Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301268/8/Gf/Rt

Linz, 07.03.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung der M, vertreten durch RA Dr. L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22. November 2012, Zl. 47523/2011, wegen einer Übertretung des Tierschutzgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 26. Februar 2013 zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als Spruchpunkt 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Strafverfahren insoweit jeweils eingestellt und bezüglich Spruchpunkt 1. die verhängte Geldstrafe auf 350 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 35 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22. November 2012, Zl. 47523/2011, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in einer Höhe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden) und zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 375 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 34 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag insgesamt 225 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 2.475 Euro) verhängt (Spruchpunkt 1.), weil sie am 30. Juni 2011 in ihrer bloß 60m2 großen Wohnung insgesamt 5 Hunde und 19 Katzen gehalten und diese bezüglich Unterbringung, Ernährung und Betreuung vernachlässigt und permanentem Stress ausgesetzt gehabt sowie ohne entsprechende behördliche Bewilligung und ohne Führung eines Vormerkbuches ein Tierheim betrieben habe (Spruchpunkt 2. und 3.). Dadurch habe sie eine Übertretung des § 5 Abs. Abs. 1 und Abs. 2 Z. 13, des § 29 Abs. 1 und des § 29 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 80/2010 (im Folgenden: TierSchG), begangen, weshalb sie nach § 38 Abs. 1 Z. 1 sowie nach § 38 Abs. 3 TierSchG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der der Rechtsmittelwerberin angelastete Sachverhalt auf Grund der Feststellungen des Amtstierarztes der Stadt Linz und des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates vom 23. Juli 2012, Zl. VwSen-420688, als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin und die lange Verfahrensdauer als mildernd, die große Anzahl der Tiere, denen Leiden zugefügt worden seien, hingegen als erschwerend zu werten gewesen; ihre Einkommens‑, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 1.000 Euro; keine Sorgepflichten; kein Vermögen).

 

1.2. Gegen dieses ihr am 12. Dezember 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 19. Dezember 2012 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass ihre Wohnung in Wahrheit über 80m2 groß sei und sich die Tiere darin hätten ungehindert bewegen können. Dem gegenüber weise jenes sog. "Katzenzimmer" des Tierheimes, in das ihre Katzen verbracht wurden, lediglich eine Größe von 14m2 auf. Daraus, dass diese behördlich veranlasste Unterbringung wohl rechtmäßig erfolgt sein müsse, ergebe sich aber, dass die Tiere im Zuge ihrer Haltung durch die Rechtsmittelwerberin erst recht keiner gesetzwidrigen Bewegungseinschränkung oder Stresssituation ausgesetzt gewesen sein konnten. Weiters seien ihr die beanstandeten Tiere von einem Verein, der diese aus Spanien gerade deshalb eingeführt habe, um deren Leidenszustand zu beenden, erst 7 Tage zuvor sowie in einem bereits erkrankten Zustand übergeben worden, sodass diese zum Zeitpunkt der Kontrolle naturgemäß noch entsprechende Beeinträchtigungen aufgewiesen hätten. Außerdem treffe es auch nicht zu, dass sich die Tiere bis dahin noch nicht aneinander gewöhnt gehabt oder einen unterschiedlichen Ernährungszustand aufgewiesen hätten. Schließlich habe es sich auch nicht um fremde oder herrenlose, sondern um von ihr kurzfristig aufgenommene Tiere gehandelt, die keineswegs direkt an andere Personen vermittelt worden seien. Die Voraussetzungen für den bewilligungspflichtigen Betrieb eines Tierheimes seien daher nicht vorgelegen; vielmehr habe sie bloß als ein Vereinsmitglied solche Tiere, die im Eigentum ihres Vereines stünden, betreut. Daher sei sich auch nicht dazu verpflichtet gewesen, ein Vormerkbuch zu führen.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 47523/2011 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 26. Februar 2013, zu der als Parteien die Beschwerdeführerin und deren Rechtsvertreter einerseits sowie AR A als Vertreter des Bürgermeisters der Stadt Linz und Dr. B als Vertreterin der Tierschutzombudsstelle des Landes Oö. andererseits und der sachverständige Zeuge Dr. C (Amtstierarzt beim Magistrat Linz) erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Am 30. Juni 2011 hat der Zeuge in seiner Eigenschaft als Amtstierarzt eine Kontrolle in der ca. 88 m2 großen Wohnung der Beschwerdeführerin durchgeführt und dabei festgestellt, dass sich insgesamt 21 Katzen und 4 Hunde darin aufhielten. Weil die Türen zu zwei Zimmern der Wohnung geschlossen waren und den Tieren somit nur das Vorzimmer, das WC, eine Wohnküche und das Schlafzimmer zum Aufenthalt zur Verfügung standen; sich in diesen Räumen nur ein Kratzbaum, kein Futter, kein Wasser, keine Katzentoilette, kein Katzengras und auch keine Rückzugsmöglichkeiten befanden; und alle Katzen bloß in einem minder guten Ernährungszustand sowie Augenausfluss und mehrere zudem gerade abheilende Verletzungen auf der Nase aufwiesen, wurde die behördliche Abnahme von 21 Katzen und 3 Hunden angeordnet. In der Folge wurden diese Tiere in die Quarantänestation des Linzer Tierheimes verbracht.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Akteninhalt und auf die glaubwürdige und in sich widerspruchsfreie Aussage des einvernommen Zeugen, wobei auch die Beschwerdeführerin selbst diesen insoweit nicht widersprochen hat. Dem gegenüber haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das Vorbringen der Rechtsmittelwerberin dahin, dass sie die Tiere nur für einige Tage bei sich in der Wohnung halten wollte, weil sie bereits entsprechende Pflegeplätze organisiert hatte, nicht der Wahrheit entsprochen hätte.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 13 TierSchG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 7.500 Euro zu bestrafen, der die Unterbringung eines von ihm gehaltenen Tieres derart vernachlässigt, dass für dieses damit ungerechtfertigt Leiden verbunden sind.

3.2. Im gegenständlichen Fall wird auch von der Rechtsmittelwerberin selbst nicht in Abrede gestellt, dass sich am Vorfallstag – zusätzlich zu ihren beiden eigenen Katzen und ihren beiden eigenen Hunden – insgesamt 21 weitere nicht in ihrem Eigentum stehende Katzen sowie 3 weitere nicht in ihrem Eigentum stehende Hunde in ihrer Wohnung aufhielten. Weiters steht allseits unbestritten fest, dass zum Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle für diese Tiere keine ausreichende Anzahl an Rückzugsmöglichkeiten, an Kratzbäumen, an Wasser, an Katzentoiletten und an Katzengras zu Verfügung stand, dass sich die Tiere bloß in einem minder guten Ernährungszustand befanden und dass die Katzen an Augenausfluss und teilweise auch an gerade abheilende Verletzungen auf der Nase litten.

 

Dass die Tiere auf Grund dieser Umstände nicht unerhebliche Leiden ertragen mussten, ist somit offenkundig; die Rechtsmittelwerberin hat daher tatbestandsmäßig i.S.d. § 38 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 13 TierSchG und insoweit, als sie nicht unverzüglich für deren veterinärmedizinische Begutachtung und Unterbringung in einer Quarantänestation gesorgt hat, auch fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

3.3. Im Zuge der Strafbemessung ist ihr jedoch neben dem Umstand ihrer bisherigen Unbescholtenheit auch zugute zu halten, dass sie aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat: Denn indem sie für alle Tiere bereits zuvor einen Pflegeplatz organisiert hatte, hat sie deren Rettung aus Spanien überhaupt erst ermöglicht. Dazu kommt, dass der Aufenthalt und die Betreuung in ihrer Wohnung von vornherein nur für eine kurze Zeit geplant war; wenige Tage später hätte die Beschwerdeführerin die Tiere nämlich ohnehin auch selbst jener Stelle übergeben, der sie dann vom Linzer Tierheim auch tatsächlich überantwortet wurden. Schließlich hat sich zudem ergeben, dass weder die von der belangten Behörde angenommenen Einkommensverhältnisse noch das Nichtvorliegen von Sorgepflichten zutreffen: Tatsächlich war die Rechtsmittelwerberin zum Vorfallszeitpunkt arbeitslos und auch gegenwärtig verfügt sie lediglich über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.023 Euro, wobei sie für ihre zwei Kinder im Jugendalter sowohl unterhalts- als auch sorgepflichtig ist und zudem an Rückzahlungen für Wohnraumbeschaffung monatlich 100 Euro zu leisten hat.

 

Davon ausgehend sieht es der Oö. Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen an, die verhängte Geldstrafe auf 350 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabzusetzen.

 

3.4. Nach § 38 Abs. 3 i.V.m. § 29 Abs. 1 TierSchG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro zu bestrafen, der ohne behördliche Bewilligung ein Tierheim betreibt; in gleicher Weise ist gemäß § 38 Abs. 3 i.V.m. § 29 Abs. 3 TierSchG zu bestrafen, wer als Leiter eines Tierheimes kein Vormerkbuch führt.

 

Nach § 4 Z. 9 TierSchG ist unter einem Tierheim eine nicht auf Gewinn gerichtete Einrichtung zu verstehen, die die Verwahrung herrenloser oder fremder Tiere anbietet, wobei die näheren Bestimmungen über die Ausstattung solcher Tierheime in der auf § 29 Abs. 4 TierSchG basierenden Tierheim-Verordnung, BGBl.Nr. II 490/2004 (im Folgenden: THV), festgelegt sind.

 

Schon aus der Legaldefinition des § 4 Z. 9 TierSchG i.V.m. § 2 THV folgt insbesondere, dass vom Bestehen eines Tierheimes nur dann gesprochen werden kann, wenn ein gewisses Mindestmaß an Sachausstattung vorliegt. Darüber hinaus muss auch zweifelsfrei feststehen, dass von dessen Betreiber die Verwahrung herrenloser oder fremder Tiere aktiv angeboten wird.

 

Beides traf jedoch im gegenständlichen Fall – zumindest in einer zweifelsfreien Weise – nicht zu, sodass schon aus diesem Grund insoweit kein strafbares Verhalten der Beschwerdeführerin vorlag.

 

Davon ausgehend erweist sich auch die darauf aufbauende Tatanlastung des Nichtführens eines Vormerkbuches i.S.d. § 38 Abs. 3 i.V.m. § 29 Abs. 3 TierSchG als unzutreffend.

 

3.5. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 insoweit stattzugeben, als Spruchpunkt 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Strafverfahren insoweit nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG jeweils einzustellen und bezüglich Spruchpunkt 1. die verhängte Geldstrafe auf 350 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabzusetzen war; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 35 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Verfahrenskosten) reduziert sich sohin auf 385 Euro; auf die Möglichkeit der Beantragung einer Ratenzahlung gemäß § 54b Abs. 3 VStG wird hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

 

VwSen-301268/8/Gf/Rt vom 07. März 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

THV §2;

TSchG §4 Z9

 

Schon aus der Legaldefinition des §4 Z9 TSchG i.V.m. §2 THV folgt insbesondere, dass vom Bestehen eines Tierheimes nur dann gesprochen werden kann, wenn ein gewisses Mindestmaß an Sachausstattung vorliegt. Darüber hinaus muss auch zweifelsfrei feststehen, dass von dessen Betreiber die Verwahrung herrenloser oder fremder Tiere aktiv angeboten wird.

 

 

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