Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281424/5/Kl/Rd/BRe

Linz, 26.02.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Ilse Klempt, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des x, vertreten durch x Rechtsanwälte OG, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 14. Mai 2012, BZ-Pol-09068-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe auf 2.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf  100 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 250 Euro, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafe. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 14. Mai 2012, BZ-Pol-09068-2010, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 139 Stunden, wegen einer Verwaltungsüber­tretung gemäß § 130 Abs.1 Z19 iVm §§ 60 Abs.1 und 61 Abs.3 ASchG, verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma x mbH, x (Arbeit­geberin), zu verantworten hat, dass am 19. Juli 2010, in x, der Arbeitnehmer x, geb. x, mit Reinigungs­arbeiten (Reinigung des Glasdaches des Wintergartens an oa. Adresse) beschäftigt war und der Arbeitnehmer weder sicher angeseilt war noch andere Sicherungsmaßnahmen getroffen worden waren, welche ein Abstürzen bzw eine Gefährdung verhindern hätten können, obwohl Arbeitgeber dafür zu sorgen haben, dass Arbeitsvorgänge so vorbereitet, gestaltet und durchgeführt werden, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird und Arbeitsplätze und Zugänge zu den Arbeitsplätzen erforderlichenfalls mit Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz oder herab fallende Gegenstände versehen sein müssen. Der Arbeitnehmer stürzte aus einer Höhe von ca. 2,5 m auf einen Betonboden. 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde lediglich die verba legalia ohne jedoch den Sachverhalt korrekt zu beurteilen und tatsächlich auf das Verschuldensmaß einzugehen, zitiert habe. Der Berufungswerber habe geeignete Schutz- und Sicherungsmaßnahmen bereit gestellt und seien die Arbeitnehmer hinsichtlich Sicherheits- und Schutzvorkehrungen eingewiesen und auf konkrete Gefährdungen hingewiesen worden. Zudem sei der verunfallte Arbeitnehmer mit der Sicherheitsvertrauensperson des Unternehmens auf der gegenständlichen Baustelle gewesen. Der Berufungswerber habe die ihm zumutbaren Vor­kehrungen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen eingehalten. Auch bei einer überdurchschnittlichen Sorgfalt könne nicht gänzlich vermieden werden, dass Arbeitsunfälle passieren. Zudem handle es sich um ein großes Unternehmen im Großraum x mit vielen Angestellten und verschiedenen Aufgabenbereichen. Durch die Verhängung übermäßig hoher Strafen werde der Standort des Unternehmens bzw dessen Fortführung massiv gefährdet. Bislang habe der Berufungswerber keine Schutzgesetzverletzungen zu verantworten. Aufgrund der Größe des Unternehmens sei der Berufungswerber darauf angewiesen, Ver­antwortungsbereiche an Mitarbeiter zu übertragen und zu delegieren und dessen Kontrollmöglichkeit dadurch eingeschränkt. Im Übrigen habe der Berufungs­werber auf die Verlässlichkeit seiner Mitarbeiter vertrauen können, zumal es bislang immer zu einem reibungslosen Arbeitsablauf und der Einhaltung der Sicherheits- und Schutzmaßnahmen gekommen sei. Es habe keinerlei Verdachts­momente oder Anhaltspunkte gegeben, aus welcher sich eine Sorglosigkeit der Mitarbeiter oder ein Versagen des Kontrollsystems ergeben hätten. Darüber hinaus seien die Verletzungsfolgen des Arbeitnehmers gänzlich gering ausge­fallen und seien wieder gänzlich ausgeheilt. Die Folgen des Vorfalls seien auch für die Arbeitnehmer gering gewesen. Es liege daher auch kein Erschwerungs­grund vor. Zudem liege die verhängte Strafe nicht im unteren, sondern im mittleren Bereich des Strafrahmens und sei daher als zu hoch gegriffen anzusehen. Auch müsse der Umstand berücksichtigt werden, dass es sich hier um einen ersten Verstoß handle. Es werde daher beantragt, die verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro herabzusetzen.        

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Wels wurde am Verfahren beteiligt und äußerte sich mit Stellungnahme vom 18. Juni 2012 dahingehend, dass einer Herabsetzung der Geldstrafe nicht zugestimmt werden könne, zumal keine geeigneten Anschlagpunkte für die Verwendung der persönlichen Schutz­ausrüstung beim Wintergarten vorhanden waren, sodass sich die beiden Arbeitnehmer auch gar nicht anseilen hätten können. Um von einer wie in § 7 ASchG geforderten Gefahrenminimierung sprechen zu können, wäre zB die Aufstellung eines fahrbaren Gerüstes als Fanggerüst – wie im Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument der Firma x angegeben – notwendig gewesen. Darüber hinaus habe die Sicherheitsvertrauensperson gegenüber der Polizei angegeben, dass es nicht üblich sei, bei solchen Arbeiten technische oder per­sönliche Schutzeinrichtungen zu verwenden. Des weiteren verweist das Arbeits­inspektorat bezüglich Kontrollsystem auf die zahlreiche Judikatur des Verwal­tungs­gerichtshofes. Im Übrigen habe der Berufungswerber auch einge­standen, dass von einem ungeeigneten Schutz- und Sicherheitssystems im Unternehmen auszugehen sei.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

4.2.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z19 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 4502/1994 idF BGBl. I Nr. 13/2007 (zur Tatzeit geltenden Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer die Verpflichtungen betreffend die Gestaltung von Arbeitsvorgängen oder die Gestaltung oder Einrichtung von Arbeitsplätzen verletzt.

 

4.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

4.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbei­geführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

 

4.4. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 3.000 Euro, bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro, verhängt. Ein Wiederholungsfall, welcher die Anwendung des erhöhten Straf­rahmens bedingen würde, lag nicht vor. Strafmildernd wurde von der belangten Behörde kein Umstand, als straferschwerend die Bedrohung von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer, gewertet. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass der von der belangten Behörde angenommene Erschwerungs­grund nicht vorliegt, weil das schon unter Strafsanktion stehende Verhalten nicht noch einmal in Form eines Erschwerungsgrundes gewertet werden darf (vgl. hiezu Hauer/Leukauf, 6. Auflage, Seite 1334, Anm.3, betreffend das Doppel­verwertungsverbot). Im Übrigen ging die belangte Behörde von einer Schätzung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers aus, und zwar wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 3.500 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten der Strafbemessung zugrunde gelegt. Dieser Schätzung wurde in der Berufung nicht entgegengetreten, sodass sie auch der nunmehrigen Strafbemessung durch den Oö. Verwaltungssenat zugrunde gelegt werden konnte.

 

Bezüglich der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungs­werbers zum Tatzeitpunkt ist zu bemerken, dass ihm diese aufgrund einer rechtskräftigen Bestrafung aus dem Jahr 2008, wegen einer Übertretung nach dem AuslBG, nicht mehr zukommt. Auch wenn der Berufungswerber mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 17.5.2011 wegen einer Verwal­tungs­übertretung nach dem ASchG rechtskräftig bestraft wurde, lag zum Tatzeitpunkt 19.7.2010 keine einschlägige Verwaltungsstraf­vormerkung vor und war dieser Umstand entsprechend zu werten.     

 

4.5. Zu den Ausführungen des Berufungswerbers hinsichtlich des im Betrieb installierten Kontrollsystems ist ihm Nachstehendes entgegen zu halten:

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Gegenständlich verantwortete sich der Berufungswerber damit, dass die im Unternehmen bestellte Sicherheitsvertrauensperson selbst auf der Baustelle anwesend gewesen sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (vgl. VwGH vom 5.9.2009, 2008/02/0129, 27.2.2004, 2003/02/0273, 18.8.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Die "Größe" eines Unternehmens hat bei der Installierung eines effektiven und effizienten Kontrollsystems außer Acht zu bleiben.

 

Bei einem hierarchisch aufgebauten Kontrollsystem hat der Unternehmer aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet ist, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die Rechtsvor­schriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Rechtsvorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt als an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt würden (vgl. VwGH vom 9.9.2005, 2005/02/0018, 24.8.2001, 2001/02/0148).

Der Unternehmer hat darzulegen, wie er die Kontrollen durchführt, wie oft er diese Kontrollen durchführt, welche konkreten Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvor­schriften zu gewährleisten (vgl. VwGH 5.9.2008, 2008/02/0129).

 

Der Berufungswerber behauptet zwar ein Kontrollsystem im Unternehmen errichtet zu haben ohne jedoch näher auszuführen, wie das Kontrollsystem im einzelnen funktioniert und welche Maßnahmen bei Nichteinhaltung der Weisungen gesetzt werden. Auch hinsichtlich seiner Verantwortung, wonach auch bei überdurchschnittlicher Sorgfalt Arbeitsunfälle nicht vermieden werden können, ist ihm die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.3.2004, 2001/09/0163, entgegenzuhalten.

 

Im Übrigen begründet eine Bereitstellung der Sicherheitsausrüstung sowie eine Einweisung  und der Hinweis auf mögliche Gefährdungen ohne entsprechende Kontrollen auf deren Einhaltung noch kein dem strengen Maßstab des Verwal­tungs­gerichtshofes entsprechendes Kontrollsystem (vgl. VwGH vom 14.12.2007, 2007/02/0277).

 

Haben sich Verstöße gegen das ASchG tatsächlich ereignet und sind diese vom Arbeitgeber zu verantworten, vermag der Umstand, dass die Höhe der Strafe eine Benachteiligung im Wettbewerb darstellt, nichts daran zu ändern (vgl. 28.6.1994, 94/11/0154).         

 

5. Grundsätzlich bedürfen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitnehmer­Innen­­schutz­gesetz, bei welchen es zu einem Arbeitsunfall mit nicht unerheb­lichen Folgen gekommen ist, im Hinblick auf den general- und spezialpräventiven Aspekt durch die Verhängung von höheren Strafen,  einer strengeren Ahndung. Dies zeigt sich auch im konkreten Fall, indem der Berufungswerber den Unfall als "glücklicherweise nicht so schlimm" bezeichnet hat, sohin versucht, den Vorfall zu verharmlosen.

 

Dennoch war der Oö. Verwaltungssenat aufgrund der überlangen Verfahrens­dauer und im Hinblick darauf, dass der von der belangten Behörde gewertete Erschwerungsgrund nicht vorlag, sowie dass der Berufungswerber zum Tatzeit­punkt noch nicht einschlägig in Erscheinung getreten ist, im vorliegenden Fall gehalten, die verhängte Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabzusetzen.

 

Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.6.2008, B304/07, ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung ver­schiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004, 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis staatlicher Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrens­dauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Fall sind seit der Tatbegehung am 19. Juli 2010 und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates zwei Jahre und sieben Monate vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 34 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung ent­sprechend zu werten.

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte aber nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen) nicht vorlagen.

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Daher kam auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG keinesfalls in Betracht.

 

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat.       

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

 

 

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