Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167689/5/MZ/JO

Linz, 03.04.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X,  geboren am X, vertreten durch RA X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom 26. Februar 2013, GZ: VerkR96-6948-2012, betreffend die festgesetzte Strafhöhe infolge einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das Strafausmaß auf 150 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage und der Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf 15 Euro herabgesetzt wird.

 

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 19 Abs 1 und 2, 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991;

zu II.: § 65 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom 26. Februar 2013, GZ: VerkR96-6948-2012, wurde dem Berufungswerber (in Folge: Bw) angelastet, am 16. Mai 2012 um 14:50 Uhr in der Gemeinde X, auf der A25 bei km X, Richtungsfahrbahn Wels, den LKW mit dem amtlichen Kennzeichen X gelenkt und zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten zu haben, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Es sei mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,30 Sekunden festgestellt worden.

 

Der Bw habe daher § 18 Abs 1 StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs 2c Z 4 StVO 1960 eine Strafe von 250,- Euro, ersatzweise 115 Stunden Freiheitsstrafe, verhängt wurde.

 

Das angefochtene Straferkenntnis begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Die Landesverkehrsabteilung OÖ. erstattete am 27.05.2012 zu GZ AI/0000021791/01/2012-1 Anzeige, weil der Lenker des LKW mit dem amtlichen Kennzeichen X diesen am 16.05.2012 um 14:50 Uhr in X, auf der A25 bei km X, Richtungsfahrbahn Wels, gelenkt und zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten hat, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,30 Sekunden festgestellt.

Die Messung wurde mit dem geeichten Messsystem VKS 3.1, A910 vorgenommen und ergab, dass das Fahrzeug auf dem 2. Fahrstreifen gelenkt wurde und bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 124 km/h ein Abstand von 10 Metern zum vorderen Fahrzeug eingehalten wurde.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land legte Ihnen daraufhin mit Strafverfügung vom 11.06.2012 die in der Anzeige angeführte Verwaltungsübertretung zur Last und verhängte eine Geldstrafe von 250,00 Euro.

 

Gegen diese Strafverfügung erhoben Sie mit Mail Ihres Vertreters vom 29.06.2012 fristgerecht Einspruch und beantragten Akteneinsicht.

 

Daraufhin wurde am 18.07.2012 der Verwaltungsstrafakt gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis abgetreten.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.07.2012 wurden Ihnen die Anzeige vom 27.05.2012 sowie das Messfoto übermittelt. Des weiteren wurden Sie aufgefordert, sich binnen 2 Wochen ab Zustellung zum Tatvorwurf zu rechtfertigen und die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekannt zu geben.

 

Mit Schreiben vom 24.08.2012 rechtfertigten Sie sich durch Ihren Vertreter dazu wie folgt: "Zugestanden wird, dass der Einschreiter zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt das in der Anzeige angeführte Fahrzeug gelenkt hat, bestritten wird allerdings, dass der Einschreiter lediglich einen zeitlichen Sicherheitsabstand von 0,3 Sekunden zum Vorderfahrzeug eingehalten hätte. Aus dem gesamten Akt ist nicht nachvollziehbar, warum vom Messwert von 11,6 m ein Abzug von 2,4 m erfolgt, sodass der Einschreiter um diesbezügliche Aufklärung ersucht. Darüber hinaus müssten für die Nachvollziehbarkeit der Richtigkeit der Messung zumindest 5 Fotos mit Messlinien vorhanden sein, im Verwaltungsakt befinden sich allerdings lediglich 2, sodass das Ergebnis des zur Zeit vorliegenden Messvorganges nicht zulässig ist, um den Einschreiter entsprechend der behaupteten Bestimmung des § 99 Abs. 2c Z. 4 StVO zu bestrafen. Ausdrücklich miniert im konkreten Fall wird jedenfalls, dass die im Akt durchgeführte Abstandsmessung nicht nachvollziehbar ist. Ergänzend wird lediglich aus Vorsichtsgründen vorgebracht, dass die Messung auch deshalb nicht für eine Bestrafung herangezogen werden kann, da aus dem gesamten Akt nicht ersichtlich ist, ob das für die Abstandsmessung verwendete Gerät überhaupt geeicht ist. Darüber hinaus wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, der ausführt, wenn das Ergebnis eines Messvorganges von subjektiven Entscheidungen eines Beamten abhängt, dieser Vorgang zu einem späteren Zeitpunkt auf seine Genauigkeit überprüfbar sein müsse. Erst wenn objektiv feststellbar ist, dass die Messlinien an den in der Betriebsanleitung vorgesehenen Stellen gesetzt wurden, kann die Verlässlichkeit der vorgenommenen Abstandsmessung abschließend beurteilt werden, weshalb auch ergänzend beantragt wird, den damaligen Beamten entsprechend einzuvernehmen, insbesondere dahingehend, ob er sämtliche Voraussetzungen der Betriebsanleitungen eingehalten hat, um eine entsprechende korrekte Messung durchführen zu können. Nach Erhalt dieser Unterlagen bzw. ergänzenden Einvernahme des Beamten wird durch den Einschreiter eine abschließende Stellungnahme abgegeben werden. Vorläufig wird jedenfalls beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren in Bezug auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen des § 99 Abs. 2c Z. 4 StVO zur Einstellung zu bringen."

 

In dem dazu eingeholten Gutachten vom 29.01.2013 führt der Amtssachverständige, X, vom Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, folgendes aus: "Die gegenständliche Abstandsmessung wurde mit dem  VKS-System durchgeführt. Dieses Messsystem ist für Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen vom österreichischen Eichamt geeicht. Die Messung erfolgt in zwei Schritten: Die Geschwindigkeit, die das KFZ des Beschuldigten und der vor ihm fahrende PKW gefahren sind, wird dadurch ermittelt, dass der Weg und die zeit zwischen den beiden Fotos bestimmt wird. Am zweiten Foto wird der Abstand des Beschuldigten zum Vorausfahrenden bestimmt, im gegenständlichen Fall betrug der Abstand der Vorderräder der beteiligten KFZ 11,6 m. Von diesem Abstand wird der Radstand des vorderen KFZ angezogen, sodass sich ein Abstand ergibt, der dem Abstand Hinterachse Vorausfahrender - Vorderachse Beschuldigter ergibt. IM gegenständlichen Fall sind daher von den 11,6 m - 2,4 m abzuziehen. Der darauf resultierende Abstand von 9,2 m wird vom System automatisch aufgerundet, sodass als Tiefenabstand zwischen den Fahrzeug 10 m vorgehalten wird. Der tatsächliche Tiefenabstand ist kleiner, da der korrekte Tiefenabstand nicht von Achse zu Achse zu messen wäre, sondern von Stoßstange zu Stoßstange. Würde man von Stoßstange zu Stoßstange messen und die Radüberhänge der beteiligten KFZ berücksichtigen, würde der Tiefenabstand der Realität entsprechen. Im Sinne des Beschuldigten wird das bei einer polizeilichen Messung nicht berücksichtigt. Der vorgehaltene Sekundenabstand wurde im Sinne des Beschuldigten ermittelt. Tatsächlich beträgt der Sekundenabstand weniger als 0,28 s. Da der Geschwindigkeitsunterschied der beiden KFZ max. 6,2 km/h betrug, ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen für eines der beteiligten KFZ eine messtechnisch nicht ausschließbare Bremsverzögerung von max. 0,75 m/s2. Das entspricht einer Abbremsung aufgrund des Luftwiderstandes. Die leichte Abbremsung, die vom Vordermann ausgehen kann, führte - wenn man diese nicht ausschließbare Verzögerung im Sinne des Beschuldigten dem Vordermann zuordnet, nicht zu der Unterschreitung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes bzw. Sekundenabstandes. Die im Einspruch angeführten 5 Fotos für Nachvollziehbarkeit der Messung sind aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar, da von der Messung ein Polizeivideo vorliegt."

 

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 01.02.2013 wurden Ihnen die Anzeige vom 27.05.2012, die Messfotos, sowie das Gutachten vom 29.01.2013 zur Kenntnis gebracht. Es wurde Ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen ab Erhalt des Schreibens eingeräumt.

 

Dazu nahmen Sie mit Schreiben Ihres Vertreters vom 07.02.2013 wie folgt Stellung: "Laut Gutachten betrug der Geschwindigkeitsunterschied der beiden KFZ maximal 6,2 km/h, sodass sich aus den vorliegenden Unterlagen für eines der beteiligten KFZ eine messtechnisch nicht ausschließbare Bremsverzögerung von maximal 0,75 m/s2 ergeben würde. Weiters hält der Gutachter folgendes fest: "Die leichte Abbremsung, die vom Vordermann ausgehen kann, führte, wenn man diese nicht ausschließbare Verzögerung im Sinne des Beschuldigten dem Vordermann zuordnet, nicht zu der Unterschreitung eines ausreichenden Sicherheitsabstands bzw. Sekundenabstandes." Ausgehend von diesem Ergebnis und unter Zugrundelegung des im Verwaltungsstrafverfahren allgemein gültigen Rechtsgrundsatzes "in dubio pro reo" darf nur dann eine Bestrafung erfolgen, wenn mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststeht, dass seitens der beschuldigten Person überhaupt der Tatbestand verwirklicht worden ist. Folgt man dem Gutachten, kann eben nicht mit der strafrechtlich gebotenen Sicherheit festgestellt werden, dass der Beschuldigte einen zu geringen Sicherheitsabstand eingehalten hat, sodass jedenfalls das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen ist."

 

Hierüber hat die Behörde erwogen:

 

Es folgt die Zitierung der einschlägigen Rechtsvorschriften. Im Anschluss setzt die belangte Behörde wie folgt fort:

 

Die Behörde sieht die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung auf Grund der Anzeige der Landesverkehrsabteilung , der Lichtbilder und des Gutachtens des Amtssachverständigen X vom Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, als objektiv erwiesen an. Ihr Vorbringen in der Rechtfertigung und in der Stellungnahme war nicht geeignet, die nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten zu entkräften.

 

Der Amtssachverständige hat in seinem Gutachten auch ausgeführt, warum vom Messwert von 11,6 m ein Abzug von 2,4 m erfolgt ist (Radstand des vorderen Fahrzeuges, weil von Vorderachse zu Vorderachse gemessen wird). Da das Messsystem automatisch aufrundet, wäre sogar ein noch geringerer Abstand (0,28 s) vorzuwerfen gewesen. Da für die Auswertung ein Messvideo zur Verfügung stand, braucht auf Ihr Vorbringen hinsichtlich des Erfordernisses von 5 Messfotos nicht näher eingegangen zu werden.

 

Was jedoch Ihre Ausführungen zum Grundsatz "in dubio pro reo" in Ihrer letzten Stellungnahme anbelangt, so ist dem entgegen zu halten, dass im konkreten Fall eben mit Sicherheit feststeht, dass Sie die Ihnen vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen haben. Der Amtssachverständige nimmt in seinem Gutachten Bezug auf einen möglichen maximalen Geschwindigkeitsunterschied von 6,2 km/h. Aber selbst für den Fall, dass man - in ihrem Sinne - annimmt, dass Ihr Vordermann eine Bremsverzögerung von 0,75 m/s2 (Abbremsung durch bloßen Luftwiderstand) hatte, war diese (nicht ausschließbare aber auch nicht erwiesene) Verzögerung nicht ausschlaggebend für die Unterschreitung des Sicherheitsabstandes. Das bedeutet, dass die Unterschreitung des Abstandes eben von Ihnen selbst und nicht von dem Ihnen vorausfahrenden Lenker verursacht wurde, selbst wenn dieser eine Bremsverzögerung von 0,75 m/s2 aufgewiesen hätte. Ganz abgesehen davon ist eine Verzögerung durch Ihren Vordermann in keiner Form erwiesen, aber eben nicht ausschließbar. Im Sinne des Beschuldigten werden aber auch derartige Eventualitäten berücksichtigt um etwaige Zweifel an der Tatbegehung von vornherein ausräumen zu können.

 

Die Behörde hat daher keine Zweifel, dass Sie die Ihnen vorgeworfene Verwaltungsübertretung, nämlich das Einhalten eines zu geringen Sicherheitsabstandes zum vorfahrenden Fahrzeug (0,30 s), begangen haben.

 

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß §5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Derartige Umstände wurden von Ihnen im Verfahren jedoch nicht wirksam vorgebracht und haben sich auch sonst nicht ergeben.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen. Das Einhalten eines zu geringen Abstandes zum Vordermann stellt eine der häufigsten Unfallursachen dar (Auffahrunfälle).

 

Zur Strafhöhe ist zu bemerken, dass für Übertretungen nach § 18 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 2c Straßenverkehrsordnung 1960 ein Strafrahmen von 72,00 Euro bis 2.180,00 Euro vorgesehen ist. Die verhängte Geldstrafe von 250,00 Euro bewegt sich also im unteren Bereich. Die Geldstrafe entspricht auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die Behörde mangels entsprechender Nachweise davon ausgeht, dass Sie über ein monatliches Einkommen von 1.000,00 Euro, bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügen.

 

Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit konnte aufgrund von 3 verkehrsrechtlichen Verwaltungsvorstrafen bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis nicht berücksichtigt werden. Sonstige Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe lagen nicht vor.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Gegen das am 1. März 2013 im Wege der Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung am 13. März 2013 persönlich bei der belangten Behörde eingebrachte, rechtzeitige Berufung.

 

Das Rechtsmittel begründend führt der Bw wie folgt aus:

 

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten, es wird dessen Aufhebung beantragt und zur Begründung folgendes ausgeführt.

 

Eingangs wird gerügt, dass die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz Verfah-rensvorschriften außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Gemäß § 25 VStG sind die der Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Das seitens der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz bislang durchgeführte Beweisverfahren wird diesem Grundsatz nicht im vollen Maß gerecht, da insbesondere die in der Stellungnahme vom 24.08.2012 begehrten Informationen weder erhoben, noch im Zuge des Straferkenntnisses in irgendeiner Form behandelt wurden.

 

Seitens der Erstbehörde wurde zwar ein Gutachten des Amtssachverständigen X vom Amt der OÖ. Landesregierung, Abteilung Verkehr eingeholt, nicht überprüft seitens der Erstbehörde wurde allerdings, ob bezüglich des Messgerätes ein gültiger Eichschein vorliegt bzw. ob die damaligen amtshandelnden Beamten, sämtliche Voraussetzungen der Betriebsanleitung eingehalten haben, um eine entsprechende korrekte Messung durchführen zu können.

 

Die Einholung des vorgenannten Gutachtens reicht keinesfalls, einen allenfalls fehlenden Eichschein zu ersetzen bzw. die Nichteinhaltung der für das Messgerät erforderlichen Verwendungsbestimmungen zu sanieren.

 

Im übrigen hat die Erstbehörde die Ergebnisse des eingeholten Gutachtens falsch gewürdigt bzw. diesfalls den bereits in der Stellungnahme vom 07.02.2013 angeführten Grundsatz in dubio pro reo verletzt.

 

Dem Gutachten ist jedenfalls zu entnehmen, dass zwischen den beiden KFZ ein Geschwindigkeitsunterschied vorlag, sohin das vordere Fahrzeug langsamer war. Dies wird auch von der Erstbehörde durch Zitierung der Ausführungen des Gutachtens nicht in Abrede gestellt. Seitens der Erstbehörde wird allerdings dann nachfolgende Ausführung getroffen, die mit dem Gutachten jedenfalls im Widerspruch steht, nämlich „aber selbst für den Fall, dass man - in ihrem Sinne - annimmt dass ihr Vordermann ein Bremsverzögerung von 0,75 m/sec.2 (Abbremsung durch bloßen Luftwiderstand) hatte, war diese (nicht ausschließbare aber auch nicht erwiesene Verzögerung) nicht ausschlaggebend für die Unterschreitung des Sicherheitsabstandes.

Demgegenüber führt der Gutachter folgendes an:

„Die leichte Abbremsung die vom Vordermann ausgehen kann, führte, wenn man diese nicht ausschließbare Verzögerung im Sinne des Beschuldigten dem Vordermann zuordnet, nicht zu der Unterschreitung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes bzw. Sekundenabstandes."

 

Soweit diese Ausführung des Gutachtens richtig zu verstehen ist, ist bei Annahme, dass die leichte Abbremsung vom Vordermann ausgeht, keine Unterschreitung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes bzw. Sekundenabstandes gegeben.

 

Warum trotz dieses Ergebnisses die Behörde davon ausgeht, dass die Unterschreitung des Abstandes vom Einschreiter selbst erfolgte, ist nicht nachvollziehbar, da aus dem Gutachten jedenfalls entnehmbar ist, dass es einen Geschwindigkeitsunterschied zwischen den Fahrzeugen gegeben hat. Entgegen der Darstellung der Erstbehörde wurden daher im Sinne des Beschuldigten derartige Eventualitäten eben nicht berücksichtigt, um etwaige Zweifel an der Tatbegehung von vornherein ausräumen zu können.

 

Letztendlich ist die Erstbehörde allerdings grundsätzlich verpflichtet, die für den Beschuldigten günstigste Variante heranzuziehen, sofern keine gegenteiligen Beweisergebnisse vorliegen, um dem Grundsatz im Zweifel für den An­geklagten Rechnung tragen zu können.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Erstbehörde wesentliche Verfahrensmängel vorzuwerfen sind, da trotz entsprechenden Anträgen weder der Eichschein vorgelegt, noch die Frage der Einhaltung der Verwendungsbestimmungen geklärt wurde, andererseits dem Grundsatz in dubio pro reo nicht Rechnung getragen wurde, sondern zu Lasten des Einschreiters die für die Bestrafung notwendige ungünstigste Variante herangezogen hat.

 

3.1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Schreiben vom 15. März 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2 Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, Einholung eines (Ergänzungs)Gutachtens sowie die Beischaffung des Eichscheins des verwendeten technischen Messgerätes.

 

Nach Übermittlung des (ergänzenden) Gutachtens und des Eichscheins an den rechtsfreundlichen Vertreter des Bw teilte dieser mit Schreiben vom 2. April 2013 mit, in Anbetracht der Unterlagen die Berufung nunmehr ausdrücklich auf die Höhe der erstinstanzlich festgesetzten Strafe einzuschränken. Es werde ersucht, im Sinne des Berufungsantrags die Strafe entsprechend herabzusetzen; im Übrigen wird ausdrücklich auf eine mündliche Berufungsverhandlung verzichtet.

 

3.3. Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

4.1. Der für die Strafbemessung im gegenständlichen Fall einschlägige § 99 Abs 2c Z 4 der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautet wie folgt:

 

"Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 72 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gemäß § 18 Abs. 1 nicht einhält, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden beträgt […]"

 

Da der Bw – wie aufgrund der auf die Strafhöhe eingeschränkten Berufung nunmehr rechtskräftig bindend festgestellt wurde – als Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gemäß § 18 Abs 1 StVO 1960 nicht eingehalten und der zeitliche Sicherheitsabstand 0,30 Sekunden betragen hat, findet die zitierte Norm im ggst Fall auch Anwendung.

 

4.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die von der belangten Behörde verhängte Strafe von EUR 250,00,- scheint an sich als tat- und schuldangemessen. § 99 Abs 2c Z 4 StVO 1960 sieht bei einer Unterschreitung des Mindestabstandes im Bereich von unter 0,40 Sekunden eine Mindeststrafe von EUR 72,00,- vor. Die Bw hat mit einem Abstand von bloß 0,30 Sekunden die für die Strafnorm maßgebliche Grenze doch recht deutlich unterschritten. Hinzu tritt, dass der Bw – wie dem im Akt befindlichen Auszug der Verwaltungsvorstrafen zu entnehmen ist – bereits mehrfach wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt wurde (§ 33 Z 2 StGB). Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kommt dem Bw daher nicht nur der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zugute, vielmehr muss er den genannten Erschwerungsgrund gegen sich gelten lassen. Aus diesen Gründen kann im ggst Fall keinesfalls mit der vom Gesetzgeber vorgegebenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.

 

4.3. In concreto überschritt die belangte Behörde die vom Gesetzgeber vorgesehene Mindeststrafe von EUR 72,- um etwa das 3,5-fache. Wie dem angefochtenen Straferkenntnis zu entnehmen ist, ging sie dabei davon aus, dass der Bw über ein monatliches Einkommen von etwa EUR 1.000,00 verfügt. Eine Strafe von EUR 250,- beträgt damit 25 % des angenommenen monatlichen Einkommens.

 

Vor diesem Hintergrund gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Auffassung, dass auch die (ungefähre) Verdoppelung der festgesetzten Mindeststrafe ausreichen sollte, um den Bw in Hinkunft von derlei bzw ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Durch die Herabsetzung der Strafe auf die im Spruch genannte Höhe wird jedenfalls auch der Anordnung in § 19 VStG, die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen, angemessen Rechnung getragen.

 

5. Bei diesem Ergebnis war gemäß § 65 VStG von einem Beitrag der Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich abzusehen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

 

Beschlagwortung:

Strafberufung; § 19 VStG;

 

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