Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401270/4/WEI/Ba

Linz, 11.03.2013

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des C C (auch C) I, geb. X, alias I C I, geb. X (Identität nach eigenen Angaben), Staatsangehöriger von Nigeria, dzt. in Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel 6-12, 1080 Wien, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005, idF FrÄG 2011, BGBl I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage vom nachstehenden Gang des Verfahrens und Sachverhalt aus:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 27. Februar 2013, Zl. Sich 40-1230-2013, ordnete die belangte Behörde auf der Grundlage des § 76 Abs 2a Z 2 iVm § 76 Abs 2a Z 4 und § 76 Abs 2 Z 2 FPG gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden nur Bf) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und der Abschiebung (§ 46 FPG) an. Der Bescheid, dessen Spruch und Rechtsmittelbelehrung ins Englische und damit in eine für den Bf verständlichen Sprache übersetzt wurden, hat der Bf am 27. Februar 2013 um 18:25 Uhr in Gegenwart einer Dolmetscherin persönlich übernommen. In der Folge wurde er zum Vollzug der Schubhaft ins polizeiliche Anhaltezentrum (PAZ) Salzburg zum Vollzug der Schubhaft überstellt. Am 5. März 2013 wurde er ins PAZ Wien, Hernalser Gürtel, überstellt.

 

Aus dem Schubhaftbescheid und der Aktenlage ergibt sich zum Reiseverhalten des Bf der folgende wesentliche Sachverhalt:

 

1.2. Der weitgehend mittellose Bf reiste am 16. Jänner 2013 mit dem Zug von Italien kommend in das Bundesgebiet von Österreich (von Turin über Mailand nach W) illegal, ohne Reisedokument oder sonstige Identitätsurkunden mitzuführen, ein. Er stellte noch am 16. Jänner 2013 zu Zl. 13 00.705 einen Asylantrag beim Bundesasylamt (BAA), Erstaufnahmestelle (EASt) Ost, wo ihm zunächst mangels eigener Mittel eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen wurde.

 

Die erkennungsdienstliche Behandlung und Überprüfung seiner Fingerabdrücke im Rahmen des EURODAC-Systems ergab beim Bf folgende Treffer:

 

Italien: am 19. April 2011 in Lampedusa (illegaler Aufenthalt)

Schweiz:          am 21. November 2011 in Chiasso (Asylantrag)

Norwegen:       am 1. Mai 2012 in Pu (Asylantrag)

 

Die Erstbefragung im Asylverfahren durch einen Beamten der Polizeiinspektion (PI) Traiskirchen fand am 18. Jänner 2013 unter Beiziehung eines Dolmetschers statt. Dabei wurden ihm sämtliche Informationsblätter für Asylwerber (Rechte und Pflichten, EURODAC-Verordnung, Dublinverfahren, Gebietsbeschränkung etc) in einer ihm verständlichen Sprache (Englisch) übergeben.

 

Der Bf gab an, seine Heimat Nigeria im Jänner 2005 selbständig mit dem PKW verlassen und illegal über Niger nach Libyen gefahren zu sein. In Tripolis/Libyen hätte ihm die nigerianische Botschaft einen Reisepass ausgestellt, der sich aber in Italien befände. Seine Verwandten (Eltern und Geschwister) wären in Nigeria (Imo-State), seine Ehefrau in Tunesien (Näheres unbekannt) wohnhaft. In Österreich oder einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union habe er keine Familienangehörigen.

 

In Libyen lebte der Bf in drei verschiedenen Städten (Sabba, Tripolis und zuletzt Mosrata). Er hätte dort bis zum Kriegsbeginn Mitte April 2011 als KFZ-Mechaniker legal gearbeitet und wäre dann geflohen und mit einem Boot bis zur Insel Lampedusa/Italien gelangt. Dort hätte er Fingerabdrücke abgegeben müssen und wäre dann nach Bari gebracht worden, wo er zwei Wochen in einem Lager blieb, ehe er mit einem Bus nach Turin gebracht wurde. Nach einem ca 5-monatigen Aufenthalt hätte er einen Aufenthaltstitel erhalten und wäre weitere drei Monate in Turin geblieben. Anschließend reiste er selbständig mit dem Zug nach Chiasso in die Schweiz, wo er einen Asylantrag stellte und dann bis April 2012 in Zürich blieb. Nach Erhalt eines negativen Bescheides wäre er wieder zurück nach Turin/Italien gereist. Nach ca. einem Monat reiste er im Mai 2012 nach Oslo/Norwegen und stellte abermals einen Asylantrag. Nach einmonatigem Aufenthalt wäre er wieder selbständig nach Turin/Italien zurückgekehrt, wo er bis 15. Jänner 2013 geblieben wäre. Dann reiste er mit dem Zug von Turin nach W, wo er am 16. Jänner 2013 gegen 08:30 Uhr ankam und in weiterer Folge nach Traiskirchen gelangte.

 

Er hätte überall Fingerabdrücke abgeben müssen. Um Asyl suchte er nur in der Schweiz und in Norwegen an. In Italien hätte er aber einen Aufenthaltstitel bekommen und versucht Arbeit zu finden, was ihm nicht gelungen sei. In der Schweiz und in Norwegen hätte er einen negativen Bescheid bekommen und wäre ihm mitgeteilt worden, dass er nach Italien zurückkehren müsste. In Italien hätte er keine Unterkunft, weshalb er dorthin nicht zurückkehren wolle.

 

In seiner Heimat hätte er Angst getötet zu werden. Er gab allerdings keine Hinweise auf drohende staatliche Sanktionen oder unmenschliche Behandlung an.

 

1.3. Am 23. Jänner 2013 wurde der Bf von der EASt Ost in die EASt West überstellt und ihm dort einen bundesbetreute Unterkunft zugewiesen. Dabei wurde ihm auch eine grüne Verfahrenkarte ausgestellt und die Gebietsbeschränkung für seinen geduldeten Aufenthalt während des Zulassungsverfahrens (§ 12 Abs 2 AsylG 2005) auf den Bezirk Vöcklabruck abgeändert. Weiters erhielt er Informationen über diese Gebietsbeschränkung in der ihm verständlichen Sprache Englisch.

 

Mit fremdenpolizeilicher Information vom 25. Jänner 2013 teilte das BAA EASt West der belangten Behörde zum Asylverfahren des Bf mit, dass das Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs 1 AsylG ex lege mit 24. Jänner 2013 als eingeleitet gelte. Nach dem aktenkundigen Ausdruck aus der Asylinformationsdatei wurde die entsprechende Verfahrensanordnung nach § 29 AsylG 2005 mit Länderfeststellungen zur Schweiz am 24. Jänner 2013 an den Bf nachweislich ausgefolgt. Nach Einlangen der Ablehnung durch die Schweiz am 25. Jänner 2013 leitete das BAA EASt West am 28. Jänner 2013 ein Konsultationsverfahren wegen Rücknahme des Bf mit Italien ein.

 

Die weitere Verfahrensanordnung der Asylbehörde gemäß § 29 Abs 3 AsylG 2005 konnte dem Bf nicht mehr ausgefolgt werden, weil er am 27. Jänner 2013 seine Unterkunft in der EAST West aufgegeben und ohne Abmeldung oder sonst eine hinterlassene Nachricht verlassen hatte. Mit 31. Jänner 2013 wurde er aus der Grundversorgung von Amts wegen rückwirkend abgemeldet. Erst nach längerer Abwesenheit ohne bekannten Aufenthalt langte am 11. März 2013 per E-Mail eine Obdachlosenmeldung des Vereins U B betreffend den Bf beim BAA EASt West ein. Die Meldung "Obdachlos" mit der Angabe Unterkunftgeber U B, Z, W, erfolgte laut ZMR-Anfrage der belangten Behörde vom 25. Februar 2013 am 31. Jänner 2013. Es handelt sich dabei offenbar um eine Hauptwohnsitzbestätigung gemäß § 19a Meldegesetz, dh der Obdachlose verfügt bloß über eine Kontaktstelle gemäß § 19a Abs 1 Z 2 Meldegesetz. Unter dieser Adresse konnte der Bf dann von der Asylbehörde für 27. Februar 2013 zum Parteiengehör geladen werden.

 

Am 14. Februar 2013 langte die Zustimmung Italiens zum österreichischen Ersuchen auf Wiederaufnahme des Bf gemäß dem Dublinabkommen beim BAA EASt West ein. Dabei gaben die italienische Behörde die Aliasdaten des Bf (C I I, geb. X) bekannt, unter denen er in Italien auch registriert ist. Aus dem aktenkundigen Dokument der Dublinabteilung des italienischen Innenministeriums in englischer Sprache geht hervor, dass der Transfer des Bf akzeptiert wird, wenn die relevanten Informationen dazu ("relevant detailed transfer instructions") zumindest sieben Tage vorher bekannt gegeben werden ("with at least a seven-day-notice").

 

1.4. Bei der asylbehördlichen Einvernahme am 27. Februar 2013 in Gegenwart eines Rechtsberaters und einer Dolmetscherin bestätigte der Bf, die Merk- und Informationsblätter für Asylwerber erhalten zu haben. Er wurde dann auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen und zu seinen persönlichen Daten und dem Reiseweg befragt, wobei er seine Angaben bei der Erstbefragung bestätigte.

 

Mit Vorhalt teilte die Asylbehörde dem Bf mit, dass Italien dem Aufnahmeersuchen Österreichs entsprochen habe und daher beabsichtigt sei, seinen in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen und seine Ausweisung nach Italien zu veranlassen. In seiner Stellungnahme dazu erklärte der Bf wörtlich:

 

"In Italien habe ich mich um eine Arbeit bemüht und man hat mir auch eine versprochen. Ich wurde immer wieder vertröstet. Ich habe keine Unterkunft und keine Arbeit in Italien. Deswegen habe ich meine Dokumente in Italien bei einem Mann zurückgelassen, der mir versprochen hat, eine Arbeit für mich zu finden, Ich habe mich auch in der Schweiz und in Norwegen um eine Arbeit bemüht. Ich bin jetzt schon sehr müde."

 

Auf die Frage, ob es weitere Gründe gäbe, die einer Rückkehr nach Italien entgegenstünden, wiederholte der Bf, dass er in Italien keine Arbeit und keine Unterkunft gehabt hätte. Die Menschen in Italien wären gut und hätten ihm Dokumente gegeben. Auf Grund der schlechten Lage hätte er aber keine Arbeit gefunden.

 

Auf die Frage, warum er die Betreuungsstelle West verlassen und einen Obdachlosenwohnsitz in W begründet habe, erklärt der Bf:

 

"Ich ging nach V und kam nach zwei Tagen zurück. Dann sagte man mir, dass ich hier keinen Platz mehr hätte. Deswegen ging ich nach W. Ich wollte hierbleiben, durfte aber nicht. In V war ich zwei Tage in einer Kirche. Dabei hat es sich um eine Zweitagespredigt gehandelt."

 

1.5. Im Anschluss an die asylbehördliche Befragung fand am 27. Februar 2013 auch eine fremdenpolizeiliche Einvernahme des Bf zur Klärung des Sachverhaltes unter Beiziehung einer Dolmetscherin statt. Über Vorhalt seines Alias-Geburtsdatums "X" verneinte der Bf, dieses Datum jemals angegeben zu haben. Bei der Einreise in Lampedusa wäre ein Fehler passiert, der in Turin korrigiert worden wäre. Seine Aufenthaltspapiere hätte er aber bei einem Freund in Turin zurückgelassen. Unterlagen aus Italien hätte er nicht mit.

 

Die weitere Befragung zum Grund der Entfernung des Bf aus der Betreuungsstelle West wurde in der vom Bf unterfertigten Niederschrift wie folgt protokolliert:

 

"Warum haben Sie am 27.01.2013 die EASt-West verlassen?

 

Antwort: Ich bin eine afrikanische Kirche in V gegangen. Dort gab es eine zweitägige Gebetszeremonie. Ich dachte, dass ich mich 48 Stunden entfernen darf. Als ich nach zwei Tagen zurück kam, wurde ich nicht mehr aufgenommen. Daher bin ich nach W zum Verein U B.

 

Wann sind Sie zurück in die EASt-West. Wann wurde Ihnen mitgeteilt, dass Sie nicht mehr aufgenommen werden?

 

Antwort: Ich weis es nicht, es war abends, den genauen Tag weis ich nicht mehr. Ein Mann von der Wache sagte mir am Haupttor, dass ich nicht mehr hinein darf.

 

Warum lügen Sie?

 

Antwort: Ich lüge nicht, das ist die Wahrheit. Ich habe damals am Eingang geweint, weil ich nicht mehr hinein durfte."

 

Der Vertreter der belangte Behörde teilte daraufhin dem Bf mit, dass die Behörde über jeden Fremden und Asylwerber und über jeden Vorfall- insbesondere über Wegweisungen und Nichtaufnahmen -  telefonisch und schriftlich informiert werde. In der elektronischen Ein- und Ausgangsmeldung scheine für die Zeit vom 27. Jänner 2013 bis heute (Tag der Niederschrift) keine Eintragung auf. Die Angaben des Bf seien daher nicht glaubhaft und als vorbereitete Schutzbehauptung anzusehen. In weiterer Folge wurde der Bf festgenommen und die Schubhaft über ihn verhängt.

 

1.6. Mit Telefax von einem unbekannten Absender (FAX from unknown) langte am Freitag, dem 1. März 2013, beim Oö. Verwaltungssenat außerhalb der Amtsstunden eine als Schubhaftbeschwerde bezeichnete Eingabe (gesendet um 15:47 Uhr; prot. Einlangen daher mit Wiederbeginn der Amtsstunden am Montag, dem 4. März 2013) ein, die vom Bf persönlich unterschrieben wurde und zusätzlich einen mangelhaften Vertretungshinweis ohne Angabe einer handelnden Person und ohne Unterschrift eines Vertreters enthält. Da die Eingabe dem Bf aber ohnehin direkt zurechenbar ist, bedurfte es keiner Vertretung und war ein Verbesserungsverfahren entbehrlich.

 

Die Schubhaftbeschwerde bekämpft die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung des Bf in Schubhaft und beantragt die kostenpflichtige Rechtswidrigkeitserklärung. Zum Sachverhalt wiederholt die Beschwerde, dass sich der Bf aus der EASt West entfernt hätte (ohne Zeitangabe), um einen zweitägigen Gottesdienst (ohne Zeit- und Ortsangabe) zu besuchen. In der Folge hätte er nicht mehr in die EASt West zurückkehren können. Die Umstände wären nicht ganz geklärt. Es stünde Aussage gegen Aussage (keine Angabe von Personen). Da der Bf keine Unterkunft gehabt hätte, wäre er nach W gefahren, wo er als Obdachloser beim Verein U B Hilfe gefunden hätte. Der Bf wäre dort als Obdachloser am 11. Februar 2013 gemeldet worden. In der Folge sei er für den 27. Februar 2013 zum Parteiengehör in die EASt West geladen und danach die Schubhaft verhängt worden.

 

1.7. Die belangte Behörde hält im Schubhaftbescheid beweiswürdigend fest, dass der Bf auf Grund der ihm mündlich und schriftlich erteilten Informationen (überlassene Informationsunterlagen in der ihm verständlichen Sprache Englisch) in Kenntnis der Gebietsbeschränkung für Vöcklabruck und seiner Mitwirkungspflicht als Asylwerber im Zulassungsverfahren die EASt West verlassen hat und nach W fuhr, ohne die Asylbehörde zu informieren. Seine Angaben zum Grund für diese Fehlverhalten können nach dem amtlichen Wissen der Fremdenpolizeibehörde über die vorgesehenen Abläufe in der EASt West nicht den Tatsachen entsprechen.

 

Der Torwache sei es nämlich nicht gestattet, aus eigener Entscheidung eine Nichtaufnahme auszusprechen. In solchen Fällen habe sie die Polizei in der EASt West zu verständigen, welche dann die Betreuungsstellenleitung und die Journaldienste des Bundesasylamts und der belangten Behörde verständige. Auch erfolge eine entsprechende Eintragung im Asylwerberinformationssystem und scheine zudem in der Datei der Betreuungsstellenleitung eine automatisierte Datums- und Uhrzeitregistrierung auf. Weiters werde den genannten Behörden über jeden kleinen Vorfall, insbesondere über Zu- und Abgänge oder eine Aufnahmeverweigerung, mittels Journalberichts vom Torposten schriftlich berichtet. Ein solcher Fall der Aufnahmeverweigerung im Erstasylverfahren, wie vom Bf behauptet, sei der belangten Behörde noch nie bekannt geworden. Dies sei gegenständlich besonders unwahrscheinlich, weil dem Bf eine Mitteilung der Asylbehörde über die Einleitung von Konsultationen (mit Italien) auszufolgen gewesen wäre.

 

Auf Grund des geschilderten Verwaltungsablaufs liege gegenständlich auch der Nachweis vor, dass der Abgang des Bf erst 4 Tage nach seinem Abgang gemeldet und die Abmeldung aus der Grundversorgung und die polizeiliche Abmeldung veranlasst wurde (dazu oben Punkt 1.3.). Deshalb hätte dem Bf, der angeblich nach zwei Tagen Abwesenheit zur EASt West zurückgekommen wäre und Einlass begehrt hätte, die Aufnahme durch den Torposten gar nicht verweigert werden können, zumal der Bf noch in der Grundversorgung und im Betreuungsstelleninformationssystem gemeldet war.

 

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats schließt sich der Beweiswürdigung der belangten Behörde vollinhaltlich an. Die dargelegten Ausführungen erscheinen sehr schlüssig und sind auch anhand der Aktenlage (vgl die angeführten Informationsdateien) gut nachvollziehbar. Dem gegenüber sind die ganz allgemein gehaltenen Behauptungen des Bf schon mangels irgendwelcher konkreter Angaben und Hinweise auf allfällige Personen, die etwas bezeugen könnten, völlig unglaubhaft. Der Bf hatte Erklärungsbedarf für sein Fehlverhalten und hat sich - möglicherweise nach Beratung mit Bekannten in W - dafür eine aus seiner Sicht für die Behörde nicht widerlegbare und überprüfbare Geschichte zu Recht gelegt, um drohenden Konsequenzen zu entgehen. Dabei hat er offenbar nicht damit gerechnet, dass die Verwaltungsabläufe in der EASt West durch die Informationssysteme sehr gut dokumentiert werden, weshalb seine offenbar bewusst falschen Angaben nach den amtsbekannten Verwaltungsabläufen als objektiv unmöglich und damit als Schutzbehauptungen ausgewiesen werden konnten. Die Angaben des Bf würden Amtsmissbrauch und/oder absichtliche Verletzung von Dienstvorschriften durch den Wachdienst voraussetzen, wofür es keinerlei Anhaltspunkte gibt und was auch nicht ohne triftigen Grund unterstellt werden darf. Zu der vom Bf angegebenen Zeit der Rückkehr nach 48 Stunden war er in der EASt West nachweislich noch aufrecht gemeldet und hätte einfach mit seiner Verfahrenkarte passieren können.

 

 

2.1. In der Schubhaftbeschwerde wird begründend unter dem Aspekt der Unverhältnismäßigkeit der Haft zunächst behauptet, der Bf hätte keinesfalls bewusst falsche Angaben gemacht, und danach erstmals vorgebracht, dass der Bf am liebsten freiwillig und so schnell wie möglich nach Italien zurückkehren wollte. Er hätte nämlich in Erfahrung gebracht, dass in Turin bis zum 5. März 2013 finanzielle Entschädigungen an Flüchtlinge, die aus Libyen kamen, ausbezahlt werden würden. Nach diesem Stichtag soll es diese Möglichkeit nicht mehr geben.

 

Der Bf sei am 11. Februar 2013 als Obdachloser gemeldet worden und habe der Ladung der Behörde für 27. Februar 2013 Folge geleistet. Die Frage, ob er am Haupteingang zur EASt West nicht eingelassen worden wäre und deshalb nach W hätte fahren müssen, sei ungeklärt. Es stünde Aussage gegen Aussage. Das weitere Verhalten des Bf hätte jedoch nicht erkennen lassen, dass er sich dem Dublinverfahren entziehen wollte. Das Gesamtverhalten des Bf spräche nicht dafür, weshalb das erforderliche Sicherungsbedürfnis für die Schubhaft nicht vorläge.

 

Die Prüfung gelinderer Mittel hätte die belangte Behörde einzelfallbezogen unterlassen. Der Bf würde schon im eigenen Interesse den Ausgang seines Asylverfahrens in Österreich abwarten wollen. Dies entspräche auch der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu sog. Dublinfällen, in denen für eine Schubhaftverhängung Umstände vorliegen müssten, die in einem erhöhten Grad ein Untertauchen befürchten lassen. Der Umstand, dass ein Asylwerber in einem anderen Land bereits Asyl beantragt hat, rechtfertige für sich noch nicht den Schluss, dass er unrechtmäßig in einen anderen Staat weiterziehen und sich so dem Verfahren entziehen werde. Im vorliegenden Fall wäre nicht zu erkennen, wieso der Bf die Unterstützung in Grundversorgung aufgeben und in die Anonymität untertauchen sollte. Selbst bei Annahme eines Sicherungserfordernisses könne der Zweck der Verfahrenssicherung durch Anwendung gelindere Mittel im Rahmen der Bundesbetreuung erreicht werden. Das Fehlen eines Wohnsitzes und sozialer Bindungen könne kein tragfähiger Grund sein, davon Abstand zu nehmen.

 

Schließlich führt die Beschwerde noch aus, dass die österreichische Rechtslage gegen die Rechtsschutzgarantien der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 (Rückführungsrichtlinie) verstoße. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass eine amtswegige Überprüfung der Haft nur durch die Verwaltungsbehörde und durch ein unabhängiges Tribunal erst nach vier Monaten vorgesehen sei. Der Schubhaftbescheid verstoße daher auch gegen Unionsrecht.

 

2.2. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten auf elektronischem Wege am 6. März 2013 vorgelegt. Im Vorlageschreiben ist sie der Schubhaftbeschwerde entgegen getreten und hat deren kostenpflichtige Abweisung beantragt, um den illegalen Aufenthalt des Bf beenden und seine baldmöglichste Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat Italien entsprechend dem Dublinabkommen umsetzen zu können.

 

Zur nunmehr überraschend aufgestellten Behauptung des Bf, dass er am 5. März 2013 in Italien sein müsste, um eine finanzielle Leistung zu erhalten, weist die belangte Behörde darauf hin, dass eine so kurzfristige Ausreise nach Italien auf legalem Weg nicht möglich sei. Kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union dürfe illegale Grenzübertritte oder Rückführungen anstreben oder gar fördern. Selbst bei Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung müsse eine Ankündigungszeit eingehalten werden, die mit Italien sieben Tage betrage.

 

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat auf Grundlage der vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG (idF seit BGBl I Nr. 122/2009) ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Nach § 83 Abs 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

  1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
  2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

 

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Im vorliegenden Fall hat die Bezirkshauptmann von Vöcklabruck den Schubhaftbescheid erlassen und die Anhaltung in Schubhaft angeordnet. Der Oö. Verwaltungssenat ist daher örtlich zuständig. Der Bf wird noch in Schubhaft angehalten, seine Beschwerde ist zulässig.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs 1a FPG dürfen unmündige Minderjährige nicht in Schubhaft angehalten werden.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

 

  1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;
  2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs 2 AsylG 2005 verletzt hat;
  3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;
  4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;
  5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder
  6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs 2 Z 1 bis 4 vorliegt,

 

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

4.3. Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Nach § 80 Abs 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

 

  1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;
  2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall des Abs 3 und 4 vorliegt.

 

§ 80 Abs 3 FPG erlaubt die Aufrechterhaltung der Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden darf, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist.

 

§ 80 Abs 4 FPG enthält weitere Verlängerungsgründe. Kann oder darf der Fremde nur deshalb nicht abgeschoben werden,

 

  1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder
  2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder
  3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt,

 

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten  nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs 2 FPG verhängte wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrecht erhalten werden.

 

Gemäß § 80 Abs 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge ohnehin auch ein Verlängerungsfall nach § 80 Abs 4 Z 1 bis 3 FPG vor. Wird einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von 10 Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

4.4. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs 1 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

In der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vermag die fehlende Ausreisewilligkeit eines Fremden für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht zu rechtfertigen. Deshalb kann auch die Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft noch nicht rechtfertigen. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland in Betracht kommt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon mehrfach betont, dass in Bezug auf die Annahme eines Sicherungsbedarfes aus Überlegungen zu einem strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Fehlverhalten alleine nichts zu gewinnen sei (ständige Rspr; vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288 und Zl. 2004/21/0003; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246).

 

Überdies ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beim Sicherungserfordernis die konkrete Situation des Beschwerdeführers (Einzelfallprüfung) zu prüfen. Deswegen verbietet sich auch ein Abstellen auf allgemeine Erfahrungen im Umgang mit Asylwerbern oder aus anderen Fällen (vgl VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0051; VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0091).

 

4.5. In dem aus Anlass einer Amtsbeschwerde ergangenen Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542, hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst wiederholt, dass die bloße Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, sondern der Sicherungsbedarf müsse in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde soziale Verankerung in Österreich in Betracht komme (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Für die Bejahung des Sicherungsbedarfs im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG komme daher insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, welche das befürchtete Risiko des Untertauchens rechtfertigen können (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0162). Abgesehen von der Integration des Fremden sei bei Prüfung des Sicherungsbedarfs auch das bisherige Verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen (Hinweis auf VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/0311; VwGH je vom 28.06.2007, Zl. 2006/21/0091 und Zl. 2006/21/0051). Auch wenn Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nach dem Gesetz keinen tauglichen Schubhaftzweck darstellen (vgl etwa VwGH 31.08.2006, Zl. 2006/21/0087; VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/311) kann nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2009 der Verurteilung eines Fremden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedeutung zukommen. Eine erhebliche Delinquenz des Fremden kann das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner baldigen Abschiebung – in Abhängigkeit von der Schwere der Straftaten - maßgeblich vergrößern.

 

4.6. Im Erkenntnis vom 26. August 2010, Zl. 2010/21/0234, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit den durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 (BGBl I Nr. 122/2009) neu eingeführten Schubhafttatbeständen des § 76 Abs 2a FPG näher befasst und unter Hinweis auf Judikatur des Verfassungsgerichtshofs und eigene Vorjudikatur klargestellt, dass die Schubhaft auch im Anwendungsbereich des neuen § 76 Abs 2a FPG mit der strukturell abweichenden Einleitung "hat... anzuordnen" nur zulässig sei, wenn sie notwendig und verhältnismäßig ist. Auch der Hinweis in den Erläuterungen (330 BlgNR 24. GP), dass in diesen Fällen grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein werde, stehe der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht entgegen. Sinngemäß habe dies nämlich schon in der bisherigen Judikatur zu § 76 Abs 2 FPG seinen Niederschlag gefunden, indem der Verwaltungsgerichtshof aussprach, dass sich mit dem Fortschreiten der einzelnen Phasen des Asylverfahrens aus der Sicht des Asylwerbers die Wahrscheinlichkeit verdichte, dass er abgeschoben werden könnte. Insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung könnten dann auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (Hinweis auf VwGH 25.3.2010, Zl. 2008/21/0617).

 

Der Tatbestand des § 76 Abs 2a FPG in der ersten Variante (Zurückweisung gemäß dem § 5 AsylG 2005 verbunden mit einer durchsetzbaren Ausweisung) stelle sich als Sonderfall des § 76 Abs 2 Z 1 FPG dar. Deshalb bedarf es in seinem Anwendungsbereich (Ähnliches mit unterschiedlicher Gewichtung gelte auch für die anderen Tatbestände) im Sinne des zitierten Erkenntnisses vom 25. März 2010 weniger ausgeprägter Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs. Auch bei den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs 2a FPG sei nach dem "ultima ratio–Prinzip" mit der Verhängung eines bloß gelinderen Mittels vorzugehen, wenn einem allfälligen Sicherungsbedürfnis schon auf diesem Weg genüge getan werden könne. Auch ein Sicherungsbedarf führe nicht zur Schubhaft, wenn iSd letzten Halbsatzes des § 76 Abs 2a FPG besondere Umstände in der Person des Asylwerbers entgegen stehen.

 

Auch zu § 76 Abs 2a FPG stellte der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 26. August 2010 klar (mit Hinweis auf seine Judikatur seit VwGH 8.09.2005, Zl. 2005/21/0301), dass fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein, wenn sie nicht in besonderen Umständen ihren Niederschlag findet, die Verhängung von Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, zumal das asylrechtliche Verfahren in den Fällen des § 76 Abs 2a FPG noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Auch die Abschiebevoraussetzungen des § 46 Abs 1 FPG können ein Sicherungsbedürfnis nicht begründen. Auch Mittellosigkeit und fehlende Integration sind bei Asylwerbern, die Anspruch auf Grundversorgung haben, kein tragfähiges Argument. Die Heranziehung dieser Gesichtspunkte ist bei Asylwerbern, die sich noch nicht lange in Österreich aufhalten, regelmäßig verfehlt (zur stRsp Hinweis auf VwGH 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512).

 

Auch bei Heranziehung eines Schubhaftgrundes nach § 76 Abs 2a FPG bedarf es der gerechtfertigten Annahme, der Fremde werde sich dem asylrechtlichen Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder der Abschiebung insbesondere durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen wesentlich erschweren. Bei dem für die Beurteilung entscheidenden "Vorverhalten" des Fremden spielen die Art und Umstände der Reisebewegung, des Behördenkontaktes in Österreich und Gesichtspunkte der Mitwirkung im Asylverfahren ein Rolle.

 

4.7. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde bei der Verhängung der Schubhaft auf die besonderen Schubhafttatbestände nach § 76 Abs 2a Z 2 FPG (wenn eine Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs 2 AsylG 2005 verletzt hat) und nach § 76 Abs 2a Z 4 FPG (wenn der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 nicht nachgekommen ist) sowie zusätzlich auf den Tatbestand nach § 76 Abs 2 Z 2 FPG abgestellt, weil durch die dem Bf noch vor seinem Untertauchen zugestellte Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG 2005 (Konsultationen mit der Schweiz) ein Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs 1 AsylG 2005 ex lege mit 24. Jänner 2013 als eingeleitet galt.

 

Die nach Ablehnung der Schweiz ergangene Verfahrensmitteilung der Asylbehörde gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG 2005 im Hinblick auf die am 28. Jänner 2013 eingeleiteten Konsultationen betreffend die beabsichtigte Ausweisung nach Italien konnte dem Bf nicht mehr zugestellt werden, weil er am 31. Jänner 2013 wegen unbekannten Aufenthalts seit dem 27. Jänner 2013 aus der Grundversorgung in der EASt West abgemeldet wurde. Es stellte sich erst zwei Wochen später heraus, dass sich der Bf als Obdachloser in W aufhielt. Eine entsprechende Obdachlosenmeldung des Vereins U B langte am 11. Februar 2013 per E-Mail in der EASt West ein.

 

Gemäß § 15a Abs 1 AsylG 2005 unterliegen Fremde im Zulassungsverfahren u.A. einer periodischen Meldeverpflichtung, wenn - wie gegenständlich mit 24. Jänner 2013 - eine Mitteilung nach § 29 Abs 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist. Nach dem § 15a Abs 2 Satz 2 AsylG 2005 gilt für Fremde, die in einer Betrauungseinrichtung des Bundes versorgt werden, die Abwesenheit von mindestens 48 Stunden von der Betreuungseinrichtung als Verletzung der Meldeverpflichtung. Eine Verletzung liegt dann nicht vor, wenn dem Fremden die Erfüllung der Meldeverpflichtung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war. Einen solchen Nachweis hat der Bf durch seine offenbar frei erfundene, weil unüberprüfbar abstrakt gehaltene Schutzbehauptung, er wäre bei seiner Rückkehr in die EASt West nach 2 Tagen am Tor abgewiesen worden, nicht erbracht (vgl dazu näher Punkt 1.7.). Es ist demnach davon auszugehen, dass er seine besondere Meldeverpflichtung im Zulassungsverfahren verletzt hat.

 

Darüber hinaus hat der Bf aber auch seine Mitwirkungsverpflichtung nach dem § 15 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 verletzt, weil er als Asylwerber im Zulassungsverfahren mit Meldeverpflichtung gemäß § 15a leg.cit. seinen Aufenthaltstort und seine Anschrift sowie Änderungen spätestens zeitgleich mit der Änderung des Aufenthaltsortes bekannt geben hätte müssen. Die Obdachlosenmeldung in W mit Kontaktstelle U B gemäß § 19a Meldegesetz wurde erst nach zwei Wochen der Asylbehörde mitgeteilt. Außerdem hätte er bei Aufgabe der Grundversorgung auch deshalb die Asylbehörde sofort informieren müssen, damit ihm diese entsprechend § 15a Abs 2 AsylG 2005 mit Verfahrensanordnung iSd § 63 Abs 2 AVG eine periodische Meldungverpflichtung bei einer zu bestimmenden Polizeiinspektion auftragen hätte können.

 

Gemäß § 12 Abs 2 AsylG 2005 ist der Aufenthalt eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, für die Dauer des asylrechtlichen Zulassungsverfahrens grundsätzlich - die in 3 Ziffern geregelten Ausnahmen liegen gegenständlich nicht vor - nur im Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde seines Aufenthaltsortes (EASt West liegt im Bezirk Vöcklabruck) geduldet. Erst nach Abschluss des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesasylamt ist der Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet geduldet, solange dem Asylwerber faktischer Abschiebeschutz zukommt.

 

Der Bf hat im Zulassungsverfahren seine Grundversorgung in der EASt West aufgegeben und seinen Aufenthalt in W gewählt, ohne die Asylbehörde davon unverzüglich zu verständigen. Er hat damit den Bezirk seines Aufenthaltsortes iSd § 15 Abs 1 Z 4 leg.cit. (Bezirksverwaltungsbehörde Vöcklabruck), in dem er gemäß § 12 Abs 2 AsylG 2005 geduldet war, eigenmächtig verlassen und damit die Gebietsbeschränkung verletzt, nachdem er zuvor am 24. Jänner 2013 schon eine Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG 2005 erhalten hatte und das Ausweisungsverfahren als eingeleitet galt.

 

Im Ergebnis konnte die belangte Behörde daher vom Vorliegen der besonderen Schubhaftgründen sowohl nach § 76 Abs 2a Z 2 FPG (Verletzung der Gebietsbeschränkung) als auch nach § 76 Abs 2a Z 4 FPG (Verletzung der Mitwirkungsverpflichtung) beim Bf ausgehen. In den Fällen der erweiterten Schubhafttatbestände des § 76 Abs 2a FPG ist nach den Gesetzesmaterialien im Hinblick auf die zeitnahe Außerlandesbringung bzw evidente Verletzung von Rechtsvorschriften (Mitwirkungs- und Meldeverpflichtungen) grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen, wenn nicht besondere Umstände in der Person des Fremden, wie insbesondere Alter oder Gesundheitszustand, gegen Schubhaft sprechen (vgl RV zum FrÄG 2009, 330 BlgNR 24. GP, Seite 32 "Zu Z 31 (§76 Abs. 2a").

 

Im gegenständlichen Fall ist mit der erklärten Zustimmung Italiens zur Rücknahme des Bf im Dublinverfahren und der Einvernahme des Bf das asylrechtliche Zulassungsverfahren so weit fortgeschritten, dass die Asylbehörde schon sehr bald die dem Bf beim Parteiengehör angekündigte Zurückweisung seines Asylbegehrens und seine Ausweisung nach Italien aussprechen wird. Es droht ihm damit auch schon zeitnah die Außerlandesbringung, womit auch ein die Schubhaft rechtfertigendes erhöhtes Sicherungsbedürfnis anzunehmen ist, zumal nach der Stellungnahme des Bf beim Parteiengehör und seinem bisherigen Gesamtfehlverhalten (illegales Reisen ohne irgendwelche Dokumente; wiederholtes illegales Überschreiten von Grenzen im europäischen Raum mit Asylantragstellungen in Norwegen und der Schweiz ohne Verfolgungssituation und trotz Aufenthaltstitels in Italien; eigenmächtiges Aufgeben der Bundesbetreuung in der EASt West und Untertauchen in die Anonymität für 2 Wochen; Verletzung von Mitwirkungs- und Meldepflichten im Zulassungsverfahren; offenkundig falsche Behauptung einer Zutrittsverweigerung in die EASt West, um eigenes Fehlverhalten zu kaschieren) nicht erwartet werden kann, dass er sich freiwillig zur Verfügung der Fremdenpolizeibehörde halten wird.

 

Die Beschwerde ignoriert das aufgezeigte Gesamtfehlverhalten des ungebundenen und in seiner Lebensgestaltung sehr flexiblen Bf und will einen gewöhnlichen Dublinfall vorgeben, bei dem nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Schubhaft nicht zur Standardmaßnahme gegen Asylwerber werden darf und es in einem frühen Stadium des Asylverfahrens besonderer Umstände bedarf, um die Befürchtung des Untertauchens begründen zu können. Dem ist für den vorliegenden Fall zu entgegnen, dass hier nicht mehr von einem frühen Stadium des Asylverfahrens gesprochen werden kann, weil schon zeitnah mit der Abschiebung infolge einer durchsetzbaren asylbehördlichen Ausweisung des Bf nach Italien zu rechnen ist und außerdem - wie oben schon ausgeführt - einige besondere Umstände vorliegen, die den Bf als vertrauensunwürdig erscheinen und sein Untertauchen bei nächster Gelegenheit befürchten lassen.

 

Die in der Schubhaftbeschwerde zuletzt überraschend behauptete, kurzfristig Bereitschaft des Bf zur freiwilligen Ausreise nach Italien wegen eines angeblich letzten Termins am 5. März 2013 zur Geltendmachung finanzieller Ansprüche in Turin wird durch keinerlei objektiven Belege bescheinigt, widerspricht im Übrigen völlig seinen Angaben beim jüngsten Parteiengehör am 27. Februar 2013 durch die Asylbehörde und erscheint daher nur als taktisches Manöver, um den Behörden Kooperationsbereitschaft vorzutäuschen. Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die überraschend kurzfristige Bereitschaft des Bf zur Rückkehr nach Italien mit Recht als nicht ernst gemeint und auch undurchführbar betrachtet. Den italienischen Behörden müsste ein legal durchführbarer Transfer des Bf mit den relevanten Detailinformationen in jedem Fall wenigstens 7 Tage vorher angezeigt werden (vgl Feststellungen unter 1.3.). Da der vom Bf behauptete Endtermin für das Erlangen der finanziellen Leistung schon im Zeitpunkt der gegenständlichen Aktenvorlage versäumt war, entfiel damit zwangsläufig wieder das angegebene Motiv des Bf für seine behauptete Rückkehrwilligkeit, so dass nunmehr wieder alles beim Alten bleibt und er entsprechend seiner bisherigen Angaben bei Vernehmungen kein weiteres Interesse an einer Rückkehr nach Italien haben kann.

 

4.8. Zum Parteiengehör vor der Asylbehörde am 27. Februar 2007 ist der Bf im eigenen Interesse in der EASt West erschienen. Dabei teilte ihm die Asylbehörde aber mit, dass Italien mittlerweile dem Aufnahmeersuchen Österreichs im Dublinverfahren zugestimmt hat, weshalb sein Asylantrag zurückgewiesen und seine Ausweisung nach Italien erfolgen werde. Der Bf sprach sich dagegen aus, weil er sinngemäß in Italien auf Grund der schlechten Lage keinen guten Lebensbedingungen und keine Arbeit gefunden hätte. Auch in der Schweiz und in Norwegen hätte er sich vergeblich bemüht. Er sei müde vom ewigen Reisen. Er könne auch nicht nach Libyen zurück, weil dort die Schwarzen bekämpft würden.

 

Nach diesen Angaben geht es dem in Italien und im Europäischen Raum sicheren Bf in Wahrheit nicht um die Erlangung von internationalem Schutz, sondern um bessere Lebensbedingungen in einem wirtschaftlich attraktiveren Staat als Italien, wo er zwar eine Aufenthaltsberechtigung aber kein guten Lebensbedingungen habe. Er ist somit evident, dass der Bf als bloßer "Wirtschaftsflüchtling" zu betrachten und aus dieser Motivation heraus zu beurteilen ist. Deshalb ist Österreich nur eines von vielen Ländern im Europäischen Wirtschaftsraum, in dem der Bf eine Aufnahme und Verbesserung seines Lebensstandards zu erlangen hofft. Da ihm nunmehr die Asylbehörde in Österreich die Absicht der Rückführung nach Italien bekannt gegeben hat, wurden seine Hoffnungen enttäuscht und kann er kein weiteres Interesse mehr am österreichischen Asylverfahren haben, in dem er gescheitert ist.

 

Auf der Suche nach einem Staat, der ihm bessere Lebensbedingungen bieten kann, kümmert sich der sozial völlig ungebundene Bf nicht um fremdenrechtliche Einreisebestimmungen oder asylrechtliche Vorschriften nach dem Dublinabkommen, sondern reist vielmehr illegal ohne Identitätsdokumente und unter bewusster Zurücklassung seiner Aufenthaltspapiere in Italien nach eigenem Gutdünken. Dabei nimmt er beliebige illegale Grenzübertritte in Kauf und nutzt die jeweiligen Möglichkeiten des Asylrechts für einen zumindest vorläufigen Aufenthalt in der Hoffnung, seine soziale Situation zu verbessern.

 

Die belangte Behörde hat ein solches Fehlverhalten des Bf nicht ohne Grund als klassischen "Asylantragstourismus" bezeichnet, dem im Interesse eines geordneten Fremdenwesens vor allem in unseren Zeiten eines zunehmenden Einwanderungsdruckes entschieden begegnet werden muss.

 

Der Bf wollte sich durch seine illegale Reise nach Österreich verbunden mit einer weiteren Asylantragsstellung ein zumindest vorläufiges Aufenthaltsrecht in Österreich und bessere wirtschaftliche Bedingungen für seine Lebensgestaltung verschaffen. Durch dieses Verhalten hat er unter Beweis gestellt, dass er die asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften Österreichs und der Europäischen Union seinen persönlichen Interessen unterordnet. Er versucht offenbar, sich das Land, in dem er leben will, entgegen dem Fremdenrecht und dem Dublinregime der Europäischen Union nach eigenem Gutdünken aussuchen.

 

Dazu kommt noch, dass der Bf die Beschränkungen seiner Bewegungsfreiheit im Zulassungsverfahren nicht eingehalten hat. Im Interesses einer freien Lebensgestaltung gab er die Grundversorgung in der EASt West ohne Verständigung der Asylbehörde auf und begab sich für zwei Wochen in die Anonymität in der Großstadt W, um den Zugriff der Behörden zumindest zu erschweren. Nachdem dem Bf die rechtlichen Nachteile dieses Verhaltens bewusst geworden sind, meldete er sich wieder, um die aus seiner Sicht damals noch möglichen Chancen in einem Asylverfahren zu wahren. Dabei schreckte er nicht davor zurück, sein unerlaubte Abwesenheit mit einer frei erfundenen Geschichte über seine Wegweisung durch die Torwache zu erklären, die nach den von der belangten Behörde dokumentierten Umständen über die Verwaltungsabläufe in der EASt West offenkundig nicht richtig sein kann.

 

Durch dieses Gesamtverhalten hat sich der Bf als vertrauensunwürdig erwiesen. Es lagen die oben dargelegten besonderen Umstände vor, die eine Untertauchen des Bf befürchten ließen, zumal dem Bf beim asylbehördlichen Parteiengehör am 27. Februar 2013 seine mangelnde aufenthaltsrechtliche Perspektive in Österreich bewusst werden musste und er voraussichtlich bei nächster Gelegenheit in die Anonymität abgetaucht wäre, um sich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde und der Abschiebung nach Italien zu entziehen. Dass sich der Bf plötzlich in der eingebrachten Schubhaftbeschwerde überraschend zur freiwilligen Rückkehr bereit erklärte, ist - wie schon oben näher ausgeführt - nur ein unseriöses taktisches Manöver und vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern.

 

Die belangte Behörde hat nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats auch zutreffend argumentiert, dass beim Bf ein besonderer Sicherungsbedarf angenommen werden musste, bei dem ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG nicht in Betracht kommen konnte, weil der Zweck der Schubhaft damit voraussichtlich nicht erreichbar gewesen wäre. Die an sich abermals mögliche Unterbringung in Grundversorgung könnte selbst im Falle einer täglichen Meldepflicht bei der nächsten Polizeidienststelle nicht verhindern, dass der sozial ungebundene Bf auf freiem Fuße abermals untertaucht, um seiner Überstellung nach Italien zu entgehen.

 

4.9. Abschließend ist der Beschwerde zum behaupteten Widerspruch der österreichischen Rechtslage zur Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (Abl L 348/98 ff) zu entgegnen:

 

Richtig ist, dass nach dem die Haft für Zwecke der Abschiebung behandelnden Art 15 Abs 2 der Rückführungsrichtlinie im Fall der Inhaftnahme durch eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich eine gerichtliche Überprüfung vorgesehen wird. Dabei ist aber entgegen der Beschwerdedarstellung nicht bloß auf die amtswegige Überprüfung der Schubhaft nach vier Monaten abzustellen. Die Richtlinie überlässt es vielmehr dem Mitgliedsstaat, die Rechtmäßigkeit entweder nach Haftbeginn innerhalb kurzer Frist gerichtlich überprüfen zu lassen (Abs 2 lit a) oder dem Drittstaatsangehörigen das Recht einzuräumen, einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der Haft innerhalb kurzer Frist zu stellen, worüber er auch zu belehren ist (Abs 2 lit b).

 

Die Regelung der §§ 82 f FPG mit dem Recht die Prüfung der Schubhaft durch den unabhängigen Verwaltungssenat jederzeit zu beantragen und die Entscheidungspflicht binnen einer Woche bei aufrechter Anhaltung entspricht daher den Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung hat der Schubhaftbescheid in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten (vgl § 76 Abs 3 FPG). Dies war auch der Fall. Die behauptete Verletzung der Rückführungsrichtlinie ist demnach unzutreffend.

 

 

5. Im Ergebnis war aus den dargelegten Gründen davon auszugehen, dass die Verhängung der Schubhaft gegen den Bf notwendig und seine bisherige Anhaltung nach dem gesamten Verhalten des Bf auch verhältnismäßig war. Die vorliegende Schubhaftbeschwerde war daher als unbegründet abzuweisen und gemäß § 83 Abs 4 FPG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die zur Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

 

Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß § 79a Abs 2 AVG der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist gemäß dem § 79a Abs 3 AVG die belangte Behörde die obsiegende Partei und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Nach § 79a Abs 4 AVG gelten als Aufwendungen vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Nach § 79a Abs 6 AVG ist Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solchen allgemeinen Antrag hat die belangte Behörde gestellt.

 

Nach der am 1. Jänner 2009 in Kraft getretenen UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr.456/2008) beträgt der Ersatz für Vorlageaufwand 57,40 Euro und für Schriftsatzaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro. Der Bf war daher zum Aufwandersatz von insgesamt 426,20 Euro an den Bund als den Rechtsträger, für den die belangten Behörde tätig geworden ist, zu verpflichten.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 Blg NR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabengebühren für die eingebrachte Beschwerde (14,30 Euro) und für 1 Beilage kurz (3,90 Euro), insgesamt daher von 18,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

 

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