Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-740279/3/MB/BZ/WU

Linz, 28.03.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung der X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 22. Juni 2012, zu GZ: Pol96-48-2012, wegen der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 22. Juni 2012, GZ: Pol96-48-2012, als belangte Behörde, der sowohl der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) als auch dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"Durch die Organe der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht iSd. § 50 Abs 2 GSpG wurde anlässlich einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 22.6.2012 im Lokal X. im Standort X an den Eingriffsgegenständen, in Form von 3 Kartenpokertischen dienstlich wahrgenommen festgestellt, dass Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden. Niederschriftlich und durch Zeugen dokumentiert. Lt. Aussage der leitenden Angestellten, Frau X sind die 3 Kartenpokertische seit ca. 1 Jahr bis zum heutigen Tage aufgestellt und in Betrieb. 3 Spieltage werden je Woche im Internet beworben, tatsächlich finden ca 4 Turniere im Monat statt.

 

Aufgrund der ausführlich dokumentierten Erhebungsergebnisse wurden die Eingriffsgegenstände beschlagnahmt und ein Verfügungsverbot ausgesprochen, weil nach wie vor gerechtfertigt der Verdacht besteht, dass mit den Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, zum Zeitpunkt der Beschlagnahme fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wurde.

 

Es ergeht daher folgender Spruch:

Die Beschlagnahme der folgenden anlässlich dieser Kontrolle festgestellten Eingriffsgegenstände in das Glücksspielmonopol des Bundes, mit welchem im Lokal X', seit ca. 1 Jahr bis 22.6.2012. Glücksspiele in Form von verbotenen Kartenpokerspielen in Form von 'Texas hold em' durchgeführt wurden, wird zur Verhinderung der weiteren Begehung bzw. Fortsetzung einer Verwaltungsübertretung angeordnet:

 

Nr.

Gehäusebezeichnung

Serien-Nr.

Typenbezeichnung

Versiegelungspl. Nr.

1

Kartenpokertisch

 

 

A002599 - 002600

2

Kartenpokertisch

 

 

A002597 - 002598

3

Kartenpokertisch

 

 

A002595 - 002596

 

Rechtsgrundlage:

§ 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010"

 

Begründend führt die belangte Behörde aus:

"Sie sind Unternehmer und Inhaber der X in X. Sie sind somit Verantwortlicher der ggst. Eingriffsgegenstände, nämlich der angeführten Kartenpokertische.

 

Während der ausführlich dokumentierten Kontrolle am 22.6.2012 im angeführten Standort wurden die Eingriffsgegenstände mit den im Spruch angeführten Bezeichnungen betriebsbereit vorgefunden und von den Kontrollorganen mit FA-Kennnummern versehen.

 

Es wurde festgestellt, dass die für die Veranstaltung von derartigen Glücksspielen erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht vorlag, und dass diese Glücksspiele auch nicht nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Die gegenständlichen, beschlagnahmten Eingriffsgegenstände stellen einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG dar, für die die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG zwingend vorgesehen ist, und bei denen aufgrund der festgestellten Betriebsdauer der hinreichend begründete Verdacht gerechtfertigt vorliegt, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Die im § 53 Abs 1 Z 1 lit. a bestimmten Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme durch die Behörde waren aufgrund der Versiegelung der Eingriffsgegen­stände durch die Kontrollorgane und wegen des ausgesprochenen Verfügungsverbotes nach wie vor gegeben. Die Beschlagnahme war somit aufgrund der Bestimmungen des § 53 Abs 3 GSpG durch die Behörde anzuordnen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitig am 6. Juli 2012 eingelangte, Berufung vom 5. Juli 2012.

 

Begründend führt die Bw im Wort wie folgt aus:

"Mit Beschlagnahmebescheid vom 22.06.2012 des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu Zahl Pol96-48-2012 wurde die Beschlagnahme von drei 'Kartenpokertischen' ausgesprochen.

 

Dem ist zu entgegnen:

1.)

Ein 'Kartenpokertisch' ist kein Gegenstand, der dem Glücksspielgesetz unterliegt, es ist auch kein Eingriffsgegenstand.

 

Es wurde im Erstbescheid der Verdacht geäußert, dass Glücksspiele in Form von verbotenen Kartenpokerspielen in Form von 'Texas Hold'em' durchgeführt wurden.

 

Texas Hold'em kann man aber auch auf einem Küchentisch, ja überall, auch am Boden spielen, weshalb ein Kartenpokertisch nicht ein Eingriffsgegenstand sein kann, der Bescheid ist bereits aus diesem Grunde rechtswidrig,

 

2.)

Es ist in Beschlagnahmebescheiden durch die Behörde auszuführen, aus welchen Gründen vom Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol ausgegangen wird. In gegenständlichem Bescheid ist dies nicht der Fall. Die Behörde begründet nicht, aus welchen Gründen sie davon ausgeht, dass in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde, bzw. der Verdacht bestand.

 

3.)

Das Kartenspiel 'Texas Hold'em' ist jenes, dass im Fernsehen in den verschiedenen Sendern massiv beworben wird und in ganz Österreich in hunderten Standorten gespielt wird. Dabei gibt es nationale Ranglisten, österreichische Ranglisten und Weltranglisten. Kürzlich fand in Wien die 'World Poker Tour' mit internationalen Meistern und Stars statt. Daraus ist ersichtlich, dass das Pokerspiel 'Texas Hold'em' kein Glücksspiel, sondern ein Geschicklichkeitsspiel ist. Der Glücksspielgesetzgeber konnte mit dem Begriff 'Poker und die Spielvarianten' nur Glücksspiele, nicht jedoch Geschicklichkeitsspiele regeln. Daraus ergibt sich, dass die Behörde nicht befugt ist, eine Beschlagnahme über ein Geschicklichkeitsspiel auszusprechen, da Geschicklichkeitsspiele bekanntlich nicht dem Glücksspiel unterliegen.

 

4.)

Die Einschreiterin bietet Pokerturniere in der Variante 'Texas Hold'em' an. Die Einschreiterin ist keinesfalls an irgendeiner Ausspielung beteiligt, da das Veranstalten von Pokerturnieren seit Jahrzehnten durch einen Gewerbeschein, über den die Einschreiterin verfügt, geregelt ist. Bei diesen Spielen gibt es keinen Bankhalter, die Pokerspieler spielen untereinander. Auch aus diesem Grunde ist ein Eingriff in das Glückspielmonopol ausgeschlossen."

 

Mit diesem Schriftsatz stellt die Bw den Antrag, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und sämtliche bei der Kontrolle anwesenden Beamten als Zeugen zu vernehmen, dies zum Beweis dafür, dass in keiner Form jemals ein Eingriff in das Glücksspielmonopol stattgefunden habe und auch kein diesbezüglicher Verdacht bestanden habe. Sodann solle der Berufung Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufgehoben werden.

 

2.1. Mit Schreiben vom 24. Jänner 2013 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufung den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie die Dokumentation (Anzeige, Niederschrift, Fotodokumentation) der einschreitenden Organe des Finanzamtes.

 

Da die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313 sowie 27.4.2012, 2011/17/0315) gemäß § 51e Abs. 4 VStG ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung auch nicht erwarten ließ und dem auch nicht Art. 6 EMRK entgegensteht. Mit anderen Worten: Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen; der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt. Die Beurteilung der Glücksspielnatur des in Rede stehenden Spieltyps und der vorliegenden Verdachtslage iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG war unzweifelhaft möglich.

 

Der Einwand in der Berufung, es fehle dem erstinstanzlichen Beschlagnahmebescheid eine Begründung, aus welchen Gründen die Behörde davon ausgeht, dass in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde bzw. der Verdacht bestand, geht ins Leere. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein in der Begründung des Bescheides gelegener Mangel bei Zutreffen des Spruches der Entscheidung (wie gegenständlich gegeben) unbeachtlich (vgl. ua VwGH 30.06.1992, 89/07/0025). Selbst eine unrichtige Begründung würde einen dem Gesetz entsprechenden Spruch nicht rechtswidrig machen (vgl. ua VwGH 15.4.1994, 94/17/0148).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Pkt. 1.1. dargestellten, in den entscheidungswesentlichen Passagen unbestrittenen Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist hier festzuhalten:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 22. Juni 2012 um ca. 18.00 Uhr im Lokal "X" in X, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Eingriffsgegenstände, die im Eigentum der Bw stehen, aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit diesen Eingriffsgegenständen wurden seit etwa 1 Jahr bis zur Beschlagnahme am 22. Juni 2012 wiederholt Pokerspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Spielkarten Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl. dazu die Ausführungen in der Anzeige vom 21. August 2012 sowie in der mit Frau X aufgenommenen Niederschrift vom 22. Juni 2012, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht).

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf die Anzeige vom 21. August 2012, dessen Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

 

Das Spiel kann nur in Anwesenheit von mindestens zwei Spielern und nur gegen vermögenswerte Einsatzleistungen auf einem Pokertisch durchgeführt werden. Bei jedem Spiel wird ein Mindesteinsatz bedungen, der auf dem Spieltisch zu deponieren ist. Als Gewinn steht die Summe aller bis zum Ende des Spiels geleisteten Einsätze in Aussicht. Jedes Spiel besteht aus mehreren Runden und ist entweder nach der letzten Runde oder dann zu Ende, wenn nur mehr ein Spieler sich aktiv daran zu beteiligen bereit ist. In jeder Spielrunde muss ein weiterer Einsatz geleistet werden oder kann der geleistete Einsatz wiederholt gesteigert werden, oder kann das Spiel verlassen werden. Der Spielerfolg steht dann fest, wenn vor dem Ende des Spieles nur mehr ein Spieler im Spiel verblieben ist oder nach der letzten Spielrunde die Kartenwerte der noch im Spiel befindlichen Spieler verglichen werden. Den Spielern wird keine Möglichkeit geboten, bewusst Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Kartenkombinationen, also auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, sondern hängt die Entscheidung über das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall ab. Die Spieler können nur einen vermögenswerten Einsatz leisten und sich mit Beginn jeder neuen Spielrunde entscheiden, weitere Einsätze zu leisten oder das Spiel verlassen. Spielteilnehmer, die Mitspieler durch Täuschung (Bluffen) zu bestimmten Handlungen veranlassen konnten, wenden dazu nicht Fähigkeiten an, welche dem Begriff "Geschicklichkeit" zuzurechnen sind, sondern handeln aus Risikobereitschaft, weil sie im Voraus nicht wissen können, ob ihr Verhalten die erwartete Wirkung ausüben wird. Der Ausgang dieses Spiels kann vom Spieler nicht bewusst beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hängt somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

2.4. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Zur Zulässigkeit der – rechtzeitig erhobenen – Berufung:

3.1.1. Der bekämpfte Bescheid wurde der Bw gegenüber – als Eigentümerin der beschlagnahmten Gegenstände – durch Zustellung am 22. Juni 2012 erlassen. Der Bw kommt daher als Sacheigentümerin Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1502, Anm. 3a. zu § 39 VStG).  

 

3.1.2. Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, 2005/17/0178; 3.7.2009, 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [Glücksspielgesetz] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 Glücksspielgesetz auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates § 53 Glücksspielgesetz (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gem. § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz (sowie auch unmittelbar nach Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG; vgl. diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie auch jüngst VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097, 27.4.2012, 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

 

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs. 1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

3.2. In der Sache ist zu erkennen:

3.2.1. Zuvorderst ist festzuhalten, dass die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Bescheiderlassung nach § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, in der im Beschlagnahmezeitpunkt geltenden Fassung, gegeben war.

 

3.2.2. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass durch den neu geschaffenen § 22 GSpG eine eigene Konzession zum Betrieb eines Pokersalons für Pokerspiele ohne Bankhalter im Lebendspiel vorgesehen ist. Für den Zeitraum bis zur Erteilung der Pokerkonzession besagt die Übergangsbestimmung in § 60 Abs. 24 GSpG, dass bis 31. Dezember 2012 § 2 leg.cit. idgF dem Betrieb eines Pokersalons für Pokerspiele ohne Bankhalter im Lebendspiel dann nicht entgegensteht, wenn dieser Betrieb bereits auf Grundlage der Rechtslage zum 1. Jänner 2010 zulässig gewesen wäre und bereits vor dem 15. März 2010 auf Basis einer aufrechten gewerberechtlichen Bewilligung erfolgt ist.

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

3.2.3. Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 69/2012, kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gem. § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 leg.cit. daran beteiligt.

 

Ebenso begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 52 Abs. 1 Z 6 GSpG (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 1 GSpG Glücksspiele (das sind gem. § 1 Abs. 1 leg.cit. Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Unternehmer ist gem. Abs. 2 leg.cit., wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind verbotene Ausspielungen solche Ausspielungen, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht iSd § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

Gemäß § 4 Abs. 6 GSpG unterliegen Ausspielungen mit Kartenspielen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes, wenn

1.     die Einsätze (alle vermögenswerten Leistungen) pro Teilnehmer und Turnier insgesamt höchstens 10 Euro betragen und

2.     nicht mehr als 100 Spieler teilnehmen und

3.     die Summe der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) die Summe aller vermögenswerten Leistungen nach Z. 1 nicht übersteigt und

4.     die Ausspielung im Rahmen einer aufrechten Gastgewerbeberechtigung nach § 111 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 in den Betriebsräumen des Berechtigten stattfindet und sie höchstens einmal im Quartal pro Gastgewerbeberechtigung erfolgt.

Ausspielungen nach diesem Absatz dürfen nur an ortsfesten Veranstaltungsorten und nicht über elektronische Medien durchgeführt werden, wobei an ein und demselben Veranstaltungsort monatlich insgesamt höchstens eine Ausspielung mit Kartenspielen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib durchgeführt werden darf. Eine Durchführung in Turnierform liegt vor, wenn erst nach dem Ausgang mehrerer Spielrunden die Gewinner der Ausspielung feststehen. Eine Ausspielung mit Kartenspielen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib ist ab 1. Jänner 2011 vor ihrer Durchführung dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuer und Glücksspiel in elektronischem Weg anzuzeigen. Der Bundesminister für Finanzen kann dabei im Verordnungsweg nähere Details der elektronischen Übermittlung regeln.

 

3.2.4. Hinsichtlich des Charakters der beschlagnahmten Gegenstände ergibt sich aufgrund des unter 2.3. skizzierten Spielablaufes der Verdacht, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Zudem ist Poker seit der Novelle BGBl. I. Nr. 54/2010 unmissverständlich als Glücksspiel in § 1 Abs. 2 GSpG angeführt. Wobei zu erkennen ist, dass bereits vor dieser Novelle Poker als Glücksspiel qualifiziert wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass auch die Spielvariante "Texas Hold'Em" als Glücksspiel anzusehen ist (vgl. u.a. VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201, 26.09.2012, 2008/04/0117).

 

Im Erkenntnis vom 8. September 2005, Zl. 2000/17/0201, ging der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage des im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens davon aus, dass die Kartenspiele "7 Card Stud Poker, "Texas Hold'Em" und "5 Card Draw" als Glücksspiele im Sinne des  § 1 Abs. 1 GSpG anzusehen seien, weil die Wahrscheinlichkeiten, eine gewünschte oder erhoffte Kartenkombination zu erhalten, enorm klein seien. Der Umstand, dass allenfalls ein Spieler beim Bluffen selbst bei schlechten Karten ein günstiges Spielergebnis erreichen könne und dass er seine Entscheidungen nicht allein von mathematischen Wahrscheinlichkeiten, welches Blatt Mitspieler angesichts der bekannten (offen zugeteilten) Karten haben könnten, sondern auch von deren Verhalten während des Spiels abhängig machen könne, nehme diesen Kartenspielen nicht den Charakter als Glücksspiel. Denn bei den von der Sachverständigen dargestellten kleinen Wahrscheinlichkeiten hinsichtlich bestimmter Kartenkombinationen, entscheide letztlich vorwiegend der Zufall über den Ausgang des Spieles. Dies werde auch durch das Fehlen von anerkannten Verhaltensanordnungen bei diesen Spielen im Gegensatz zu den Spielen "Tarock", "Schnapsen" und "Bridge" bestätigt.

Der Einwand in der Berufung, dass es sich beim Kartenspiel "Texas Hold'Em" um ein Geschicklichkeitsspiel und nicht um ein Glücksspiel handelt, geht somit unter Verweis auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung ins Leere.

3.2.5. Zu den Ausführungen in der Berufung, dass es sich bei einem Kartenpokertisch um keinen Eingriffsgegenstand handle und man Texas Hold'Em auch auf einem Küchentisch und sogar auf dem Boden spielen könne, ist zu erkennen, dass es nicht völlig abwegig erscheint, dass man das genannte Kartenspiel auch auf einem anderen Tisch oder dergleichen spielen könne. Es besteht jedoch der begründete Verdacht, dass die gegenständlichen speziellen Pokertische mit Vliesauflage und spezieller Ausformung (ovale, an einer Längsseite geschwungene Form, Wulst an den Rändern, Loch auf einer Längsseite in der Mitte) ausschließlich für Kartenpokerspiele verwendbar sind und auch ausschließlich hiefür verwendet wurden. Das Aufstellen eines speziellen Pokertisches animiert zudem dazu, Poker zu spielen (vergleichbar mit einem Billard-Tisch oder einem Roulett-Tisch). Bereits das Aufstellen eines solchen Tisches indiziert die Absicht dieses Spiel anzubieten. Im gegenständlichen Fall haben diese Pokertische jedenfalls ein "Pokerutensil" dargestellt und sind somit Eingriffsgegenstände.

3.2.6. Zu dem Vorbringen in der Berufung, dass das Veranstalten von Pokerturnieren seit Jahrzehnten durch einen Gewerbeschein geregelt ist, muss erkannt weden, dass dem Oö. Verwaltungssenat ein Auszug aus dem Gewerberegister vorliegt, woraus der Gewerbewortlaut wie folgt zu entnehmen ist: "Halten von erlaubten Kartenspielen, bei denen der Spielerfolg nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, ohne Bankhalter". Wie bereits oben näher ausgeführt, stellte der VwGH mehrmals fest, dass auch vor der Glücksspiel-Novelle 2010 Poker als Glücksspiel zu qualifizieren ist (vgl. bspw. VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201). Poker ist demnach bereits vor der Novelle als Glücksspiel anzusehen. Die auf die Bw ausgestellte Gewerbeberechtigung bezieht sich dem Wortlaut nach aber nur auf "erlaubte" Kartenspiele. Einer Liste der diesbezüglich freien Gewerbe, erstellt vom Magistrat der Stadt Wien und der Abteilung Rechtspolitik der Wirtschaftskammer Wien - als Orientierungshilfe - ist unter dem relevanten Gewerbewortlaut folgende beispielhafte Aufzählung zu entnehmen: "Romme", "Schnapsen", "Tarock", "Bridge", "Solitär" udgl. "Poker" oder "Texas Hold'Em" ist weder im Gewerbeschein, noch in dieser Liste angeführt. Insofern ist an dieser Stelle festzuhalten, dass sich die vorhandene Gewerbeberechtigung auf das gegenständlich verdächtige Glücksspiel nicht bezieht.

 

Die Übergangsbestimmung in § 60 Abs. 24 GSpG, normiert die Zulässigkeit des Betriebs eines Pokersalons für Pokerspiele ohne Bankhalter im Lebendspiel bis 31.12.2012 unter den Voraussetzungen, dass dieser Betrieb bereits auf Grundlage der Rechtslage zum 1. Jänner 2010 zulässig gewesen wäre und bereits vor dem 15. März 2010 auf Basis einer aufrechten gewerberechtlichen Bewilligung erfolgt ist.

 

Die Bw verfügt im konkreten Fall zwar über eine Gewerbeberechtigung, jedoch nur für "erlaubte" Kartenspiele, worunter Poker bzw. im Speziellen Texas Hold'Em nicht zu subsumieren ist, daher ist schon das erste der beiden kumulativen Tatbestandselemente nicht erfüllt. Auf die Voraussetzung der Zulässigkeit aufgrund der Rechtslage zum 1. Jänner 2010 war daher nicht weiter einzugehen.

 

Diesem Ergebnis steht auch nicht die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 2012 zu G 51/11, entgegen, worin ausgeführt wird, dass: "... aus der Entstehungsgeschichte und dem Wortlaut der Übergangsbestimmung in vertretbarer Weise abgeleitet werden kann, dass der Betrieb von Pokersalons nach bisheriger Rechtslage, wenn schon nicht ausdrücklich für zulässig erklärt, so doch wenigstens hingenommen wurde...". Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich vom gegenständlich zu beurteilenden Sachverhalt, da der Bf eine Gewerbeberechtigung mit dem Wortlaut: "Veranstaltung und Organisation des Kartenspiels 'Poker' und anderer erlaubter Kartenspiele, bei denen der Spielerfolg nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, ohne Bankhalter" inne hatte. Die dezidierte Anführung des Kartenspiels "Poker" ist gegenständlich nicht gegeben.

 

3.2.7. Weiters handelt es sich bei diesen Glücksspielen offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG, da es – entgegen den Ausführungen in der Berufung - unerheblich ist, von wem die Gegenleistung in Aussicht gestellt wird. Eine Ausspielung liegt demnach auch vor, wenn die Möglichkeit zur Erlangung einer Gegenleistung zwar nicht von einem Unternehmer erbracht wird, von diesem aber entsprechend veranstaltet, organisiert, angeboten oder zugänglich gemacht wird.

 

Aufgrund der im Zusammenhang mit den oa. Gegenständen durchgeführten Pokerspielen ist in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG auszugehen.

 

Für die Beschlagnahme genügt iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der entsprechend substantiierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen (mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird) fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird; es muss also etwa ein begründeter Verdacht von (fortgesetzten) verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 leg.cit. – konkret deren Veranstaltung, Organisation oder unternehmerische Zugänglich-Machung bzw. Beteiligung (§ 52 Abs. 1 Z 1 leg.cit.) bzw. die Förderung oder Ermöglichung der Teilnahme an solchen Ausspielungen (§ 52 Abs. 1 Z 6 leg.cit.) – bestehen. Dass aber mit den oa. Gegenständen seit etwa 1 Jahr bis zur Beschlagnahme verbotene Ausspielungen iSd § 2 leg.cit. im Aufstellungslokal mit entsprechend erbrachtem Spieleinsatz der Spieler bei in Aussicht gestellten Gewinnen durchgeführt wurden bzw. jedenfalls ein diesbezüglicher Verdacht vorliegt, ergibt sich unstreitig aus den Ausführungen in der Niederschrift des Finanzamtes und wird auch von der Bw dem Grunde nach nicht bestritten. Darauf gründet sich der Verdacht, dass auch künftig – dh "fortgesetzt" – gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 (insbes. Z 1 bzw. Z 6) GSpG verstoßen wird (vgl. eingehend VwGH 20.12.1999, 97/17/0233).

 

Die rechtliche Qualifikation der Stellung der Bw in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist nicht von Bedeutung (VwGH 10.5.2010, 2009/17/0202). So ist unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nach § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG nicht ausschlaggebend, ob der Bw selbst Veranstalter der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele ist bzw. ob diese Spiele auf seine Rechnung betrieben wurden. "Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz, unerheblich ist es hingegen, ob (auch) der Eigentümer der Geräte eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten hat."

 

3.2.8. Auch die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 6 GSpG findet allein schon deshalb keine Anwendung, da laut Aussage von Frau X in der Niederschrift vom 22. Juni 2012 in der Regel pro Monat ca. vier Turniere abgehalten werden.  

 

4. Aufgrund eines hinreichend substantiierten Verdachtes auf einen fortgesetzten Verstoß gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

Markus Brandstetter

 

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