Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240877/2/Bm/MG/Th

Linz, 13.02.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18.01.2012, Zl. SanRB96-67-2010/Gi, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Ersatz von Untersuchungskosten zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG idgF iVm §§ 24, 44a Z 1, 45 Abs. 1 Z 2 und 51 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idgF.

zu II.: § 65, § 66 Abs. 1 VStG iVm § 71 Abs. 3 LMSVG idgF.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18.01.2012, Zl. SanRB96-67-2010/Gi, zugestellt am 20.01.2012, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von  Euro 120,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Stunden; Barauslagen: Euro 40,50; Verfahrenskosten: Euro 12,--; zu zahlender Gesamtbetrag: Euro 172,50) wegen einer Verwaltungsübertretung gem. § 90 Abs. 3 Z 1 LMSVG verhängt, weil er als für das Sortimentsangebot bzw. die Kennzeichnungsvorschriften verantwortlicher Beauftragter der X, X, X, gemäß § 9 VStG hinsichtlich nachstehender Übertretung verantwortlich sei:

 

"Die am 04.03.2010 um 11.18 Uhr in der X, X, entnommene Probe mit der Bezeichnung 'Teebutter x, laktosefrei' (Lieferant X, X, X) wies auf der Verpackung die Angabe 'x kann ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer Ernährung [...] X, Leitende Diätologin am X auf, obwohl gesundheitsbezogene Angaben die auf Empfehlungen von einzelnen Vertretern medizinischer Berufe verweisen, nicht zulässig sind.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

Art. 12 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel in Verbindung mit § 90 Abs. 3 Z. 1 Lebensmittel- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG, BGBl. I Nr.- 13/2006, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 95/2010"

 

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen – nach Wiedergabe des relevanten Sachverhalts und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen – aus, dass im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren insbesondere die beiden Teilaspekte der Frage relevant gewesen seien, ob ein Vertreter eines medizinischen Berufes eine gesundheitsbezogene Angabe getätigt habe. Bei deren Beantwortung habe sich die Behörde im Sinne des Punktes 15 der Erwägungsgründe der VO (EG) Nr. 1924/2006 vom Empfängerhorizont eines fiktiven typischen Verbrauchers bzw. den mit der tatbestandsmäßigen Empfehlung verbundenen Auswirkungen auf diesen hinsichtlich seiner
(Kauf-)Entscheidung leiten.

Entgegen der Rechtsansicht der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass auch Angaben, welche nicht die in Art. 13 und 14 der VO (EG) Nr. 1924/2006 normierten Voraussetzungen erfüllen, als gesundheitsbezogen im Sinn des Art. 12 leg.cit. zu werten seien. Der Normzweck der beiden erstzitierten Artikel sei ein von dem des Art. 12 VO (EG) Nr. 1924/2006 völlig differenter. Es komme einzig und allein darauf an, ob Art. 2 Abs. 5 Z 5 VO (EG) Nr. 1924/2006 erfüllt sei oder nicht. Dass dies gegenständlich der Fall sei, sei schon aus Punkt 27 der Erwägungsgründe zu ersehen. Auch mit dem Hinweis, Werbeslogans etwa mit Gesundheitsbezug stellten keine gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne der Verordnung dar, sei nichts gewonnen. Die Seriosität und den Wahrheitsgehalt einer Aussage würde der durchschnittliche Verbraucher unterschiedlich danach beurteilen, ob ein bekannter Schauspieler meine, "x macht Kinder froh" oder eine Diätologin ein Produkt als Teil einer ausgewogenen Ernährung werte. Bei der zweiten, zudem nicht plakativ gehaltenen Feststellung handle es sich somit gerade um keine Werbung sondern um eine gesundheitsbezogene Aussage, die einen positiven Einfluss des Lebensmittels auf das Wohlbefinden (als Teilaspekt der Gesundheit) suggeriere. "Wohlbefinden" im gegenständlichen Zusammenhang lediglich im emotionalen und/oder esoterischen Sinne zu verstehen, verbiete der Hinweis auf den wertvollen "Beitrag im Rahmen einer Ernährung".

Die Behörde könne sich auch nicht der Annahme anschließen, eine "Diätologin" wäre keine Vertreterin eines medizinischen Berufs. Der Kreis der "Vertreter medizinischer Berufe" gehe unzweifelhaft über den der "Ärzte" hinaus. Obwohl – soweit ersichtlich – eine Legaldefinition fehle, sei schon aus der Textierung des Art. 11 der VO (EG) Nr. 1924/2006 ersichtlich, dass "Fachleute des Bereichs der Diätetik" in der Lage seien, Aussagen im Sinne des Art. 12 leg.cit. zu tätigen. Es werde nicht unterstellt, bei der "Leitenden Diätologin am X" handle es sich um keine Fachfrau. Zudem sei auf die/das im engsten Zusammenhang mit Krankenanstalten stehende Berufsbild, Tätigkeitsfeld und Berufsausbildung des Diät- und ernährungsmedizinischen Beratungsdienstes hinzuweisen.

 

Der Täter habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Im Zuge der Strafbemessung seien weder straferschwerende noch strafmildernde Umstände zu werden gewesen. Bei der Strafbemessung sei die Behörde von einem monatlichen Einkommen als leitender Angestellter im Bereich des Sortiermanagements des konzernalen Wareneinkaufs von EUR 2.500,-- bei keiner Sorgfaltspflicht und keinem Vermögen ausgegangen.

 

1.2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 20.1.2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 02.02.2012 per E-Mail eingebrachte – und damit rechtzeitige – Berufung.

 

Darin bringt der Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten werde.

Zum Tatvorwurf im Einzelnen:

 

1.2.1. Der Spruch des Straferkenntnisses enthalte keinen Hinweis darauf, welcher Teil der zitierten Aussage eine gesundheitsbezogene Information i.S.d. Art. 2 Abs. 5 Z. 5 VO 1924/2006 darstelle, weshalb der Spruch den Anforderungen des § 44a VStG die vorgeworfene Tat nicht mit der gebotenen Deutlichkeit umschrieben habe. Der Spruch entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil sich aus ihm die als erwiesen angenommenen Tatsachen gemäß § 44a Z 1 VStG nicht entnehmen ließen.

 

1.2.2. Ferner sei das Tatbild des Art. 12 lit. c VO 1924/2006 nicht erfüllt, weil der zitierte Text keine gesundheitsbezogene Angabe i.S.d. Art. 2 Abs. 5 Z. 5 VO 1924/2006 sei, weil er nicht suggeriere, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel oder seinen Bestandteilen einerseits und der Gesundheit andererseits bestünden. Darüberhinaus verweise der Text auch nicht auf die Empfehlung eines Arztes oder eines Vertreters eines medizinischen Berufs, weil Diätologen – wie sich aus der Unterscheidung zwischen Fachleuten des Bereichs der Medizin und Fachleuten aus dem Bereich der Diätetik in Art. 11 VO (EG) Nr. 1924/2006 eindeutig ergebe – keine "Vertreter eines medizinischen Berufs" gemäß Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006 seien; ob nach österreichischem Recht "Diätologen" zu den Vertretern medizinischer Berufe zählten, sei unerheblich, da der Begriff "Vertreter eines medizinischen Berufs" iS des Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006 gemeinschaftsautonom und unabhängig vom nationalen Recht auszulegen sei.

Die erstinstanzliche Behörde irre auch in ihrer rechtlichen Beurteilung, dass eine Diätologin eine Vertreterin eines medizinischen Berufs sei. Die Argumentation, dass eine Legaldefinition fehle und daher Fachleute des Bereichs der Diätetik unter Heranziehung der Textierung des Art. 11 VO (EG) Nr. 1924/2006 in der Lage seien, Aussagen im Sinne des Art. 12 leg.cit. zu tätigen, sei rechtlich völlig verfehlt.

 

Art. 12 VO (EG) Nr. 1924/2006 beziehe sich nicht auf irgendwelche, sondern nur auf gesundheitsbezogene Angaben. Folglich seien Angaben, die etwa auf Empfehlungen von Vertretern medizinischer Berufe verweisen, nicht schlechthin von Art. 12 leg.cit. erfasst, sondern eben nur dann, wenn mit ihnen erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht werde, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits bestehe. Eine solche gesundheitsbezogene Angabe sei der beanstandete Verpackungstext auf keinen Fall, denn er stelle keinen Bezug zwischen dem beanstandeten Lebensmittel (oder einem seiner Bestandteile) und der Gesundheit her. Abgesehen davon solle der beanstandete Text eine Empfehlung sein. Dann könne er aber denkunmöglich zugleich auch eine gesundheitsbezogene Angabe sein, die auf die Empfehlung verweise. "Gesundheitsbezogene Angabe" und "Empfehlung" seien zwei verschiedene Tatbestandselemente, die einander logisch ausschlössen. Daher sei der Verbotstatbestand des Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006 nicht erfüllt, weil es hier keine gesundheitsbezogene Angabe gäbe, die auf eine Empfehlung verweise.

 

Ferner verbiete Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006 die Kennzeichnung von Lebensmitteln mit Aussagen von Ärzten und Vertretern medizinischer Berufe nicht generell, sondern nur, wenn es sich dabei um eine Empfehlung handle, auf die eine gesundheitsbezogene Angabe verweise. Entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch könne man davon ausgehen, dass der Begriff "Empfehlung" im Sinne von "zu etwas raten" zu verstehen sei. Werde zu einem Lebensmittel geraten, reiche dies alleine noch nicht aus, um bereits eine im Sinne des Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006 tatbestandsmäßige Empfehlung anzunehmen. Hiezu sei zunächst eine gesundheitsbezogene Angabe erforderlich, die auf die Empfehlung verweise. Das Zu-etwas-Raten müsse sich immer erkennbar auf einen Gesundheitsaspekt beziehen, der für das empfohlene Lebensmittel (bzw. eine seiner Bestandteile) angegeben worden sei. Die Empfehlung habe stets im Kontext mit einer verweisenden gesundheitsbezogenen Angabe zu erfolgen. Die beanstandete angebliche "Empfehlung" rate mit keinem Wort zum Verzehr der Teebutter. Dieser Text sei lediglich eine faktische Information. Es fehle daher schon das für eine Empfehlung typische "Zu-etwas-Raten". Darüber hinaus nehme besagter Text in keinster Weise auf irgendeinen Gesundheitsnutzen eines Lebensmittels Bezug. Selbst wenn man – zu Unrecht – aus ihm ein "Zu-etwas-Raten" herauslesen wollte, wurde er doch nicht empfehlen, die Teebutter wegen oder im Hinblick auf eine allfällige gesundheitsrelevante Eigenschaft zu verzehren. Der beanstandete Verpackungstext sei daher überhaupt keine Empfehlung im Sinne des Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006.

 

Außerdem wäre eine gesundheitsbezogene Angabe nur dann unzulässig, wenn sie auf die Empfehlung von einzelnen Vertretern medizinischer Berufe verweise.

Der Begriff "Vertreter medizinischer Berufe" sei in der VO (EG) Nr. 1924/2006 nicht näher definiert. Sein Regelungsgehalt sei unter Berücksichtigung des Regelungskontextes auszulegen. Zu diesem Kontext gehöre insbesondere Art. 11 VO (EG) Nr. 1924/2006. Dies belege nicht nur die Entstehungsgeschichte der Norm, sondern komme auch augenscheinlich dadurch zum Ausdruck, dass Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006 systematisch an Art. 11 leg.cit. anschließe und ausdrücklich darauf verweise. Der Begriff "Vertreter medizinischer Berufe" müsse also im Zusammenhang mit Art. 11 VO (EG) Nr. 1924/2006 verstanden werden. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung mache deutlich, dass zwischen Fachleuten der Medizin, Ernährung und Diätetik zu unterscheiden sei. Dabei würden die Materialien belegen, dass der Gemeinschaftsverordnungsgeber diese Trennung ganz bewusst vorgenommen habe. Folglich sei es gemäß Art. 11 VO (EG) Nr. 1924/2006 ausgeschlossen und denkunmöglich, dass Fachleute aus dem Bereich Ernährung oder aus dem Bereich Diätetik (d.h. Diätologie) als solches zugleich auch Vertreter medizinischer Berufe seien. Diese begriffliche Unterscheidung gelte auch für Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006. Dementsprechend seien Ernährungswissenschaftler und Diätologen als solches keine Vertreter medizinischer Berufe im Sinne des Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006. Daher seien Empfehlungen von Diätologen erlaubt.

 

Wer nach österreichischem Recht als Vertreter eines medizinischen Berufs gelte, sei aufgrund der erörterten Auslegungsgrundsätze für die Interpretation des gemeinschaftsrechtlichen Begriffs "Vertreter medizinischer Berufe" unerheblich. Diese Qualifikation sei darüber hinaus gemeinschaftsrechtswidrig: Damit werde nicht nur der gemeinschaftsrechtliche Begriff "Vertreter medizinischer Berufe" unzulässig nach österreichischem Recht (falsch) ausgelegt, sondern auch der klar abgegrenzte Anwendungsbereich der Verbotsbestimmung des Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006 unzulässig durch eine nationale Maßnahme auf weitere Berufsgruppen ausgeweitet. Maßgeblich sei alleine die gemeinschaftsautonome Auslegung. Und danach seien gesundheitsbezogene Angaben, die auf Empfehlung von Diätologen verweisen, eindeutig zulässig. Bei richtiger Rechtsanwendung sei die Diätologin (die im Übrigen auch keine Ärztin sei) keine Vertreterin eines medizinischen Berufs im Sinne des Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006; und somit die beanstandete, ihr zugeschriebene angebliche "Empfehlung" keine einer Vertreterin eines medizinischen Berufs im Sinne des Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006. Abgesehen davon tätige Frau x hier keine Aussage, welche die Grundlage für eine Empfehlung sein könnte.

 

Zu diesem Vorbringen verwies der Berufungswerber auf die Berufungsentscheidungen des UVS Niederösterreich vom 22.11.2011, GZ Senat-PM-10-1009, sowie vom 4.1.2012, GZ Senat-PM-10-1012, und auf den erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 25.11.2011, GZ LM-2-2011.

 

1.2.3. Weiters macht der Berufungswerber eine unrichtige Tatsachenfeststellung der erstinstanzlichen Behörde geltend. Die Behörde sei davon ausgegangen, dass ein normal informierter, aufmerksamer Durchschnittsverbraucher aufgrund des Gesamtbildes der Aufmachung der Ware davon ausgehen müsse, dass eine gesundheitsbezogene Angabe vorliege. Dabei habe die Behörde übersehen, dass "ausgewogen" etwas anderes als "gesund" sei, was sich aus Art. 10 Abs. 2 lit. a VO 1924/2006 ergebe. Diese Unterscheidung wäre sinnlos, wenn die Begriffe ausgewogene Ernährung und gesundheitsbezogene Angaben deckungsgleich wären. Es sei somit auch für Durchschnittsverbraucher iSd VO (EG) Nr. 1924/2006 erkennbar, dass es sich um verschiedene Begriffe handle.

 

1.2.4. Der Berufungswerber macht darüber hinaus mangelndes Verschulden geltend. Es liege nicht einmal fahrlässiges Verhalten vor, da es an der Zumutbarkeit eines sorgfaltsgemäßen Verhaltens mangle. Aufgrund eines die Gesetzeskonformität der Aussage bescheinigenden Gutachtens der x vom 9.7.2009 könne nicht realistischerweise erwartet werden, dass der Berufungswerber die Aufmachung des Produkts ändere.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von einer Bestrafung allenfalls unter Ausspruch einer Abmahnung beantragt.

 

2.1. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.2. Gemäß § 24 VStG i.V.m. § 63 Abs. 5 AVG beträgt die Berufungsfrist gegen ein Straferkenntnis zwei Wochen ab Zustellung. Das Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 20.1.2012 zugestellt. Die sich nach § 24 VStG i.V.m. § 32 Abs 2 AVG berechnende Berufungsfrist endete daher mit Ablauf des 3.2.2012, weshalb die per E-Mail an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zugegangene Berufung vom 2.2.2012 jedenfalls rechtzeitig war.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bezirkshauptmanns des Bezirks Wels-Land zu GZ SanRB96-67-1-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.4. Der UVS geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

2.4.1. Im Rahmen einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung am 4.3.2010 um 11.18 Uhr im Betrieb der X, X, X, wurde eine Probe des Produkts "Teebutter x, laktosefrei" aus dem im Verkaufsraum befindlichen SB-Kühlbereich entnommen (Probenkennung: x) und in der Folge durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES), Institut für Lebensmitteluntersuchung Linz, Wieningerstraße 8, 4020 Linz, untersucht.

 

2.4.2. Mit Datum vom 07.09.2009 schlossen die X und Herr X geb. X, wohnhaft in X, X, Dienstort X, eine Vereinbarung über die "Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG". Gemäß Punkt 3. dieser Vereinbarung wurde der sachliche und örtliche Zuständigkeitsbereich des Berufungswerbers wie folgt definiert:

 

"3. Sachlicher Zuständigkeitsbereich

 

Einhaltung sämtlicher Verwaltungsvorschriften, insbesondere

 

-         aus dem Bereich des Kennzeichnungsrechtes

-         [...]

-         Europarechtliche Normen aus den Bereichen Kennzeichnung, Qualität, Zusatzstoffe, Bio, Gentechnik und Produktrecht

 

für den nachstehend bezeichneten abgegrenzten Unternehmensbereich:

 

Einkauf und Verkauf von

Gesamtsortiment Food, Near-Food / Zentrales Sortimentsmanagement

sowohl von Herstellermarken und Markenartikeln als auch von x Eigen- und Exklusivmarken mit Ausnahme von Obst, Gemüse und Pflanzen (Sub.)

soweit für einzelne Produktgruppen aus diesem Bereich kein anderer Sortimentsmanager als verantwortlicher Beauftragter bestellt worden ist.

 

4. Örtlicher Zuständigkeitsbereich: Österreich"

 

Zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Verwaltungsstraftat war kein anderer Sortimentsmanager als verantwortlicher Beauftragter bestellt und die Vereinbarung vom 07.09.2009 in Kraft (E-Mail von Rechtsanwälte X, X, X, an das Magistrat der Stadt Salzburg vom 20.7.2010, Zl. Tr/Wk SPAO/04004).

 

Gegen den Berufungswerber wurden mehrere einschlägige Verwaltungsstrafen wegen Übertretung von § 90 Abs. 3 LMSVG (SanRB96-15-1-2007, drei Geldstrafen iHv jeweils EUR 35,--; SanRB96-67-1-2010, Geldstrafe iHv EUR 120,--) verhängt (Auszug Verwaltungsstrafregister vom 17.01.2012).

 

2.4.3. Das Produkt "Teebutter x, laktosefrei" enthält auf dem Etikett folgenden verfahrensrelevanten Text:

 

"x kann ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer Ernährung [...] X, Leitende Diätologin am X"

 

2.4.4. Die Sachverständige X, Institut für Lebensmitteluntersuchung Linz, kommt in ihrem Untersuchungszeugnis vom 08.05.2010 (Auftragsnummer: x) zu folgenden verfahrensrelevanten Schlüssen in ihrem Gutachten:

 

"Die vorliegende Probe 'Teebutter x, laktosefrei' weist auf der Verpackung folgende Angabe auf:

 

'x kann ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer Ernährung [...] X, Leitende Diätologin am X.

 

Die gesetzliche Grundlage des Gesundheitsberufes 'Diätologin' ist das MTD-Gesetz [...]. Im § 2 Abs. 4 wird das Berufsbild des Diätdienst und ernährungsmedizinische Beratungsdienst; näher beschrieben. [...]

DiätologInnen zählen somit in Österreich zu den Vertreterinnen medizinischer Berufe.

 

Gemäß Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 idgF über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel sind die folgenden gesundheitsbezogenen Angaben nicht zulässig:

[...] Angaben, die auf Empfehlung von einzelnen Ärzten oder Vertretern medizinischer Berufe und von Vereinigungen, die nicht in Art. 11 genannt werden, verweisen.'

 

Die Empfehlung, durch eine Vertreterin des medizinischen Berufes 'Diätologin', 'x kann ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer Ernährung [...]', widerspricht den Bestimmungen des Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 idgF.

 

Die Kennzeichnung der vorliegenden Probe 'x Teebutter' entspricht somit nicht den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 idgF."

 

2.4.5. Mit Schreiben vom 09.07.2009 kommt die x GmbH im Auftrag der X bei der Kennzeichnungsbeurteilung zu Prüfbericht x x – Teebutter x durch die Privatsachverständige X zu folgendem Ergebnis:

 

"Die vorliegende Kennzeichnung wurde hinsichtlich folgender Bestimmungen überprüft:

 

·         Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (BGBl 72/1993) idgF

 

Die vorliegende Kennzeichnung entspricht den Bestimmungen der gegenständlichen Verordnung, sofern die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums an der entsprechenden Stelle nach Tag, Monat, Jahr erfolgt.

 

·         Nährwertkennzeichnungsverordnung (BGBl 896/1995) idgF

 

Die vorliegende Kennzeichnung entspricht den Bestimmungen der gegenständlichen Verordnung.

 

Der vorliegende Entwurf entspricht den genannten Verordnungen."

 

2.4.6. Mit Schreiben vom 18.05.2010 trat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Anzeige der Direktion Soziales und Gesundheit, Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Lebensmittelaufsicht, 4010 Linz, GZ SanLA-1012/0221-0034-2010 RABN vom 14.05.2010 gemäß § 27 VStG an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg ab.

 

Mit Schreiben vom 23.06.2010, Zl. 01/06/39166/2010/003, forderte der Bürgermeister der Stadt Salzburg dieX, X, X, auf mitzuteilen, wer für die Einhaltung des LMSVG und Kennzeichnung des Produkts "Teebutter x lak[t]osefrei" im Tatzeitraum verantwortlich war.

Mit E-Mail vom 20.07.2010, benannte die x-AG durch ihre rechtsfreundliche Vertretung die verantwortlichen Beauftragten Herrn X und Herrn X unter Beischließung der jeweiligen Bestellungsurkunden.

 

Mit Schreiben vom 16.11.2010 trat der Bürgermeister der Stadt Salzburg den Akt gemäß § 27 VStG "zuständigkeitshalber, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 18.8.2010, Zlen. UVS-18/10322/2-2010, UVS-18/10323/2-2010, UVS-18/10324/2-2010, UVS-18/10325/2-2010, UVS-18/10326/2-2010" an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land ab.

 

Mit Schreiben vom 25.01.2011, SanRB96-67-2010, wurde die X, zu Handen Herrn X, von einem Verdacht der Übertretung gem. LMSVG informiert. Der Tatvorwurf wurde dort wie folgt präzisiert:

 

"Anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle am 4.3.2010 um 11:18 Uhr wurde in der Filiale X, X eine Probe des Produktes 'Teebutter x, laktosefrei' entnommen und in der Folge durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung Linz beprobt.

In der Beilage übermittle ich Ihnen das dazu ergangene Gutachten und ersuche Sie, im Sinne des § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 binnen 2 Wochen nach Erhalt dieses Schreibens bekannt zu geben, wer in oben angeführter Angelegenheit vereins- und strafrechtlich verantwortlich ist. [...]"

 

Mit Strafverfügung vom 03.03.2011 der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wurde dem Berufungswerber Folgendes vorgeworfen:

 

"Sie sind verantwortlicher Beauftragter der X im Bereich Sortimentsmanagement / Kennzeichnungsvorschriften.

Als solcher haben Sie nachstehendes zu verantworten:

Im Rahmen einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung der X, X am 4.3.2010 um 11:18 Uhr wurde eine Probe des Produkts 'Teebutter x, laktosefrei' entnommen und in der Folge durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH; Institut für Lebensmitteluntersuchung Linz beprobt. Die Probe wurde insofern beanstandet, als sie auf der Verpackung die Angabe 'x kann ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer Ernährung [...] X, Leitende Diätologin am X enthält, welche als Angabe einer VertreterIn der medizinischen Berufe im Sinne des Art 12 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel nicht zulässig ist.

 

Nach Art 12 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel sind gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel nicht zulässig, die auf Empfehlungen von einzelnen Ärzten oder Vertretern medizinischer Berufe und von Vereinigungen, die nicht in Art. 11 genannt werden, verweisen.

 

Als Beruf im Sinne des § 2 Abs. 4 MTD-Gesetz ist der Beruf des Diätdienstes und der ernährungsmedizinischen Beratung in Österreich als medizinischer Beruf zu qualifizieren. [...]"

 

Gegen diese Strafvefügung erhob der Berufungswerber mit Schreiben vom 14.03.2011 rechtzeitig Einspruch. Mit Schreiben vom 13.12.2011 brachte der Berufungswerber eine weitere Äußerung ein, in welcher er folgende Schriftstücke anschloss:

·         Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 25.11.2011, GZ LM-2-2011;

·         Bescheid des UVS Niederösterreich vom 22.11.2011, GZ Senat-PM-10-1009;

·         Gutachten der AGES betreffend "x Putenschinken natur", auf das der Berufungswerber vertraut habe.

 

Im vorgenannten Gutachten der Sachverständigen X, AGES, Institut für Lebensmitteluntersuchung Wien, vom 04.12.2008 zu Auftragsnummer x, wurde – verfahrensrelevant – wie folgt ausgeführt:

 

"[...] Kennzeichnungsprüfung: durchgeführt [...]

Bei der vorliegenden Probe mit der Bezeichnung 'xl Putenschinken natur' ergibt sich – im Rahmen der durchgeführten Untersuchung / Prüfung(en) – kein Verdacht der Verletzung lebensmittelrechtlicher Vorschriften. [...]"

 

Mit Straferkenntnis vom 18.01.2012 entschied die erstinstanzliche Behörde in der oben dargestellten Weise.

 

2.5. Der dargestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den Beweismitteln.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG (BGBl I Nr. 13/2006, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 95/2010) begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs. 3 oder § 15 zuwiderhandelt. Zu diesen Verordnungen zählt gemäß der Anlage zum LMSVG Teil 1 Z. 15 auch die VO (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel.

 

Gemäß Art. 10 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1924/2006 sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II und den speziellen Anforderungen in Kapitel IV der Verordnung entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artikeln 13 und 14 aufgenommen sind.

 

Gemäß Art. 12 lit. c VO (EG) Nr. 1924/2006 sind gesundheitsbezogene Angaben, die auf Empfehlungen von einzelnen Ärzten oder Vertretern medizinischer Berufe und von Vereinigungen, die nicht in Art. 11 leg.cit. genannt werden, verweisen, nicht zulässig. Tatbildgemäß handelt daher insbesondere, wer

1.     bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie der Werbung hierfür

2.     gesundheitsbezogene Angaben,

3.     die auf Empfehlungen

4.     von Vertretern medizinischer Berufe verweisen,

verwendet. Ausgenommen von diesem Verbot sind gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. a VO (EG) Nr. 1924/2006 insbesondere solche gesundheitsbezogenen Angaben, welche (nur) "einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise" geben.

 

3.2. Gemäß Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1924/2006 gelten für die Zwecke dieser Verordnung für "Lebensmittel", "Lebensmittelunternehmer", "Inverkehrbringen" und "Endverbraucher" die Begriffsbestimmungen in Art. 2 und 3 Nummern 3, 8 und 19 der VO (EG) Nr. 178/2002 (EG-BasisVO).

 

Beim gegenständlichen Produkt handelt es sich darüber hinaus unbestritten um ein Lebensmittel, das unter den Geltungsbereich der VO (EG) Nr. 1924/2006 sowie des LMSVG fällt (§ 3 Z 1 LMSVG iVm Art. 2 VO (EG) 178/2002, ABl 2002 L 31/1 idF ABl 2009 L 188/14: " alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.").

 

3.3. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person der zu deren Vertretung nach außen Berufene verantwortlich, es sei denn, dass ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wurde. Nach § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG können zu derartigen verantwortlichen Beauftragten – allerdings nur für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens – auch Personen, die nicht zur Außenvertretung dieser juristischen Person berufen sind, bestellt werden.

Aus § 9 Abs. 3 und 4 VStG ergibt sich, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, "klar abzugrenzen" ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor. Das Tatbestandsmerkmal des klar abzugrenzenden Bereiches im § 9 Abs. 4 VStG muss schon beim Nachweis der Zustimmung des verantwortlichen Beauftragten vorgelegen haben und darf nicht erst während des anhängigen Strafverfahrens – etwa durch Klarstellung im Rahmen des Beweisverfahrens – entscheidend ergänzt werden. Die Zustimmung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 4 VStG muss erkennen lassen, für welche juristische Person sie erfolgte (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1309 f mit Judikaturnachweisen).

 

Aus der vorliegenden Bestellungsurkunde ergibt sich unzweifelhaft, dass die Bestellung des Berufungswerbers die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für das verfahrensgegenständliche Produkt (Kategorie Lebensmittel) im Staatsgebiet der Republik Österreich gem. Punkten 3 und 4 der Bestellungsurkunde vom 07.09.2009 mitumfasst. Die Bestellungsurkunde verfügt über die notwendige Klarheit hinsichtlich des räumlichen und sachlichen Geltungsbereichs. Auch ansonsten bestehen keine Zweifel an der Rechtswirksamkeit und Gültigkeit der Bestellung. Somit liegen alle Voraussetzungen zur wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten jedenfalls seit dem 07.09.2009 – und somit insbesondere zum Tatzeitpunkt – vor. Der Berufungswerber gilt daher als verantwortlicher Beauftragter i.S.d. § 9 Abs. 2 VStG bezüglich des von der belangten Behörde verfolgten Delikts.

 

3.4. Die Aufgabe von Sachverständigen im Verwaltungsverfahren besteht allgemein darin, Tatsachen zu erheben (Befund) und aus den erhobenen Tatsachen aufgrund ihrer Fachkundigkeit  Schlussfolgerungen zu ziehen (Gutachten). Die Tätigkeit der Befundstellung und der Abgabe des Gutachtens sind streng von der Entscheidung über Rechtsfragen zu unterscheiden, zu der allein die Verwaltungsbehörde berufen ist. Es ist jedenfalls nicht Aufgabe des Sachverständigen, den Sachverhalt rechtlich zu beurteilen (VwGH 14. 1. 1993, 92/09/0201; 25. 2. 2004, 2003/12/0027). Vielmehr hat sich die Behörde auf Grund des Sachverständigengutachtens ihr Urteil über Rechtsfragen zu bilden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, 2. Teilband [2005] Rn 6 zu § 52).

Enthält das Gutachten dennoch eine rechtliche Beurteilung des Sachverhalts, überschreitet der Sachverständige seine Aufgabe; eine solche „Lösung“ von Rechtsfragen ist für die erkennende Behörde unbeachtlich (VwGH 23. 1. 1992, 91/06/0184; 29. 11. 1994, 92/05/0139; 24. 4. 2002, 2001/12/0218) und beeinträchtigt die Aussagekraft eines ansonsten mängelfreien Gutachtens nicht (VwGH 7. 10. 1996, 95/10/0205; 27. 1. 1997, 93/10/0190; 20. 4. 2001, 99/05/0211).

 

Insofern sich die vorliegenden Gutachten mit der Rechtsfrage der Verletzung lebensmittelrechtlicher Vorschriften befassen, sind die dort getätigten Aussagen hinsichtlich der Beurteilung der Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale der gegenständlichen Verwaltungsstraftatbestände als nicht entscheidungserheblich zu qualifizieren.

 

3.5. Entsprechend den "Allgemeinen Grundsätzen für alle Angaben" nach Art. 3 VO (EG) Nr. 1924/2006 dürfen nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln, die in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden, bzw. bei der Werbung hierfür nur verwendet werden, wenn sie der vorliegenden Verordnung entsprechen.

 

3.5.1. Was unter Inverkehrbringen zu verstehen ist, ergibt sich aus Art. 3 Z 8 der VO (EG) 178/2002. Nach Art. 3 Z 8 VO (EG) 178/2002 bezeichnet der Ausdruck "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jede andere Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

3.5.2. Ein wesentliches Tatbestandselements des § 90 Abs. 3 LMSVG ist das Inverkehrbringen. Dieses Tatbestandsmerkmal bzw. der Tatvorwurf eines konkreten, unter "Inverkehrbringen" subsumierbaren vorwerfbaren Verhaltens fehlt im Straferkenntnis sowie in allen Verfolgungshandlungen der beteiligten Behörden.

 

3.5.3. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird hinsichtlich des Tatortes danach differenziert, ob ein Begehungs- oder Unterlassungsdelikt anzunehmen ist.

 

3.5.4. Ein Zuwiderhandeln gegen Kennzeichnungspflichten wird nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu der Zeit und an dem Ort begangen, zu der und an dem der Täter hätte handeln sollen. Im Falle der Lieferung eines nicht entsprechend gekennzeichneten Lebensmittels durch einen Erzeugungsbetrieb oder Handelsbetrieb wird die Verwaltungsübertretung am Sitz des Erzeugungsbetriebes oder Handelsbetriebes in dem Augenblick begangen, in dem die Ware expediert wird (VwGH 20.09.1999, 97/10/0011 m.w.N. zu den insofern vergleichbaren Kennzeichnungspflichten der LMKV 1993; vgl. dazu auch die vergleichbaren Entscheidungen des UVS Salzburg vom 18.08.2010, Zlen. UVS-18/10322/2-2010, UVS-18/10323/2-2010, UVS-18/10324/2-2010, UVS-18/10325/2-2010, UVS-18/10326/2-2010, wo jeweils auf den Ort und die Zeit der Auslieferung abgestellt wurde).

 

3.5.5. Im Spruch der belangten Behörde wurde als Tatzeit die Entnahme der Probe des Produkts angenommen. Richtigerweise wäre jedoch bei Verletzungen von Kennzeichnungspflichten auf jenen Zeitpunkt abzustellen gewesen, in welcher die Ware expediert wurde. Zu diesem Tatzeitpunkt fehlen in allen Verfolgungshandlungen der beteiligten Behörden jegliche Feststellungen.

 

3.6. § 44a VStG lautet wie folgt:

"§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten."

 

Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg. 11.466 A/1984 und VwSlg. 11.894 A/1985 jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a.       im Spruch des Straferkenntnisse dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b.       der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm 2 zu  § 44a VStG; VwGH 03.10.1985, 85/02/0053).

 

Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl. VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der "Sache" iSd § 66 Abs. 4 AVG (vgl. etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl. u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107).

 

Da der in Rede stehende Spruch den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG somit offenkundig hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Inverkehrbringen" sowie hinsichtlich der Tatzeit nicht gerecht wird, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesen Gründen insoweit stattzugeben, als das angefochtenen Straferkenntnis aufzuheben war.

 

Ein Eingehen auf das weitere Berufungsvorbringen erübrigt sich damit.

 

3.7. Gemäß § 90 Abs. 7 LMSVG ist die Verfolgung einer Person wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 90 Abs. 1 bis 4 leg.cit. unzulässig, wenn gegen sie binnen Jahresfrist keine (geeignete) Verfolgungshandlung vorgenommen wurde. Nach § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung odgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Eine gemäß § 32 Abs. 2 VStG geforderte Verfolgungshandlung muss eine bestimmte Verwaltungsübertretung zum Gegenstand haben (siehe Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht4 468). Diese Amtshandlung muss sich insofern auf alle einer späteren Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente beziehen (VwGH 19.12.2005, 2001/03/0162). Diese Präzisierung lässt zwei Zielrichtungen erkennen: Einerseits muss der Beschuldigte auf den konkreten Tatvorwurf bezogen in die Lage versetzt werden, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und andererseits soll er davor geschützt werden, wegen desselben Verhaltens noch einmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Hengstschläger, Verwaltungsverfahren4 Rz 801 mwN). Die rechtliche Beurteilung selbst hat dahingehend keine Relevanz (K.Stöger in N.Raschauer/W.Wessely, VStG § 31 Rz 4).

 

Da innerhalb der Verjährungsfrist keine Verfolgungshandlung bezüglich des Tatbestandselements "Inverkehrbringen" sowie der (richtigen) Tatzeit iS der Expedition der Ware als Bestandteil der als erwiesen angenommenen Tat iSv § 44a Z 1 VStG gesetzt wurde, war der gegenständlichen Berufung gem. § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

 

3.7. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch nach § 71 Abs. 3 LMSVG der Ersatz von Untersuchungskosten vorzuschreiben.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Michaela Bismaier

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum