Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101452/2/Bi/<< Rd>> Linz, am 19. August 1993 VwSen 101452/2/Bi/<< Rd>>

Linz, 19.08.1993

VwSen 101452/2/Bi/<< Rd>> Linz, am 19. August 1993
VwSen - 101452/2/Bi/<< Rd>> Linz, am 19. August 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des J E, M, V, vom 12. Juli 1993 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 5. Juli 1993, VerkR96/7965/1993+1, zu Recht:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG, § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Bescheid vom 5. Juli 1993, VerkR96/7965/1993+1, dem Einspruch des Berufungswerbers vom 18. Juni 1993 gegen das Ausmaß der mit Strafverfügung vom 26. Mai 1993, VerkR96/7965/1993+1, verhängten Strafe keine Folge gegeben und sowohl die Geldstrafe von 2.500 S als auch die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden bestätigt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da in der Strafverfügung keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, er bestreite nicht, die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben; jedoch bestreite er das ihm vorgeworfene Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, da die angewendete Handstoppung nicht 100%ig präzise sei. Er ersuche daher um Reduktion des Strafausmaßes, da er mit seinen bescheidenen Einkünften derzeit nicht in der Lage sei (Grundstückskauf) die Strafe in dieser Höhe zu begleichen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Grundlage für den Tatvorwurf war die Anzeige des Meldungslegers RI L vom 13. März 1993, wonach an diesem Tag um 13.45 Uhr der Lenker des PKW im Ortsgebiet von O auf der O Landesstraße 541 bei Strkm 7,2 aus Richtung S im A kommend in Richtung I eine Geschwindigkeit von 94,7 km/h eingehalten habe. Die Geschwindigkeit sei auf einem übersichtlichen Straßenstück von 100 m Länge im Ortsgebiet von Oberwang im Bereich des Gasthauses "M" gestoppt worden, wobei die Durchfahrtszeit 3,8 sec. betrug, was einer Geschwindigkeit von 94,7 km/h entspreche, wobei die gestoppte Geschwindigkeit mit der geschätzten Geschwindigkeit übereingestimmt habe.

Der Rechtsmittelwerber hat sich bei der Lenkeranfrage selbst als Lenker des PKW zum damaligen Zeitpunkt bezeichnet und gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. Mai 1993 ausdrücklich nur hinsichtlich der Strafhöhe Einspruch erhoben.

In rechtlicher Hinsicht ist somit davon auszugehen, daß durch die Einschränkung des Einspruchs auf die Strafhöhe der Schuldspruch der Strafverfügung (der Tatvorwurf umfaßte eine Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h) in Rechtskraft erwachsen ist. Aus diesem Grund kann sich die nunmehrige Berufung nur mehr auf die Höhe der verhängten Strafe beziehen, wobei sich aus dem in der Strafverfügung enthaltenen Tatvorwurf bereits ergibt, daß die Erstinstanz von einer tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit von "nur" 91 km/h ausgegangen ist.

Auch wenn der Rechtsmittelwerber nunmehr erstmalig die Exaktheit einer Handstoppung in Zweifel zieht, ist dieses Argument nicht geeignet, den in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch in irgendeiner Weise abzuändern oder rückgängig zu machen.

4.2. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß Grundlage dafür gemäß den Bestimmungen des § 19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Über Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zunächst ist festzuhalten, daß die Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 80% in einer Größenordnung liegt, die allein vom Unrechtsgehalt her einer Rechtfertigung nicht mehr zugänglich ist; nicht nur, weil gerade im Ortsgebiet die Gefahr einer Konfrontation des Lenkers mit anderen Verkehrsteilnehmern und die daraus erwachsende Unfallgefahr mangels rechtzeitiger Reaktionsmöglichkeit immens hoch ist, sondern auch, weil die Einhaltung einer derartigen Geschwindigkeit den Schluß auf eine auffallende Sorglosigkeit, und außerdem die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers im Rahmen des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens auf eine gänzlich fehlende Einsicht, zuläßt. Aufgrund des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung, die mit einem "Übersehen" der Tachoanzeige wohl nicht mehr erklärbar ist, ist zumindest von grober Fahrlässigkeit auszugehen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S (bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe). Der Rechtsmittelwerber weist eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1989 auf, die schon längere Zeit zurückliegt und aufgrund der damals verhängten Strafe wohl auch geringfügig war, sodaß auf eine erschwerende Berücksichtigung verzichtet wird. Allerdings kommt dem Rechtsmittelwerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit ebensowenig zugute, wie die Annahme, daß die nunmehrige Übertretung mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (§ 34 StGB). Mildernd ist hingegen zu berücksichtigen, daß die Übertretung zwar nach Vollendung des 19., jedoch vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen wurde.

Eine Herabsetzung der verhängten Strafe ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates im gegenständlichen Fall nicht zu verantworten, weil das als erschwerend zu wertende Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung den angeführten Milderungsgrund bei weitem überwiegt und bereits die Erstinstanz vom nicht bestrittenen Nettomonatseinkommen von 10.500 S sowie dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen ist.

Die verhängte Strafe entspricht damit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers und ist auch im Hinblick auf ihren general- und vor allem spezialpräventiven Strafzweck gerechtfertigt. Daß der Rechtsmittelwerber momentan aufgrund eines Grundstückskaufes nicht in der Lage ist, den Strafbetrag zu bezahlen, ist in diesem Zusammenhang nicht relevant. Es steht ihm aber offen, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Strafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.


Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger