Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560242/4/Wg/HK

Linz, 15.03.2013

 


E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der X, X, X, gegen den Bescheid  der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 24. Jänner 2013, Gz: SO10-3991, betreffend bedarfsorientierte Mindestsicherung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Die im bekämpften Bescheid enthaltene Auflage mit dem Wortlaut "dass Sie bei den Eltern Unterhalt einfordern. Die Unterhaltszahlung kann in Form einer angemessenen, freiwilligen, finanziellen Zahlung der Eltern erfolgen oder ist bei Gericht einzubringen;" wird behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) erließ mit Bescheid vom 24. Jänner 2013, Gz: SO10-3991, auf Grund des Antrages der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) vom 16. Jänner 2013 folgenden Spruch:

 

"1. Es wird Ihnen für sich und die folgenden in Ihrem Haushalt lebenden Personen ab 14.1.2013 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalt und des Wohnbedarfs (inkl. Krankenver­sicherung) in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:

 

a) X, geb. am X

Mindeststandard für Personen, die alleinerziehend sind (§ 1 Abs. 1 Z. 1 Oö. BMSV)

 

b) X, geb. am X

Mindeststandard für unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (§ 1 Abs. 1 Z. 3 lit. a Oö. BMSV)

 

Die Summe der für den Haushalt festgesetzten Mindeststandards wird gemäß § 13 Abs. 4 Oö. BMSG auf Grund des fehlenden bzw. geringen Wohnungsaufwandes um 143,00 Euro reduziert.

 

Diese Leistung ist aufgrund Ihrer derzeitigen Arbeitsunfähigkeit (durch den Verkehrsunfall) befristet bis 30.6.2013.

 

Diese Leistung wird gemäß § 7 Abs. 2 Z. 4 Oö. BMSG unter der Voraussetzung zuerkannt,

dass Sie bei den Eltern Unterhalt einfordern. Die Unterhaltszahlung kann in Form einer angemessenen, freiwilligen, finanziellen Zahlung der Eltern erfolgen oder ist bei Gericht einzubringen;

dass für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit eine Krankenstandsbescheinigung vorzu­legen ist (Krankenhausbestätigung, Bestätigung über die Zuerkennung des Rehabilitations-Aufenthaltes, Krankmeldung des Hausarztes etc.);

dass nach der Gesundmeldung unverzüglich die Arbeitssuchendmeldung beim AMS beizubringen ist.

 

2. Als eigene Mittel sind einzusetzen

X, geb. am X

X, geb. am X - Kindesunterhalt

 

Rechtsgrundlagen

§§ 4 ff iVm. 13, 16, 27 und 31 Oö. BMSG iVm. § 1 Oö. BMSV "

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 10. Februar 2013. Die Berufungswerberin stellt darin den Antrag, dass die Voraussetzung über eine gerichtliche Feststellung der Unterhaltspflicht ihrer Eltern aus dem Bescheid gestrichen wird.

 

Die belangte Behörde legte dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständiger Berufungsbehörde den Akt zur Entscheidung vor.

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu  erwogen:

 

Die einschlägigen Bestimmungen des Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) lauten:

 

§ 5

Sachliche Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung

Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

§ 6

Soziale Notlage

(1) Eine soziale Notlage liegt bei Personen vor,

1. die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben,

nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

(2) Der Lebensunterhalt im Sinn des Abs. 1 umfasst den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse, wie die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.

(3) Der Wohnbedarf nach Abs. 1 umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.

(4) Eine soziale Notlage liegt auch bei Personen vor, die

1. von Gewalt durch Angehörige betroffen sind,

2. von Wohnungslosigkeit betroffen sind,

3. von Schuldenproblemen betroffen sind,

4. auf Grund ihrer besonderen persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse oder infolge außergewöhnlicher Ereignisse einer sozialen Gefährdung ausgesetzt sind, die nur durch Gewährung einmaliger Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung behoben werden kann.

(5) Nicht als soziale Notlage gelten Situationen, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde.

 

§ 7

Bemühungspflicht

(1) Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung setzt die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

(2) Als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 gelten insbesondere:

1. der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10;

2. der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;

3. die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie

4. die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

(3) Sofern Ansprüche gemäß Abs. 2 Z 3 nicht ausreichend verfolgt werden, ist - unbeschadet des § 8 Abs. 4 - die unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung sicherzustellen.

 

§ 8

Einsatz der eigenen Mittel

(1) Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat unter Berücksichtigung

1. des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie

2. tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter

zu erfolgen.

(2) Bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung wird das Einkommen der (des) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin oder Ehegatten, Lebensgefährtin oder Lebensgefährten bzw. Lebenspartnerin oder Lebenspartners insoweit als Einkommen der hilfebedürftigen Person betrachtet, als es jenen Betrag übersteigt, der ihr oder ihm zustünde, wenn sie oder er selbst auf bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen wäre.

(3) Das Einkommen in Haushaltsgemeinschaft mit hilfebedürftigen Personen lebender Kinder ist bis zur Erreichung der Volljährigkeit ausschließlich zur eigenen Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

(4) Ansprüche hilfebedürftiger Personen, die zur zumindest teilweisen Bedarfsdeckung nach diesem Landesgesetz geeignet sind, sind auf Verlangen des zuständigen Trägers der bedarfsorientierten Mindestsicherung diesem zur Rechtsverfolgung zu übertragen.

 

§ 30

Mitwirkungspflicht; Ermittlungsverfahren

(1) Die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ist verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens

1. erforderlichen Angaben zu machen,

2. erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und

3. erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

(2) Kommt eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihrer Mitwirkungspflicht innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen. Voraussetzung dafür ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

....

(5) Für die Mitwirkung ist eine angemessene Frist, die mindestens eine Woche betragen muss, zu setzen. Im Mitwirkungsersuchen sind jene Tatsachen, über die Auskunft verlangt wird, im Einzelnen zu bezeichnen.

 

Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, die Einforderung von Unterhalt könne als Auflage gemäß § 7 Abs 2 Z 4 Oö. BMSG vorgeschrieben werden. Diese Rechtsauffassung ist nicht zutreffend. Die Frage, ob Unterhaltsansprüche bestehen und ausreichend verfolgt werden, hat gemäß § 7 Abs 2 Z 3 iVm Abs 4 Oö. BMSG unmittelbar Auswirkungen auf die Höhe der beantragten Mindestsicherung und muss daher vor Entscheidung über den Antrag auf Mindestsicherung geklärt werden. Die Behörde kann dabei unter Anwendung des § 30 Oö. BMSG vom Antragsteller Unterlagen einfordern. Auf die Bestimmung des § 30 Abs 2 Oö. BMSG wird ausdrücklich hingewiesen.

 

Die  bekämpfte Auflage verstößt gegen den dargestellten verfahrensrechtlichen Grundsatz und ist damit rechtswidrig. Die belangte Behörde nahm dies zur Kenntnis und stimmte mit E-Mail vom 5. März 2013 der Behebung der angeführten Auflage zu. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Bezüglich der Frage, unter welchen Bedingungen nach Abschluss einer Berufsausbildung die Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes eintritt, wird im Übrigen auf die Entscheidung des OGH vom 26. Februar 1997, 3OB7/97v, verwiesen. Darauf war inhaltlich nicht weiter einzugehen, zumal die Auflage aus formalen Gründen zu beheben war.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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