt die belangte Behörde aus, dass die Bf im Besitz eines von 20. Dezember 2012 bis zum 15. März 2013 gültigen Visums für die Tschechische Republik sei. Dieses Visum sei zum Besuch einer tschechischen Familie ausgestellt worden. Diesbezüglich führt die belangte Behörde aus, dass die Bf bei der Erstbefragung am 31. Jänner 2012 trotz ausdrücklicher Belehrung, dass unwahre Aussagen nachteilige Folgen haben könnten, die Unwahrheit wiedergegeben habe. Sowohl der Fluchtweg bzw. die Reiseroute als auch die Angaben zur Existenz des tschechischen Visums seien gelogen gewesen. Zusammenfassend sei dahingehend festzuhalten, dass die Verhaltensweise der Bf auch völlig dem Grundgedanken der Genfer Flüchtlingskonvention widerspräche, da von einem Asylantragsteller sehr wohl erwartet werden dürfe, dass er wahrheitsgemäße Angaben zur Fluchtsituation, Fluchtzeitpunkt, Fluchtweg und zu einem etwaigen Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat mache. Zudem bestehe der dringende Verdacht, dass die Bf auch bei der Visumserteilung durch die tschechischen Behörden diese getäuscht habe.

 

In rechtlicher Hinsicht folgert die belangte Behörde zunächst, dass der Aufenthalt der Bf in Österreich als unrechtmäßig zu bezeichnen sei. Weiters sei die Bf mit ihrem Vermögen von 240,16 Euro als völlig mittellos anzusehen.

 

Es zeige sowohl das Verhalten der Bf in Österreich als auch das Verhalten der Bf zu den tschechischen Behörden, dass sie nicht gewillt sei, sich dem tschechischen Asylverfahren zu stellen. Anstelle unter Verwendung des tschechischen Visums direkt nach Tschechien einzureisen und dort den Asylantrag zu stellen, habe die Bf es vorgezogen, illegal nach Österreich einzureisen. Tschechien bzw. die tschechischen Behörden habe die Bf bloß dazu benutzt, sich – vermutlich unter Vorspiegelung von vollkommen falschen Voraussetzungen – eine Einreise in die Mitgliedsstaaten zu verschaffen. Auch sei festzuhalten, dass die Bf Tschechien vollkommen für ungeeignet halte um dort den Asylantrag zu stellen, bzw das Verfahren durchzuführen. Sie habe es vielmehr vorgezogen, illegal nach Österreich einzureisen und mit der Asylantragstellung ihren Aufenthalt zu legalisieren, sowie eine Abschiebung zu vermeiden und so das Dublin-Regime zu unterlaufen. Zu diesem Zweck habe die Bf ihre Mitwirkungspflicht nicht erfüllt und den österreichischen Behörden eine in sämtlichen Punkten frei erfundene Flucht- und Reisewegsituation beschrieben. Zudem habe die Bf Urkunden unterdrückt, indem sie ihr Reisedokument nicht vorgelegt habe.

 

Nach Ansicht der belangten Behörde sei dem von der Bf praktizierten "Asylantragstourismus" entschieden entgegen zu treten, um ein geordnetes Fremdenwesen aufrecht zu erhalten.

 

Folgernd führt die belangte Behörde aus, dass, nachdem die Bf mit dem von ihr geschildertem Sachverhalt gescheitert sei, zu befürchten sei, dass die Bf auf freiem Fuß belassen sich dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werde. Bei der Wahl der Mittel, zur Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung sei zu beachten, dass die Bf als Zielland Österreich erkennen lasse und einen weiteren Aufenthalt in Tschechien nicht als Option ansehe. Die Bf werde sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen, um eine Außerlandesbringung nach Tschechien mit Erfolg zu vereiteln. Dass der Bf die Dublinrelevanz Tschechiens bewusst sei, liege auf der Hand, da die Bf andernfalls nicht beharrlich den Sichtvermerk unterdrückt hätte.

 

1.2. Gegen die Anhaltung in Schubhaft erhob die Bf per Telefax, datiert mit 5. Februar 2013, durch ihre rechtsfreundliche Vertretung – rechtzeitig - Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat.

 

Zum Sachverhalt führt die Bf zunächst aus, dass sie am 30. Jänner 2013 in das Bundesgebiet eingereist sei und am selben Tag aus eigenem Antrieb und freiwillig einen Asylantrag gestellt habe. Über die Bf sei am 31. Jänner 2013 von der belangten Behörde die Schubhaft verhängt worden und befinde sich die Bf seit diesem Tag auch in Schubhaft.

 

Rechtlich führt die Bf zunächst aus, dass die Verhängung der Schubhaft als unverhältnismäßig anzusehen sei. Nach Wiedergabe einschlägiger Judikate führt die Bf aus, dass die Schubhaft ohne ausreichende Begründung verhängt worden sei. Mit der konkreten Situation der Bf habe sich die belangte Behörde nicht hinreichend auseinander gesetzt. Zudem befinde sich das Asylverfahren der Bf in einem sehr frühen Stadium und bedarf es daher bei der Verhängung des Schubhaftgrundes nach Z 4 besonderer Gründe, die ein Untertauchen des Fremden schon in diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In diesem Zusammenhang könne die der Bf angelastete Ausreiseunwilligkeit alleine nicht das Sicherungserfordernis begründen. Vielmehr sei zu erkennen, dass sich die Bf unmittelbar und freiwillig nach ihrer Einreise zur EAST begeben und einen Asylantrag gestellt habe. Sie habe bisher in Österreich kein Verhalten gesetzt, welches Schlüsse darauf zulasse, dass sie sich dem Verfahren bzw. der Abschiebung entziehen werde. Aus dem Verschweigen des tschechischen Visums lasse sich vielmehr ableiten, dass die Bf ein Interesse am österreichischen Asylverfahren hat. Weiters wird die Nichtanwendung des gelinderen Mittels moniert. Dies wird im Wesentlichen mit der bestehenden Judikatur des UVS Oö. begründet. Auch wird ein Widerspruch zur VO (EG) 1560/2003 vorgebracht.

 

Die Bf stellt abschließend die Anträge, der UVS möge

  • die Verhängung der Schubhaft und
  • die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären sowie
  • Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung und der Eingabegebühr zuzuerkennen.

 

2.1. Die belangte Behörde übermittelte dem Oö. Verwaltungssenat den bezughabenden Verwaltungsakt samt Gegenschrift und Antrag auf kostenpflichtige Abweisung mit Schreiben vom 6. Februar 2013 zur weiteren Entscheidung.

 

Inhaltlich weist die belangte Behörde auf das Verhalten der Bf im Rahmen der asylrechtlichen Erstbefragung hin und stellt folgende Punkte besonders heraus:

  • Mehrfache illegale Grenzübertritte
  • Bewusste Verschleierung des Visums von Tschechien
  • Bewusste Falschangaben trotz schriftlicher und mündlicher Belehrung zur Erschleichung eines Aufenthaltsrechtes
  • Keine Bezugspunkte innerhalb Österreichs
  • Keinen Sprachbezug zum deutschsprachigen Raum
  • Keine gesicherte Identität
  • Bewusstes Vernichten und Unterdrücken von Unterlagen und Papieren

 

Zudem wird ausgeführt, dass die Frist für die Zustimmung des Mitgliedsstaates im Rahmen des Dublinverfahrens am 5. März 2013 abläuft.

 

Sofern trotz der vorliegenden Sachlage sich ein fragwürdiges Gesamtbild ergeben würde, was wiederum die Abweisung der Beschwerde nicht zulassen würde, wird von der belangten Behörde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

 

2.2. Mit Schreiben vom 7. Februar 2013 forderte der Oö. Verwaltungssenat den Dolmetscher, welcher bei der Ersteinvernahme nach dem AsylG und bei der Bescheidausfertigung anwesend war, auf, folgende Fragen zu beantworten:

  • Hat die Bf bis zur Schubhaftbescheidübernahme Fragen zum Staat Tschechien beantwortet?
  • Hat die Bf bis zur Schubhaftbescheidübernahme in irgend einer Art geäußert nicht nach Tschechien verbracht zu werden?

 

Der Dolmetscher, Herr X, antwortete hierauf mit Schreiben vom 10. Februar 2013 wie folgt:

"Vor Beginn der Erstbefragung wurde, wie bei allen Asylwerbern, die Vorstellung und die Belehrung durchgeführt, u.a. Mitwirkungspflicht und Wahrheitspflicht. Bei der Befragung war Frau X sehr unkooperativ und machte falsche Angaben. Schließlich wurde sie konkret befragt, ob für sie ein Tschechien-Visum ausgestellt wurde, ob sie in Tschechien gewesen ist, beide Fragen wurden verneint. Auf die Frage, wo sich ihr Reisepass befindet, antwortete sie zuerst, der Schlepper nahm ihr den Reisepass in Kiew ab. Bei späterer Wiederholung dieser Frage antwortete sie, sie wisse nicht, wo sich der Reisepass befindet. Daraufhin sagte Frau X, sie möchte zuerst die Rechtsberatung in Anspruch nehmen, dann werde sie die weiteren Fragen beantworten. Erst als sie, begleitet von Polizeibeamten, die BH verlassen wollte (nach Übernahme des Schubhaftsbescheides), sagte sie plötzlich, sie habe ihren Reisepass weggeworfen, und sie besaß ein Tschechien-Visum. Sie sei hierhergekommen, um ein ruhiges und freies Leben zu führen. Was sie mit hierher meinte, habe ich nicht verstanden."

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und der Stellungnahme des Dolmetschers hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1.1.,1.2. und 2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, im Wesentlichen unstrittigen, entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass die Bf vom 31. Jänner 2013 bis zum 6. Februar 2013 aufgrund des Bescheides der belangten Behörde in Schubhaft angehalten wurde, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich die Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates nicht mehr in Schubhaft befand, sondern am 6. Februar 2013 aus dieser entlassen wurde, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG keine umfassende Prüfung der Anhaltung und des ihr zugrunde liegenden Bescheides vorzunehmen, sondern war im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf Internationalen Schutz, so kann gemäß § 76 Abs. 6 FPG diese aufrechterhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1.      in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2.      sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden      oder

3.      eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

3.4.1. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu bemerken, dass in der ersten polizeilichen Einvernahme der Bf nach ihrer selbsttätigen Stellung am 30. Jänner 2013, bekannt wurde, dass die Bf für die Tschechische Republik ein bis 15. März 2013 gültiges Visum hat, aber dennoch nach Österreich illegal eingereist ist und widerstreitende Angaben hiezu vorbrachte. Es liegt somit im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung jedenfalls Grund für eine Annahme gem. § 76 Abs. 2 Z 4 FPG vor. Umso mehr, als selbst ein alleiniger Eurodac-Treffer idR von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als ausreichend für die angesprochene Annahme angesehen wird (s dazu VwGH 30. August 2007, Zl. 2007/21/0043). Die Anwendbarkeit des § 76 Abs. 2 Z 4 FPG kann somit dem Grunde nach bejaht werden. Des weiteren ist zu erkennen, dass ab dem Zeitpunkt der Mitteilung gem. § 29 AsylG 2005 im gegenständlichen Verfahren gem. § 27 AsylG 2005 das Ausweisungsverfahren als eingeleitet gilt und somit ab 4. Februar 2013 die Bf nach dem Grund des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG in Schubhaft angehalten wurde.

 

3.5. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person der Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sie sich dem Verfahren gem. § 76 Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.5.1. Zuvorderst ist festzuhalten, dass die Bf zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Verhängung der Schubhaft nicht in Strafhaft o.ä. befindlich war. Insofern hat die belangte Behörde rechtsrichtig einen Mandatsbescheid gem. § 57 AVG erlassen.

 

3.6. Zur Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Schubhaft ist darzulegen, dass entgegen den Ausführungen der Bf die belangte Behörde umfassend auf die Umstände eingegangen ist, welche zur hier vorzunehmenden Beurteilung heranzuziehen sind. Eine umfassende Sicht des Verhaltens der Bf lässt jedoch die von der Behörde gezogenen Schlüsse nicht zu. Eingangs gilt es zu erkennen, dass die Bf selbsttätig bei den österreichischen Behörden vorstellig geworden ist. Insofern kann schon aus diesem Umstand der Schluss gezogen werden, dass ein grundsätzliches Interesse der Bf an einem asylrechtlichen Verfahren in Österreich besteht. Nach erfolgter Stellung der Bf hat diese zusätzlich dazu Ausweisdokumente vorgelegt, welche Anhaltspunkte zur Feststellung ihrer Identität liefern können (Führerschein und Geburtsurkunde). Auf Basis der sohin ermittelten Identität der Bf – welche mit der von der Bf angegebenen übereinstimmt – war es der belangten Behörde wiederum möglich, den Umstand zu ermitteln, dass die Bf in Besitz eines (bis März 2013 gültigen) Visums der Tschechischen Republik ist. Nach Schilderung des vermeintlichen Reiseweges und der Fluchtgründe durch die Bf kam es sodann zum Vorhalt betreffend die Existenz dieses Titels. Ab diesem Zeitpunkt zog sich die Bf auf dem Standpunkt zurück, ohne Rechtsberatung nichts mehr zu sagen. Einerseits ergibt sich hieraus ein gravierender Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten der Bf an ihrem eigenen Asylverfahren, doch ist aus den – im ersten Moment getroffenen – Aussagen der Bf zu erkennen, dass diese Verneinung der Mitwirkung keine absolute ist, sondern vielmehr immer verknüpft wird mit der Forderung nach Rechtsberatung. In diesem Sinne stellt die Forderung nach Rechtsberatung eine Forderung nach Beratung oder m.a.W nach Hilfe dar. Insofern lässt sich auch hieraus wieder mit guten Gründen ein Interesse am positiven Verlauf des Verfahrens begründen. In Zusammenschau mit der selbstätigen Stellung der Bf, der Herausgabe der Urkunden als Feststellungshilfe für deren Identität (Führerschein und Geburtsurkunde) kann der von der belangten Behörde gezogene Schluss mit der, in diesem sehr weit vom Abschluss des Verfahrens entfernten Lage, notwendigen Quantität und Qualität nicht getroffen werden. Es kann nach Zusammenschau all dieser Gründe gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom bevorstehenden Entziehen aus dem Verfahren gesprochen werden. Weder sind Anhaltspunkte vorhanden, welche von einer besonderen Flexibilität und Erfahrung der Bf im Hinblick auf ihre bisherigen Reisebewegungen, Erfahrungen mit ähnlichen Situationen ("Dublinerfahrung"), Aliasidentitäten, sonstige Verschleierungsmaßnahmen etc. zeugen, noch gibt es weitere – zusätzlich zur verweigerten Mitwirkung und Angabe widerstreitender Angaben – Anhaltspunkte, welche ein entsprechendes Persönlichkeitsprofil der Bf zeichnen.

 

Hinzutritt an dieser Stelle der Umstand, dass eine mögliche Alternativenlosigkeit betreffend der Verfahrensführung in der Person der Bf nicht zu erkennen ist – eine derartige psychologische Drucksituation ist nicht indiziert. Wenn die belangte Behörde folgert, dass die Bf unter keinen Umständen eine Asylverfahrensführung in der Tschechischen Republik wünscht, so vermag dies nicht hinreichend begründet werden. Zwar muss erkannt werden, dass aus den Augen eines erfahrenen "Asyltouristen" eine derartige Verfahrensführung in der Tschechischen Republik, ob der "Irreführung" der tschechischen Behörden unter schlechten Vorzeichen stehend bewertet werden kann, doch ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Bf derartiges Wissen zur Verfügung hat. Vielmehr lässt der von ihr geschilderte Abreisezeitpunkt und die vor dem Hintergrund des Dublinmechanismus sinnwidrige Visumsausstellung Gegenteiliges vermuten. Bestätigt wird dies dadurch, dass eine Negation der Verfahrensführung ausdrücklich von der Bf weder im Rahmen der Vernehmung, noch im Rahmen der Bescheidaushändigung ausgesprochen wurde.

 

3.7. Zusammenfassend kann sohin erkannt werden, dass zwar isoliert betrachtet ein offenkundiger Verstoß gegen die asyl- und fremdenrechtliche Mitwirkungspflichten gegeben ist, jedoch im Gesamtkontext mit dem sonstigen Verhalten, nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer Ver- oder Behinderung des Ausweisungs- oder Abschiebeverfahrens/vorganges bis zur Enthaftung gesprochen werden kann. Insbesondere wurde von der Bf nicht erwähnt, dass eine Verfahrensführung in der tschechischen Republik keine Alternative ist. Auch der Umstand der Enthaftung lässt dahingehend keine Rückschlüsse zu, zumal die Bluthochdruckerkrankung bereits im Zeitpunkt der asylrechtlichen Erstbefragung (Frage 4.) wahrheitsgemäß beantwortet wurde und keinerlei Anzeichen eines wie auch immer gearteten Freipressens erkennbar sind.

 

3.8. Somit mangelt es schon an der Erforderlichkeit der getroffenen Maßnahme für den gesamten Zeitraum der Anhaltung.

 

3.9. Ein näheres Eingehen auf die sonst in der Beschwerde geäußerten Einwendungen erübrigt sich somit.

 

4. Es war also aufgrund obiger Darlegungen die Anhaltung der Bf in Schubhaft vom 31. Jänner 2013 bis zum 6. Februar 2013 für rechtswidrig zu erklären und spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) zu einem Aufwandersatz in Höhe von 737,60 Euro zuzüglich der Eingabegebühren in Höhe von 14,30 Euro zu verpflichten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 18,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

 

Markus Brandstetter

 

 

 

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