Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167435/11/Fra/CG

Linz, 01.03.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn Ing. X, X, X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion OÖ. vom 16.11.2012, GZ: S 5347/ST/12, betreffend Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26. Februar 2013, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.3 VStG; § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.                  Die Landespolizeidirektion OÖ. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 150,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt, weil er am 20.07.2012 um 09:57 Uhr in X, X, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist, nicht sofort angehalten hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter  eingebrachte Berufung. Die Landespolizeidirektion OÖ.  – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Nach übereinstimmenden Feststellungen sowohl der Zeugin X als auch des Bw bei der Berufungsverhandlung – wobei diese Aussagen anhand des Rauminformationssystems DORIS verifiziert wurden – hat der Bw als Lenker des PKW´s X (X) bei einem Einparkvorgang nicht – wie ihm dies durchgehend im erstinstanzlichen Verfahren aufgrund der Aussage der Zeugin X vorgeworfen wurde – das Kleinkraftrad (Mofa) einspurig, Kennzeichen X, A. S. X, vor dem Haus X, sondern vor dem Haus X touchiert bzw. umgefahren. Zwischen dem Haus X, X und der ursprünglichen vorgeworfenen Tatörtlichkeit liegen rd. 10 Parkfelder. Daraus resultiert in rechtlicher Hinsicht folgendes: § 44a Z.1 VStG stellt das Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auf. Die Sachverhaltselemente im Spruch eines Straferkenntnisses müssen derartig festgestellt werden, dass unmissverständlich klargestellt ist, welche Tat als erwiesen angenommen wurde. Der Spruch ist so hinreichend zu konkretisieren, dass kein Zweifel bestehen kann, was dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird. Dabei kommt dem Tatort bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z.1 leg.cit eine besondere Bedeutung zu. Die Genauigkeit der Tatortumschreibung richtet sich nach der Art der jeweiligen Verwaltungsübertretung und ist daher von Delikttypus zu Delikttypus verschieden. Dem § 44a Z.1 VStG wird auch dann nicht entsprochen, wenn der Tatort unrichtig bzw. ungenau bezeichnet wird (VwGH 30.04.1982, 81/02/0090). Da die Verfolgungsverjährungsfrist bereits am 20. Jänner 2013 abgelaufen ist, war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, eine Änderung des Schuldspruches, welche über eine Spezifizierung der Tatumstände – dazu würde auch die Änderung der Tatörtlichkeit zählen – hinausgeht, vorzunehmen. Wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Ergänzend wird festgestellt, dass nach ständiger Rechtssprechung des VwGH Verstöße gegen § 4 Abs.1 StVO 1960 auch fahrlässig begangen werden können und Fahrlässigkeit in diesem Zusammenhang bedeutet, dass dem Beschuldigten objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder ihm zumindest bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte. Da das Verfahren – siehe die oben angeführten Erwägungen – aus formalrechtlichen Gründen einzustellen war, wurde der bei der Verhandlung teilnehmende Amtssachverständige für Verkehrstechnik Dipl.-HTL.-Ing. X gebeten, informell eine gutachtliche Stellungnahme zur Frage der Wahrnehmbarkeit der Kollision der beteiligten Fahrzeuge abzugeben. Der Sachverständige kam zum Ergebnis, dass der Bw die Kollision weder akustisch noch als Stoßreaktion wahrnehmen hätte müssen. Es wäre sohin noch die Frage zu untersuchen gewesen, ob der Bw beim Einparken die Touchierung seines Fahrzeuges mit dem oa. Mofa visuell hätte wahrnehmen müssen. Diese Frage musste jedoch aufgrund des Verfahrensausgangs nicht mehr untersucht werden. In diesem Zusammenhang ist nochmals auf die Bestimmung des § 44a Z.1 VStG hinzuweisen, wonach die Identität der Tat unter anderem nach dem Ort unverwechselbar feststehen muss und deshalb dem Beschuldigten die Tat insoweit konkret vorzuwerfen ist, dass dieser in die Lage versetzt wird, auf diesen konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Vorwurf zu widerlegen. Diese Option wurde dem Beschuldigten jedoch genommen, weil sich die Parkmöglichkeit vor dem Haus X optisch völlig anders gestalten kann als vor dem Haus X.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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