Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167312/16/Bi/CG

Linz, 25.03.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Mag. x, xstraße x/x, x x, vom 11. Oktober 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 28.September 2012, VerkR96-56-2012/Dae/Pos, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 7. Februar 2013  durchgeführten öffentlichen münd­lichen Berufungsverhandlung sowie weiterer Erhebungen zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 36 Euro (18 Stunden EFS) verhängt, weil er am 25. August 2011, 22.30 Uhr, im Gemeindegebiet Linz, Autobahn Ax – Abfahrt xstraße, Ri x, einem Bereich, der außerhalb eines Ortsgebietes liege, mit dem Pkw x die in diesem Bereich durch Straßenverkehrs­zeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 16 km/h überschritten habe.  

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 3,60 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 7. Februar 2013 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und des Zeugen x (x), x, durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet. 

 

3. Der Bw macht unter Hinweis auf seine Argumente im erstinstanzlichen Verfahren geltend, die ASFINAG habe bislang keine Arbeitsberichte oder Zeit­aufzeichnungen beigebracht, weshalb er daraus schließe, dass zum Zeitpunkt seiner Messung keinerlei Tätigkeiten im Tunnel vorgenommen worden seien. Möglicherweise habe ein Mitarbeiter der ASFINAG eine Schaltung getätigt, die keine Notwendigkeit gehabt habe oder einfach vergessen, die Anlage zurück­zustellen. Jedenfalls sei um 22.30 Uhr niemand im Tunnel gewesen und ein Grund für die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h sei daher nicht gegeben gewesen.

Die ASFINAG sei als juristische Person oder auch eine Maschine nicht berechtigt, rechtsnormative Akte zu erlassen. Da die Messung noch dazu weit außerhalb des Tunnels – in dem zu dieser Zeit niemand gearbeitet habe, sodass er auch niemanden gefährdet habe – erfolgt sei, ersuche er um Anwendung des § 21 VStG und ein Absehen von der Strafe.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochten Straferkenntnisses berücksichtigt und der Zeuge x als Vertreter der ASFINAG nach Zeugenbelehrung unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurde. Weiters wurden das Radarfoto samt Kennzeichenvergrößerung, die Verordnung BMVIT vom 31. Juli 2007, "Ax xautobahn; Verkehrsregelung und Verkehrs­beein­flussungs­anlage x", "GZ:DVR:0000175", und die Schaltaus­wertung der ASFINAG betreffend km 7.496, RFB Süd, Zeitfilter 25.8.2011, 21.00 Uhr, bis 26.8.2011, 00.00 Uhr, und die Mails der ASFINAG/Verkehrsstatistik Wien vom 15. Mai 2012, 5. Juni 2012 und 3. Dezember 2012 (samt Ax x/Ver­kehrs­programm) verlesen und erörtert.

 

Da der von der Erstinstanz vorgelegte Akt einen Eichschein enthielt, der nicht das in Rede stehende Radargerät betraf, wurde im Anschluss an die mündliche Verhandlung noch der am 25. August 2011 gültige Eichschein für das bei der Radarmessung bei km 7.496 verwendete Radargerät laut Radarfoto, Siemens SITRAFFIC ERS 400, IdNr. 1080078, eingeholt – letzte Eichung vorher am 16. Dezember 2009 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2012.  Auf dieser Grundlage war von einer ordnungsgemäßen Eichung des Radargeräts am Vorfallstag auszugehen.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw fuhr als Lenker des Pkw x am Freitag, dem 25. August 2011, gegen 22.30 Uhr bei der Auffahrt x auf die Ax, x x, auf, um über die Abfahrt x, die sich in der Einhausung x befindet, in seinen Wohnort x zu gelangen.  

Um 22.30 Uhr war nach den Aufzeichnungen des Zeugen M, die dieser in der Verhandlung erläutert hat, ab dem Überkopfanzeiger nach der Auffahrt x, x, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von ansonsten geltenden 80 km/h auf 60 km/h herabgesetzt, was durch Überkopf-Leuchtschriftanzeigen, nämlich Verkehrszeichen gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a und 50 Z16 StVO, angezeigt wurde, ua auf der Überkopfanzeige bei km 7.496, dh unmittelbar vor dem Standort des Radargerätes.

 

Der Bw verantwortete sich damit, er habe zunächst bei der Abfahrt xstraße abfahren wollen, sich dann aber entschlossen, die Fahrt auf der Ax fortzusetzen und habe dabei wohl die Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen.

Bei km 7.497, dem Standort des stationären Radargerätes mit der IdNr. 1080078, wurde der vom Bw gelenkte Pkw mit einer Geschwindigkeit von (nach Toleranzabzug) 76 km/h gemessen. Die Überschreitung im Ausmaß von 16 km/h wurde dem Tatvorwurf und dem Schuldspruch des angefochtenen Straf­erkenntnisses zugrundegelegt. 

 

Die Frage nach dem Anlass für die um 22.30 Uhr kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h wurde letztlich in der Berufungsverhandlung vom Zeugen x so beantwortet, dass am Abend des 25. August 2011 Reparatur- und Markierungsarbeiten im Tunnel Bindermichl stattfanden, die eine derartige Schaltung aus Gründen der Verkehrssicherheit und der Sicherheit der Mitarbeiter erfordert hätten. Nach seinen – zeitlich allerdings lückenhaften – Aufzeichnungen wurde die Schaltung ("erlaubte Höchstgeschwindigkeit 60 km/h" gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO und "andere Gefahr" gemäß § 50 Z16 StVO) auf den Überkopfanzeigern ab 19.47 Uhr aktiviert – mit Langtext "Behinderung" im Verkehrsprogramm in den Tunneln x und x in Richtung x, dh die Überkopfanzeigen und Warneinrichtungen waren aktiviert ab dieser Zeit von der Ausfahrt x­straße/xstraße (möglicherweise auch schon ca 450 m vorher) bis zum Beginn der "erlaubten Höchstge­schwin­digkeit 100 km/h" nach der Ausfahrt x Straße. Nach den Aufzeichnungen des Zeugen x umfassen die Arbeits­aufzeichnungen zum einen Arbeiten von 19.00 Uhr bis 22.30 Uhr im Tunnel Bindermichl durch Mitarbeiter der ASFINAG, zum anderen Markierungs­arbeiten durch Mitarbeiter der Fa x im Bereich der Ausfahrt xstraße, x, und den dortigen Rampen laut Aufzeichnungen ab 19.47 Uhr, die offenbar pausenbedingt einmal unterbrochen wurden – dh es waren wieder 80 km/h erlaubt – und dann wieder um 1.23 Uhr des 26. August 2011 begannen, wobei sich das tatsächlich Ende der Arbeiten aus den Aufzeichnungen nicht ersehen lässt. Der Zeuge x erklärte, die Arbeiten würden so ablaufen, dass zunächst die – nicht direkt im Autobahnbereich erforderlichen – Vorarbeiten erfolgten, dann würden nach einen Telefonat mit der Tunnelwarte die Warneinrichtungen und damit auch die 60 km/h-Beschränkung aktiviert und nach Abschluss der Arbeiten im Autobahnbereich würde nach einem neuerlichen Telefonat die Schaltung der Warneinrichtungen samt Geschwindigkeits­beschränkung auf 60 km/h beendet. Zu den divergierenden Uhrzeiten hat der Zeuge glaubhaft angeführt, der in der  Schaltauswertung genannte Zeitraum 21.00 Uhr bis 00.00 Uhr sei vom damaligen Mitarbeiter bei der Abfrage als Zeitfilter eingegeben worden. Im ggst Fall hat das Beweisverfahren eindeutig und ohne Zweifel ergeben, dass sich die Arbeiten am Abend des 25. August 2011 ausschließlich auf den Tunnel x bezogen haben.

Der Zeuge x erklärte auch, dass die Schaltung der Warneinrichtungen und der 60 km/h-Beschränkung von der Überkopfanzeige nach der Auffahrt x bis zur 100 km/h-Beschränkung nach der Abfahrt Salzburger Straße – dh von ca km 7.900 bis 4.329 – auf der x gelten, wenn im Tunnel x Arbeiten durchgeführt werden, so auch im ggst Fall. Man könne beide Tunnel auch getrennt schalten, dh bei lediglich im Tunnel x durchzuführenden Arbeiten in der  Einhausung x die Geschwindigkeitsbeschränkung bei (grundsätzlich verordneten) 80 km/h belassen. Das sei aber deshalb nicht üblich, weil die Entfernung vom Ende der Einhausung x bis zum Beginn des Tunnels x nur ca 500 m betrage, sich dort keine Überkopfanzeiger befänden, auf denen eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h anzuzeigen wäre, und eine Geschwindigkeitsbeschränkung im Tunnelverlauf – vor Ende der Einhausung x befinden sich Überkopfanzeiger – erfahrungsgemäß zu gefährlich sei, weil dann die Geschwindigkeit im Tunnel zu vermindern wäre.

 

Aus der Sicht des UVS ist damit als erwiesen anzunehmen, dass sich die beschränkungsrelevanten Arbeiten auf der Ax, x, in den Abend- und Nachtstunden des 25. August 2011 ausschließlich auf den Tunnel x bezogen haben, während die als erwiesen anzunehmende Fahrstrecke des Bw den Tunnel x nicht berührt hat, weil er schon im Verlauf der Einhausung Niedernhart in Richtung x von der Ax abfuhr.

Das für den Tatvorwurf ausschlaggebende stationäre Radargerät befindet sich bei km 7.496, somit am Beginn des Beschränkungsbereichs in einer (im DORIS ausgemessenen) Entfernung von 549 m vom Nordportal der Einhausung x (km 6.947) und 1.036 m vom Nordportal des Tunnels x. Die Strecke zwischen den beiden Tunneln auf der xd beträgt (im DORIS ausgemessen) 465 m, die Einhausung x ist ca 570 m lang.

 

Der Bw hat mit E-Mail vom 15. Februar 2013 ausgeführt, er habe durch Abfahren der Strecke zwischen dem Ende der Einhausung x und dem Beginn des Tunnels x drei Überkopfhinweismöglichkeiten für eine Geschwindig­keits­angabe vorgefunden – diese Mitteilung wurde bei einem Ortsaugenschein des erkennenden Mitgliedes des UVS verifiziert. Der Bw bleibt abschließend bei seiner Verantwortung, am Radarstandort habe keinerlei Rechtfertigung für eine 60 km/h-Beschränkung bestanden.

  

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindig­keits­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Gemäß § 44c Abs.1 StVO 1960 kann die Behörde für eine bestimmte Straße oder Straßenstrecke für den Fall besonderer Verkehrs- oder Fahrbahnverhältnisse, deren Auftreten zeitlich und/oder örtlich nicht vorhersehbar ist, durch Verordnung Verkehrsmaßnahmen (Verkehrsverbote, Verkehrsbeschränkungen, Verkehrs­erleichterungen) festlegen, die auf Grund der örtlichen oder verkehrs­mäßigen Gegebenheiten nach dem Stand der Wissenschaft zur Aufrechterhaltung oder Förderung der Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs unter Bedacht­nahme auf die Verkehrssicherheit zweckmäßig sind. In der Verordnung sind festzulegen: 1. die Straße oder Straßenstrecke, auf der die Verkehrsmaß­nahmen gelten sollen, 2. die beim Auftreten besonderer Verkehrs- oder Fahrbahn­verhältnisse jeweils geltenden Verkehrsmaßnahmen und 3. die Verkehrs- oder Fahrbahnverhältnisse, bei deren Auftreten die Verkehrs­maßnahmen gelten sollen. Gemäß Abs.3 sind Verordnungen gemäß Abs.1 mittels eines Verkehrs­beeinflussungssystems (§ 44 Abs.1a) kundzumachen. Der örtliche und zeitliche Umfang der von der Behörde verordneten Verkehrsmaßnahmen wird dabei durch die Anzeige der betreffenden Straßenverkehrszeichen mit der Wirkung bestimmt, als ob der örtliche und zeitliche Umfang von der Behörde bestimmt worden wäre.

Gemäß § 44 Abs.1a StVO 1960 kann der Aktenvermerk gemäß Abs.1 – dh über den Zeitpunkt der Anbringung von Verkehrszeichen – entfallen, wenn  Verkehrs­verbote, Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrserleichterungen für den Fall zeitlich nicht vorherbestimmbarer Verkehrsbedingungen (wie etwa Regen, Schneefall, besondere Verkehrsdichte) verordnet werden und die Kundmachung dieser Verordnung im Rahmen eines Systems, das selbsttätig bei Eintritt und für die Dauer dieser Verkehrsbedingungen die entsprechenden Straßenverkehrs­zeichen anzeigt (Verkehrsbeeinflussungssystem) erfolgt. In diesem Fall ist jedoch sicherzustellen, dass der Inhalt, der Zeitpunkt und die Dauer der Anzeige selbsttätig durch das System aufgezeichnet werden; diese Aufzeichnungen sind entweder in elektronisch lesbarer Form zu speichern oder in Form von Ausdrucken aufzubewahren. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist auf Verlangen ein Ausdruck der Aufzeichnungen oder eine Kopie des Ausdrucks auszufolgen.

 

Aus der bereits oben zitierten Verordnung des BMVIT vom 31. Juli 2007, "Ax x Autobahn; Verkehrsregelung und Verkehrsbeeinflussungsanlage x" – soweit sie seitens der LPD Oö vorgelegt wurde – geht auf der Grundlage der §§ 43 Abs.1 und 44c StVO unter Abschnitt "I. Verkehrsregelung 2." hervor, dass Punkt 2 der Verordnung vom 29.7.1988, GZ 615.007/1-I-11-88, idF der Verordnung vom 17.5.1990, GZ 615.007/6-I/6-90, dahingehend geändert wird, dass auf der x Ax x Autobahn der Ax xautobahn die zulässige Höchstgeschwindig­keit von km 13.597 bis km 4.329 auf 80 km/h beschränkt wird. Laut Abschnitt "II. Verkehrsbeeinflussung" werden jeweils für den Fall von hoher Verkehrs­belastung oder uneinheitlichem Verkehrsfluss (Harmonisierung), Stau, Nässe oder Nebel auf der x Ax x Autobahn von km 8.627 bis km 3.835 die aus den nach­stehenden Punkten 2 bis 7 ersichtlichen Verkehrsmaßnahmen verordnet. Aufgrund § 43 StVO 1960 verordnete Beschrän­kungen der zulässigen Höchst­geschwindigkeit einschließlich der unter Punkt I verordneten bleiben hiervon unberührt, sofern nicht durch diese Verordnung eine geringere zulässige Höchstgeschwindigkeit festgelegt wird.

 

Am Freitag, dem 25. August 2011, 19.47 Uhr, bestanden nach unbestrittenen Ergebnissen des Beweisverfahrens keinerlei wetter- ("Nässe", "Nebel") oder verkehrs­lagebedingten ("Stau", "hohe Verkehrsbelastung") Behinderungen im Sinne des Abschnitts II und das Verkehrs­aufkommen war gering. Laut Verordnung ist ein Fall von "uneinheitlichem Verkehrsfluss" dem einer "hohen Verkehrsbelastung" gleichgestellt, wobei der Fall eines uneinheitlichen Verkehrs­flusses infolge arbeitsbedingter Behinderung von der ASFINAG "verursacht" wird. Damit ist der Abschnitt "II. Verkehrsbeeinflussung 2. Harmonisierung 2.1" auf die in Rede stehende Situation anzuwenden, wobei das Kriterium "mittlere Geschwindigkeit </= 45 bis 60 km/h" – ohne Unterscheidung nach der Anzahl der Fahrstreifen (zwei auf der Ax-x x, vor dem x-x ab der Einmündung der x drei) – eine zu schaltende Geschwindigkeit von 60 km/h vorsieht.

Die von Mitarbeitern der ASFINAG und einem Fremdunternehmen durchgeführten Arbeiten betrafen zum einen Reparaturen an den Ampeln, zum anderen Erneuerungen von Markierungen, also zeitlich organisierte und daher in die verkehrsarmen Nachtstunden verlegte Arbeiten.

 

Im Ergebnis bestand die 60 km/h-Beschränkung auf eine Streckenlänge von bereits mehr als 1 km vor dem xtunnel-Nordportal, obwohl nur im Tunnel x gearbeitet wurde. Der Bw befuhr nur einen Teil dieser Strecke und kam mit dem Tunnel x nicht einmal in Berührung.

 

Das in Rede stehende Radargerät befindet sich nahezu am Beginn des Beschränkungsbereichs, ebenfalls in einer Entfernung von mehr als einem Kilometer vor dem Tunnel x. Das Radargerät Siemens SITRAFFIC ERS 400 mit der IdNr.1080078 war laut Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungs­wesen am Vorfallstag ordnungsgemäß geeicht. Da es sich um ein Frontradar handelt, dh auf dem Radarfoto der Lenker des Pkw von vorne zu sehen ist, besteht kein Zweifel an der Lenkereigenschaft des Bw, der diese auch nie abgestritten hat. An den technischen Richtigkeit des Messergebnisses hat er ebenso wenig gezweifelt.

 

Zu seinem Einwand der sachlichen Rechtfertigung einer 60 km/h-Beschränkung bereits in einer derartigen Entfernung vom eigentlichen Arbeits- bzw Gefahrenbereich ist vonseiten des UVS auf die Rechtsprechung des Verfassungs­gerichtshofes (vgl V120/11 vom 22.11.2012) zu verweisen:

"Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Verordnungsgeber (vgl zur Prüfung von Verordnungsbestimmungen am Maßstab des Verfassungsrechts VfSlg. 17.960/2006, 19.033/2010). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB zum Sachlichkeitsgebot bei Gesetzen VfSlg. 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Verordnungsgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvor­stellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen."

 

Im ggst Fall ist zwar zu bedenken, dass bei arbeitsbedingten Behinderungen im Tunnel x schon nach den verkehrstechnischen Grundsätzen bereits in ausreichender Entfernung davor die Geschwindigkeit entsprechend zu regulieren ist aus Gründen der Verkehrs­sicherheit ebenso wie der Sicherheit des im Tunnel befindlichen Personals. Da aber, wie der Zeuge x in der Berufungsverhandlung überzeugend dargelegt hat, die Schaltung (Warneinrichtungen und Überkopf­anzeigen) hinsichtlich der beiden Tunnel getrennt werden kann und sich auch zwischen den beiden Tunneln auf der Strecke von ca 500 m insgesamt drei Möglichkeiten von Überkopfanzeigen befinden, sodass die Kundmachung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h – die gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 ab dem Standort des Zeichens gilt – auch nach der Einhausung x möglich ist, was die vom Zeugen x dargelegte Gefahr von Auffahrunfällen, noch dazu unter dem Gesichtspunkt der Überlegung, dass die genannten Arbeiten bei geringem Verkehrsaufkommen am Abend und in der Nacht durchgeführt wurden, weitgehend zu vernachlässigen ist. Dabei ist nämlich auch noch zu bedenken, dass die nur in geringem Ausmaß erforderliche Geschwindigkeits­reduktion von den auf der Ax-x x vorher nur erlaubten 80 km/h auf 60 km/h angesichts der weitgehenden Übersichtlichkeit der x x und des weiteren Umstands, dass die Überkopfanzeige vom auffälligen Blinken vieler Warnleuchten begleitet wird, sodass der ankommende Lenker darüber hinaus sensibilisiert wird, nicht unsachlich erscheint.

 

Die Wegstrecke von 465 m zwischen dem Ende der Einhausung x und dem xtunnel-Nordportal reicht – nach Vergleich mit der Entfernung der Überkopfanzeigen auf der Auffahrt von der x – auch nach den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) für eine rechtzeitige Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h aus. Da die Geschwindigkeits­beschränkung gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO ab dem Standort des Zeichens gilt, vermag die Argumentation des Zeugen M in der Berufungsverhandlung nicht zu überzeugen.     

Zusammenfassend ist nach Auffassung des UVS eine nicht auf die Kriterien der oben angeführten Verordnung zu stützende Geschwindigkeits­beschränkung auf 60 km/h, beginnend bei ca km 7.9, dh weit vor dem tatsäch­lichen Arbeitsbereich (Tunnel-Nordportal bei ca km 6.0), sachlich nicht gerecht­fertigt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Verfahrenskosten­beiträge fallen dabei naturgemäß nicht an.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

 

 

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