Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360082/2/MB/WU

Linz, 28.03.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung des Finanzamts Salzburg-Stadt gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 22. November 2012, GZ: Pol96-302-2012, betreffend die Aussetzung des gegen X, geb. X zur Zahl Pol96-302-2012 anhängigen Strafverfahrens nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 30 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 22. November 2012, GZ: Pol96-302-2012, wurde das bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Pol96-302-2012 anhängige Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn X, geb. X, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des zuständigen Gerichtes ausgesetzt.

 

Als Rechtsgrundlage für ihre Entscheidung führt die belangte Behörde die § 30 Abs 2 VStG iVm § 52 Abs 2 GSpG an.

 

Den Bescheid begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:

"Aufgrund der ausführlich dokumentierten Anzeige des Finanzamts Salzburg-Stadt vom 14.5.2012, GZ: 091/17104/20/2012, hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als die nach § 50 Abs. 1 GSpG zuständige Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Veranstaltens von verbote­nen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, gegen Sie eingeleitet.

 

Es wurde folgender, für die gegenständliche Entscheidung wesentlicher Sachverhalt zur Anzeige gebracht:

Bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG durchgeführten Kontrolle am 26.04.2012 um 10:05 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung "X" in X, Betreiber X, seien folgende Geräte be­triebsbereit vorgefunden worden:

-          Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer SN X

-          Kajot (Gehäusebezeichnung), Seriennummer SN X

-          Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer X

-          Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer X

 

Mit diesen Geräten seien zumindest seit dem jeweiligen Aufstellungsdatum wiederholt Glücksspie­le in Form von Walzenspielen durchgeführt worden. Eine Konzession des Bundesministers für Fi­nanzen, eine landesrechtliche Bewilligung oder eine Ausnahme nach § 4 GSpG lägen nicht vor.

 

Die Funktionstauglichkeit der Geräte sei unter anderem mittels Durchführung von Testspielen fest­gestellt worden, wobei generalisierend folgender Spielablauf festgestellt werden konnte:

 

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des Spiels und Aufrufen zur Durchführung könne ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombi­nationen zugeordnet sei. Das Spiel werde mit der Starttaste ausgelöst, wobei zunächst der ge­wählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst wer­de. Dabei würden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstehe. Nach jedem Stillstand der Walzen stehe der Spielerfolg in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest.

 

Jedes der Glücksspielgeräte habe über eine sogenannte Automatic-Start-Taste verfügt (siehe diesbezüglich die Formulare GSp26).

 

Die durchgeführten Spiele seien deshalb Glücksspiele iSd. § 1 Abs. 1 GSpG, weil den Spielern keine Möglichkeit geboten werde, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, son­dern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhänge. Die Spieler könnten nur den Einsatz und den Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen.

 

Als das nach § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ (ständiger Vertreter iSd. §107 GmbHG) der Gmalieva s.r.o. hätten Sie es zu verantworten, dass diese Gesellschaft - wel­che aufgrund der Erhebungsergebnisse den wirtschaftlichen Nutzen aus der Durchführung der angezeigten Glücksspielen ziehe - als Unternehmerin iSd. § 2 Abs. 2 GSpG von Ende 2007 bis zum 26.4.2012 am angeführten Standort mit den in ihrem Eigentum stehenden verfahrensgegen­ständlichen Spielgeräten zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 Seg.cit. veranstaltete.

 

Sowohl Ihnen als auch dem Finanzamt Salzburg-Stadt wurde Gelegenheit zur Stellungnahme ein­geräumt.

 

Mit Eingabe Ihres rechtsfreundlichen Vertreters vom 14.6.2012 brachten Sie - soweit für die ge­genständlichen Entscheidung von Relevanz - vor, dass in Hinblick auf die gegenständlichen Spielgeräte die Ausspielung von Gewinn und Verlust überwiegend, ja nahezu ausschließlich von der Geschicklichkeit des Spielers abhängig sei.

 

Die verfahrensgegenständlichen Eingabeterminals seien reine Eingabe- und Auslesestationen. Es könne auf diesen kein wie immer geartetes Glücksspiel stattfinden sondern diese ermöglichten lediglich, an einem an anderer Stelle - hier in der X - ablaufenden Spiel teilzunehmen. Über die Eingabeterminals könnten Aufträge an die X weitergeleitet werden, wel­che (nur) dort Glücksspiele durchführe, wo diese gesetzliche erlaubt und die Glücksspielautomaten behördlich genehmigt seien - im gegenständlichen Fall in X. Über die Eingabeterminals könne nur die Durchführung dieser Aufträge beobachtet werden.

 

Da das Spiel nach der ständigen verwaltungsgerichtlichen Judikatur dort stattfinde, wo ein Spielau­tomat örtlich aufgestellt sei, wo dieser in Betrieb genommen werden könne und wo dieser mit Geld versorgt werde sei die hs. Behörde für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren unzustän­dig.

 

Von der hs. Behörde wurde dazu Folgendes erwogen:

Gemäß .§ 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspie­lungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 GSpG sind für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bun­desgesetz in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirekti-on, und in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs. 1 VStG zustän­dig.

 

Gemäß § 168 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwie­gend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhal­tung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge ge­spielt wird (Abs. 1). Ebenso ist zu bestrafen, wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel betei­ligt (Abs. 2).

 

Gemäß § 52 Abs. 2 GSpG handelt es sich dann, wenn in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen Vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder an­deren geleistet werden, nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. [...]

Aus den detaillierten und fachlich fundierten Ausführungen in der Anzeige des Finanzamtes Salz­burg-Stadt, insbesondere den durchgeführten Testspielen und der Beschreibung des Spielablaufs, ergibt sich eindeutig, dass die Spieler lediglich den Einsatz und den Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen können, jedoch keinerlei Möglichkeit haben, Einfluss auf den Ausgang des Spieles zu nehmen. Die Entscheidung über das Spielergebnis hängt daher - entgegen Ihrer Behauptung in der Stellungnahme vom 14.6.2012 - ausschließlich vom Zufall und in keinster Wei­se von der Geschicklichkeit des Spielers ab.

 

Davon ist bei virtuellen Walzenspielen ohnedies auch bereits aufgrund der allgemeinen Lebenser­fahrung auszugehen.

 

Für die hs. Behörde ist daher erwiesen, dass es sich bei den mit den in dem Lokal "X" vorgefundenen Geräten durchführbaren Spielen um Glücksspiele SSd. GSpG und iSd. § 168 StGB handelt.

 

Ihrem Vorbringen, dass die Glücksspiele tatsächlich in X stattfänden, die hs. Behörde daher für die Durchführung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens unzuständig sei, ist entge­genzuhalten, dass Tatort einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z. 1. GSpG dort ist, wo der Automat steht und der Spieler handelt, daher seinen Einsatz setzt und etwaige Gewinne aus­bezahlt bekommt etc., im gegenständlichen Fall somit im Lokal "X" in X. Die Auslagerung von Teilen eines Spiels, die am Aufenthaltsort der Spieler gesteuert und beobachtet werden, in ein anderes Bundesland vermag nichts daran zu ändern, dass die Ausspielungen am Aufenthaltsort des Spielers stattfinden (VwGH vom 27.1.2012, 2011/17/0246 und 2011/17/0247; VwGH vom 14.12.2011, 2011/17/0155).

 

Die hs. Behörde hat ihre Zuständigkeit daher zu Recht in Anspruch genommen.

 

Unabhängig von der mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, geschaffenen Regelung des § 52 Abs. 2 GSpG ist es ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung, dass das Delikt des Glücksspiels gemäß § 168 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt des Delikts gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG (vor der Glücksspielgesetz-Novelle 2008 § 52 Abs. 1 Z. 5 GSpG) vollstän­dig erschöpft. § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG steht daher im Hinblick auf das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 des siebenten Zusatzprotokolls zur EMRK zu § 168 StGB im Verhältnis der stillschweigenden Subsidiarität, sodass eine Bestrafung nach § 168 StGB die Bestrafung nach § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt. (VfGH vom 19.6.1998, G275/96; VwGH vom 8.9.2008, 2009/17/0181; VwGH vom 22.3.1999, 98/17/0134).

 

Zwar stellt die Bestimmung des § 52 Abs. 2 GSpG darauf ab, ob pro Spie! Einsätze von mehr als 10,00 Euro tatsächlich geleistet wurden, allerdings kommt wohl auch bei der bloßen Möglichkeit einer Einsatzleistung von mehr als 10,00 Euro eine Strafbarkeit nach § 168 StGB (iVm. § 15 StGB) in Form des Versuchs in Betracht. Auch in diesem Fall würde die Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs. 1 GSpG von der gerichtlichen Strafbarkeit verdrängt.

 

Selbst wenn Einsätze von mehr als 10,00 Euro pro Spiel nicht möglich sind, kann nach der Judikatur eine Strafbarkeit nach § 168 StGB gegeben sein. So wird ungeachtet der Höhe des jeweiligen Einzeleinsatzes jedenfalls dann nicht um geringe Beträge im Sinne der in § 168 StGB normierten Ausnahme gespielt, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu sol­chen Gelegenheit bietet (OGH RS0094788 und RS0094719). Sofern dabei das Gewinnstreben als Motivation so weit in den Vordergrund tritt, dass es dem Spieler geradezu darauf ankommt, Geld zu gewinnen, er also in gewinnsüchtiger Absicht spielt, geht dabei auch der bloße Unterhaltungs­charakter des Spiels verloren. Dies wird etwa bei einer zu Serienspielen verleitenden günstigen Relation von Einsatz und Gewinn der Fall sein. In diesen Fällen kann nicht mehr angenommen werden, dass - wie von § 168 StGB für eine Ausnahme von der Strafbarkeit vorausgesetzt - bloß zum Zeitvertreib gespielt wird (VwGH vom 22.3.1999, 98/17/0134).

 

In Anbetracht dieser Judikatur indiziert bereits der Umstand, dass mit den verfahrensgegenständli­chen Glücksspielgeräten eine beliebige Anzahl von Spielvorgängen im Abstand nur weniger Se­kunden jeweils neu gestartet werden kann sowie dass das Ziel der Aufstellung derselben in der Erzielungen von Gewinnen besteht (siehe dazu insbesondere auch die Aussage von Herrn X in der Niederschrift vom 26.4.2012), das Vorliegen eines gerichtlich strafbaren Tatbestands.

 

Darüber hinaus verfügten die Glücksspielgeräte über Automatic-Start-Tasten, deren einmalige Betätigung eine beliebige Anzahl an Spielvorgängen mit jeweils zuvor bestimmten Teileinsatzbe­trägen rasch hintereinander ablaufen lässt, was für das Vorliegen von Serienspielen spricht.

 

Bei der hs. Behörde ist daher der begründete Verdacht einer Strafbarkeit nach § 168 StGB ent­standen und ist diese daher verpflichtet das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts bzw. bis das gerichtliche Verfahren sonst zur Einstellung gelangt auszusetzen und gemäß § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staats­anwaltschaft zu erstatten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

1.2. Mit Schreiben vom 22. November 2012 zeigte der Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land gemäß § 78 Abs 1 StPO den im Punkt 1.1. dargestellten Sachverhalt der Staatsanwaltschaft Linz an und führte aus, dass im Zuge eines anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 52 Abs 1 Z 1 iVm §§ 1, 2 und 4 GSpG gegen Herrn X der begründete Verdacht einer Strafbarkeit nach § 168 StGB entstanden sei.

 

2. Gegen den in Punkt 1.1. dargestellten Bescheid richtet sich die vom Finanzamt Salzburg-Stadt rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher der gesamte Bescheid angefochten wird.

 

Begründend wird ausgeführt, dass der Anzeige des Finanzamtes Salzburg-Stadt die jeweils festgestellten, maximal möglichen Einsätze pro Spiel entnommen werden könnten. Die Behörde habe auch nicht bezweifelt, dass mit den gegenständlichen Eingriffsgegenständen Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchführt worden seien. Somit seien die Voraussetzungen für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs. 1 Z 1, erstes Tatbild, GSpG jedenfalls im erforderlichen Ausmaß vorgelegen.

 

Die Behörde habe jedoch – ohne dies schlüssig nachvollziehbar zu begründen –Gründe für den Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB zu erkennen vermeint und das Strafverfahren insgesamt gem. § 30 Abs. 2 VStG ausgesetzt.

 

Nach Wiedergabe des § 30 Abs. 2 VStG führt das Finanzamt weiters aus, dass also begründete Zweifel vorliegen müssten, wessen Kompetenz ein Tatbestand zuzurechnen sei. Diese Voraussetzungen seien der Behörde zum Zeitpunkt der Behörde nicht vorgelegen. Die Abgabenbehörde habe mit dem Strafantrag und der angeschlossenen Bilddokumentation den verfahrensrelevanten Sachverhalt umfassend, und bereits hinreichend substantiiert aufgeklärt, der Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt. Die Bezirksverwaltungsbehörde sei somit in der Lage gewesen, entsprechend der Judikatur des VwGH, das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich der angezeigten Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchzuführen, welche jedenfalls den Bestimmungen des GSpG unterfallen gewesen seien.

 

Nach Wiedergabe der Entscheidung des VwGH vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, führt das Finanzamt weiters aus:

"Aufgrund der im § 52 Abs 2 GSpG klar formulierten Subsidaritätsbestimmungen war die Behörde somit jedenfalls gehalten gewesen, das Strafverfahren bezüglich jener Glücksspiele durchzuführen, welchen mit Einsätzen von weniger als 10 Euro pro Spiel durchgeführt worden waren. Es bestand und besteht – schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrungen – kein Zweifel daran, dass mit den gegenständlichen Eingriffsgegenständen eine Vielzahl von Glücksspielen mit Einsätzen von weniger als 10 Euro pro Spiel durchgeführt worden waren. Hingegen bestehen – aus demselben Grund – durchaus berechtigte Zweifel daran, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel, etwa für den bloß eine Sekunde dauernden Umlauf virtueller Walzen, tatsächlich geleistet wurden.

Somit war bereits die erste Bedingung der Bestimmung des § 30 Abs 2 VStG nicht gegeben, weil die konsenslose Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen mit Einsätzen von weniger als 10 Euro pro Spiel eine andere Tat, nämlich eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1, erstes Tatbild, GSpG darstellt, als die Veranstaltung eines Spieles, bei dem Gewinn und Verlust vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall abhängen und bei dem nicht um geringe Beträge gespielt wird, also ein Vergehen nach § 168 Abs 1 StGB. Nachdem diese unterschiedlichen Spieldurchführungen nicht bloß durchaus klar unterscheidbar waren, sondern auch keinesfalls zeitgleich ausgeführt worden sein konnten, musste die Behörde von unterschiedlichen Taten ausgehen, für welche somit auch die zweite Bedingung des § 30 Abs 2 VStG nicht zutreffen konnte, weil – aufgrund der klar definierten Trennung der Begehungsformen – eben nicht Zweifel vorliegen konnten, ob die jeweilige Tat der Kompetenz der Gerichte oder der Verwaltungsbehörden zuzurechnen war.

Die Behörde hätte das Verwaltungsstrafverfahren also bloß bezüglich jener Spiele auszusetzen gehabt, bei denen der Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB begründet angenommen werden konnte.

Um eine solche Annahme schlüssig begründen zu können, hätte die Behörde aber Ermittlungen mit dem Ziel durchführen müssen, jene Spiele festzustellen, welche mit Einsätzen von mehr als 10 Euro pro Spiel durchgeführt worden waren. Dieses Ziel hätte wiederum nur durch entsprechend glaubwürdige, spielbezogene Zeugenaussagen, oder aber durch Offenlegung der einzelnen Gerätebuchhaltungen sinnvoll erreicht werden können.

 

Aufgrund der für die Beurteilung des Sachverhaltes durch die Bezirksverwaltungsbehörde ausschließlich maßgebenden Bestimmungen des § 52 Abs 2 GSpG sowie aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt bereits bekannten, vorstehend zitierten Judikatur des VwGH, hätte die Behörde ihrer Entscheidung, das Verfahren auszusetzen, auch nicht ein auf der alten Rechtslage aufbauendes Gerichtsurteil bezüglich der mit der Automatic-Start-Taste ermöglichten Serienspiele, oder die Annahme „...einer zu Serienspielen verleitenden günstigen Relation von Einsatz und Gewinn..." zugrunde legen dürfen, sondern den vermeintlich erkennbaren Verdacht so klar zu konkretisieren gehabt, dass einen zweifelsfreie Unterscheidung zwischen den jedenfalls vorliegenden Verwaltungsübertretungen nach § 52 Abs 1 Z 1, erstes Tatbild, GSpG, und den allenfalls möglichen Vergehen nach § 168 StGB möglich geworden wäre.

Sodann wäre die Behörde verpflichtet gewesen, das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich jener Spiele auszusetzen, welche allenfalls vom begründeten Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB umfasst gewesen wären, und das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich jener Glücksspiele unverzüglich fortzusetzen, welche dem GSpG unterfielen.

 

Tatsächlich lag aber für die Behörde gar kein erkennbarer Anlass vor, bezüglich eines oder mehrerer der von der Abgabenbehörde angezeigten, und somit ausschließlich verfahrensgegenständlichen, Glücksspiele einen schlüssig begründbaren Verdacht eines Vergehens nach § 168 StGB anzunehmen.

 

Aufgrund der zitierten Judikatur des VwGH stellte sich nämlich weder die Frage nach, wie immer auch begründbaren „Serienspielen", noch nach der möglichen Frequenz der Spielabfolge (arg.: „...eine beliebige Anzahl von Spielvorgängen im Abstand nur weniger Sekunden..."), noch nach der Motivation der Spieler (arg.: „...legt die Möglichkeit eines hohen Gewinns bei einem relativ geringen Einsatz...").

 

Diese Fragestellungen bleiben grundsätzlich den Strafgerichten vorbehalten.

Im Übrigen wurden Ermittlungen bezüglich der in Aussicht gestellten Gewinne, bezüglich der möglichen Einsätze, bezüglich der Abhängigkeit von Einsatz und Gewinn und bezüglich der Relation zwischen möglichen Einsätzen und den in Aussicht gestellten Gewinnen nicht durchgeführt, oder aber entsprechende Ermittlungsergebnisse nicht als Grundlage des festgestellten Verdachtes angeführt, sondern vielmehr bloß Annahmen getroffen."

 

Es werde daher beantragt, der angefochtene Bescheid möge im Wege einer Berufungsvorentscheidung durch die belangte Behörde oder aber durch die Berufungsbehörde – jedenfalls hinsichtlich jener Glücksspiele, welche angezeigt und mit Einsätzen von weniger als 10 Euro pro Spiel durchgeführt worden seien – aufgehoben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren unverzüglich fortgesetzt werden.

 

3.1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Schreiben vom 5. Februar 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid wendet und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem Art 6 Abs 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl § 51e Abs 4 VStG).

 

3.3. Der für diese Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem in Punkt 1. dargestellten, angefochtenen Bescheid.

 

3.4. Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

4.1. § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zufolge begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

 

§ 52 Abs 2 GSpG normiert, dass es sich, wenn in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet werden, nicht mehr um geringe Beträge handelt und insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück tritt.

 

Gemäß § 168 Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird Ebenso ist gemäß Abs 2 leg cit zu bestrafen, wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt.

 

§ 30 Abs 2 VStG zufolge ist, wenn eine Tat von den Behörden nur zu ahnden ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und es zweifelhaft ist, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

 

4.2. Einleitend ist festzustellen, dass die Aussetzung des Strafverfahrens gemäß § 30 Abs 2 VStG nicht im Ermessen der Behörde liegt. Vielmehr hat diese, wenn die Voraussetzungen der zitierten Bestimmung vorliegen, zwingend die Aussetzung zu verfügen (VwGH 27.6.2002, 2002/07/0065). Ein Unterlassen der gebotenen Aussetzung belastet einen ergehenden Strafbescheid mit Rechtswidrigkeit (VwSlg 14.890 A/1998).

 

Voraussetzung für die Anwendung von § 30 Abs 2 VStG sind Zweifel dahingehend, ob eine Tat nicht etwa – da es um Fälle der Scheinkonkurrenz geht – ausschließlich von einem Gericht oder einer anderen Verwaltungsbehörde zu ahnden wäre (Stöger in Raschauer/Wessely [Hrsg], Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, [2010] § 30 Rz 7). Es ist also nicht erforderlich, dass das Gericht bzw die andere Verwaltungsbehörde bereits ein Verfahren eingeleitet hat, sondern es genügen begründete einschlägige Bedenken. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass im Zweifel eine Aussetzung zu verfügen ist (VwGH 28.2.1997, 95/02/0137).

Gegenstand des Verfahrens betreffend die Aussetzung nach § 30 Abs 2 VStG ist also nicht, ob tatsächlich ein in die Zuständigkeit der Gerichte fallender Tatbestand verwirklicht wurde. Wie vom Verwaltungsgerichtshof bereits in einem ähnlichen Fall wie dem hier zugrundeliegenden festgehalten wurde, dient die Aussetzung nach § 30 Abs 2 VStG gerade umgekehrt dazu, das Verwaltungsstrafverfahren bis zu einer Entscheidung, ob ein solcher Tatbestand erfüllt wurde, auszusetzen (VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181).

 

4.3. Die belangte Behörde hat im Rahmen der von ihr gewählten Vorgehensweise keine abschließende Beurteilung vorgenommen, ob ein strafbarer Tatbestand gemäß § 168 Abs 1 StGB vorliegt, sondern es lediglich im Sinne der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts für geboten erachtet, das Verwaltungsstrafverfahren bis zur Klärung dieser Frage auszusetzen. Aus welchen Gründen sich bei der belangten Behörde der Verdacht der gerichtlichen Zuständigkeit ergeben hat, wurde ausführlich und nachvollziehbar begründet.

 

Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen kann der belangten Behörde vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der von ihr angestellten Überlegungen zur Auffassung gelangt ist, dass das gegen Herrn X anhängige Verwaltungsstrafverfahren auszusetzen ist. Auf die Ausführungen der berufungswerbenden Partei hinsichtlich des Vorliegens des Tatbestandes nach § 168 StGB ist vor diesem Hintergrund nicht näher einzugehen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Markus Brandstetter

 

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