Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-710022/2/Gf/Rt

Linz, 06.03.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung der R gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 24. Jänner 2013, Zl. Pol96-672-2012, wegen der Vorschreibung eines auf dem Tierschutzgesetz basierenden Kostenersatzes zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 24. Jänner 2013, Zl. Pol96-672-2012, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 30 Abs. 3 i.V.m. § 37 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 114/2012 (im Folgenden: TierSchG), und i.V.m. § 76 Abs. 2 AVG die Leistung eines Kostenersatzes für abgenommene Tiere in einer Höhe von insgesamt 4.048,30 Euro binnen zwei Wochen nach dem Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides vorgeschrieben.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Rechtsmittelwerberin im Zuge eines Ortsaugenscheines am 17. Oktober 2012 insgesamt 20 Katzen abgenommen und diese in der Folge einem geeigneten Verwahrer übergeben worden seien. Die dafür angefallenen Verwahr- und Tierarztkosten entsprächen den "Vorgaben des Amtes der Oö. Landesregierung (vgl. Tierverwahrungsvereinbarung)".

 

1.2. Gegen diesen ihr am 30. Jänner 2013 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 13. Februar 2013 – und damit rechtzeitig – unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

 

Darin wendet die Rechtsmittelwerberin ein, dass sich Berechung des Kostenersatzes auf eine Grundlage stütze, die ihr nicht zugänglich sei. Außerdem habe sie bereits mit e-mail vom 24. Oktober 2012 mitgeteilt, dass sie die abgenommenen Tiere freigebe, worauf hin ihr seitens der belangten Behörde zugesichert worden sei, dass damit keine weiteren Kosten mehr anfallen würden.

 

Aus diesen Gründen wird eine entsprechende Abänderung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu Zl. Pol96-672-2012 vorgelegten Akt; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt zu klären war und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 33 Abs. 2 TierSchG kann gegen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsbehörde eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden; dieser hat hierüber gemäß § 67a AVG durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 37 Abs. 1 Z. 2 TierSchG sind die Organe der Behörde verpflichtet, ein Tier, das in einem Zustand vorgefunden wird, der erwarten lässt, dass es ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird, dem Halter abzunehmen, wenn dieser nicht willens oder dazu in der Lage ist, selbst Abhilfe zu schaffen; nach § 37 Abs. 3 TierSchG gilt in einem derartigen Fall § 30 TierSchG.

 

Gemäß § 30 Abs. 1 TierSchG hat die Behörde dafür Vorsorge zu treffen, dass nach § 37 Abs. 1 TierSchG abgenommene Tiere an Personen, Institutionen oder Vereinigungen übergeben werden, die eine Tierhaltung im Sinne des TierSchG gewährleisten können, wobei solche Verwahrer die Pflichten eines Halters treffen.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 TierSchG sind die vom Land und vom Verwahrer zu erbringenden Leistungen und das dafür zu entrichtende Entgelt vertraglich zu regeln, wobei die Unterbringung von Tieren, die sich auf Grund einer Maßnahme nach § 37 Abs. 1 TierSchG in der Obhut der Behörde befinden, auf Kosten und Gefahr des Tierhalters erfolgt (§ 30 Abs. 3 TierSchG).

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass jene auf § 30 Abs. 2 TierSchG fußende "Tierverwahrungs-Vereinbarung" – von der im vorgelegten Akt zwar bloß ein Leerformular enthalten ist; dennoch kann aber wohl davon ausgegangen werden, dass auch mit dem hier beauftragten Verwahrer der der Beschwerdeführerin abgenommenen Tiere tatsächlich ein entsprechender rechtsgültiger Vertrag abgeschlossen wurde – weder der Rechtsmittelwerberin seitens der belangten Behörde im Zuge des von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht wurde noch ihr ein Zugang zu dieser aus eigenem – z.B. via Internet – möglich war.

 

Ihrem Vorwurf, dass sie somit keine Möglichkeit hatte, die Richtigkeit der Kostenersatzvorschreibung zu verifizieren, kommt daher Berechtigung zu.

 

3.3. Weiters normiert die Bestimmung des § 30 Abs. 3 TierSchG selbst keinen unmittelbaren Ersatzanspruch, sondern lediglich eine Kostentragungsregel; ein adäquater Ersatzanspruch der Gebietskörperschaft für ihr auf Grund dieser Kostentragungsregelung entstandene Aufwendungen ergibt sich vielmehr erst aus dem AVG, wobei hier lediglich ein Rückforderungsanspruch auf Grund erwachsener Barauslagen gemäß § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG in Betracht kommt.

 

Die Zulässigkeit der bescheidmäßigen Vorschreibung eines derartigen Kostenersatzes gegenüber einer Verfahrenspartei setzt allerdings nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass die Behörde bzw. deren Rechtsträger die diesem Anspruch zu Grunde liegenden Ausgaben zuvor auch tatsächlich getätigt hat (vgl. die zahlreichen Nachweise bei J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 4, Wien 2009, RN 7 ff und 50 f zu § 76).

 

Dafür, dass im gegenständlichen Fall im Ergebnis nicht bloß gleichsam ein Schuldnerwechsel (nämlich derart, dass die Beschwerdeführerin anstelle der Erstbehörde jene aus der Tierverwahrungs-Vereinbarung resultierende privatrechtliche Forderung unmittelbar dem Verwahrer zu erfüllen hat) intendiert war, sondern die belangte Behörde zuvor tatsächlich entsprechende Barauslagen aufgewendet hat, findet sich jedoch weder im angefochtenen Bescheid noch in dem von ihr vorgelegten Akt ein entsprechender Hinweis.

 

Schließlich spricht auch § 79 AVG gegen die Annahme, dass die Vorgangsweise, dass die Behörde die Forderung zunächst dem Verwahrer gegenüber zu erfüllen hat und erst darauf hin dem Tierhalter vorschreiben kann, auch durch eine direkte Vorschreibung an Letzteren – etwa im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung – in zulässiger Weise verkürzt werden könnte: Denn danach dürfen die vorgeschriebenen Leistungen nur insoweit eingehoben werden, als dadurch der notwendige Unterhalt des Beteiligten und jener Personen, für die er nach dem Gesetz zu sorgen hat, nicht gefährdet wird. Wenngleich sich diese Bestimmung primär auf das Verwaltungsvollstreckungsverfahren bezieht, ist darauf dennoch jedenfalls im Zuge der Festsetzung der Leistungsfrist Bedacht zu nehmen. Außerdem ist der Betroffene in einem auf § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG gegründeten Bescheid sowohl auf den Inhalt des § 79 AVG als auch auf eine damit verbundene Antragsbefugnis (vgl. dazu J. Hengstschläger – D. Leeb, a.a.O., RN 5) hinzuweisen.

 

3.4. Aus allen diesen Gründen war daher – wie der Oö. Verwaltungssenat schon mehrfach ausgesprochen hat (vgl. z.B. jüngst VwSen-590338 vom 21. Dezember 2012; VwSen-590339 vom 21. Jänner 2013; VwSen-590344 vom 5. März 2013) – keine reformatorische Entscheidung zu treffen, sondern der gegenständlichen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben wird.

 

Ob, in welcher Form und mit welchem Ergebnis das Verfahren weitergeführt wird, hat die belangte Behörde aus eigenem zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

VwSen-710022/2/Gf/Rt vom 06. März 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

AVG §76 Abs2;

AVG §79;

TSchG §30;

TSchG §37

 

* Da jene auf §30 Abs2 TSchG fußende "Tierverwahrungs-Vereinbarung" weder der Rechtsmittelwerberin seitens der belangten Behörde im Zuge des von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht wurde, noch ihr ein Zugang zu dieser aus eigenem – z.B. via Internet – möglich war, kommt somit ihrem Vorwurf, dass sie keine Möglichkeit hatte, die Richtigkeit der Kostenersatzvorschreibung zu verifizieren, Berechtigung zu.

 

* §30 Abs3 TSchG normiert selbst keinen unmittelbaren Ersatzanspruch, sondern lediglich eine Kostentragungsregel; ein adäquater Ersatzanspruch der Gebietskörperschaft für ihr auf Grund dieser Kostentragungsregelung entstandene Aufwendungen ergibt sich fallbezogen vielmehr erst aus §76 Abs2 zweiter Satz AVG. Die Zulässigkeit der bescheidmäßigen Vorschreibung eines derartigen Kostenersatzes gegenüber einer Verfahrenspartei setzt allerdings voraus, dass die Behörde die diesem Anspruch zu Grunde liegenden Ausgaben zuvor auch tatsächlich getätigt hat (vgl. die zahlreichen Nachweise bei J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 4, Wien 2009, RN 7 ff und 50 f zu §76 AVG).

 

* Dafür, dass im gegenständlichen Fall nicht bloß ein Schuldnerwechsel (nämlich derart, dass die Beschwerdeführerin anstelle der Erstbehörde jene aus der Tierverwahrungs-Vereinbarung resultierende privatrechtliche Forderung unmittelbar dem Verwahrer zu erfüllen hat) intendiert war, sondern die belangte Behörde zuvor tatsächlich entsprechende Barauslagen aufgewendet hat, findet sich jedoch weder im angefochtenen Bescheid noch in dem von ihr vorgelegten Akt ein entsprechender Hinweis.

 

* Auch §79 AVG spricht gegen die Annahme, dass die Vorgangsweise, dass die Behörde die Forderung zunächst dem Verwahrer gegenüber zu erfüllen hat und erst daraufhin dem Tierhalter vorschreiben kann, auch durch eine direkte Vorschreibung an Letzteren – etwa im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung – in zulässiger Weise verkürzt werden könnte, weil danach die vorgeschriebenen Leistungen nur insoweit eingehoben werden dürfen, als der notwendige Unterhalt des Beteiligten nicht gefährdet wird; wenngleich sich diese Bestimmung primär auf das Verwaltungsvollstreckungsverfahren bezieht, ist darauf dennoch jedenfalls im Zuge der Festsetzung der Leistungsfrist Bedacht zu nehmen. Außerdem ist der Betroffene in einem auf §76 Abs2 zweiter Satz AVG gegründeten Bescheid sowohl auf den Inhalt des §79 AVG als auch auf eine damit verbundene Antragsbefugnis (vgl. dazu J. Hengstschläger – D. Leeb, a.a.O., RN 5) hinzuweisen.

 

* Keine reformatorische Entscheidung, sondern ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides (wie VwSen-590338 vom 21. Dezember 2012; VwSen-590339 vom 21. Jänner 2013; und VwSen-590344 vom 5. März 2013).

 

 

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