Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150921/6/Lg/Ba

Linz, 07.03.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 16. Jänner und 7. Februar 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des F H, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M H, H, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. November 2011, Zl. 0023562/2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Geldstrafe wird jedoch auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herab­gesetzt.

 

II.        Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Der Beschuldigte, Herr F H, geboren am X, wohnhaft: S, L, hat als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X (A) am 12.01.2011 um 08.47 Uhr die A7, Mautabschnitt Linz VOEST - Linz Wiener Straße, km 7,999 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Nach den Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes unterliegt die Benützung von Mautstrecken (Bundesautobahnen und Bundesschnellstraßen) mit mehrspurigen Kraftfahr­zeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, einer fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

§§ 6, 7 Abs. 1 und 20 Abs. 2 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG)"

 

In der Begründung führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde mit Schreiben der ASFINAG vom 30.5.2011 angezeigt.

 

Mit Strafverfügung vom 30.6.2011 wurde gegen den Beschuldigten wegen der im Spruch darge­stellten Verwaltungsübertretung ein ordentliches Verwaltungsstraf­verfahren eingeleitet.

 

Der Beschuldigte erhob gegen diese Strafverfügung fristgerecht Einspruch und brachte vor:

Es ist richtig, dass ich das KFZ X gelenkt habe. Die Behauptung ist nicht zutreffend, da Asfinag die Fahrstrecke erhoben hat, da man ja die Maut nachzahlen kann, und diese genau weiß, wo das KFZ unterwegs war. Da die Asfinag bei unserer Firma einen Abbuchungsauftrag (mit Mastercart) hatte, verstehe ich nicht, warum dieser Betrag nicht abgebucht wurde.

 

Die Asfinag führte mit Schreiben vom 3.10.2011 aus:

Die im Kraftfahrzeug mitgeführte GO-Box war zum Zeitpunkt des Kontrollfalls gemäß Punkt 5.7.2 der Mautordnung Teil B für die Bezahlung der Maut nicht freigegeben, was dem Fahrer gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung Teil B beim Durchfahren der Mautabbuchungsstellen durch vier kurze Signal-Töne signalisiert wurde. Ein Defekt der GO-Box lag also zu keinem Zeitpunkt vor. Die gegenständliche GO-Box war am Tattag, aufgrund der missachteten Tauschaufforderung gemäß Punkt 5.6.2 der Mautordnung Teil B, aktiv gesperrt worden. In dem Zeitraum zwischen dem 20.09.2010 und 12.01.2011 wurde dem Beschuldigten insgesamt 35mal der 2-malige Signalton (Erinnerung) und 2mal der 4-malige Signalton (Sperre) übermittelt (insgesamt 78 Warntöne). Diese Signaltöne wurden vom Beschuldigten - aus welchem Grund auch immer - ignoriert.

Erkklärung:

Einige Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer wird die GO-Box automatisch zurückgerufen. Die GO-Box gibt in solchen Fällen als Zeichen beim Durchfahren einer Mautabbuchungsstelle ein Warnsignal ab (siehe Punkt 8.2.4.3.1). Die ASFINAG Maut Service GmbH ist berechtigt, eine GO-Box auch während aufrechter Verwendung zum Austausch rückzurufen. Weiters ist die ASFINAG berechtigt, im Falle technischer Mängel bzw. bei festgestellten Unregelmäßigkeiten im Zusam­menhang mit der Mauteinhebung die GO-Box zu sperren. Unter festgestellten Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung, ist auch jener Fall zu subsumieren, dass offene Maut­beträge nicht ordnungsgemäß eingehoben werden können. Die GO-Box gibt bei Durchfahren einer Mautabbuchungsstelle in solchen Fällen ein Warnsignal (siehe Punkt 8.2.4.3.2) ab. Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer bzw. nach erfolgter Sperre der GO-Box können mit dieser keine Mauttransak­tionen durchgeführt werden. Der Kraftfahrzeuglenker erfüllt - sofern er nicht von der Möglichkeit zur Nachzahlung der Maut Gebrauch macht (siehe Punkt 7.1) - den Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10). In diesem Zusammenhang dürfen wir auf § 8 Abs. 2 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 verweisen, wonach sich die Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektro­nischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktions­fähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden haben. Bei Nichtabbuchung der Maut besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Mautnachzahlung. Wir verweisen diesbezüglich auf die Mautordnung Teil B Punkt 8 Pflichten der Kraftfahrzeuglenker sowie Punkt 7.1 Nachzahlung bei GO VERTRIEBSSTELLEN / GO SERVICE CENTER / Mautaufsichts­organen der Mautordnung Teil B in der jeweils geltenden Fassung. Im gegenständlichen Fall wurden die bestehenden Kontrollfälle nicht innerhalb der gesetzlich festge­legten Fristen nachgezahlt, weshalb es folgerichtig zu einem Delikt kam. Die Einspruchsangaben des Beschuldigten weisen wir als nicht zutreffend zurück.

1.       Für die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut ist alleinig der Fahrzeuglenker verantwortlich.

2.       Da der Tauschaufforderung nicht nachgekommen wurde, musste die GO-Box gesperrt werden. Aus diesem Grund fand keine Abbuchung der Maut statt.

 

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.

 

In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

 

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) lauten auszugsweise wie folgt:

 

Mautprellerei

§ 20

(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

(3) Taten gemäß Abs. 1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

Fahrleistungsabhängige Maut

Mautpflicht

§ 6

Die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Ge­samtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der fahrleistungsabhängigen Maut. Mehrspurige Kraftfahrzeuge, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und ein Probefahrt- oder Überstellungs­kennzeichen führen, unterliegen der fahrleistungsabhängigen Maut, sofern ihr Eigengewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Sofern kein Nachweis des Eigengewichtes erbracht wird, gelten diese Fahrzeuge als solche mit einem Eigengewicht von mehr als 3,5 Tonnen.

 

Mautentrichtung

§ 7

(1) Die Maut ist durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstre­cken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Pflichten der Fahrzeuglenker und Arbeitgeber

§ 8

(1) Soweit Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, haben sie vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elekt­ronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

(2) Sie haben sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funkti­onsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und - mit Ausnahme des Falles gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz - des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

(3) Die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeuglenker sind in der Mautordnung zu tref­fen.

 

Ersatzmaut

§ 19

(1) In der Mautordnung ist für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatz­maut festzusetzen, die den Betrag von 250 € einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

(5) Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so sind die Mautaufsichtsorgane ermächtigt, anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, den Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung ei­ner Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

(6) Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Auffor­derungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht.

 

Nach Punkt 8.2.4.3 der Mautordnung werden dem Kraftfahrzeuglenker bei Durchfahren jeder Mautabbu­chungsstelle folgende akustische Signale zur Kenntnis gebracht, wobei zwischen informativen und zu beachtenden Signalen zu unterscheiden ist. Während der Fahrt

8.2.4.3.1 Folgende Signale gelten als Information für den jeweiligen Kunden

• Vier kurze Signal-Töne: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Kunden Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund Rück­rufes der GO-Box zum Austausch, technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zu­sammenhang mit der Mauteinhebung oder Hinterlegung der falschen EURO-Emissionsklasse. In diesem Fall hat dann jeder Kunde seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Der Beschuldigte hat als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X (A) am 12.01.2011 um 08.47 Uhr die A7, Mautabschnitt Linz VOEST-Linz Wiener Straße, km 7,999 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Die GO-Box war gesperrt. Aus diesem Grund fand keine Ab­buchung der Maut statt.

 

Es ist somit der Tatbestand der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung in objek­tiver Hinsicht erfüllt.

 

Schuldfrage:

 

Das BStMG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn

·         einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und

·         zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Ge­fahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und

·         der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

 

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte er mit sei­ner Rechtfertigung nicht erbringen.

 

Der Beschuldigte ist seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er die viermaligen Piepstöne der GO-Box, welche ihm gem. Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung die Nichtabbuchung der Maut angezeigt haben, missachtet hat. Die Lenkerpflichten bei Ertönen der vier akustischen Signale der GO-Box bei jeder Durchfahrt durch einen Mautbalken sind eindeutig.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbe­standsmäßigkeit erwiesen.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen In­teressen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteili­ge Folgen nach sich gezogen hat, ist. Nach Abs. 2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschul­dens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemes­sung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG ihre Wer­tung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Eine Strafbe­messung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den in § 19 leg.cit. festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

 

Als strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet, straferschwerend war kein Umstand.

 

Bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familien­ver­hältnisse des Beschuldigten ging die Behörde aufgrund einer realistischen Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1.200,-- aus.

 

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungs­gründe erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

 

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- ­und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Das bezeichnete Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Als Berufungsgründe werden Verfahrensmängel und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Dem Berufungswerber wird vorgeworfen, er hätte als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X am 12.1.2011 um 8.47 Uhr die A7, Mautabschnitt Linz VOEST - Linz Wiener Straße, km 7,999 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundes­au­to­bahn) benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsge­mäß entrichtet zu haben.

 

Nach den Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes unterliege die Benüt­zung von Mautstrecken (Bundesautobahn und Bundesschnellstraße) mit mehrspuri­gen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Ton­nen beträgt einer fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Die Verwaltungsvorschrift, welche durch das vorgeworfene Verhalten des Beru­fungswerbers verletzt worden sein soll, würde § 6, 7 Abs. u. 20, Abs. 2 Bundesstra­ßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) lauten.

 

Über den Beschuldigten wurde eine Geldstrafe von € 300,00, im Falle der Unein­bringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, verhängt.

 

Wie der Berufungswerber bereits in seinem fristgerechten Einspruch vorgebracht hatte, ist es richtig, dass er das Kfz X gelenkt hat. Allerdings hat die ASFINAG die Fahrstrecke erhoben und kann die Maut nachgezahlt werden, da die Fahrstrecke genau aufgezeichnet wurde. Darüber hinaus hatte die ASFINAG einen Abbuchungs­auftrag (mit Mastercard).

 

Hiezu ist Folgendes auszuführen:

 

Die Go-Box war entgegen der Ansicht der ASFINAG nicht gesperrt worden. Das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug war mit einer funktionstüchtigen Go-Box ausgestattet. Zur angeblichen Tatzeit lenkte der Berufungswerber das genannte Fahr­zeug. Als die Go-Box einen Signalton übermittelte, drückte der Berufungswerber auf den Knopf der Go-Box und leuchtete sodann ein grünes Licht auf. Der Berufungs­werber konnte daher davon ausgehen, dass die Go-Box funktionstüchtig war.

 

Der Berufungswerber hatte daher überhaupt keine Veranlassung, an der Go-Box ir­gendwelche Überprüfungen durchzuführen, da er davon ausging, dass für den Fall, dass die Go-Box ein akustisches Signal abgibt, die Lkw-Maut ordnungs­gemäß erfasst wird.

 

Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die Maut nicht ordnungsgemäß erfasst wird, mit der Folge, dass die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet werden konnte, lagen damit nicht vor, weshalb dem Berufungswerber ein Pflichtenverstoß nicht unterstellt werden kann.

 

Die belangte Behörde hat das Straferkenntnis allerdings ohne die Frage zu prüfen, ob dem Berufungswerber ein Fahrlässigkeits- bzw. Vorsatzvorwurf gemacht werden kann, erlassen.

 

Im Rahmen der Berufung ist daher den angebotenen Beweisen nachzugehen.

 

Dies wird dann im Ergebnis dazu führen, dass weder ein Vorsatz- noch ein Fahrlässigkeitsvorwurf dem Berufungswerber gemacht werden kann, mit der Folge, dass das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gegen den Berufungswerber einzu­stellen ist.

 

Darüber hinaus ist im Gegenstandsfalle ein ordnungsgemäßes Ermittlungs­verfahren überhaupt unterblieben.

 

Die belangte Behörde hat ohne Durchführung und ohne Begründung des Unterlas­sens der Einholung einer Stellungnahme durch den Berufungswerber zum Schreiben der ASFINAG vom 03.10.2011, einzig und allein auf dieser Grundlage das gegen­ständliche Straferkenntnis gefällt.

 

In Anschlag ist ferner zu bringen, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung die Behörde nicht berechtigt, ohne nähere Begründung einfach festzuhalten, dass 'für die erkennende Behörde der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwie­sen' sei

 

§ 5 Abs. 1 VStG normiert lediglich eine Schuldvermutung, nicht aber eine Vermu­tung, dass der Berufungswerber das ihm vorgeworfene Verhalten gesetzt hat und dass dieses rechtswidrig gewesen ist. Die Begehung des angelasteten Deliktes hat die Behörde nachzuweisen. Dieser Nachweis ist nicht erfolgt. Die Behörde war gar nicht bestrebt, den wahren Sachverhalt zu ermitteln und eine richtige Lösung zu fin­den und konnte daher auch gar nicht beurteilen, ob eine subjektive, verwaltungsstraf­rechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers vorliegt.

 

Derartiges hätte natürlich ohne weiteres geklärt werden können, hätte die belangte Behörde ein ordentliches Beweisverfahren mit Aufforderung zur Stellungnahme zum Beweisergebnis abgeführt. Hiebei hat die Behörde das Recht auf Gehör verletzt. Das Recht auf Wahrung des Parteiengehörs ist aber kardinale Voraussetzung eines ge­setzmäßigen Verwaltungsverfahrens. Es ist von Amts wegen zu beachten und gehört zu den fundamentalen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit der Hoheitsverwaltung (VwGH 26.01.1967, 47/66).

 

Die Behörde hat den Parteien alle Tatsachen von Amts wegen zur Kenntnis zu brin­gen und ihnen in förmlicher Weise und unter Einräumung einer ausreichenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die belangte Behörde hat das Recht auf Parteiengehör auch dadurch verletzt, dass sie dem Berufungswerber den wesentli­chen Sachverhalt nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens nicht zur Kenntnis ge­bracht hat und dem Berufungswerber nicht in ausdrücklicher und förmlicher Weise und von Amts wegen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.

 

Zum Beweis dafür, dass der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsüber­tretung nicht begangen hat, werden nachstehende Beweisanträge (unter Vorbehalt weiterer) gestellt:

 

Ø           Einvernahme des Berufungswerbers

Ø           Einzuholendes Sachverständigengutachten hinsichtlich der Go-Box

 

Die unrichtige rechtliche Beurteilung ergibt sich infolge unterlassener Ermittlungstä­tigkeit. Entgegen der Ansicht der Erstbehörde hat der Berufungswerber das vorge­worfene Verwaltungsdelikt nicht begangen. Eine derartige Ermittlung (Einvernahme des Berufungswerbers, einzuholendes Sachverständigengutachten, etc.) wurde al­lerdings unterlassen, wird nunmehr aber nachzuholen sein.

 

Es wird daher

 

1)      angeregt, gemäß § 64a Abs. 1 AVG vorzugehen; im Nichtentsprechungsfalle jedoch

2)      beantragt, das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren ein­zustellen in eventu

3)      eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, in dieser das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben, sowie das Verfahren einzustellen."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde gemeinsam mit dem Bw bzw. dessen rechtsfreundlichem Vertreter und dem Amtssachverständigen aufgrund der Aktenlage und zusätzlich eingeholten Informationen der ASFINAG der Sachverhalt erörtert. Demnach steht folgender Sachverhalt fest: Die Sperre der GO-Box erfolgte um 8:42 Uhr. Der Bw durchquerte drei Mautbalken vor der Sperre (8:17:50, 8:18:31, 8:19:00 Uhr) und zwei Mautbalken nach der Sperre (8:47:25, 8:47:54 Uhr). Bei den beiden letztgenannten Mautbalken erfolgte keine Abbuchung. Im Sinne des Punktes 8.2.4.3.1 der Mautordnung bzw. einer diesbezüglichen Auskunft des Sachverständigen war die Sperre bei Durchfahren der Mautbalken um 8:47:25 und 8:47:54 Uhr von jeweils vier Signaltönen begleitet. Dies war (wie wegen widersprüchlichen Aussagen des Amtssach­verständigen zu den Signaltönen bei den ersten drei Mautbalken im Zweifel zugunsten des Bw anzunehmen ist) für den Bw völlig überraschend. Der Nachzahlungspflicht im Sinne von Punkt 8.2.4.3.2 iVm Punkt 7.1 der Mautordnung ist der Bw nicht nachgekommen. Der Bw fuhr deshalb keine Vertriebsstelle an, weil er davon ausging, dass es sich um eine Post-Pay-Box handelt und die Nachbuchung ohnehin erfolgen würde. Der Bw ist kein professioneller Lkw-Fahrer und hatte den gegenständlichen Lkw aus dem Unter­nehmen seiner Frau nur für diese eine Fahrt (zur Firma S und zurück) benützt und von der GO-Box-Sperre nichts gewusst. Dieser Sachverhalt wurde, soweit er nicht ohnehin auf dessen Auskunft beruhte, vom Bw nicht bestritten.

 

Der Vertreter des Bw machte in rechtlicher Hinsicht geltend, dass der gegen­ständliche Fall vom ersten Satz von Punkt 7.1 der Mautordnung nicht erfasst sei und deshalb die Nachzahlungsmöglichkeit noch offen stünde. Dem ist entgegen­zuhalten, dass dann, wenn die Prämisse richtig und daher Punkt 7.1 der Maut­ordnung unanwendbar wäre, gegenständlich gar keine Nachzahlungsmöglich­keit bestünde. Im Übrigen ergibt sich aus dem Zusammenhalt der Punkte 8.2.4.3.2 und 7.1 der Mautordnung, dass schon die Prämisse falsch ist, weil in der erstge­nannten Bestimmung ausdrücklich auf die Nachzahlungsmöglichkeit im Fall der Sperre der GO-Box hingewiesen wird.

 

Dem weiteren rechtlichen Argument des Vertreters des Bw, die Spruchformulierung des angefochtenen Straferkenntnisses sei falsch, weil der Vorwurf auf das Nichtaufsuchen einer GO-Box-Stelle hätte lauten müssen, kann der Unabhängige Verwaltungssenat nicht beitreten, da gemäß § 20 Abs.2 BStMG die Benützung einer Mautstrecke ohne Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut strafbar ist, was dem Bw auch korrekt vorgeworfen wurde.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen. Als Verschuldensform ist Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straf­erkenntnis die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde. Die erwähnte Überraschung eines nicht professionellen Lkw-Lenkers durch die 2 x 4 Signaltöne innerhalb einer halben Minute unmittelbar vor Verlassen der Autobahn und die irrtümliche Annahme einer ohne Zutun des Bw erfolgenden Nachbuchung in Verbindung mit der Unbescholtenheit des Bw und der seit der Tat vergangenen Zeit lassen die Anwendung des § 20 VStG vertretbar erscheinen. Die Tat bleibt jedoch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist die Kenntnis der Funktionsweise des Signalsystems in Verbindung mit den rechtlichen Regelungen der Nachzahlung zumutbar und sind diesbezügliche Mängel nicht im Sinne eines geringfügigen Verschuldens einzu­stufen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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