Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550624/9/Kü/Ba VwSen-550627/3/Kü/Ba

Linz, 28.03.2013

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über den Antrag der H K GmbH,  vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. P L, B, I, vom 7. Februar 2013 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der Linz Service GmbH für Infrastruktur und Kommunale Dienste betreffend das Vorhaben "Container­portalkran mit Drehlaufkatze und Teleskopspreader für das Containerterminal im Stadthafen Linz" sowie auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren, zu Recht erkannt:

 

 

Die Anträge werden abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 7 und 23 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 68/2010 iVm §§ 2, 187 und 236 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl.I Nr. 17/2006 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 7. Februar 2012 hat die H K GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zu­schlags­erteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von  insgesamt 2.400 Euro beantragt.

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die Auftraggeberin mit Bekanntmachungsnummer 2012/S 105-175700 am 1.6.2012  ein Verhandlungs­verfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausge­schrieben habe. Die Angebotsfrist habe am 29.6.2013 (richtig wohl: 2012) geendet. Es haben zwei Verhandlungsrunden und zwei neuerliche Angebots­legungen am 7.8.2012 und 27.11.2012 der im Verfahren verbliebenen Bieter stattgefunden. Am 20.12.2012 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass sie als Bestbieterin hervorgegangen sei. In diesem Schreiben habe die Antrag­stellerin ein Arbeitsblatt mit einer Preisaufstellung für Instandsetzungs­arbeiten über 15 Jahre sowie eine Bewertungsmatrix der Angebote der Antragstellerin und der K K GmbH erhalten. Aus dieser Aufstellung sei ersichtlich gewesen, dass das Angebot der Antragstellerin 92,58 Punkte und das Angebot der Zweitgereihten K K GmbH 92,50 Punkte erhalten habe. Mit Schreiben vom 27.12.2012 sei die Zuschlagsentscheidung von der Auftraggeberin zurückgenommen worden. Mit Bekanntmachung vom 29.01.2013 wurde nunmehr der Antragstellerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der K K GmbH mit einer Gesamtpunktezahl von 92,80 Punkte erteilen zu wollen. Begründet wurde die Entscheidung dahingehend, dass der Unterschied zur zurückgezogenen Zuschlagsmitteilung vom 20.12.2012 in der um 0,3 höheren Bewertung des Bestbieterangebots, Kriterium 2.3 (Lieferzeit) bestehe, da entsprechend den Vorgaben der Ausschreibung ganzzahlig zu interpolieren gewesen sei, und alle sonstigen Details der Bewertung der Beilage zur Mitteilung vom 20.12.2012 entnommen werden könnten. Das Ende der Stillhaltefrist sei mit 8.2.2013 festgesetzt worden.

 

Bei der ersten Zuschlagsentscheidung vom 20.12.2012 sei das Angebot der Antragstellerin mit 92,58 Punkten bewertet worden und habe sich die Bewertungsmatrix wie nachfolgend angeführt dargestellt:

1. Preis: 78,8 Punkte

2. Qualität, Zuverlässigkeit, Wartungsfreundlichkeit: 13,8 Punkte

    2.1. erhöhte Gewährleistungsfristen: 2 Punkte

    2.2. Verfügbarkeit: 4 Punkte

    2.3. Lieferfrist: 2 Punkte

    2.4. Eigenfertigung: 1,8 Punkte

    2.5. Wartungsfreundlichkeit: 4 Punkte

 

Die K K GmbH habe für ihr Angebot 92,50 Punkte erhalten, welche sich wie folgt zusammengesetzt haben:

1. Preis: 84 Punkte

2. Qualität, Zuverlässigkeit, Wartungsfreundlichkeit: 8,5 Punkte

    2.1. erhöhte Gewährleistungsfristen: 2 Punkte

    2.2. Verfügbarkeit: 0 Punkte

    2.3. Lieferfrist: 1,7 Punkte

    2.4. Eigenfertigung: 0,8 Punkte

    2.5. Wartungsfreundlichkeit: 4 Punkte

 

Es werde die Zuschlagsentscheidung vom 29.1.2013 angefochten, weil die Auftraggeberin die Berechnung der Lieferzeit falsch bewertet habe. Hiezu wurde näher ausgeführt, dass die Antragstellerin eine Lieferfrist von 12 Monaten und die präsumtive Zuschlagsempfängerin eine Lieferzeit von 13 Monaten angeboten habe. Die Auftraggeberin habe in der ersten Zuschlagsentscheidung vom 20.12.2012 eine lineare Interpolation zugrunde gelegt, mit dem Ergebnis, dass die Antragstellerin 2 Punkte und die präsumtive Zuschlagsempfängerin 1,7 Punkte erhalten habe. Nach Widerruf der ersten Zuschlagsentscheidung habe die Auftraggeberin die Punkte neu berechnet und die Formulierung der Ausschreibung "ganzzahlige Interpolation" zugrunde gelegt, was zur Folge gehabt habe, dass der Wert von 1,7 auf 2 Punkte aufgerundet worden sei und somit beide Bieter 2 Punkte erhalten hätten, obwohl einer 12 und einer 13 Monate Lieferfrist angeboten habe. Die Bewertung der präsumtiven Zuschlags­empfängerin mit 2 Punkten bei einer Lieferzeit von 13 Monaten würde bestritten und sei richtig zu stellen.

 

Dazu sei auszuführen, dass Interpolation per definitionem ein Verfahren zur näherungsweisen Ermittlung eines unbekannten Funktionswertes mit Hilfe von bekannten Funktionswerten an benachbarten Stellen sei. Interpolation würde besonders bei Zeitreihen, Summenfunktionen und statistischen Tabellen, etwa der Standardnormalverteilung, angewendet. Dabei könne grafisch oder rechnerisch vorgegangen werden. Interpolation würde meist als lineare Interpolation durchgeführt, dh es würde unterstellt, dass die zu interpolierende Funktion linear sei.

 

Gegenständlich könne davon ausgegangen werden, dass es sich um eine lineare Interpolation handeln solle, da dies die einfachste, verbreitetste und konkret wohl auch sinnvolle Methode sei. Der ersten Zuschlagsentscheidung sei genau diese Berechnung zugrunde gelegt worden.

 

Unklar sei, worauf sich das Erfordernis der Ganzzahligkeit beziehen soll, und zwar auf den Eingangswert (Monate) oder den Ergebniswert (Punkte). Folgende Möglichkeiten der Auslegung könnten gesehen werden:

1.         Rundung der Eingangswerte auf ganze Monate, anschließend lineare Interpolation

2.         Lineare Interpolation, anschließend Rundung der Ergebniswerte

3.         Interpolation der definierten minimalen und maximalen Ergebniswerte

 

Im Ergebnis sei festzuhalten, dass Auslegungsmöglichkeiten 1 und 3 dazu führen würden, dass dem Angebot der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen sei. Nur bei Anwendung der Auslegungsmöglichkeit 2 das Angebot der K K GmbH vorzuziehen wäre.

 

Der Auslegungsmöglichkeit 2 widerspreche aber die Definition einer Inter­polation, zumal sich die Ergebniswerte einer linearen Interpolation nämlich definitionsgemäß auf einer stetig steigenden/fallenden Funktion befinden und naturgemäß nicht nur ganzzahlige Werte liefern würde. Die über Interpolation ermittelten Ergebniswerte anschließend in ganze Zahlen umzuwandeln, führe zu einem Ergebnis, das dem grundsätzlichen Ziel und Wesen einer Interpolation widerspreche.

 

Dem Zweck und Wesen einer Interpolation entspreche einzig die erste Auslegungsmöglichkeit. Bei der Auslegungsmöglichkeit 2 ergebe sich auch, dass jeder Bieter mit einer Lieferzeit zwischen 12 Monaten und 13,5 Monaten 2 Punkte erhalte, jeder zwischen 13,6 und 16,5 Monate 1 Punkt und jeder darüber 0 Punkte. In der Ausschreibung sei aber klar definiert worden, dass eine Lieferzeit bis (einschließlich) 12 Monate mit 2 Punkten zu bewerten sei und dies für 13 Monate Lieferzeit nicht gelten könne. Zudem ergebe sich im gesamten restlichen Bewertungsmodell an keiner Stelle ein Hinweis darauf, dass auf ganzzahlige Punktwerte abzustellen sei. Im Gegenteil: Bei mehreren Kriterien seien Bruchteile von Punkten vorgesehen. Das Endergebnis sei gar auf zwei Nachkommastellen genau ermittelt worden.

 

Von der Antragstellerin wurde hinsichtlich der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden verwiesen und daraus geschlossen, dass der Auftraggeber nicht durch Runden des Ergebnisses eine nicht vorhersehbare Bewertung herbeiführen dürfe, die noch dazu zu einem Bietersturz geführt habe.

 

Der Schaden wurde von der Antragstellerin mit ca 449.552 Euro (Kostenangebot, Verhandlung, entgangener Deckungsbeitrag) beziffert. Zudem drohe auch der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Im Übrigen erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf

-                    Durchführung eines ordentlichen und transparenten Vergabeverfahrens,

-                    Zuschlagserteilung aufgrund der Zuschlagskriterien,

-                    Bietergleichbehandlung bzw Nichtdiskriminierung

-                    einen freien und lauteren Wettbewerb,

 verletzt.

 

2. Die Auftraggeberin führt in ihrer Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag vom 13.2.2013 aus, dass der von der Antragstellerin geschilderte Sachverhalt im Wesentlichen den Tatsachen entspricht. Zu ergänzen sei, dass der gegenständ­liche Lieferauftrag im Sektorenregime ausgeschrieben worden sei und der Grund für die Zurücknahme der am 20.12.2012 übermittelten beabsichtigten Zuschlagsentscheidung nicht in einer anderen Interpretation der von der Antragstellerin in Zweifel gezogenen Festlegung ("dazwischen würde ganzzahlig interpoliert") zu suchen sei, sondern dies schlicht auf einen Berechnungsfehler beruhe.

 

Zunächst sei festzuhalten, dass mangels Anfechtung der Ausschreibungsunter­lagen diese Bestandskraft erlangt hätten, weshalb die gegenständlichen Zuschlagskriterien eine unveränderliche Grundlage der Bewertung der einge­langten Angebote darstellen würden.

 

Die Antragstellerin habe während des gesamten Verhandlungsverfahrens weder schriftlich noch mündlich nachgefragt, wie die Festlegung ("dazwischen wird ganzzahlig interpoliert") zu verstehen sei. Der Antragstellerin sei der Sinn dieser Festlegung somit offensichtlich immer klar verständlich gewesen und stehe dies in Widerspruch zu ihrer nunmehrigen Behauptung, es würde eine Auslegungs­bedürftigkeit der gegenständlichen Festlegung vorliegen.

 

Die Antragstellerin vermeine nun, dass bei der Festlegung – "dazwischen wird ganzzahlig interpoliert" – fraglich sei, ob sich das Erfordernis der Ganzzahligkeit auf den Eingangswert (Monate) oder den Ergebniswert (Punkte) beziehe. Die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage stelle sich aber überhaupt nicht. Bei der gegenständlichen Festlegung beziehe sich das Adjektiv "ganzzahlig" eindeutig auf das Verb "interpoliert". Es diene daher, dem Wesen eines Adjektivs ent­sprechend, der näheren Beschreibung des Verbs "interpoliert" und damit der näheren Festlegung des Interpolationsvorganges. Daher könne die Festlegung nur so verstanden werden, dass das Ergebnis der Interpolation eine ganze Zahl zu sein habe. Die Antragstellerin reiße aber das Wort "ganzzahlig" aus seinem sprachlichen Zusammenhang und fingiere – ohne entsprechende sprachliche Grundlage – eine Verbindung zwischen dem Wort "ganzzahlig" und den von den Bietern zur Dauer der Lieferzeit (= Eingangswert) gemachten Angaben. Diese willkürliche Vorgangsweise könne aber durch die Textierung der Ausschreibungs­unterlagen nicht gerechtfertigt werden, widerspreche den Grundsätzen der §§ 914ff ABGB und sei damit unzulässig.

 

Selbst wenn eine Auslegungsbedürftigkeit bestehen sollte, seien die von der Antragstellerin bevorzugten Auslegungsmöglichkeiten 1 und 3 weder vom Wortsinn noch von der Absicht der Ausschreibenden gedeckt, sodass sie auch nicht als Ergebnis einer allfälligen Auslegung in Betracht kommen würden.

 

Bei Auslegungsmöglichkeit 1 (Rundung der Eingangswerte auf ganze Monate, anschließend lineare Interpolation) würde das Wort "ganzzahlig" in unzulässiger Weise – wie bereits erläutert – auf die Eingangswerte bezogen. Aus diesem Grund und weil nicht ersichtlich sei, warum die Festlegung "dazwischen wird ganzzahlig interpoliert" so zu verstehen sein solle, dass zunächst gerundet und sodann interpoliert würde, sei diese Auslegungsmöglichkeit nicht vom Wortsinn gedeckt und damit unzulässig. Darüber hinaus führe die Auslegungsmöglichkeit 1 dazu, dass die Angaben der Bieter (Lieferzeit in Monaten) gerundet würden und damit die Basis der Bewertung verfälscht würde. Nach dem Verwaltungsgerichts­hof (Erkenntnis vom 31.5.2000, 2000/04/0014) könne dem Ausschreibenden ohne weitere Hinweise aber nicht unterstellt werden, er würde eine rechtswidrige Vorgangsweise beabsichtigen, sodass die Auslegungsmöglichkeit 1 auch nicht durch die Absicht der Ausschreibenden gerechtfertigt werden könne. Letztlich liefere die Auslegungsmöglichkeit 1 auch kein ganzzahliges Ergebnis, sodass sie auch nicht den Festlegungen der Ausschreibung entspreche.

 

Auch die Auslegungsmöglichkeit 3 (Interpolation der definierten minimalen und maximalen Ergebniswerte), wonach eine Lieferzeit von 12 Monaten mit zwei Punkten, jene von 18 Monaten mit null Punkten und alle dazwischen liegenden Lieferzeiten mit einem Punkt bewertet werden sollen, sei unzulässig. Aus der Festlegung in der Ausschreibung ergebe sich jedenfalls, dass der Bewertung ein Interpolationsvorgang zugrunde gelegt würde. Aufgrund der von der Antrag­stellerin selbst angeführten Definition bedeute Interpolation die näherungsweise Ermittlung eines unbekannten Wertes mit Hilfe von bekannten Werten an benachbarten Stellen. Nach der Auslegungsmöglichkeit 3       bedürfe es aber weder eines Interpolationsvorganges noch müsste ein unbekannter Wert ermittelt werden, weil die für die jeweilige Lieferzeit zu vergebenden Punkte ohnehin bereits feststünden. Daher lasse sich die Auslegungsmöglichkeit 3 mit dem Wortlaut der gegenständlichen Festlegung nicht rechtfertigen.

 

Ebenso wenig sei die Auslegungsmöglichkeit 3 durch die Absicht der Aus­schreibenden rechtfertigbar. Im Hinblick auf die Absicht der Auftraggeberin sei festzuhalten, dass eine kürzere Lieferfrist für die X GmbH zwar vorteilhaft, dieser Vorteil aber nicht besonders gravierend sei, weshalb beim Zuschlagskriterium "Lieferfrist" die Wertigkeit geringerer Zeitdifferenzen mit der festgelegten Ganzzahligkeit gegenüber den anderen Kriterien innerhalb der Gesamtmatrix relativiert – aber nicht gänzlich beseitigt – werden sollte. Hätte die Auftraggeberin das von der Auslegungsmöglichkeit 3 produzierte Ergebnis gewollt, hätte sie lediglich festlegen müssen, dass eine Lieferzeit von 12 Monaten mit zwei Punkten, jene von 18 Monaten mit null Punkten und alle dazwischen liegenden mit einem Punkt bewertet würden. Es könne der Auftraggeberin jedoch nicht unterstellt werden, sie hätte dieses (Auslegungs-)Ergebnis mit der Formulierung "dazwischen wird ganzzahlig interpoliert" erreichen wollen, sodass auch die Auslegungsmöglichkeit 3 nicht den Grundsätzen der Auslegung entspreche und daher unzulässig sei.

 

Der Festlegung ("dazwischen wird ganzzahlig interpoliert") könne somit sinn­voller­weise nur die Bedeutung beigemessen werden, dass das Ergebnis der Interpolation eine ganze Zahl zu sein habe und nicht ganzzahlige Interpolations­ergebnisse entsprechend gerundet würden. Somit sei das Kriterium Lieferzeit entsprechend den in der Ausschreibung getroffenen Festlegungen korrekt bewertet worden.

 

3. Die K K GmbH als präsumtive Zuschlagsempfängerin hat rechtzeitig begründete Einwendungen gegen den Nachprüfungsantrag erhoben. Darin wurde festgehalten, dass es im Wesentlichen um die Bewertung der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit 13 Monaten veranschlagten Lieferfrist mit zwei Punkten gehe. In der ersten Zuschlagsentscheidung vom 20.12.2012, die am 27.12.2012 von der Auftraggeberin widerrufen worden sei, seien der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für die Lieferfrist lediglich 1,7 Punkte zugesprochen worden.

 

Ihres Erachtens werfe die Festlegung "dazwischen ist ganzzahlig zu interpolieren" gar keine Unklarheiten auf. Der genannten Festlegung liege nämlich ein ein­deutiger objektiver Sinngehalt zugrunde. Danach könnten ausschließlich ganz­zahlige Zahlen gemeint sein. Dies bedeute bereits begrifflich einen Ausschluss von Zahlenfraktionen bzw. "Komma-Zahlen". Daher liege, mangels Unklarheiten, gar kein Bedarf einer Auslegung vor, um einen eindeutigen objektiven Sinngehalt zu ermitteln.

 

Sowohl Verwaltungsgerichtshof als auch Bundesvergabeamt würden in ständiger Rechtsprechung judizieren, dass bei der Auslegung von Ausschreibungsbe­stimmungen die für die Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen maßgeb­lichen zivilrechtlichen Grundsätze anzuwenden seien. Wesentlich sei demnach der objektive Erklärungswert. Es sei demnach nicht nur auf den Wortsinn abzustellen, sondern auch auf die dem Erklärungsempfänger – im Vergaberecht dem Bieter bzw. Bewerber – erkennbare Absicht des Erklärenden – im Vergaberecht des Auftraggebers. Dies bedeute, dass selbst für den Fall, dass man von einer Unklarheit ausginge und folglich von dem Erfordernis der Auslegung, jedenfalls besonderes Augenmerk auf die einzuhaltenden Auslegungs­schritte zu legen wäre. Letztere seien, insbesondere in ihrer von der ständigen Rechtsprechung vorgeschriebenen Reihenfolge, strikt einzuhalten. Auszugehen sei demnach vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung. Wenn an diesem Punkt keine Unklarheit fortbestehe, bedürfe es auch keiner weiteren Auslegung.

 

Genau dies sei hier der Fall. Dem Begriff "ganzzahlig" wohne nur ein denkmög­licher Wortsinn inne. Dieser beziehe sich auf ganze Zahlen. Ganze Zahlen würden den Ausschluss von jeglicher Zahlenfraktion, also etwa Zahlen "mit Komma" oder Bruchzahlen bedingen. Das in diesem Fall erforderliche  Auf- oder Abrunden des nach linearer Interpolation ermittelten Wertes nach kaufmännischen Grund­sätzen sei ausdrücklich als anzuwendende Methode und zulässig judiziert.

 

Der von der Antragstellerin vorgebrachten Auslegungsmöglichkeit 1 sei entgegenzuhalten, dass sich die von der Antragstellerin als wesentlich gewertete Frage, worauf sich das Erfordernis der Ganzzahligkeit beziehe, gar nicht stelle. Dies bereits aus dem Grund, dass allein aufgrund des Wortsinns und der eindeutig erkennbaren Absicht des Auftraggebers, ausschließlich eine ganzzahlige Interpolation des Ergebniswertes (der Bewertungspunkte) gemeint sein könne. Der Auftraggeberin könne keinesfalls unterstellt werden, dass sie festlegen wolle, Bewertungs­grundlagen letztlich abzuändern bzw. zu beeinflussen. Würde man bei den Lieferfristen Rundungen vornehmen, würden damit direkt Leistungsbestandteile des Angebots bzw. Zuschlagskriterien verfälscht. Ein solches Ab- oder Aufrunden der angegebenen Lieferzeit würde hingegen einen unzulässigen Eingriff in die Vergleichbarkeit der Angebote und die objektive Ermittlung des Bestbieters und somit in zentrale Regelungszwecke der Auftrags­vergabe darstellen. Dies könne der Auftraggeberin zulässigerweise nicht unterstellt werden; und natürlich auch nicht im Wege der Auslegung.

 

In Auslegungsmöglichkeit 3 lege die Antragstellerin ein starres Zuordnungs­regime fest, das in Widerspruch zu ihrem eigenen Verständnis ("Definition") einer Interpolation stehe. Die genannte Auslegungsmöglichkeit enthalte gerade keine näherungsweise Ermittlung eines unbekannten Funktionswerts mit Hilfe von bekannten Funktionswerten an benachbarten Stellen, sondern ein starres System. Im Übrigen sei der Auftraggeberin keinesfalls zu unterstellen, tatsäch­lich ein starres Zuordnungsregime beabsichtigt zu haben, denn dann hätte sie lediglich eine entsprechende Festlegung vornehmen müssen (etwa "Lieferzeiten über 12 Monate bis unter 18 Monaten: 1 Punkt").

 

Bei der Auslegungsmöglichkeit 2 unterliege die Antragstellerin in ihrer Beurteilung offenbar einem methodischen Fehler. Bei genauerer Betrachtung zeige sich, dass die von der Auftraggeberin angewandte Bewertungsmethode keineswegs den Regeln der Interpolation widerspreche. Das Kriterium der Ganz­zahligkeit stellt schlicht eine zusätzliche Präzisierung der anzuwendenden (linearen) Interpolation dar (eindeutig in der adverbiellen Formulierung in der Ausschreibung "ganzzahlig interpoliert"). Daher liege kein wie von der Antrag­stellerin behaupteter Widerspruch vor. Vielmehr könnten sehr wohl auch Komma-Zahlen als Ergebniswerte erzielt werden. Diese seien anschließend jedoch in ganze Zahlen umzuwandeln. Dies ergebe sich daraus, dass die Auftraggeberin (bei dieser Position) eine ganzzahlige Interpolation vorgegeben habe und nicht nur eine "normale", nicht weiter spezifizierte Interpolation.

 

Das bei der Antragstellerin offenbar vorhandene Verständnis einer Interpolation in zwei Schritten, nämlich einer linearen Interpolation und "weiters" einer ganzzahligen Interpolation finde im eindeutigen objektiven Wortsinn keine Deckung und könne auch mittels Auslegung nicht ermittelt werden. Tatsächlich gehe es um einen einziger Interpolationsvorgang, der mit dem Erfordernis von ganzzahligen Endwerten bedingt bzw. spezifiziert ist. In der Festlegung der Auftraggeberin, eine Aufspaltung in zwei Interpolationsvorgänge sehen zu wollen, sei demnach unzulässig.

 

Die in Rede stehende Formulierung sei von Anfang an unverändert in den Ausschreibungsunterlagen enthalten gewesen. Wäre der Antragstellerin etwas unklar gewesen, hätte sie die Möglichkeit, ja sogar die Pflicht gehabt, die Auftraggeberin umgehend darauf hinzuweisen bzw. eine entsprechende Anfrage zu stellen. Ebenso wenig habe die Antragstellerin die verfahrensgegenständliche Festlegung im Rahmen eines Nachprüfungsantrags hinsichtlich der Ausschreibung einer Prüfung unterzogen.

 

4. Die Stellungnahmen der Auftraggeberin sowie der präsumtiven Zuschlags­empfängerin wurden der Antragstellerin in Wahrung des Parteiengehörs vorgelegt. In ihrer Stellungnahme vom 7.3.2013 führt die Antragstellerin aus, dass unstrittig sei, dass die Ausschreibungsbestimmungen präkludiert seien. Bestritten wird jedoch weiterhin, dass das bestandfest gewordene Zuschlags­kriterium Lieferzeit nach den Festlegungen der Ausschreibung bewertet worden sei.

 

Die Antragstellerin habe im Zuge des Verfahrens nie zu den Feststellungen hinsichtlich der Bewertung der Lieferzeit nachgefragt, weil aus ihrer Sicht klar hervorgehe, dass nur der Bieter, der eine Lieferzeit von 12 Monaten anbiete, auch die volle Punktezahl zwei erhalten würde und die dahinterliegenden Bieter jedenfalls weniger Punkte erhalten müssten. Dieses Verständnis sei auch durch die Antragsgegnerin selbst bestätigt worden, indem sie bei ihrer ersten Bewertung die Lieferzeit von 13 Monaten mit 1,7 Punkten bewertet habe. Erst aufgrund der Tatsache, dass die Antragsgegnerin im Zuge ihrer zweiten Bewertung eine nicht nachvollziehbare Rundung durchgeführt habe, deren Ergebnis mit einer Interpolation nichts mehr zu tun habe, scheine jedenfalls eine Auslegungsbedürftigkeit offenkundig zu sein.

 

Wenn die Antragsgegnerin nunmehr schreibe, dass eine "kürzere Lieferfrist für sie zwar vorteilhaft wäre, dieser Vorteil aber nicht gravierend sei", stelle sich die Frage, warum die Auftraggeberin dann überhaupt die Lieferzeit als Zuschlags­kriterium gewählt habe. Als Bieter könne davon ausgegangen werden, dass ein Auftraggeber nur die für ihn wichtigen Punkte als Zuschlagskriterien festlege, die eine Feststellung über ein besseres und ein schlechteres Erfüllen der Leistung, somit eine objektive Bewertung im Sinne einer Einstufung zulassen würden. Daher gehe die Argumentation der Auftraggeberin ins Leere, zum anderen habe die Auftraggeberin in ihrer ersten Zuschlagsentscheidung eine Lieferzeit von 13 Monaten geringer bewertet als eine Lieferzeit von 12 Monaten. Auch wenn man unterschiedlicher Auffassung darüber sein könne, wie der Begriff "ganzzahlig interpoliert" in der Ausschreibung zu verstehen sei, so sei jedenfalls auszu­schließen, dass es die erkennbare Absicht der Antragstellerin gewesen sei, eine Lieferzeit von 12 Monaten gleich zu bewerten wie eine Lieferzeit von 13 Monaten.

 

Die in den Stellungnahmen der Antragsgegnerin und der präsumtiven Zuschlags­empfängerin angewandte Auslegung zwischen den Begriffen "ganzzahlig" und "interpoliert" führe, wenn die Ganzzahligkeit durch Rundung erreicht würde, jedenfalls zu einem Widerspruch in sich und decke sich keinesfalls mit den Grundsätzen über rechtsgeschäftliche Erklärungen gemäß §§ 914ff ABGB und die für den Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vergabeakt der Auftraggeberin, insbesondere die Ausschreibungs­unterlagen und das Prüfprotokoll sowie die Schriftsätze der Verfahrensparteien. Da sich bereits aus diesen Unterlagen der ent­scheidungswesentliche Sachverhalt ergeben hat, konnte gemäß § 19 Oö. VergRSG 2006 von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal auch die Antragstellerin im Schriftsatz vom 12.3.2013 ihren ausdrücklichen Verzicht darauf erklärte.

 

5.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Ausschreibungsbekanntmachung zum gegenständlichen Vergabeverfahren erfolgte national am 14.6.2012 in Folge 12 der X Zeitung und europaweit am 5.6.2012 im Supplement zum X unter 2012/S 105-175700. Demnach handelt es sich um einen Lieferauftrag im Oberschwellenbereich (Versorgungssektoren) der im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens dem wirtschaftlich günstigsten Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Ausschreibungsunter­lagen, der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Verhandlung angeführt sind, erteilt werden soll. Als ausschreibende Stelle fungiert die X GmbH. Das Ende der Angebotsfrist wurde mit 29.6.2013 festgelegt.

 

Gemäß den allgemeinen Bewerbungs- und Vertragsbedingungen der X AG (Punkt 1.12.2 Zuschlagskriterien) sind die Zuschlagskriterien auftragsspezifisch und werden daher in den Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis oder einem Beiblatt angeführt.

 

Im Beiblatt "Vergabe des Lieferauftrags für den Containerportalkran im Containerterminal Linz – Auftragskriterien und deren Gewichtung" erfolgen nachstehende Festlegungen:

 

I.                     Auftragskriterien:

1.       Preis und Wartungskosten

2.       Qualität, Zuverlässigkeit, Wartungsfreundlichkeit

 

II.                   Unterkriterien für die einzelnen Positionen und deren Wertung

Es werden folgende Unterkriterien zur Anwendung kommen:

1.       Preis:

·         Das unter Erfüllung der Leistungsbedingungen lt. Technischer Spezifikation niedrigste Gesamt-Preisangebot für den Kran inklusive Spreader und Zusatzoptionen gem. Techn. Spezifikation, Ziffer 13.2 bis 13.8 wird mit 84 Punkten bewertet.

·         Die Bewertung der weiteren Bieterangebote ergibt sich aus dem Reziprokverhältnis des jeweiligen Gesamt-Preisangebots zum Bestangebot, multipliziert mit 84.

 

                2. Qualität/Zuverlässigkeit/Wartungsfreundlichkeit:

·         Erhöhte Gewährleistungsfristen …..                                                                    bis 4 Punkte

 

·         Erhöhte Verfügbarkeit der Krananlage …..                                                       bis 4 Punkte

 

·         Lieferfrist des Krans von Auftragserteilung bis Abnahme   bis 2 Punkte

-         Lieferfrist 12 Monate                                                2 Punkte

-         Lieferfrist 18 Monate                                                0 Punkte              

                               dazwischen wird ganzzahlig interpoliert.

 

·         Anteil der Eigenfertigung am Lieferumfang                                       bis 2 Punkte

-         Konstruktion

-         Stahlbau

-         Maschinentechn. Ausrüstung

-         Montage und Elektroinstallation

-         Spreader

                               (jede Position wird mit 0,5 Punkten bewertet, max. jedoch 2 Punkte)

 

·         Wartungsfreundliche Konstruktion der Krananlage …..                 bis 4 Punkte


III.           Auswertungsmodus

Die eingereichten Angebote werden zunächst einer Punktbewertung anhand der vorgenannten Bewertungskriterien unterzogen. Die in einzelnen Kriterien erreichten Punktezahlen werden zur Gesamtbewertung summiert. Die Höhe der Gesamtbewertungszahl bestimmt die Reihenfolge der Angebote.

Es werden maximal drei Bieter zur Vertragsverhandlung eingeladen. Bieter, deren Gesamtbewertungszahl mehr als 10% von der Bestwertung abweicht, scheiden aus dem Vergabeverfahren aus.

 

Der Zuschlag wird demjenigen Bieter erteilt, der im Ergebnis der Vergabeverhandlungen nach vorgenannten Kriterien das für den Auftraggeber günstigste Angebot unterbreitet.

 

 

Nach erfolgter Auswahl der Teilnehmer am Verhandlungsverfahren erfolgten zwei Verhandlungsrunden und insgesamt zwei neuerliche Angebotslegungen am 7.8.2012 und am 27.11.2012 durch die beiden im Verfahren verbliebenen Bieter, und zwar der Antragstellerin und der K K GmbH.

 

Nach Überprüfung und Bewertung der Angebote teilte die Auftraggeberin mit Schreiben vom 20.12.2012 die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Antrag­stellerin mit, wobei das Angebot der Antragstellerin mit insgesamt 92,58 Punkten bewertet wurde. Laut Bewertungsmatrix der Auftraggeberin wurde der Preis mit 78,78 Punkten und die Qualität, Zuverlässigkeit, Wartungsfreundlichkeit in Summe mit 13,8 Punkten bewertet, wobei die Lieferfrist mit 2 Punkten bewertet wurde.

 

Die K K GmbH erhielt für ihr Angebot 92,50 Punkte, wobei der Preis mit 84 Punkten und die Qualität, Zuverlässigkeit, Wartungsfreundlichkeit in Summe mit 8,5 Punkten (Lieferfrist mit 1,7 Punkten) bewertet wurden.

 

Mit Schreiben vom 27.12.2012 teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin sowie der K K GmbH mit, dass die Zuschlagsentscheidung vom 20.12.2012 zurückgezogen wird. Festgehalten wurde, dass die Zuschlagsentscheidung vom 20.12.2012 damit obsolet ist und die Antragstellerin nach Überprüfung der Bewertung aller Zuschlagskriterien das Ergebnis in einer neuen Zuschlagsmit­teilung bekanntgeben wird. In der Folge wurde von der Auftraggeberin das beratende Ingenieurbüro mit einer Neubewertung der Auftragskriterien insbe­sondere dem Kriterium Lieferfrist betraut. Von dem beratenden Ingenieurbüro wurde im Prüfbericht festgehalten, dass dem bekanntgegebenen Auftragskriterien zufolge die Lieferfrist des Krans ein bewertungsrelevantes Auftragskriterium ist, wobei eine Lieferfrist von 18 Monaten mit null Punkten, eine Lieferfrist von 12 Monaten mit zwei Punkten bewertet werden soll. Die vom Bieter K K GmbH ange­botene Lieferfrist von 13 Monaten ist daher rechnerisch mit 1,667 Punkten zu bewerten. In Übereinstimmung mit der Punktebewertung der übrigen Bewertungskriterien ist ursprünglich die Abrechnung zunächst mit einer Kommastelle, also 1,7 Punkte erfolgt. Abweichend von dieser Genauigkeit für die Differenzierung der eng beieinander liegenden Angebote ist in den Bewertungs­kriterien ausdrücklich vermerkt, dass die Bewertung der Lieferfrist per ganz­zahlinger Interpolation erfolgen soll. Aus diesem Grund muss daher das Bewertungsergebnis des Bieters K K auf zwei Punkte aufgerundet werden.

 

Die Neubewertung der Angebote durch die Auftraggeberin hat demnach eine Gesamtbewertung von 92,80 Punkten für die K K GmbH und für die Antragstellerin eine Gesamtbewertung von 92,58 Punkten ergeben. Auf Grundlage dieser neuen Bewertung hat die Auftraggeberin mit Schreiben vom 29.1.2013 den beiden Bietern die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die K K GmbH als technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot mitgeteilt. Festgehalten wurde, dass das erfolgreiche Angebot mit 92,80 Punkten und das Angebot der Antragstellerin mit 92,58 Punkten bewertet wurde. Der Unterschied zur zurückgezogenen Zuschlagsmitteilung vom 20.12.2012 besteht in der um 0,3 Punkte höheren Bewertung des Bestbieterangebots, Kriterium 2.3. (Lieferzeit), da entsprechend den Vorgaben der Ausschreibung ganzzahlig zu interpolieren war.

 

Innerhalb der Stillhaltefrist, welche mit 8.2.2013 festgesetzt wurde, wurde von der Antragstellerin der gegenständliche Nachprüfungsantrag eingebracht.

 

5.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Darstellung der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag, welche von der Auftraggeberin als richtig bezeichnet wurde, und ist zudem durch die vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens belegt. Insofern steht der Sachverhalt unbestritten fest.

 

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

6.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Alleiniger Gesellschafter der "X GmbH für Infrastruktur und Kommunale Dienste" ist die Linz AG für Energie, Telekommunikation, Verkehr und Kommunale Dienste, welche im 100%igem Eigentum der Stadt Linz steht. Die Vergabe fällt daher in den Vollzugsbereich des Landes iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

6.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Die Antragstellerin hat den gegenständlichen Nachprüfungsantrag innerhalb der in § 4 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 festgesetzten Frist eingebracht, der Antrag ist daher rechtzeitig. Zudem weist der Antrag die in § 5 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 festgelegten Inhalte auf, weshalb dieser auch als zulässig zu werten ist. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Lieferauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich-Sektoren anzuwenden.

 

6.3. Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1.      sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs. 1 Z. 5 geltend gemachten Recht verletzt, und

2.      diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.dd BVergG 2006 stellt die Zuschlagsentscheidung im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

 

6.4. Gemäß § 6 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 sind Parteien des Nachprüfungsverfahrens jedenfalls der Antragsteller bzw. die Antragstellerin und der Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Nach § 6 Abs.2 leg. cit. sind Parteien ferner jene Unternehmer bzw. Unternehmerinnen, die durch die vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin begehrte Entscheidung unmittelbar in ihren rechtlich geschützten Interessen nachteilig berührt sein können (Antragsgegner bzw. Antragsgegnerinnen). Insbesondere ist im Fall der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter bzw. die für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieterin Partei.

 

Der in einer Zuschlagsentscheidung für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter bzw. die für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieterin verliert gemäß § 6 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 die Parteistellung, wenn er bzw. sie nicht binnen zehn Tagen ab Zustellung der Verständigung über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens (§ 18 Abs. 3) begründete Einwendungen gegen die vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin begehrte Entscheidung erhebt.

 

Die K K GmbH als präsumtive Zuschlagsempfängerin wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 7.2.2013 vom gegenständlichen Nachprüfungsantrag verständigt. Mit Schriftsatz vom 18.2.2013 und somit rechtzeitig, wurden von dieser begründete Einwendungen gegen die beantragte Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung erhoben.

 

Zu diesem, bereits oben wiedergegebenen Vorbringen ist festzustellen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin rechtzeitig ihre nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ausreichend begründeten subjektiven Interessen dargelegt hat, weshalb sie ihre Parteistellung im Verfahren gewahrt hat.

 

6.5. Gemäß § 187 Abs.1 BVergG 2006 sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

 

Nach § 236 Abs.3 BVergG 2006 erster Satz hat der Sektorenauftraggeber, wenn der Auftrag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden soll, im Aufruf zum Wettbewerb, in der Aufforderung zur Interessensbestätigung gemäß § 251, in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Verhandlung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben.

 

6.6. Die Antragstellerin bekämpft die Zuschlagsentscheidung ausschließlich dahingehend, als die Auftraggeberin anhand der vorgegeben Auftragskriterien die Punktebewertung der Lieferzeit falsch berechnet hat. Fest steht, dass die Antragstellerin eine Lieferzeit von 12 Monaten und die präsumtive Zuschlagsempfängerin eine Lieferzeit von 13 Monaten angeboten haben. Unstrittig ist die Bewertung der Antragstellerin mit vollen zwei Punkten. Die Bewertung der K K GmbH mit zwei Punkten bei einer gebotenen Lieferzeit von 13 Monaten wird von der Antragstellerin bestritten und sei richtigzustellen.

 

Die mangels Anfechtung bestandsfest gewordenen Auftragskriterien sehen bei der Lieferfrist des Krans von Auftragserteilung bis Abnahme von 12 Monaten zwei Punkte vor, bei einer Lieferfrist von 18 Monaten null Punkte, wobei festgelegt wird, dass "dazwischen ganzzahlig interpoliert wird".

 

Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist daher einzig und allein die Frage, ob die bestand­fest gewordenen Zuschlagskriterien betreffend Lieferfrist entsprechend den in der Ausschreibung getroffenen Festlegungen angewendet wurden oder nicht.

 

Sowohl Verwaltungsgerichtshof als auch Bundesvergabeamt judizieren in ständiger Rechtsprechung, dass die Ermittlung des Inhalts der Ausschreibungs­unterlagen nach den Regeln der §§ 914f ABGB zu erfolgen hat. Dabei ist die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen war und somit, wie diese ein redlicher Erklärungsempfänger zu verstehen hatte (VwGH 29.3.2006, Zlen. 2004/04/0144, 0156, 0157).

 

Eine Verständnisbeurteilung des Begriffs "dazwischen wird ganzzahlig interpoliert" anhand dieser Kriterien führt – wie auch von der Auftraggeberin vertreten – zur Annahme, dass sich das Wort "ganzzahlig" als nähere Beschreibung des Interpolationsvorganges versteht. Der Auftraggeberin ist beizupflichten, wenn sie meint, dass diese Festlegung nur so verstanden werden kann, dass das Ergebnis der Interpolation eine ganze Zahl zu sein hat. Allein aus der systematischen Aufgliederung der Auftragskriterien, in denen neben dem Preis auch für Qualität, Zuverlässigkeit und Wartungsfreundlichkeit Kriterien aufgestellt werden, für die entsprechende Punkte zu vergeben waren, kann von einem objektiven Erklärungsempfänger nur darauf geschlossen werden, dass sich die Wendung "dazwischen wird ganzzahlig interpoliert" hinsichtlich der Liefer­fristen nur auf die Punktebewertung und nicht auf die Dauer der Lieferzeit beziehen kann.

 

Nicht nachvollziehbar ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat die Darstellung der Antragstellerin, wonach die von ihr dargestellte Auslegungsvariante 1 (Rundung der Eingangswerte auf ganze Monate, anschließend lineare Inter­polation) der ersten Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers zugrunde gelegt worden ist. Vielmehr erklärt sich der ursprünglich für die Lieferzeit von 13 Monate festgelegte Wert von 1,7 Punkten als Ergebnis der linearen Interpola­tion, ohne allerdings die in den Auswahlkriterien vorgegebene Ganzzahligkeit zu berücksichtigen. Insofern ist der von der Auftraggeberin eingestandene Berechnungsfehler im Zuge der Erstbewertung nachvollziehbar. Unter Anwendung der mathematischen Rundungsregelungen, um das Erfordernis der ganzen Zahl als Ergebnis der Interpolation zu erreichen, ergibt sich somit, dass für Lieferzeiten von 12 Monaten bzw. 13 Monaten jeweils zwei Punkte anhand der vorgegebenen Kriterien zu vergeben waren. Diese Sichtweise entspricht der auch von der Auftraggeberin dargestellten Auslegungsmethode 2.

 

Gegen die von der Antragstellerin dargestellte Auslegung 1. spricht weiters auch – wie von der Auftraggeberin zutreffend ausgeführt –, dass die Angaben der Bieter (Lieferzeit in Monaten) gerundet würden und damit eine Verfälschung der Bewertungsgrundlagen verbunden wäre. Die Auftraggeberin ist mit ihrem dies­bezüglichen Vorbringen, wonach eine derartige Verfälschung vor dem Hintergrund, dass die Zuschlagskriterien die Vergleichbarkeit der Angebote ermöglichen, und der objektiven Ermittlung des Bestbieters dienen müssen, im Recht und kann der Auftraggeberin jedenfalls nicht ohne konkret vorliegende Hinweise unterstellt werden, eine rechtswidrige Vorgangsweise zu beabsichtigen.

 

Der von der Antragstellerin dargestellten Auslegungsmethode 3 steht – wie von der Auftraggeberin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gleichlautend eingewendet – entgegen, dass dieser Form der Bewertung entgegen der klaren Regelung in den Auftragskriterien kein Interpolationsvorgang zugrunde gelegt wird. Ausgehend von der bereits von der Antragstellerin zutreffend festge­haltenen Definition der Interpolation bedarf es allerdings bei der von ihr darge­stellten Auslegungsmöglichkeit 3 keines Interpolationsvorganges, um einen unbekannten Wert zu ermitteln, da bei dieser Sichtweise ohnehin von vornherein die für die Lieferzeiten zu vergebenden Punkte feststehen würden. Mit der Vorgabe in den Auftragskriterien, wonach "dazwischen ganzzahlig interpoliert wird", steht daher jedenfalls diese Auslegungsmethode nicht im Einklang.

 

Im Hinblick auf die Anzahl der für die Lieferzeit zu vergebenden Punkte in Relation zu der vergebenen Gesamtpunktezahl sind die Ausführungen der Auftraggeberin, wonach eine kürzere Lieferfrist zwar vorteilhaft ist, dieser Vorteil aber nicht besonders gravierend ist und daher beim Zuschlagskriterium Lieferfrist die Wertigkeit geringerer Zeitdifferenzen mit der festgelegten Ganzzahligkeit gegenüber anderen Kriterien innerhalb der gesamten Matrix relativiert werden sollte, nachvollziehbar.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kommt daher zum Schluss, dass die Festlegung "dazwischen wird ganzzahlig interpoliert" gemessen an objektiver Beurteilung der Sachlage von einem verständigen Bieter nur so verstanden werden kann, dass eine Interpolation mit dem Ergebnis einer ganzen Zahl durchzuführen ist, wobei nicht ganzzahlige Interpolationsergebnisse unter Anwendung der mathematischen Rundungsregel auf eine ganze Zahl gesetzt werden.

 

Insgesamt kommt der Unabhängige Verwaltungssenat aufgrund der darge­stellten Gründe zum Ergebnis, dass die Auftraggeberin die Bewertung der Lieferzeit entsprechend den Vorgaben in der Ausschreibung umgesetzt hat und damit die Bewertung der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Liefer­zeit von 13 Monaten mit zwei Punkten entgegen den Darstellungen im Nach­prüfungsantrag nicht rechtswidrig ist. Da somit keine falsche Bewertung vorliegt, sind die im gegenständlichen Antrag aufgezeigten Rechtsverletzungen nicht gegeben, weshalb der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung abzuweisen war.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

7. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Gemäß § 23 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 besteht ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde.

 

Da dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nicht stattzugeben war, konnte daher auch kein Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren ausgesprochen werden und war der entsprechende Antrag abzuweisen.

 

8. Im gegenständlichen Verfahren sind für die Antragstellerin Stempelgebühren in der Höhe von 67,30 Euro und für die K K GmbH Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Entsprechende Zahlscheine liegen bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

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