Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167491/7/Fra/CG

Linz, 22.03.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x, xberg x, x Hofamt x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. x, xstraße x, x x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 7. Dezember 2012, VerkR96-1245-2012, betreffend Übertretungen des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

    II.      Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.1 VStG;

zu II.:      § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

 

1.                  wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV 1967 gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 110,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und

2.                  wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 80,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt, weil er sich

1.                  als Lenker, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim LKW der Reifen der 2. Achse rechts verwendet wurde, obwohl dieser bis auf das Gewebe beschädigt war. Die Verwendung von Reifen, die mit freiem Auge sichtbare, bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse oder Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenwände aufweisen, ist verboten.

Tatort: Gemeinde x, xstraße Freiland Nr. 3 bei Km 187.000, Fahrtrichtung x

Tatzeit: 04.04.2012, 14:20 Uhr

 

2.                  als Lenker, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass die Windschutzscheibe über die gesamte Höhe in der Fahrzeugmitte einen Sprung aufwies.

Tatort: Gemeinde x, xstraße Freiland Nr. 3 bei Km 187.000, Fahrtrichtung x

Tatzeit: 04.04.2012, 14:20 Uhr

 

Fahrzeuge:

Kennzeichen: x, LKW, x, x, beige

Kennzeichen: x, Anhängerwagen x

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Perg – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) zu entscheiden hat.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Beide Fakten wurden durch die Landesverkehrsabteilung angezeigt (siehe Anzeige vom 18.04.2012, GZ: A1/16225/01/2012). Gegen die vorangegangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 20. April 2012 erhob der nunmehrige Bw Einspruch und führte zum Faktum 1 aus, dass dieser Mangel mit freiem Auge nicht sichtbar gewesen sei. Zum Faktum 2 brachte der nunmehrige Bw vor, dass es technisch durchaus möglich und nachvollziehbar sei, dass ein Riss in der Windschutzscheibe auch während der Fahrt auftrete. Er habe daher die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht zu verantworten. In seiner Stellungnahme vom 24. Mai 2012 präzisierte der Bw sein Vorbringen hinsichtlich des Faktums 2 dahingehend, es sei richtig, dass die Windschutzscheibe schon vor einiger Zeit einen kleinen Sprung bekommen habe, der jedoch vor Fahrtantritt relativ klein gewesen sei und insbesondere das Sichtfeld des Lenkers nicht beeinträchtigt habe, sodass hier keine Sicherheitsgefährdung gegeben gewesen sei. Erst während der Fahrt habe sich der Riss bzw. der Sprung in der Windschutzscheibe vergrößert. Ein umgehendes Anhalten und ein umgehender Austausch der Windschutzscheibe an Ort und Stelle sei jedoch aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich gewesen, sondern hätte erst in den darauffolgenden Tagen in der Werkstätte erfolgen sollen. Er halte seine Anträge vollinhaltlich aufrecht und beantrage die Einstellung des Strafverfahrens.

 

Herr RI. x und Herr GI. x gaben am 27.08.2012 vor der Bundespolizeidirektion Linz zeugenschaftlich einvernommen an, dass der Reifen der 2. Achse rechts an der Seitenwand bis zum Gewebe hin deutlich sichtbar beschädigt und für den LKW-Fahrer erkennbar gewesen sei, ebenso sei der Sprung bei der Windschutzscheibe deutlich sichtbar gewesen. Ob dieser Sprung während der Fahrt am 04.04.2012 größer wurde bzw. vor der Fahrt kleiner war, könne nicht angegeben werden.

 

Herr Ing. x stellte mit Äußerung vom 13. November 2012, GZ: VerkR210000/3191-2012-ED/Lee, an die Bezirkshauptmannschaft Perg fest, dass lt. den übermittelten Unterlagen die Seitenwand der rechten Außenbereifung der 2. Achse bis zur Karkasse beschädigt bzw. eingerissen und dieser Mangel für den Lenker eindeutig erkennbar war. Zur Beschädigung an der Windschutzscheibe stellte er fest, dass lt. den übermittelten Unterlagen die Windschutzscheibe über die gesamte Höhe in der Fahrzeugmitte einen Sprung aufwies. Eine gesprungene Windschutzscheibe im Sichtbereich A oder B ist für den Lenker erkennbar.

 

Mit Stellungnahme vom 26. November 2012 hielt der Bw sein Vorbringen vollinhaltlich aufrecht und legte nochmals dar, dass bei Fahrtantritt die Mängel nicht erkennbar gewesen seien bzw. in dieser Form auch nicht vorlagen. Er trete üblicherweise gegen 6.00 Uhr morgens seinen Fahrdienst an und nehme den LKW in Betrieb. Angehalten und untersucht wurde das Fahrzeug gegen 14.20 Uhr. Bei Fahrtantritt seien die nunmehr geltend gemachten Mängel jedenfalls nicht vorhanden bzw. nicht sichtbar gewesen und seien diese offensichtlich während der Fahrt entstanden. Dies betreffe insbesondere die behaupteten Mängel an den Reifen. Es sei durchaus möglich und entspreche auch der Lebenserfahrung, dass der Schaden am Reifen, wie auf dem Lichtbild erkennbar, abrupt und somit während der Fahrt entstanden sei. Da bei Fahrtantritt der Schaden in dieser Form nicht vorgelegen sei, habe er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch nicht zu verantworten. Zum Riss in der Windschutzscheibe führe er aus, dass anhand der beigelegten Lichtbilder ein Riss in der Windschutzscheibe überhaupt nicht erkennbar sei. Es sei jedoch wie bereits vorgebracht richtig, dass sich bei Fahrtantritt ein kleiner Riss in dieser Windschutzscheibe angedeutet habe, der jedoch nicht im Sichtbereich des Fahrers gelegen sei und daher keine Beeinträchtigung der Sicherheit bedeutet habe.

 

In seiner Stellungnahme vom 5. Dezember 2012 an die belangte Behörde sowie in der Berufung vom 21. Dezember 2012 wiederholte der Bw sein bisheriges Vorbringen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat stellt zum oa. Sachverhalt bzw. Verfahrensgang in rechtlicher Hinsicht fest, dass gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 eine Bestrafung eines Lenkers nur dann erfolgen kann, wenn nachgewiesen wird, dass er die Fahrt angetreten hat, ohne sich vorher zu überzeugen, dass sich das Fahrzeug in betriebs- und verkehrssicherem Zustand befindet und auch sonst den Vorschriften entspricht (vgl. unter anderem VfGH 20.03.1963, 1203/62, ZVR 1963/334). Strafbar ist sohin nicht der festgestellte Mangel bzw. die festgestellten Mängel an sich, sondern, dass sich der Lenker nicht in zumutbarer Weise davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug den in Betracht kommenden Vorschriften entsprochen hat.

 

Dieser Nachweis ist hinsichtlich des Faktums 1 (§ 102 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV 1967) nicht gelungen. Herr Ing. x hält in seinem vom Oö. Verwaltungssenat eingeholten Gutachten vom 14. Februar 2013 fest, dass es natürlich sein könne, dass die festgestellte Beschädigung im freien Gelände entstanden ist und es für den Lenker während der Fahrt im freien Gelände nicht erkennbar gewesen sei, allerdings wäre es Pflicht des Lenkers, nach dem Ausfahren aus dem Gelände, d.h. vor dem Befahren auf öffentlichen Verkehrsflächen, unter anderem die Räder auf Beschädigungen zu kontrollieren. Der Bw stellt unter Bezugnahme auf diese Stellungnahme nicht in Abrede, dass Beschädigungen am Reifen durch berühren mit scharfkantigen Gegenständen, Bordsteinkanten und scharfkantige Steine usw. entstehen können. Er habe auch vorgebracht, am besagten Tage Fahrten im Gelände durchgeführt zu haben, wobei er jedoch nicht sagen kann, zu welchem Zeitpunkt die Beschädigung entstanden sei. Es sei durchaus möglich, dass die Beschädigungen durch Berührung mit Bordsteinkanten auf öffentlichen Straßen entstanden sind. Somit sei dies während der Fahrt für ihn nicht erkennbar gewesen. Er weise darauf hin, dass lt. Sachverständigengutachten die Berührung mit scharfkantigen Bordsteinen zu den Beschädigungen führen kann, die auch im Laufe der Fahrt entstanden sein können. Er bringe jedenfalls ausdrücklich vor, dass vor Fahrtantritt die Schäden in diesem Ausmaß nicht vorgelegen sind bzw. Beschädigungen am Reifen für ihn nicht erkennbar gewesen seien. Durch den Umstand, dass auch der Sachverständige einräumt, dass die Schäden durch Berührung mit einer Bordsteinkante des Gehsteiges (auf öffentlichen Straßen) entstehen können, sei sohin seiner Ansicht nach der Beweis erbracht, dass die Beschädigungen am Reifen auch während der Fahrt entstanden sein konnten, was jedoch für ihn nicht erkennbar gewesen sei.

 

Unter Zugrundelegung der oa. Umstände steht sohin für den Oö. Verwaltungssenat nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit fest bzw. kann nicht nachgewiesen werden, dass sich der Lenker vor Antritt der gegenständlichen Fahrt nicht in zumutbarer Weise davon überzeugt hat, dass der festgestellte Mangel in der dokumentierten Form auch vor Antritt der Fahrt schon vorhanden war.

 

Was das Faktum 2 (§ 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG 1967) anlangt, stellte Herr Ing. x in dem vom Oö. Verwaltungssenat eingeholten Gutachten vom 14. Februar 2013 fest, dass es möglich ist, dass sich ein kleiner Riss bzw. Steinschlag in der Windschutzscheibe während der Fahrt zu einem durchgehenden Riss ausbreitet. Dies hat auch sinngemäß der Bw mehrmals vorgebracht. So gesehen bestätigen die Ausführungen des Sachverständigen das Vorbringen des Bw.

 

Es kann sohin nicht mit erforderlicher Sicherheit nachgewiesen werden, dass die konkreten Mängel an dem vom Bw gelenkten LKW bereits vor Fahrtantritt vorhanden waren, weshalb in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" spruchgemäß zu entscheiden war.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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