Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167691/3/MZ/WU

Linz, 27.03.2013

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, geboren am X, X, vertreten durch RA X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Perg vom 25. Februar 2013, GZ: VerkR96-3337-2012, betreffend eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung zu Recht erkannt:

 

I.                  Aus Anlass der Berufung wird der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs 1 Z 1, 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.

zu II.: § 65 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannes des Bezirks Perg vom 25. Februar 2013, GZ: VerkR96-3337-2012, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) angelastet, am 14. Mai 2012 um 01:38 Uhr im Bereich der Gemeinde X, Autobahn A1 bei StrKm X, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 58 km/h überschritten zu haben.

 

Der Bw habe dadurch § 52 lit a Z 10a StVO verletzt, weshalb gemäß § 99 Abs 2e leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von 200,- EUR, ersatzweise 100 Stunden Freiheitsstrafe, verhängt wurde.

2. Gegen das am 27. Februar 2013 zugestellte Straferkenntnis erhob der Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung mit Telefax vom 13. März 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Im Rechtsmittel bestreitet der Bw unter anderem, dass am Ort der angeblichen Verwaltungsübertretung eine 60 km/h Beschränkung verordnet war.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 15. März 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, Beischaffung des und Einsichtnahme in den bezughabenden Verordnungsakt sowie Kontaktaufnahme mit der Bezirkshauptmannschaft Gmunden.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Am 14. Mai 2012 um 01:38 Uhr lenkte der Bw im Bereich der Gemeinde X, Autobahn A1 bei StrKm X, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, den PKW mit dem Kennzeichen X mit einer Geschwindigkeit von 128 km/h. Die durch ein Verkehrzeichen angezeigte höchste zulässige Geschwindigkeit betrug 60 km/h.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Dem Bw wird angelastet, am 14. Mai 2012 auf der Autobahn A1 bei StrKm X als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 58 km/h überschritten und damit § 52 lit a Z 10 a StVO 1960 verletzt zu haben.

 

§ 52 lit a Z 10a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl 1960/159 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, bildet ein Verkehrszeichen ab, welches anzeigt, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometerzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Im ggst Fall befand sich – wie aus den Aktenvermerken im beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aufliegenden Verordnungsakt des Bezirkshauptmannes von Gmunden, VerkR10-146-2011, hervorgeht – im Tatzeitpunkt auf der A1 in Fahrtrichtung Wien bei StrKm X ein Verkehrszeichen, welches eine höchst zulässige Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h verkündete.

 

4.2.1. Als Rechtsgrundlage für das angesprochene Verkehrszeichen kommt die durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Gmunden erlassene Verordnung von Verkehrsmaßnahmen anlässlich der mit Bescheid [des Bezirkshauptmannes von Gmunden] vom 25. Juli 2011 bewilligten Arbeiten auf und neben der A1 von Strkm 215,880 bis 223,840 in Betracht (im Folgenden: VO VerkR10-146-2011).

 

Die Präambel der VO VerkR10-146-2011 lautet:

"Gemäß § 43 Abs. 1a in Verbindung mit § 94b Abs. 1 lit. b der Straßenverkehrsordnung 160 (StVO) werden […] folgende vorübergehende Verkehrsmaßnahmen im Zeitraum von 1.9.2011 bis 30.12.2012 verordnet:"

 

§ 1 der VO VerkR10-146-2011 lautet:

"Zur Durchführung von Bauarbeiten […] werden jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote erlassen, die aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.5.2011 (sic), Zl.: VerkR10-492-2011, und den beigeschlossenen Spurmarkierungs- und Verkehrszeichenpläne (sic), Zl.: A1/W4/G/3029-B und A1/W4/G/3035 ersichtlich sind, wobei die genannten Planunterlagen einen integrierten Bestandteil dieser Verordnung bilden."

 

4.2.2. Prima vista ist aufgrund des in der Präambel der VO VerkR10-146-2011 angegebenen Zeitraumes von 1.9.2011 bis 30.12.2012 von einer Anwendbarkeit der Verordnung am dem Bw angelasteten Tattag – dem 14. Mai 2012 – auszugehen.

 

Welche konkreten Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote am Tattag gegolten haben, kann jedoch erst anhand § 1 der VO VerkR10-146-2011 in Verbindung mit dem Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 25.7.2011, VerkR10-492-2011, welcher in der Verordnung fälschlicherweise als Bescheid vom 27.5.2011 bezeichnet wird, ermittelt werden.

 

4.3. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 25.7.2011, VerkR10-492-2011, wurde der Antragstellerin die Bewilligung erteilt, auf der Westautobahn A1 im Bereich StrKm 215,880 bis 223,840 im Zeitraum von 1.9.2011 bis 30.12.2012 den Neubau des Brückenobjekts W4 (Traunbrücke S) durchzuführen.

 

Diese Bewilligung geht ua mit der Auflage einher, dass die im dem Bescheid beiliegenden Gutachten des technischen Amtssachverständigen genannten Punkte einzuhalten sind (Auflagepunkt 1.).

 

Punkt 48. des angeführten Gutachtens lautet:

 

"Die Bewilligung a) A1/W4/G/3035 ist nur in der Zeit vom 27.9.2011 bis 13.11.2011[,] die Bewilligung b) A1/W4/G/3029-B ist nur in der Zeit vom 31.5.2012 bis 30.12.2012"

 

Wenn die Anordnung in Punkt 48. auch in Form eines unvollständigen Satzes erfolgt, so ist dessen normativer Gehalt dennoch klar: Im Zeitraum vom 27.9.2011 bis 13.11.2011 soll der Spurmarkierungs- und Verkehrszeichenplan mit der Nummer 3035, im Zeitraum vom 31.5.2012 bis 30.12.2012 der Plan mit der Nummer 3029-B Geltung entfalten.

 

4.4. Im Zeitraum vom 14.11.2011 bis 30.5.2012 – in diesen Zeitraum fällt der Tattag – wird vom Amtssachverständigen auf keinen Spurmarkierungs- und Verkehrszeichenplan verwiesen. § 1 der VO VerkR10-146-2011 läuft somit ins Leere.

 

Dem gesamten vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich beigeschafften Verordnungsakt kann auch nicht entnommen werden, dass für den zuletzt genannten Zeitraum – im entsprechenden Straßenabschnitt (es existieren im relevanten Zeitraum Verordnungen für den Bereich StrKm 206,000 bis 215,930) – konkrete behördliche Anordnungen bezüglich der Aufstellung von Verkehrszeichen getroffen worden sind. Auch eine Nachfrage beim zuständigen Bearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Gmunden führte zu keinem anderen Ergebnis.

 

4.5. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass am Tattag zwar durch ein Verkehrszeichen eine höchste zulässige Geschwindigkeit von 60 km/h angezeigt wurde, dieses Verkehrszeichen jedoch ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage aufgestellt wurde.

 

Das Verkehrszeichen vermochte daher auch keine Rechtswirkungen zu entfalten und die Bestrafung des Bw erfolgte rechtsgrundlos.

 

4.6. Bei diesem Ergebnis war der angefochtene Bescheid zu beheben und gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG das Verfahren einzustellen.

 

5. Gemäß § 65 VStG ist von einem Beitrag der Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich abzusehen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

Beschlagwortung:

§ 52 lit a Z 10a StVO; Rechtsgrundlage Bestrafung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum