Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101474/17/Weg/<< Ri>>

Linz, 20.07.1994

VwSen 101474/17/Weg/<< Ri>> Linz, am 20. Juli 1994

DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des M gegen das Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 12. August 1993, VerkR96/14242/1993/Schw, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 nach den am 16. Dezember 1993 und 12. April 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen zu Recht erkannt:

Der Berufung wird F o l g e gegeben, das Faktum 1 des obangeführten Straferkenntnisses behoben und diesbezüglich das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswer ber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil dieser am 17. März 1993 um 0.15 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der F in B stadtauswärts in Richtung O bis zum Haus S gelenkt hat und sich um 7.44 Uhr desselben Tages in der Hütte, die an das Haus S, B, grenzt, gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl auf Grund von Alkholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.200 S in Vorschreibung gebracht.

2. Für die Berufungsentscheidung betreffend das Faktum 1 ist wegen der ausgesprochenen Geldstrafe (über 10.000 S) eine dreigliedrige Kammer zuständig, während hinsichtlich der Berufung gegen die Fakten 2 und 3 ein Einzelmitglied zuständig ist. Diesbezüglich ist die Entscheidung bereits getroffen worden.

3. Es ist unstrittig, daß der Berufungswerber am 17. März 1993 um 0.15 Uhr seinen PKW lenkte und nach einem Verkehrsunfall nach Hause fuhr, wo er um 0.35 Uhr in einer Hütte neben dem Wohnhaus der Eltern auf dem Fußboden liegend angetroffen wurde. Rev.Insp. S forderte den Beschuldigten zum Alkotest auf, dieser lag jedoch regungslos am Boden und gab kein Zeichen von sich. Die Gendarmeriebeamten vermuteten eine Alkoholvergiftung und forderten die Eltern auf, ihren Sohn ins Krankenhaus bringen zu lassen. Der Beschuldigte schlief jedoch in der Folge in der Hütte, in der er aufgefunden wurde und wurde um 7.44 Uhr desselben Tages von Rev.Insp. S nochmals zum Alkotest aufgefordert, der jedoch verweigert wurde. Es steht auf Grund dessen Zeugenaussage fest, daß Rev.Insp. S anläßlich der Aufforderung zum Alkotest um 7.44 Uhr keine Alkoholisierungssymptome bemerkte, auch wenn dazu einschränkend festzuhalten ist, daß Rev.Insp. S auf diese nicht achtete. Festzuhalten ist noch, daß die Aufforderung zum Alkotest um 0.35 Uhr zu Recht erfolgte, weil nach eigenen Aussagen des Beschuldigten dieser die Konsumation einer halben Bier in Form eines Nachtrunkes bei der mündlichen Verhandlung eingestand und somit schon deshalb eine begründete Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung vorlag. Auch wenn die Möglichkeit denkbar erscheint, daß der Beschuldigte die Bewußtlosigkeit lediglich vortäuschte, um sich dem Alkotest zu entziehen, wird doch die glaubwürdige und schlüssige Aussage des Rev.Insp. S als erwiesen angenommen, daß nämlich der Beschuldigte tatsächlich bewußtlos war oder in einem Zustand, der der Bewußtlosigkeit nahekommt.

4. Hiezu hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Nach der ständigen Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Untersuchung der Atemluft auf Alkohol so lange verlangt werden, als noch praktische Ergebnisse der Atemluftprobe erwartet werden können. Bei einem großen Zeitabstand zwischen der Beendigung des Lenkens und der Verweigerung der Atemluftprobe ist die Behörde jedoch verpflichtet, näher zu begründen, warum trotz der verstrichenen langen Zeit noch verwertbare Ergebnisse des Alkotests zu erwarten gewesen wären. Diesbezüglich fehlt im angefochtenen Straferkenntnis jegliche Begründung, sodaß der unabhängige Verwaltungssenat einen medizinischen Amtssachverständigen befragte, ob nach 7 1/2 Stunden noch ein verwertbares Ergebnis des Alkotests zu erwarten gewesen wäre. Der medizinische Amtssachverständige führt hiezu aus, daß dies grundsätzlich möglich ist, jedoch erst ab einer angenommenen Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,8 Promille zum Zeitpunkt des Lenkens. Er begründet dies damit, daß die Eliminationsrate bis 0,2 Promille beträgt und ziemlich liniear verläuft, bei einem Alkoholisierungsgrad von 0,3 Promille jedoch von dieser Linearität nicht mehr ausgegangen werden kann und somit unter diesem Wert eine sichere Rückrechnung nicht möglich ist.

Es ist zur Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfrage sohin lediglich strittig, ob sich der Berufungswerber 7 1/2 Stunden vor der Aufforderung zum Alkotest in einem alkoholisierten Zustand mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,8 Promille befand.

Wenn die Bewußtlosigkeit des Berufungswerbers auf Alkohol zurückzuführen wäre, sohin mit Sicherheit ein höherer Alkoholisierungsgrad als 1,8 Promille vorgelegen wäre, so hätte nach Ansicht der Berufungsbehörde Rev.Insp. S beim Ansichtigwerden des Berufungswerbers in dessen Schlafraum auch wenn er darauf nicht sein Augenmerk gerichtet hat einen deutlichen Alkoholdunst im Raum und aus der Atemluft des Beschuldigten wahrnehmen müssen. Diese Annahme der Berufungsbehörde stützt sich auf die Erfahrungen des täglichen Lebens, wonach bei einem derartig hochgradig Alkoholisierten die Umgebungsluft im Schlafzimmer deutlich und für jedermann merkbar alkoholschwanger sein muß. Da Rev.Insp. S aber derartiges nicht wahrnahm, muß davon ausgegangen werden, daß der Berufungswerber aus anderen Gründen - möglicherweise Medikamenten- oder Suchtgiftmißbrauch - um 0.35 Uhr bewußtlos oder zumindest nicht ansprechbar war. Auch wenn für einen derartigen Mißbrauch keine Beweisergebnisse vorhanden sind, wird dies für denkmöglich und hochgradig wahrscheinlich erachtet. Eine rechtzeitige diesbezügliche Verfolgungshandlung ist nicht erfolgt.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, daß ein gesicherter Anhaltspunkt dafür, daß der Berufungswerber zum Lenkzeitpunkt mehr als 1,8 Promille Blutalkoholkonzentration aufgewiesen hat, nicht vorliegt, was zur Konsequenz hat, daß aus der Atemluftprobe 7 1/2 Stunden nach dem Lenken keine praktischen Ergebnisse mehr erwartet werden konnten.

Aus diesen Gründen lag keine im Sinne des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 strafbare Alkotestverweigerung vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Es erübrigt sich nach den obigen Ausführungen, darauf einzugehen, ob Identität der Straßenaufsichtsorgane betreffend die Wahrnehmung der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung und der Aufforderung zum Alkotest vorliegen muß. Es erübrigt sich ferner eine Würdigung der Diskrepanz der Angaben in der << Beilage>> zur Anzeige, in der von Rev.Insp. S deutliche Alkoholisierungssymptome festgehalten wurden und der Aussage bei der mündlichen Verhandlung - wonach er beim Eintreffen beim Beschuldigten um 7.44 h keine Alkoholisierungssymptome festgestellt hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer

 

 

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