Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101487/10/Sch/Rd

Linz, 25.01.1994

VwSen-101487/10/Sch/Rd Linz, am 25. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Dr.

N vom 9. August 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 14. Juli 1993, VerkR96/8032/1992/Ga, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 14. Juli 1993, VerkR96/8032/1992/Ga, über Herrn Dr. N, damals wh. M 22, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 22. April 1992 um 14.23 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Oberinnviertler Landesstraße in Richtung Aspach beim Haus Nr. gelenkt und hiebei die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erheblich überschritten habe. Mittels Lasergeschwindigkeitsmeßgerät sei eine Geschwindigkeit von 89 km/h festgestellt worden.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 150 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Am 12. Jänner 1994 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Am Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses fällt auf, daß die Erstbehörde den Tatort nicht hinreichend konkretisiert hat, da die Ortschaft nicht angeführt wurde, auf welche sich die im Spruch angeführte Hausnummer bezieht.

Diesbezüglich ist jedoch zu bemerken, daß die Berufungsbehörde berechtigt gewesen wäre, eine entsprechende Spruchergänzung durchzuführen, da eine fristgerechte Verfolgungshandlung, die dieses Sachverhaltselement enthält, getätigt wurde (Strafverfügung vom 26. August 1992).

Zur Stattgebung der Berufung hat folgende Erwägung geführt:

Wie der Berufungswerber anläßlich der oben angeführten Berufungsverhandlung angegeben hat, sei er vorerst aus Richtung A kommend auf der Oberinnviertler Landesstraße in Richtung H gefahren, vor der Ortstafel nach rechts und in der Folge wiederum nach links abgebogen. Sodann sei er wieder nach links in die Oberinnviertler Landesstraße eingebogen und habe seine Fahrt in Richtung Aspach zurück fortgesetzt. Im Zuge dieser Wegstrecke habe er keine Ortstafel passiert und sei daher, nicht zuletzt auch aufgrund des Umstandes, daß diese Verkehrsfläche etwa ab dem Tatortbereich beginnend ein relativ breites und übersichtliches Straßenstück darstellt, angenommen, daß es sich nicht um ein Ortsgebiet handle.

Aufgrund der Beweislage war davon auszugehen, daß das entsprechende Vorbringen den Tatsachen entspricht bzw.

konnte dieses zumindest nicht widerlegt werden. Das unterfertigte Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich hat die vom Berufungswerber geschilderte Fahrtstrecke in Augenschein genommen und konnte gleichfalls feststellen, daß bei dieser Fahrt die Oberinnviertler Landesstraße (wiederum) erreicht werden kann, ohne eine Ortstafel zu passieren. Bei den befahrenen Verkehrsflächen handelt es sich zweifelsfrei um öffentliche Straßen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 5. Oktober 1988, 88/18/0307, folgendes ausgesprochen:

Hatte der Fahrzeuglenker auf seinem Weg zum Tatort kein ordnungsgemäß angebrachtes Hinweiszeichen gemäß § 53 Abs.1 Z17a StVO 1960 passiert, so kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, am Tatort die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben.

Aufgrund des erhobenen Sachverhaltes war davon auszugehen, daß der Berufungswerber tatsächlich keine Ortstafel passiert hatte, weshalb ihm die gegenständliche Verwaltungsübertretung aus diesem formellen Grund nicht zur Last gelegt werden kann.

Auch die Erwägung, ob der Berufungswerber allenfalls bereits vom Tatortbereich aus das Hinweiszeichen "Ortsende" erkennen hätte müssen und sohin davon auszugehen gehabt hätte, daß er sich in einem Ortsgebiet befindet, vermag an der Beurteilung des Sachverhaltes nichts zu ändern. Dies ergibt sich einerseits daraus, daß die Sichtverhältnisse vom Tatortbereich aus zu diesem Verkehrszeichen nicht zwingend eine solche Annahme zulassen, da der Tatortbereich von diesem Hinweiszeichen mindestens 250 m entfernt gelegen ist.

Abgesehen davon konnte von einem "Passieren" einer Ortstafel im Sinne der oben geschilderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eben nicht ausgegangen werden.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, daß die durchgeführte Geschwindigkeitsmessung mittels Lasergerät ordnungsgemäß erfolgt ist und daher grundsätzlich als taugliches Beweismittel geeignet gewesen wäre.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n