Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401273/4/MK/HK

Linz, 21.03.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des I M, vertreten durch die A Rechtsberatung, p.A. D-F gem. GmbH, R O, K., W, wegen einer Festnahme und Anhaltung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

I.                 Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.             Der Beschwerdeführerin hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 4/2008) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

Entscheidungsgründe:

1.1.   Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), ein Staatsangehöriger X, stellte am 18.01.2013 bei der X einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz (Asyl). Danach begab er sich selbstständig zur Erstaufnahmestelle EAST-West, wo er am 19.01.2013 niederschriftlich erstbefragt wurde. Im Zuge dieser Erstbefragung legte der Bf einen russischen Reisepass mit gültigem finnischen Schengenvisum (29.10.2012-28.04.2013) und einen russischen Inlandsreisepass vor.

Zu den Einreisemodalitäten gab der Bf an, dass er mit dem Zug von X nach X und von dort auf dem Luftweg direkt nach X gereist sei. Dort hätte er selbstständig bei der Polizei einen Asylantrag gestellt. Einen Asylantrag in einem anderen Land hätte er nicht gestellt und sei bisher auch in keinem Land von Behörden angehalten worden. Er sei nicht geschleppt worden und hätte die Ausreise selbst organisiert. Das aufrechte finnische Schengenvisum sei vom finnischen Konsulat in X ausgestellt worden. Er verfüge weder in Österreich noch in einem anderen EU-Staat über Familienangehörige, würde von niemandem unterstützt und sei völlig mittellos. Er habe zudem keine Krankheiten, die die Einvernahme oder das Asylverfahren in weiterer Folge beeinträchtigen würden.

 

Mit nachweislich ausgefolgtem Schreiben des Bundesasylamtes vom 22.01.2013 wurde dem Bf mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag zurückzuweisen. Unter einem wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass Konsultationen gemäß dem Dubliner Abkommen mit Finnland seit dem 21.01.2013 geführt würden und gleichzeitig das Ausweisungsverfahren aus dem österreichischen Bundesgebiet eröffnet worden sei.

 

Ebenfalls mit Schreiben vom 22.01.2013 erklärte sich Finnland für die Prüfung des Asylbegehrens gemäß den Bestimmungen des Dubliner Abkommens für zuständig.

 

In einer ergänzenden Einvernahme gab der Bf an, er würde an einer chronischen Herzkrankheit leiden (Arrhythmie), hätte deshalb bereits einen Schlaganfall gehabt und sei auch schon in Russland in medizinischer Behandlung gewesen. Er müsse seither Medikamente einnehmen, hätte aber im Übrigen keine gesundheitlichen Beschwerden.

Im Zusammenhang mit der ihm mitgeteilten Zustimmung Finnlands, seinen Asylantrag zu prüfen, gab der Bf wörtlich zu Protokoll: "Ich könnte natürlich in Finnland einen Asylantrag stellen. Dort ist es aber gefährlich. Die Grenze wird von Russland kontrolliert. ... Ich muss in Finnland unter ständiger Angst und Stress leben. Das ist schädlich für meine Gesundheit."

 

1.2.   Mit Bescheid des Bundesasylamtes, EAST-West, vom 11.02.2013, Zl.: 12 16.980 EAST-West, wurde der Asylantrag des Bf – ohne in die Sache einzutreten – gemäß § 5 Abs.1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Mit gleichem Bescheid wurde er gemäß § 10 leg.cit. aus Österreich nach Finnland ausgewiesen. Dieser Bescheid wurde dem Bf am 13.02.2013 nachweislich ausgefolgt.

 

Eine gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 07.03.2013, Zl. S4 433.097-1/2013/3E, abgewiesen. Die Zustellung erfolgte am 12.03.2013 im Zuge der Festnahme.

 

1.3.   Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 13.02.2013, Sich40-1188-2013, wurde dem Bf gegenüber die Sicherungsmaßnahme des gelinderen Mittels gemäß § 77 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) in der Form angeordnet, dass ihm aufgetragen wurde, ab 13.02.2013 im Gasthof E, A S, T, Unterkunft zu nehmen bzw. sich an dieser Adresse zur Verfügung der Behörde zu halten. Weiters wurde ihm aufgetragen sich täglich im Zeitraum zwischen 08.00 und 12.00 Uhr bei der Polizeiinspektion Timelkam zu melden.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt, dass sich der Bf infolge des durchsetzbaren Bescheides des Bundesasylamtes vom 11.02.2013 sowie in Ermangelung eines Aufenthaltstitels für Österreich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Er sei völlig mittellos.

Obwohl Finnland den BF durch die Ausstellung eines Schengenvisums die legale Einreise in den Schengenraum ermöglicht habe, sei er – ohne, dass sich diese Handlungsweise objektiv durch allfällige Bedrohungen oder Verfolgungen im Herkunftsstaat Russland rechtfertigen lassen würde – direkt nach Österreich eingereist. Dadurch und durch die oben bereits angeführte Einschätzung des Bf, was einen möglichen Aufenthalt in Finnland betrifft, habe dieser hinreichend erkennen lassen, dass er den EU-Staat Finnland für ungeeignet halte ein (neuerliches) Asylverfahren durchzuführen. Insbesondere sei die Bereitschaft zu bezweifeln, sich während dieses Verfahrens zur Verfügung der dortigen Behörden zu halten.

Mit seinem Asylantrag habe der Bf augenscheinlich versucht seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, eine Abschiebung hintanzuhalten und das Dublin-Regelungsregime zu unterlaufen. Es handle sich daher um einen klassischen Fall des "Asylantragstourismus", dem aber entschieden entgegenzutreten sei, um ein geordnetes Fremdenwesen sicherstellen zu können.

Nachdem auf Grund des negativen Bescheides des Bundesasylamtes die beabsichtigte Legalisierung des Aufenthaltes nun nicht mehr möglich sei und auch eine durchsetzbare Ausweisung vorliege, müsse befürchtet werden, dass sich der Bf ohne Sicherungsmaßnahmen nach den Bestimmungen des FPG dem weiteren Zugriff der Behörde zur Durchsetzung der Außerlandesbringung entziehen werde, da es im bekundeten Interesse des Bf liege, die Abschiebung nach Finnland dauerhaft zu vereiteln oder diese Maßnahme zumindest temporär wesentlich zu erschweren. Zudem laufe der Bf Gefahr in Folge der drohenden Außerlandesbringung, die für die Reise aufgebrachten finanziellen Mittel als frustrierte Aufwendungen abschreiben zu müssen. Demzufolge wäre die Sicherung des Verfahrens zur Durchführung der fremdenpolizeilichen Maßnahmen erforderlich.

 

Unter Berücksichtigung des maßgeblichen Sachverhaltes sei aber von der Verhängung der Schubhaft abzusehen und stattdessen ein gelinderes Mittel anzuordnen. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhaltes und einer einzelfallsspezifischen Einschätzung des Sicherungsbedarfes wären die angeordnete Unterkunftnahme sowie die tägliche Meldung bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle als verhältnismäßig zu betrachten.

 

1.4.   In der Folge wurde von der belangten Behörde die unbegleitete Überstellung des Bf auf dem Luftweg von Wien Schwechat nach Helsinki für den 13.03.2013 vorbereitet.

 

Nach Vorliegen aller erforderlichen Bestätigungen bzw. Zusagen wurde von der belangten Behörde an die PI St. Georgen i. A. der ab dem 12.03.2013, 06.00 Uhr, gültige Auftrag zur Festnahme des Bf, zur Einziehung der Verfahrenskarte nach dem Asylgesetz sowie zur Überstellung des Bf in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wien Rossauerlände, erteilt.

Ebenfalls am 11.03.2013 erging der Abschiebeauftrag an das Bundesministerium für Inneres zum Schubtermin 13.03.2013 mit F Nr. X, planmäßige Abflugszeit um 11.15 Uhr, nach Helsinki.

Des Weiteren wurde die Durchführung einer Flugtauglichkeitsuntersuchung im PAZ Wien Rossauerlände beauftragt.

 

Auf der Grundlage dieser Aufträge wurde der Bf von Beamten der PI St. Georgen i. A. am 12.03.2013 um 06.50 Uhr festgenommen. Es wurden ihm das (negative) Erkenntnis des AGH und Infoblätter betreffend die Festnahme in russischer Sprache übergeben. Die Übergabe an das PAZ Wien Rossauerlände erfolgte um 11.30 Uhr.

 

Der Beschwerdeführer wollte lt. erstem Anhalteprotokoll während der Anhaltung keinerlei anwaltliche Beratung bzw. Vertretung, er hat es weiters abgelehnt, dass seine konsularische Vertretungsbehörde verständigt wird und hat nach Mitteilung, dass er während der Anhaltung ärztlich untersucht werden würde, auch auf die Beiziehung eines Arztes seiner Wahl verzichtet.

 

Im Zuge einer durchzuführenden Rechtsberatung am 12.03.2013 im PAZ Wien Rossauerlände erteilte der Bf der A Rechtsberatung, D-F gem. GmbH, R O, K, W, die Vollmacht zur Einbringung einer Beschwerde gemäß § 82 FPG.

 

Die Überstellung des Bf am 13.3.2013 nach Helsinki verließ ohne Zwischenfälle.

 

2.      Gegen diese Festnahme und Anhaltung richtet sich die Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vom 13.03.2013, eingelangt am 19.03.2013. Darin wird im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargestellt bzw. begründend vorgebracht wie folgt:

 

2.1.   Der Bf sei mit einem Schengenvisum für Finnland in Österreich eingereist, habe dort am 18.01.2013 einen Asylantrag gestellt, der zurückgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Finnland ausgewiesen worden sei. Nach Ausfolgung dieses Bescheides sei von der belangten Behörde das gelindere Mittel über den Bf verhängt worden.

 

Für den 11.03.2013 sei der Bf von der belangten Behörde vorgeladen worden, wo ihm um 10.00 Uhr die Entscheidung des Asylgerichtshofes mit einem Hinweis auf die Ausreiseverpflichtung ausgefolgt worden wäre. Der Beschwerdeführer hätte daraufhin – wie im Hinweis der Ausreiseverpflichtung angeführt – die Rückkehrhilfe für die freiwillige Ausreise in Anspruch nehmen wollen, weshalb er, nachdem er sich bei der Polizei gemeldet hätte, zwischen 11.30 und 12.00 Uhr zur Caritas in seinem Unterbringungsgasthof gegangen sei. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass am folgenden Tag eine Beraterin kommen würde, die sich mit den Fragen der freiwilligen Ausreise beschäftigte und die notwendigen Formulare mitbrächte. Eine unverzügliche Ausreise sei nicht möglich gewesen, da der Reisepass des Bf bei der Behörde hinterlegt gewesen sei.

 

Auf Anordnung der belangten Behörde sei der Bf am 12.03.2013 um 06.30 Uhr festgenommen und bis zur Überstellung nach Helsinki am 13.03.2013 im PAZ Rossauerlände angehalten worden.

 

2.2.   Sowohl die Festnahme als auch die Anhaltung seien rechtswidrig gewesen. Art. 1 Abs.3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit sehe vor, dass jede Festnahme und Anhaltung unter der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen sei.

 

Die im Art. 7 Abs.1 Rückführungs-RL grundsätzlich vorgesehene Frist für eine freiwillige Ausreise sei von der belangten Behörde nicht beachtet worden.

 

Der Bf habe immer mit der Behörde kooperiert, sei jeder Ladung nachgekommen und habe keinerlei Anzeichen dafür gesetzt, nach Abschluss seines Verfahrens unterzutauchen. Der Bf habe der Ladung der Fremdenpolizei am 11.03.2013 Folge geleistet, habe dort erfahren, dass er ausreisen müsse und sich noch am selben Tag zur Rückkehrhilfe begeben, da er hätte freiwillig ausreisen wollen. Die Behörde habe es unterlassen sich mit dem Anliegen des Bf auseinanderzusetzen und ihm eine Frist zur freiwilligen Ausreise einzuräumen.

Bei der Prüfung eines Sicherungserfordernisses sei auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung des Untertauchens als schlüssig ansehen zu können. Dabei komme dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu, jedoch müsse die konkrete Situation des Betroffenen geprüft werden, sogar wenn der Fremde vorher in einem sicheren Drittstaat einen Asylantrag gestellt hätte.

 

Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitgebotes und wegen der Formulierung des Art. 2 Abs.1 Z7 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit ("um zu sichern") könne auch die Ausweisungsabsicht nur dann einen Freiheitsentzug rechtfertigen, wenn Festnahme bzw. Anhaltung tatsächlich notwendig seien, um die Außerlandesschaffung zu gewährleisten. Dieses Sicherungsbedürfnis habe beim Bf nicht vorgelegen, weshalb sowohl die Festnahme am 12.03.2013 als auch die Anhaltung bis 13.03.2013 rechtswidrig gewesen wären.

 

Die Vorgangsweise der belangten Behörde widerspreche zudem Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003, in welchem die Durchführung der Überstellung geregelt sei. Danach könne die Überstellung auf eine der folgenden Weisen erfolgen:

a.            auf Initiative des Asylwerbers innerhalb einer vorgegebenen Frist;

b.            in Form der kontrollierten Ausreise, wobei der Asylwerber bis zum Besteigen des Beförderungsmittels von einem Bediensteten des ersuchenden Staates begleitet wird und dem zuständigen Staat Ort, Datum und Uhrzeit seiner Ankunft bis zu einer vereinbarten Frist vor der Ankunft mitgeteilt wurden;

c.             in Begleitung, wobei der Asylwerber von einem Bediensteten des ersuchenden Staates oder einem Vertreter einer von dem ersuchenden Staat zu diesem Zweck beauftragten Einrichtung eskortiert und den Behörden des zuständigen Staates überstellt wird.

 

Aus dieser Bestimmung gehe hervor, dass es eine Rangordnung der Überstellungsmodalitäten gebe bzw., dass einer freiwilligen Ausreise der Vorrang eingeräumt würde. Auch die österreichische Rechtsordnung gehe davon aus, dass Zwangsmaßnahmen erst dann ergriffen werden dürften, wenn die "freiwillige" Einhaltung der für den Rechtsunterworfenen verbindlichen Normen nicht gewährleistet sei.

 

Nach Abschluss des Asylverfahrens sei dem Asylwerber primär die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise einzuräumen. Erst wenn dieser zu verstehen gebe, dass er dies nicht tun werde, sei eine Festnahme und Abschiebung zulässig.

 

Die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise widerspreche der ob genannten Verordnung und sei daher rechtswidrig.

 

Es würden daher die Beschwerdeanträge gestellt, der UVS Oberösterreich möge

1.            die Festnahme am 12.03.2013 und die Anhaltung bis 13.03.2013 für rechtswidrig erklären,

2.            Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung und der Eingabegebühr zuerkennen.

 

3.      Die belangte Behörde hat ihren Fremdenpolizeiakt auf elektronischem Weg übermittelt, ist der Beschwerde im Vorlageschreiben entgegengetreten und hat die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, sofern sich aus dem vorliegenden Sachverhalt ein noch fragwürdiges Gesamtbild ergibt, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Zur Begründung dieses Antrages führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus wie folgt:

 

3.1.   Grundsätzlich sei auf die Begründung des Bescheides über die Anordnung des gelinderen Mittels vom 13.02.2013 zu verweisen.

 

3.2.         Entgegen den Angaben des Bf sei nie eine Ladung für 11.03.2013 zur belangten Behörde erfolgt. Im Zuge der Anordnung des gelinderen Mittels mit Unterkunftsverpflichtung im Gasthof E, T, und täglicher Meldepflicht bei der PI Timelkam wurde dem Bf unter Zuhilfenahme eines telefonischen Dolmetschers für die Sprache russisch das weitere Procedere erklärt. Es sei ihm insbesondere mitgeteilt worden, er soll über eine freiwillige Rückkehr nachdenken, weil diese, da er über einen gültigen Reisepass verfüge, jederzeit umgesetzt werden könne. Der Bf sei weiters darüber informiert worden, dass in seiner Unterkunft die Möglichkeit bestehe, sich sowohl beim Verein X (X), als auch der C oder der V diesbezüglich zu informieren, da dort regelmäßig Mitarbeiter dieser Organisationen anwesend sein würden. In weiterer Folge informierte die belangte Behörde Frau Mag. A, Verein X, darüber, dass der Bf eventuell für eine freiwillige Rückkehr in Frage käme. Diesbezüglich sei auf ein E-Mail von Frau Mag. A vom 20.03.2013 zu verweisen, indem sie der belangten Behörde auf Ersuchen Folgendes mitteilte:

 

Der Klient (Bf) sei in der EAST West über das damals noch laufende Dublin Verfahren mit Finnland beraten worden. Es sei damals ziemlich klar gewesen, dass er keinesfalls nach Finnland wolle. Auf Ersuchen der belangten Behörde habe sie versucht den Bf im Gasthof E nochmals aufzusuchen, um ihn über die Möglichkeit der freiwilligen Überstellung zu informieren. Leider habe sie den Klienten an diesem Tag nicht angetroffen. Es sei aber darauf hinzuweisen, dass im Gasthof E sowie bei der V bekannt sei, dass sich Klienten im Falle einer beabsichtigten freiwilligen Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat an die Mitarbeiter der jeweiligen Organisationen wenden könnten. In diesem Fall sei sie aber von niemanden kontaktiert worden.

 

Zur weiterer Begründung der Gegenschrift führt die belangte Behörde aus, dass der Bf zum Zeitpunkt des Abschlusses seines Verfahrens in I. Instanz trotz umfassender Information zu keinem Zeitpunkt und in keiner Form den Wunsch zur freiwilligen Rückkehr/Ausreise geäußert und auch keine diesbezügliche Anmeldung vorgelegen hätte. Aus diesem Grund sei mit der Organisation der Überstellung des Bf nach Finnland begonnen worden.

Die belangte Behörde habe daraufhin für Dienstag, 12.03.2013, ab 06.00 Uhr, einen Festnahmeauftrag nach den Bestimmungen des FPG und den Auftrag zur anschließenden Überstellung des Bf in das PAZ Wien Rossauerlände, verbunden mit der Anordnung einer Flugtauglichkeitsuntersuchung erlassen. Weiters sei eine Rechtsberatung betreffend Festnahme und Abschiebung durch die A R (D/V) in die Wege geleitet worden. Zum gleichen Zeitpunkt sei auch der Abschiebeauftrag an das Bundesministerium für Inneres ergangen.

Entgegen den Ausführungen in der Maßnahmenbeschwerde sei festzuhalten, dass das Erkenntnis des Asylgerichtshofes nicht am 11.03.2013 um 10.00 Uhr durch die BH Vöcklabruck ausgefolgt worden sei, sondern am 12.03.2013 um 06.50 Uhr durch Beamte der PI St. Georgen im Rahmen der angeordneten Festnahme in der Unterkunft des BF in T.

Die Angaben in der Beschwerde, wonach die Ausfolgung der Entscheidung des Asylgerichtshofes am 11.03.2013 bei der BH Vöcklabruck erfolgte wäre, worauf der Bf die Rückkehrhilfe für die freiwillige Ausreise in Anspruch hätte nehmen wollen, sich zunächst bei der Polizei gemeldet hätte und anschließend zwischen 11.30 Uhr und 12.00 Uhr bei der C in seiner Unterkunft zwecks Beratung über die freiwillige Ausreise vorstellig geworden wäre, entsprechen somit nicht den Tatsachen, da sie sich – nachweislich – nicht so zugetragen haben konnten.

Der Bf sei zudem wiederholt über die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr nach Russland bzw. über eine freiwillige Ausreise in den für ihn zuständigen Dublin-Staat Finnland informiert worden, habe dies zur Kenntnis genommen, jedoch zu keinem Zeitpunkt das Interesse an einer freiwilligen Rückkehr/Ausreise gezeigt. Seitens der belangten Behörde könne daher kein Widerspruch zu Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 gesehen werden.

Es sei insbesondere auch darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde in enger Kooperation mit den NGO's einer freiwilligen Rückkehr/Ausreise bei entsprechend glaubwürdig dargebrachtem Rückkehrwillen stets den Vorrang gegenüber einer behördlichen Zwangsmaßnahme einräume.

4.      Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer – zudem nur eventualiter beantragten – öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

5.         Der UVS OÖ. hat erwogen:

 

5.1.      Nach § 82 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, idF BGBl. I Nr. 22/2013, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.             wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.             wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3.             wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs.1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

 

Der Bf wurde am 12.03.2013 um 06:50 Uhr im Auftrag der belangten Behörde in seiner Unterkunft im GH E, T, festgenommen und in das PAZ Wien, Rossauerlände, überstellt. Dort wurde er bis zu seiner Abschiebung am 13.03.2013 angehalten. Seine mit Wirksamkeit vom 19.03.2013 eingebrachte Beschwerde ist zulässig.

 

5.2.            Gemäß § 10 Abs.7 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr.100/2005, idF BGBl. I Nr. 87/2012, gilt eine durchsetzbare Ausweisung als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem FPG (§52), und hat der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 oder § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 38 durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Gemäß § 36 Abs.1 AsylG 2005 kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

 

Gemäß Abs.4 leg.cit ist die Ausweisung durchsetzbar, wenn einer Beschwerde gegen eine Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zukommt. Mit der Durchführung der diese Ausweisung umsetzenden Abschiebung oder Zurückschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Beschwerdevorlage zuzuwarten. Der Asylgerichtshof hat das Bundesasylamt unverzüglich vom Einlangen der Beschwerdevorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzen.

 

Mit Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes vom 11.02.2013, Zl. 12 16.980 EAST-West, am 13.02.2013, mit dem der Antrag des Bf vom 18.01.2013 gemäß § 5 Abs.1 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde, wurde, da eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer dagegen erhobenen Beschwerde durch den Asylgerichtshof nicht erfolgte – die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchsetzbar.

 

Entsprechend den oben angeführten Bestimmungen hatte die belangte Behörde (infolge Beschwerdeerhebung) mit der Umsetzung der Ausweisung aber zumindest bis zum Ablauf des siebten Tages nach Beschwerdevorlage zuzuwarten. Mit nachweislicher Zustellung des Erkenntnisses des AGH vom 07.03.2013, Zl. S4 433.097-1/2013/3E, am 12.03.2013 durch Beamte der PI St. Georgen i. A. im Zuge der Festnahme wurde auch ein (u.U. vielleicht noch gebotenes) Zuwarten obsolet. Die belangte Behörde konnte ab diesem Zeitpunkt die Abschiebung umsetzen.

 

5.3.            Das in der Beschwerde angezogene Argument der gemäß Art. 1 Abs.3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit gebotenen Verhältnismäßigkeit jeder Festnahme und/oder Anhaltung ist im Lichte der ausführenden Bestimmungen des FPG zu beurteilen.

 

Gemäß § 74 Abs. 2 FPG kann die Behörde einen Festnahmeauftrag gegen einen Fremden auch dann erlassen,

1.             wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor die Fremdenpolizeibehörde erfolgt;

2.             wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 1 und 70 Abs. 1, § 10 AsylG 2005) nicht nachgekommen ist;

3.             wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46) erlassen werden soll oder

4.             wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.             gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.             gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.             gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.             auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

5.4.      Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft – und daher auch der Festnahme – ist also ein Sicherungsbedarf im konkreten Anlassfall.

 

Aus der "Kann-Bestimmung" sowohl des § 76 Abs.1 als auch des Abs.2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine prognostizierende Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf der Abschiebung entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Vorweg ist anzumerken, dass die belangte Behörde eine hinreichend fundierte einzelfallbezogene Prüfung des Sicherungsbedarfes des Bf (auch schon im Verfahren zur Anordnung eines gelinderen Mittels) durchgeführt hat, der aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates durchaus zu folgen ist. Insbesondere wird von folgenden wesentlichen Sachverhaltselementen ausgegangen:

 

5.4.1. Der Bf besorgt sich im Wege des finnischen Konsulates in St. Petersburg ein Schengenvisum in der offensichtlichen Absicht, nicht mehr nach Russland zurückzukehren. Warum die Wahl auf Finnland fiel ist ex post und infolge der nunmehrigen  Abwesenheit des Bf nicht mehr genau zu beantworten. Auf der Grundlage seiner eigenen Einschätzung der Beziehungen zwischen diesen Staaten liegt aber die Vermutung nahe, dass aufgrund eines gewissen "sozio-politischen Naheverhältnisses", das dem Bf infolge dokumentierter Angaben darüber bekannt war, die Erlangung eines finnischen Visums eher keine Probleme verursachen sollte.

Auch wenn es sich bei der Ergründung der Motive um eine bloße Mutmaßung handelt, so zeigt das offensichtlich planvolle Auseinanderfallen von Anschein und Absicht aber doch erstmals die Bereitschaft des Bf, sich unrichtiger Angaben zur Erreichung eines angestrebten Zieles ohne weiteres zu bedienen.

 

Am 18.01.2013 reist der Bf, von Moskau kommend, direkt nach Österreich ein. Er hatte – da es mit Sicherheit auch (direkte) Flüge nach Finnland gegeben hätte – tatsächlich nie die Absicht, nach Finnland zu reisen.

 

Bereits bei seiner Ersteinvernahme äußerst der Bf Bedenken bezüglich eines Aufenthaltes in Finnland, da es dort für ihn gefährlich sei. Die Grenze würde von Russland kontrolliert und er müsste in Stress ständiger Angst leben, was seiner Gesundheit schaden würde. Auch nach Einschätzung der Beraterin des VMÖ war schon sehr früh im Verfahren "ziemlich klar", dass der Bf "keinesfalls nach Finnland" wolle.

 

Im Zuge des Verfahrens vor dem AGH wird die Einschätzung eines Aufenthaltes in Finnland und die damit verbundene (Nicht-)Bereitschaft, sich freiwillig (!) dorthin zu begeben, noch deutlicher.  Aufgrund einer starken "Abhängigkeit" der finnischen Behörden von Russland, würden diese russischen Staatsbürgern ungern Schutz gewähren. Ein in Finnland als "Menschenrechtsvertreter" lebender Agent des FSB würde die Auslieferung von Flüchtlingen an die russischen Spezialbehörden steuern.

 

Sich unter diesen subjektiven Prämissen aus freien Stücken in dieses Land zu begeben, um dort eine Kardinalentscheidung für die persönlich Zukunft abzuwarten, ist mehr als unwahrscheinlich und entspricht in keinster Weise der allgemeinen Lebenserfahrung.

 

5.4.2. Im Zuge der Rechtsberatung im PAZ Wien Rossauerlände macht der Bf wiederum nachweislich unrichtige Angaben im Zusammenhang mit dem Erhalt des Erkenntnisses des AGH und den dann angeblich an den Tag gelegten Bemühungen im Zusammenhang mit einer freiwilligen Ausreise (weshalb das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde auch vollends in Leere geht und in weiter Folge unbewertet bleiben).

 

Tatsächlich hat es der Bf seit 13.02.2013 – also praktisch einen Monat –  unterlassen, trotz bereits deutlich vorhandener und sich weiter verdichtender Anhaltspunkte für eine negative Erledigung des Asylantrages in Österreich und in Kenntnis der zwangsläufig damit verbundenen Abschiebung nach Finnland, einschlägige Informationen einzuholen oder gar erste Vorbereitungen für eine Ausreise nach Finnland zu treffen, was im Rahmen seiner Unterbringung im Gasthof X zudem äußerst leicht möglich gewesen wäre.

 

Auch daraus ergibt sich alles andere als die Vermutung, der Bf wolle wirklich freiwillig nach Finnland.

 

5.4.3. Zwar ist der Bf im Rahmen des gelinderen Mittels seinen Verpflichtungen nachgekommen. Betrachtet man die Lage des Bf bzw. die subjektive Einschätzung seiner Situation, die im Übrigen auch keine aussichtsreichen und realisierbaren Alternativen beinhaltet, dann ändert das Bekanntwerden der endgültigen Entscheidung des AGH die Situation dahingehend grundlegend, dass forthin angenommen werden muss, dass es nicht nur zu keiner freiwilligen Ausreise kommen wird, sondern im Gegenteil – (im Rahmen des gelinderen Mittels) auf freiem Fuß belassen – der nächste Schritt zur Verhinderung einer Überstellung durch Verhinderung des behördlichen Zugriffs beinahe zwangsläufig folgt. Sicherungsbedarf lag daher vor.

 

Sind aber die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft gegeben, dann ist es jedenfalls als zulässig zu betrachten, für einen vorhersehbaren Zeitraum von maximal 18 Stunden die Festnahme anzuordnen, wenn in diesem Zeitraum neben dem an sich schon unfangreichen Procedere auch eine – aufgrund der bekannten gesundheitlichen Aspekte dringend indizierte – Untersuchung der Flugtauglichkeit des Bf verlässlich durchgeführt werden soll. Das von der belangten Behörde gewählte Procedere entsprach daher (auch) dem Gebot der möglichsten Rechtsgüterschonung.

 

In einem derartigen Vorgehen kann ein Verstoß gegen das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Freiheit nicht erblickt werden.

 

5.5.         Art. 7 Abs.1 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) regelt die freiwillige Ausreise in der Form, dass eine Rückkehrentscheidung unbeschadet der Ausnahmen nach den Abs.2 und 4 eine angemessene Frist zwischen sieben und dreißig Tagen für die freiwillige Ausreise vorzusehen hat. Die Mitgliedsstaaten können auch ein Antragserfordernis normieren, haben dann den Drittstaatsangehörigen aber über die Möglichkeit zur Antragstellung zu unterrichten.

Eine freiwillige frühere Ausreise ist möglich. Aus besonderen Gründen des Einzelfalls kann die Frist auch angemessen verlängert werden (vgl. Abs.2 und 3).

 

Art. 7 Abs.4 der Richtlinie räumt den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit ein, von der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise abzusehen oder eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen einzuräumen, wenn Fluchtgefahr besteht der der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden ist, oder die Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt.

 

Aus dem oben detailliert angeführten Regelungszusammenhang betreffend die Einräumung einer Frist für die freiwillige Ausreise ist eindeutig ersichtlich, dass die Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 den materiellen Vorgaben des Art. 7 der Rückführungsrichtlinie genügen.

 

Im AsylG 2005 wird grundsätzlich eine 14-tägige Frist gewährt, wodurch dem Gebot des Art. 7 Abs.1 leg.cit. sowohl dem Grunde nach als auch in der Bemessung der Frist entsprochen wird.

 

Nimmt man – wie im gegenständlichen Fall – das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft an, so steht eine Versagung der Frist in Einklang mit dem in Art. 7 Abs.4 1. Fall  ("besteht Fluchtgefahr") normierten Ausnahmetatbestand, der iSe sowohl rechtsstaatlichen wie rechtspolitischen Normzielanalyse beinahe denknotwendig ist.

 

Darüber hinaus findet der Entfall der Fristsetzung bei Entscheidungen auf der Grundlage des § 5 AsylG 2005 (Zurückweisungen) Deckung in den in Art. 7 Abs.4 der Richtlinie normierten weiteren Ausnahmetatbeständen. Auch wenn die normtechnischen Begrifflichkeiten der beiden Systeme insbesondere in der (gerade für die österreichische Rechtsordnung typischen) Trennschärfe zwischen materieller und formeller Rechtsgrundlage inhomogen sind, so ist eine auf den Dublin-Bestimmungen basierende (Formal-)Entscheidung nach § 5 Abs.1 AsylG 2005 ("unzulässig") mit Sicherheit als Anwendungsfall einer Entscheidung zu sehen, bei der "der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder (insbesondere im Zusammenhang mit dem Dublin-Regime) missbräuchlich abgelehnt" worden ist.

 

5.6.         Aus den in der Beschwerde zitierten Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vom 02.09.2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitliedsstaat gestellten Asylantrag zuständig ist, lässt sich für den Bf nichts gewinnen, da – wie oben bereits dargestellt – eine freiwillige Ausreise auf der Grundklage der anzuwenden Bestimmungen keine taugliche Option darstellte und die von der belangten Behörde gewählte und umgesetzte Vorgangsweise den Überstellungsmodalitäten des Art. 7 der Verordnung voll und ganz entspricht.

 

5.7.         Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass eine Gesamtbetrachtung der Umstände im konkreten Anlassfall einen in der Person des Bf gelegenen Bedarf zur Sicherung der bereits aufwendig vorbereiteten und unmittelbar bevorstehenden Abschiebung ergibt. Die Zwangsausübung war maßvoll, d.h. sowohl sachlich wie zeitlich verhältnismäßig.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

6.                Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.                Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2.                Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 18,20 Euro (Eingabegebühr und Gebühr für eine Beilage) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Markus Kitzberger

 

 

 

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Maßnahmenbeschwerde gegen Festnahme und Anhaltung zur Sicherung der Abschiebung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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