Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301206/3/WEI/Ba

Linz, 26.03.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Dr. Weiß; Beisitzerin: Dr. Lukas) über die Berufung des A K, geb. X, B, W, vertreten durch Dr. F W, Rechtsanwalt in W, S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 10. Februar 2012, Zl. S-58.709/11-2, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II.          Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz (nunmehr Landespolizeidirektion Oberösterreich; im Folgenden: belangte Behörde) wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt für schuldig erkannt:

 

"Sie haben, wie am 29.11.2011 um 10:20 Uhr, in L, H, im Lokal 'K' von Organen des Finanzamtes Linz festgestellt wurde, als Veranstalter von Glücksspielen mit acht Glücksspielgeräten mit den Gerätebezeichnungen 1) K, Seriennummer SN 9070606000748, 2) K, Seriennummer SN 9070706000947, 3) K, Seriennummer SN 9070706000948, 4) K, Seriennummer SN 9070506000443, 5) K, Seriennummer SN 9070506000433, 6) K, Seriennummer SN 9070606000803, 7) K, Seriennummer SN 9070606000838, und 8) K, Seriennummer SN 9070606000719, durch Erlassung einer 'Dienstanweisung' vorsätzlich veranlasst, dass eine Mitarbeiterin von Ihnen (M V.) den Organen des Finanzamtes Linz die geforderten Auskünfte zu den beschlagnahmten Glücksspielgeräten nicht erteilt hat, womit gegen die Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG verstoßen wurde."

 

Durch diesen Tatvorwurf erachtete die belangte Behörde "§ 7 VStG iVm § 50 Abs. 4 GSpG iVm § 52 Abs. 1 Zi 5 GSpG" als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung über den Bw eine Geldstrafe von 3.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurden dem Bw 10 % der Geldstrafe vorgeschrieben.

 

1.2. In der Begründung stellt die belangte Behörde zum Sachverhalt fest, dass zum Tatzeitpunkt von Organen des Finanzamtes Linz im Lokal "K" in L, H, eine Glücksspielkontrolle durchgeführt und festgestellt worden sei, dass die Fa. C Lokalbetreiber und der Bw Veranstalter von Glücksspielen gewesen sei. Der Bw sei bei der Kontrolle nicht anwesend gewesen. Bei dieser Kontrolle habe die Finanzpolizei 8 Geräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden. Die im Lokal anwesende und beim Bw angestellte M V. sei vom Leiter der Amtshandlung aufgefordert worden, die notwendigen Auskünfte zu erteilen. Frau V. habe daraufhin eine schriftliche Dienstanweisung vorgelegt, welche zwischen dem Bw und Frau V. abgeschlossen worden sei. Aus dieser Dienstanweisung gehe hervor, dass niemand Auskünfte über die sogenannten 'Eingabeterminals' geben dürfe. Es würde bei Verletzung der Betriebsgeheimnisse oder bei Bruch der Verschwiegenheit zur sofortigen Entlassung kommen. Frau V. habe die Dienstanweisung befolgt und keine Auskünfte gegeben.

 

Aufgefordert zur Rechtfertigung habe der Bw mit Schriftsatz vom 20. Jänner 2012 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Dienstnehmerin keine Glücksspieleinrichtungen bereithalten habe können und dass im verfahrensgegenständlichen Lokal keine Glücksspieleinrichtungen sondern Eingabeterminals für ein in der Steiermark behördlich genehmigtes kleines Glücksspiel aufgestellt seien.

 

Auf den am 29. November 2011 um 10:20 Uhr betriebsbereit vorgefundenen acht Geräten seien zumindest am Kontrolltag wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt worden. Spieler hätten nur einen Einsatz und den untrennbar dazugehörenden Gewinnplan auswählen und die Starttaste betätigen können. Beim Walzenspiel werden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so verändert, dass der optische Eindruck rotierender Walzen entstehe. Die neue Symbolkombination entscheide über eine im Gewinnplan dargestellten Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Dabei stelle das vorgeschaltete Würfelspiel eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von Teileinsatzbeträgen dar. Spieler haben keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang des Spieles zu nehmen. Das Spielergebnis hänge ausschließlich vom Zufall ab. Es stünde fest, dass Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG ohne Bewilligung durchgeführt wurden. Da keine Ausnahme vom Glückspielmonopol zugetroffen hätten, wären die Ausspielungen verboten gewesen.

 

1.3. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass mit der GSpG-Novelle 2008 (BGBl I Nr. 54/2010) die verbotene Ausspielung als Anknüpfungspunkt für strafbares Verhalten neu geregelt worden sei. Nicht mehr verfahrensrelevant sei daher, um welchen Eingriffsgegenstand es sich handelt. Die vom Bw zitierte Entscheidung des UVS Niederösterreich beziehe sich auf die alte Rechtslage.

 

Dem Bw sei als dem Veranstalter der Glücksspiele das Verhalten seiner Angestellten M V. (laut Versicherungsdatenauszug) zurechenbar. Ein Indiz dafür stelle die von ihm erlassene "Dienstanweisung" dar. Eine Übertretung des § 52 Abs 1 Z 5 iVm § 50 Abs 4 GSpG stelle ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG dar, weil zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre. In einem solchen Fall sei das verantwortliche Organ strafbar, wenn er nicht genügend Verkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. Es liege daher eine Unterlassung dem Vorwurf zugrunde. In einem solchen Fall habe der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft.

 

Im gegenständlichen Fall habe der Bw keine Vorkehrungen getroffen, sondern habe vielmehr gegenteilig eine schriftliche "Dienstanweisung" an das Personal ausgegeben, woraus hervorgehe, dass niemand Auskünfte über die sog. "Eingabeterminals" geben dürfe Es würde bei Verletzung des Betriebsgeheimnisses oder bei Bruch der Verschwiegenheit zur sofortigen Entlassung kommen.

 

Die belangte Behörde folgert, dass der Bw mit Erlassung einer solchen "Dienstanweisung" vorsätzlich veranlasst habe, dass eine andere Person eine Verwaltungsübertretung, nämlich das Unterlassen der Auskunftserteilung begeht (§ 7 VStG). Die Argumentation des Bw sei nicht geeignet gewesen, ihn zu exkulpieren.

 

Abschließend führt die belangte Behörde zur Strafzumessung aus, dass dem Bw der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zu Gute komme, die verhängte Strafe dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und den angenommenen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen (zumindest netto 1.800 Euro Monatsverdienst, keine Sorgepflichten, kein relevantes Vermögen) entspreche.

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 14. Februar 2012 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig am 23. Februar 2012 zur Post gegebene Berufung, die am 27. Februar 2012 bei der belangten Behörde einlangte. Der Bw strebt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise die Herabsetzung der Strafe oder ein Absehen von Strafe gemäß § 21 VStG an.

 

Begründend rügt die Berufung in weitwendigen Ausführungen diverse Begründungsmängel. Sie bringt weiter vor, dass lediglich Eingabeterminals vorlägen, die weder Glücksspielautomaten, noch elektronische Lotterien gemäß dem § 12a GSpG darstellten, weil mit ihnen lediglich die Möglichkeit geboten werde, eine Servicefirma zu einem Spiel zu beauftragen, aber nicht direkt gespielt werden könne. Dabei werde ein Mitspielen an einem in der Steiermark ablaufenden Spiel, das behördlich genehmigt sei, ermöglicht.

 

Schließlich verweist die Berufung zum § 5 Abs 1 VStG (Hinweis auf VfSlg 13790/1994) darauf, dass die Behörde das Vorliegen der objektiven Tatseite nachweisen und bei Zweifeln in Bezug auf die Fahrlässigkeit auch die Verschuldensfrage von Amts wegen klären müsse. Damit habe sich die Erstbehörde nicht genügend auseinandergesetzt. Das angefochtene Straferkenntnis weise keine gesetzmäßige Begründung auf.

 

2.2. Die belangte Behörde legte am 29. Februar 2012 die Berufung und ihren Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung machte die belangte Behörde aus Plausibilitätsgründen nicht Gebrauch.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.

 

3.2. Aus dem Aktenlage ergibt sich noch ergänzend zu den erstbehördlichen Feststellungen (vgl Punkt 1.2.):

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. Jänner 2012 hat die belangte Behörde dem Bw folgende Verwaltungsübertretung angelastet:

 

"Sie haben, wie am 29.11.2011 um 10:20 Uhr, in L, H, im Lokal 'K' von Organen des Finanzamtes Linz festgestellt wurde, als Veranstalter von Glücksspielen durch Erlassung einer 'Dienstanweisung' vorsätzlich veranlasst, dass eine Mitarbeiterin von Ihnen (M V) den Organen des Finanzamtes Linz die geforderten Auskünfte zu den beschlagnahmten Glücksspielgeräten nicht erteilt hat, womit gegen die Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 GSpG verstoßen wurde.

 

Verwaltungsübertretung nach

§ 7 VStG iVm § 50 Abs. 4 GSpG iVm § 52 Abs.1 Zi 5 GSpG"

 

Mit rechtsfreundlich eingebrachter Rechtfertigung vom 20. Jänner 2012 vertrat der Bw zum erhobenen Tatvorwurf die Rechtsansicht, dass ein Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen iSd § 50 Abs 4 GSpG nur bei jemandem vorliegen könne, der Verfügungsmacht über diese Geräte hat, wie etwa der Eigentümer, der Leasingnehmer, der Pächter, der Mieter oder letztlich der Betreiber der Geräte. Keine dieser Eigenschaften sei in Ansehung einer Arbeitnehmerin der Firma des Bw gegeben. Da Frau V als Dienstnehmerin über keinen Rechtstitel verfügte, habe sie auch keine Glücksspieleinrichtungen bereithalten können, weshalb der Tatvorwurf ins Leere ginge. Mitarbeiter seien nicht unter den § 50 Abs 4 GSpG zu subsumieren, weshalb Dienstanweisungen rechtmäßig erfolgen hätten können.

 

Im Übrigen sei dem Tatvorwurf nicht ansatzweise zu entnehmen, warum das Glückspielgesetz Anwendung finden sollte. Im verfahrensgegenständlichen Lokal wären keine Glücksspieleinrichtungen, sondern nur Eingabeterminals für ein in der Steiermark behördlich genehmigtes kleines Glücksspiel aufgestellt.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989 in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 76/2011 (in der Folge: GSpG) sind für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG zuständig. Nach § 27 VStG ist im vorliegenden Fall auch die örtliche Zuständigkeit als gegeben anzunehmen.

 

Gemäß § 50 Abs 4 GSpG (idF BGBl I Nr. 54/2010; die Novelle BGBl I Nr. 112/2012 war auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden) sind die Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG und die im § 50 Abs 2 und 3 leg.cit. genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG (idF BGBl I Nr. 54/2010) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 GSpG vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 GSpG oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstößt.

 

Gemäß § 52 Abs 5 GSpG beträgt die Verjährungsfrist (§ 31 Abs 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß § 52 Abs 1 GSpG ein Jahr.

 

4.2. § 50 Abs 4 GSpG normiert eine "umfassende" Mitwirkungs- und Duldungspflicht, welche sich an verschiedene Adressaten richtet. Im Grunde soll diese Mitwirkungs- und Duldungspflicht die Effizienz der Kontrolle im Rahmen des GSpG steigern (vgl grundlegend EBRV 658 BlgNR 24. GP, 3) und zur Gewinnung der notwendigen Informationen zur Durchführung der Überwachungsaufgaben im Rahmen des GSpG führen, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (vgl dazu § 50 Abs 4 1. Satz GSpG).

 

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung wird eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht – welcher im Kern des Begriffes notwendig ein begründeter, d.h. auf Tatsachen zurückzuführender, ist (siehe zum retrospektiv diagnostischen Element des Verdachtsbegriffes im Rahmen der abduktiven Entdeckung und Bewertung von Hypothesen Schulz, Normiertes Misstrauen, 224 ff, 312 ff und 528 f) – auf einen Verstoß gegen das GSpG vor, so endet die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke (arg.: "erforderlich") der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

Diese Auslegung zur Mitwirkungspflicht korreliert in den überwiegenden Fallkonstellationen mit den Vorgaben des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips "nemo tenetur se ipsum accusare", nach dem der Gesetzgeber keine Regelung treffen darf, die eine im Verdacht einer strafbaren Handlung stehende Person verpflichtet, Beweise gegen sich selbst zu liefern (dazu mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 786).

 

Darüber hinaus ist aus dem Wortlaut abzuleiten, dass die Duldungs- und Mitwirkungspflicht nicht nur ad personam durch die Anwendbarkeit des Selbstbezichtigungsverbotes begrenzt ist, sondern dass das Entstehen der Verdachtslage auch generell die Zäsur darstellt.

 

Ist somit aus der objektiven Sichtweise ex ante eine Verdachtslage auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz gegeben, so endet die Mitwirkungs- und Duldungspflicht (siehe zur vorzunehmenden Art der Abgrenzung in ähnlichen Konstellationen Lienbacher, Ist staatsanwaltliches Handeln ein zulässiger Kontrollgegenstand, in Lienbacher/Wielinger, Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 73 f). Denn es geht dann nicht mehr nur um die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben zur Kontrolle der Einhaltung des Glücksspielgesetzes, sondern um strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen im Hinblick auf den Verdacht einer Übertretung des Glücksspielgesetzes.

 

Selbst wenn man im bloßen Einschreiten von Hilfsorganen - deren Verhalten allerdings der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zuzurechnen ist - der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) noch keinen formalen Beginn eines Strafverfahrens im Sinne des § 32 VStG (arg.: noch keine behördliche Verfolgungshandlung) erkennen wollte, vermag dies am oben dargelegten, verfassungsrechtlich gebotenen Interpretationsergebnis, das nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs aus der materiellen Bedeutung des Anklageprinzips nach Art 90 Abs 2 B-VG folgt und daher auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt (vgl mit Nachw Mayer, B-VG4 [2007] Art 90 B-VG Anm III), sachlich nichts zu ändern. Es liegt auf der Hand, dass das bloße Abstellen auf behördliche Verfolgungshandlungen und ein Ausblenden des Verfolgungsverhaltens von Hilfsorganen nur ein der Aushöhlung und Umgehung dienender Formalismus wäre, der dem Wesensgehalt des verfassungsrechtlichen Selbstbezichtigungsverbots und der Unschuldvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK diametral zuwiderliefe.

 

4.3. Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus dem Akteninhalt klar und deutlich, dass Gegenstand der finanzpolizeilichen Amtshandlung die Aufklärung des Verdachts strafbarer Handlungen mit Glücksspielgeräten bzw Eingriffsgegen­ständen war. Im vorliegenden Fall fanden die Kontrollorgane nach der Anzeige des Finanzamts vom 20. Dezember 2011 im Lokal "K" der Fa C in L, H, acht Geräte des Bw betriebsbereit und eingeschaltet vor. Die anwesende Mitarbeiterin des Bw, M V, habe eine Dienstanweisung vorgelegt. Zur Tathandlung wird festgehalten, dass der Bw dafür gesorgt habe, dass "die geforderten Auskünfte zu den Glücksspielgeräten bzw. sonstigen Eingriffsgegenständen" nicht erteilt worden sind. Auch die von der Finanzpolizei mit dem Spieler B I am Kontrolltag aufgenommene Niederschrift mit ihren Fragen über geleistete Einsätze und Gewinnauszahlungen und Formulierungen wie "Walzenspielgeräte (Glücksspielgeräte)" diente offenkundig dem Ziel der strafrechtlichen Aufklärung (Strafverfolgung).

 

Aus der Zusammenschau des Akteninhalts und aus den gewählten Formulierungen (zB "Eingriffsgeräte") sowie auf Grund des Umstands, dass in Oberösterreich auch das kleine Glücksspiel immer verboten war (weshalb kein Übergangsfristen gemäß § 60 Abs 25 GSpG in Betracht kommen) ist zu erkennen, dass für das Einschreiten der Finanzpolizei im gegenständlichen Fall der Verdacht von Eingriffen in das Glücksspielmonopol und damit von Übertretungen der Strafbestimmungen des § 52 GSpG im Vordergrund stand. So wurden laut Anzeige der Finanzpolizei beim Eintreffen im Lokal acht Walzenspielgeräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden. Schon in diesem Zeitpunkt lag offenkundig die oben beschriebene Verdachtslage vor und endete bei verfassungskonformer Auslegung die Mitwirkungspflicht gemäß dem § 50 Abs 4 GSpG. Mangels einer Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung und Aufklärung von Delikten war auch keine mit Strafe bedrohte Handlung möglich.

 

4.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Spruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

4.5.1. Die Bestimmung des § 50 Abs 4 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr.54/2010 verpflichtet verschiedene Adressaten, nämlich Veranstalter und Anbieter von Glücksspielen und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, unmittelbar zur Mitwirkung. Zu diesen Varianten unmittelbarer Täterschaft kann jeweils eine Beteiligungssituation hinzutreten. Beispielsweise ist denkbar, dass der Veranstalter oder Anbieter von Glücksspielen dazu beiträgt oder anstiftet, dass eine bereithaltende Person der Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Weiters ist zu bedenken, dass – wie es im gegenständlichen Fall aber nicht gegeben ist – eine juristische Person als Veranstalter bzw Anbieter in Frage kommt und wiederum ein außenvertretungsbefugtes Organ (zB Geschäftsführer) im Rahmen des § 9 VStG verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang haftet das außenvertretungsbefugte Organ wiederum in zwei Varianten. Entweder setzt das Organ selbst in zurechenbarer Weise ein rechtswidriges Verhalten für die juristische Person oder das außenvertretungsbefugte Organ muss sich ein rechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern als Organisationsverschulden zurechnen lassen.

 

Da nun die Art der Täterschaft einer Verwaltungsübertretung nach dem § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in vielen Erscheinungsformen möglich ist, hat im Spruch des Straferkenntnisses eine genaue Aus- und Anführung zur Täterschaft und Beteiligung iSd § 7 VStG zu erfolgen, um dem Beschuldigten eine entsprechende Verteidigung zu ermöglichen. Erfolgt diese Differenzierung und Konkretisierung nicht, so ist der Spruch des Straferkenntnisses nicht iSd Anforderungen nach § 44a Z 1 VStG bestimmt und unverwechselbar und daher mit Rechtswidrigkeit behaftet. So hat beispielsweise der Verwaltungsgerichtshof zur Beteiligungsform der Beihilfe klargestellt, dass im Spruch sowohl die Tatumstände zu konkretisieren sind, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht, als auch jenes konkrete Verhalten darzustellen ist, durch welches der Tatbestand der Beihilfe verwirklicht wird (vgl VwSlg 13112 A/1990 und VwSlg 13224 A/1990).

 

4.5.2. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Tatbegehungsformen hat die belangte Behörde eine differenzierte und konkretisierte Fassung des Tatvorwurfes vorzunehmen. Dabei können sich weitgehend mit dem Gesetzeswortlaut deckende Formulierungen der Strafbehörde für die Bestimmtheit iSd § 44a Z 1 VStG nicht genügen. Durch die substanzlose Verwendung der verba legalia wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch keine Konkretisierung im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Denn es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Diese einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches iSd § 44a Z 1 VStG ist einerseits deshalb erforderlich, damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und andererseits um den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.3.2010, Zl. 2010/17/0017).

 

4.5.3. Im konkreten Fall wird dem Bw im Spruch die Tatbegehung in der Variante der Anstiftung iSd § 7 Fall 1 VStG vorgeworfen, weil er als Veranstalter von Glücksspielen mit Glücksspielgeräten "durch Erlassung einer Dienstanweisung" vorsätzlich veranlasst habe, dass eine Mitarbeiterin "die geforderten Auskünfte" zu den beschlagnahmten Glücksspielgeräten nicht erteilt habe, womit gegen die Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG (gemeint: durch die Mitarbeiterin) verstoßen worden wäre.

 

Die belangte Behörde begnügt sich im Spruch mit einer ganz allgemein gehaltenen abstrahierenden Umschreibung der Tathandlung der Anstiftung und unterlässt es, die angelastete "Dienstanweisung" zeitlich und inhaltlich genau zu konkretisieren. Der im Spruch vorgenommene Vorwurf ist demnach nicht unverwechselbar, sondern beliebig für andere Fälle verwendbar und damit austauschbar. Dies widerspricht insbesondere der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass auch die Tathandlung des mittelbaren Täters iSd § 7 VStG durch eine Zuordnung der konkreten Tatumstände im Spruch umschrieben werden muss (vgl mit Nachw aus der Rechtsprechung Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1272 Anm 6 und E 2c bis 2f zu § 7 VStG)

 

In der Begründung behauptet die belangte Behörde, dass aus der "Dienstanweisung" an das Personal hervorginge, dass niemand Auskünfte über die sog. Eingabeterminals geben dürfe. Diese apodiktische Aussage trifft bei genauerer Betrachtung nicht zu. Aus der aktenkundigen, am 15. November 2011 von Frau M V unterschriebenen Dienstanweisung geht vielmehr hervor, dass nach der – in dieser Allgemeinheit vom Verwaltungsgerichtshof später nicht geteilten (dazu unten Punkt 4.5.5.) - Rechtsmeinung des Bw nur das zuständige Organ der Firma A K (gemeint: Geschäftsführer oder dessen Beauftragter) und nicht irgendwelche im Lokal anwesende Personen wie Bedienungspersonal, Putzpersonal, Techniker etc. zur Auskunft nach dem Glücksspielgesetz verpflichtet wären, weshalb diesen die Auskunftserteilung unter Hinweis auf eine mögliche und naheliegende Verletzung von Betriebsgeheimnissen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Eingabeterminals untersagt und bei Bruch der Verschwiegenheit die Entlassung angedroht wird. Die Dienstanweisung verweist dann in weiterer Folge auf das Aussageverweiterungsrecht eines Zeugen nach § 49 Abs 1 lit b) AVG (richtig: § 49 Abs 1 Z 1 AVG) über Fragen, die er nicht beantworten könnte, ohne ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren, und fordert zur Inanspruchnahme dieses Rechts auf, um einen nicht absehbaren Schaden zu vermeiden.

 

Die aktenkundige schriftliche Dienstanweisung bezieht sich demnach auf das im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsstrafverfahren (§ 24 VStG iVm § 49 Abs 1 Z 2 AVG) ohne gesetzliche Einschränkung eingeräumte Recht von - als Zeugen für die Behörde in Betracht kommenden - Dienstnehmern zur Aussageverweigerung für den Fall der Offenbarung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und verpflichtet diese, sich im Rahmen eines solchen Verfahrens ihres Aussageverweigerungsrechtes zu bedienen. Da aus verfassungsrechtlicher Sicht, wie oben in den Punkten 4.3. und 4.4. näher dargelegt wurde, die Mitwirkungspflichten auf die Überwachung der Einhaltung des Glücksspielmonopols im Vorfeld der Strafverfolgung zu beschränken sind und nicht der Umgehung des Selbstbezichtigungsverbotes oder von Aussageverweigerungsrechten dienen dürfen, fehlt es an dem von der belangten Behörde sinngemäß unterstellten Rechtswidrigkeitszusammenhang.

 

Die Anweisung eines Geschäftsherrn an sein Personal, im Verwaltungsverfahren oder Verwaltungsstrafverfahren eine Auskunft über Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu verweigern, um Schaden durch die Preisgabe eines solchen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zu vermeiden, erscheint der erkennenden Kammer des Oö. Verwaltungssenats grundsätzlich als rechtmäßig und jedenfalls insoweit zulässig und unbedenklich, als es im Einzelfall tatsächlich um den Schutz eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses geht. Begrifflich handelt es sich bei so einem Geheimnis im Wesentlichen um Tatsachen, die unternehmensbezogene kommerzielle oder betriebstechnische Verhältnisse betreffen und nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind (näher zum Begriff Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 [1992] § 122 Rz 4; Lewisch in WK2 [2008] § 122 StGB Rz 9 ff).

 

Welche konkreten Auskünfte anlässlich der gegenständlichen Kontrolle der Finanzpolizei zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlich erschienen und auch tatsächlich verlangt wurden, geht aus dem gesamten Akteninhalt nicht einmal ansatzweise hervor. Es kann somit nicht beurteilt werden, ob die nach der Anzeige des Finanzamtes "geforderten Auskünfte" ein geschütztes Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis betrafen oder nicht und ob daher die auf ein solches Geheimnis bezogene Dienstanweisung überhaupt von Relevanz war.

 

4.5.4. Im Spruch sind auch die Tatumstände zu konkretisieren, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen (vgl VwSlg 13112 A/1990 und VwSlg 13224 A/1990). Der die unmittelbare Täterin betreffende Tatvorwurf des Straferkenntnisses, wonach die Mitarbeiterin des Bw den Organen des Finanzamtes Linz "die geforderten Auskünfte zu den beschlagnahmten Glücksspielgeräten nicht erteilt" und daher gegen § 50 Abs 4 GSpG verstoßen habe, ist einerseits nicht gesetzeskonform und andererseits abermals unzureichend, weil es an der erforderlichen Konkretisierung mangelt.

 

Es handelt sich um eine bloße Leerformel, die nur eine Wiederholung des Gesetzeswortlautes darstellt und nicht geeignet ist, dem Bw eine individuelle Tat unverwechselbar vorzuwerfen. Genau betrachtet enthält der Spruch keine Substanz und damit auch keinen "echten" Tatvorwurf. Bestätigt wird dies aus dem Akteninhalt bzw der Anzeige des Finanzamtes. Darin findet sich lediglich der Hinweis, dass die "notwendigen" Auskünfte zu erteilen gewesen wären. Welche das konkret gewesen und welche Fragen vergeblich gestellt worden wären, wird nicht angesprochen. Ein Erhebungsergebnis ist zu diesem Tatvorwurf nicht vorzufinden.

 

Die gemäß § 50 Abs 5 2. Satz GSpG verpflichteten Personen haben u.A. den Organen der öffentlichen Aufsicht "umfassende" Auskünfte zu erteilen, "umfassende" Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren. Aus der gesetzlichen Fassung dieser Mitwirkungspflichten ist dem Grunde nach zu erkennen, dass die von der belangten Behörde vorgeworfene "Tat" nicht mit Strafe gemäß § 52 Abs 1 Z 5 iVm § 50 Abs 4 GSpG bedroht wird, da ein wesentlicher Unterschied zwischen den "geforderten" und den "umfassenden" Auskünften besteht. § 50 Abs 4 GSpG statuiert die Pflicht zur umfassenden Auskunftserteilung allein an die Behörde und die Organe der öffentlichen Aufsicht, welche die Einhaltung des Glücksspielgesetzes kontrollieren. Auf der Überwachung der Einhaltung des Glücksspielgesetzes liegt im Sinne des § 50 Abs 4 1. Satz GSpG (arg. "zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben") der Bezug der umfassenden Auskunftserteilung.

 

Mit anderen Worten: Es sind jene umfassenden Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um die Überwachung der Einhaltung des Glücksspielgesetzes zu ermöglichen. Diese Zielrichtung lässt sich aus einem Kausalzusammenhang mit der Aufgabenerfüllung ableiten, wogegen sich das "Geforderte" lediglich aus der Existenz einer entsprechenden Frage bzw Forderung determiniert. Letzteres wird jedoch vom Gesetz nicht mit Strafe bedroht. Auch insofern ist daher der Spruch des Bescheides der belangten Behörde verfehlt und mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

4.5.5. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Juni 2012, Zl. 2012/17/0114, unter der im § 50 Abs 4 GSpG genannten "Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hält," auch jemanden verstanden, der de facto für die Bereithaltung sorgt und ausdrücklich keine rechtlich-organisatorische Beziehung dieser Person zur Glücksspieleinrichtung vorausgesetzt. Die Auskunftspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG treffe nicht nur den Betreiber des Glücksspielapparats, der in einer großen Zahl der Fälle nicht im Lokal anwesend sein werde, sondern auch diejenigen Personen, die faktisch für die Verfügbarkeit des Apparats sorgen. Dabei habe sich die Abgrenzung, welche Angestellten von der Auskunftspflicht erfasst sind, nach dem Aufgabenbereich des Angestellten zu richten. Ein Mitarbeiter, der sich als für das Lokal verantwortlich bezeichnet, gehöre jedenfalls zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen, weil er damit auch im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig sei, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar sind.

 

Aus diesen Aussagen des zitierten Judikats ist weiter denknotwendig abzuleiten, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs begrifflich das "Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen" vom Aufgabenbereich eines Mitarbeiters und seinen betriebsinternen Befugnissen abhängt und eine Korrelation zu der damit verbundenen Mitwirkungspflicht besteht. Denn die Pflicht, "umfassend Auskünfte zu erteilen", muss im Rahmen der tatsächlichen Möglichkeiten einer Person je nach ihren Aufgaben und Befugnissen angenommen werden, widrigenfalls man dem Gesetzgeber unterstellen würde, dass er in unsachlicher Weise Mitwirkungspflichten vorgesehen hätte, deren Erfüllung manchen Personen von ihrer betriebsinternen Verwendung her schon tatsächlich gar nicht möglich wäre. Der Umfang der Mitwirkungspflichten darf nicht als absolute Größe gesehen werden. Vielmehr muss er differenziert nach den Aufgaben und Befugnissen des jeweiligen Mitarbeiters eines Veranstalters oder Anbieters interpretiert werden. Die Pflicht, umfassend Auskünfte zu erteilen, kann demnach je nach den faktischen Aufgaben und Befugnissen eines Angestellten eine verschiedene sein. Gehören etwa zum Aufgabenbereich einer Person überhaupt nur untergeordnete oder nicht einschlägige Tätigkeiten wie beispielsweise Reinigungsarbeiten, bloßes Lichteinschalten oder das Ausschenken von Getränken, dann liegt allein darin noch kein Sorgen für die Verfügbarkeit einer Glücksspieleinrichtung, weshalb ein "Bereithalten" begrifflich ausscheidet und keine Auskunftspflicht besteht.

 

Aus der dargestellten Rechtslage im Sinne des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs folgt weiter, dass zur Mitwirkungspflicht des § 50 Abs 4 GSpG im Fall von "Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten," deren Aufgabenbereich und Befugnisse im Betrieb des Veranstalters oder Anbieters als für die Subsumtion relevante Umstände anzusehen und festzustellen sind. Die diesbezügliche betriebsinterne Funktion des Mitarbeiters, dem die Auskunfts- bzw Mitwirkungspflicht zugeordnet wird, betrifft daher ein wesentliches Element des Tatbestandes und bedarf gemäß § 44a Z 1 VStG entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalles einer Konkretisierung und Individualisierung im Spruch.

 

Die belangte Behörde spricht in Verkennung dieser Rechtslage im Spruch nur lapidar davon, "dass eine Mitarbeiterin von Ihnen (M V.) ... die geforderten Auskünfte ... nicht erteilt hat". In Bezug auf die Funktion und den Aufgabenbereich der Mitarbeiterin, aus dem das "Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen" und damit die Auskunftspflicht erst abzuleiten ist, wird kein Wort verloren. Auch aus der Begründung des Straferkenntnisses geht dazu nichts zur Verdeutlichung hervor. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich vielmehr, dass die Fa. C Betreiberin des Aufstellungslokals "K" in L, H, war. Danach müsste eine für das Lokal verantwortliche Person eigentlich von der Fa. C stammen. Ohne irgendeine aufklärende Feststellung dazu wird nur allgemein angeführt, dass die im Lokal (zufällig?) anwesende und beim Bw angestellte M V. vom Leiter der Amtshandlung aufgefordert worden sei, "die notwendigen Auskünfte zu erteilen", worauf sie eine schriftliche Dienstanweisung vorlegte. Aus der gesamten Aktenlage sind keine gesicherten Hinweise auf die Funktion und die Aufgaben der Mitarbeiterin des Bw zu finden.

 

4.6. Die belangten Behörde hat weder im angefochtenen Straferkenntnis, noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung, noch sonst nach der Aktenlage eine geeignete Anlastung mit einem entsprechend den Umständen des Einzelfalles konkretisieren Tatvorwurf erhoben, der die Identität der Tat mit ausreichender Bestimmtheit formuliert und unverwechselbar erscheint. Mangels einer ausreichenden behördlichen Verfolgungshandlung ist nach Ablauf der Jahresfrist des § 52 Abs 5 GSpG auch längst die Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Dem unabhängigen Verwaltungssenat war es außerdem als Berufungsbehörde, die gemäß dem § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG bei ihrer Entscheidungsbefugnis auf den Gegenstand des Spruches des Straferkenntnisses beschränkt ist, verwehrt, eine ganz neue Anlastung vorzunehmen und dabei wesentliche Tatmerkmale auszutauschen.

 

5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf wesentliche Spruchmängel mangels einer zutreffend angelasteten Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

 

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