Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523382/4/Bi/CG

Linz, 08.04.2013

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, vom 28. Jänner 2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 17. Jänner 2013, VerkR21-324-2012, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.  

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7, 24 Abs.1 Z1, 25, 26 Abs.3 und 30 FSG die von der BH Freistadt am 24. Mai 2005, VerkR20-323-2005/FR, für die Klassen B und F erteilte Lenk­berechtigung für einen Zeitraum von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen, wobei ausgesprochen wurde, dass sich diese Entziehung auch auf eine allfällig von einer Behörde eines EWR-Staates erteilte oder innerhalb der Entziehungsdauer zukünftig erteilte ausländische Lenkberechtigung erstrecke. Ihm wurde das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer der Entziehung der Lenk­berechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Der Bw wurde gemäß § 29 FSG aufgefordert, seinen Führerschein – auch einen allfällig vorhandenen ausländischen Führer­schein – ab Rechtskraft des Bescheides der Behörde abzuliefern. Weiters wurde ihm gemäß § 32 FSG ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraft­fahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges, gerechnet ab Bescheid­zustellung, verboten.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 22. Jänner 2013.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei richtig, dass nach § 7 FSG die Verkehrs­zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sei, falls jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten habe. Die Erstinstanz habe in I. Instanz festgestellt, dass er am 11. Februar 2012 um 00.22 Uhr in O. auf der A1 bei km 217.638, FR W., das Kraftfahrzeug X gelenkt und dabei die kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 54 km/h überschritten habe. Das Strafverfahren sei von der BH Gmunden rechtskräftig abgeschlossen worden. Diese Tatsachenfeststellung werde aus­drück­lich als unrichtig bekämpft. Den Antrag auf Unterbrechung des ggst Verfahrens begründet der Bw damit, er habe am 25. Oktober 2012 zu VerkR96-7413-2012, BH Gmunden, Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, am 29. November 2012 eine Äußerung abgegeben und seien diese Anträge abgewiesen worden. Dagegen habe er fristgerecht Berufung an den UVS Oö eingebracht – darüber sei bislang nicht abgesprochen. 

Zum ggst Verfahren wird ausgeführt, nicht er sondern Herr x sei zum genannten Zeitpunkt der Lenker des Fahrzeuges gewesen. Er bestreite nicht nur, das Fahrzeug gelenkt zu haben, sondern auch die ordnungsgemäße Kund­machung  der damaligen Verordnung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit sowie unter Hinweis auf die Rechtsprechung des VwGH das Ausmaß der Geschwindig­keitsüberschreitung. Beantragt wird die Unterbrechung des ggst Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die oben genannten Anträge, in eventu Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Verfahrensmängeln.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung des Radarfotos und des Eichscheines des verwendeten Radargerätes sowie Parteiengehör.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2, A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn, es handelt sich 1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs.3 8.Satz oder 2. um eine Entziehung der Klasse A mangels gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt. Bei besonders berücksichtigungswürdigen Gründen kann von der Entziehung der Klasse AM hinsichtlich der Berechtigung zum Lenken von Motorfahrrädern abgesehen werden. Dies ist auch dann möglich, wenn der Betreffende die Lenkberechtigung für die Klasse AM nur im Wege des § 2 Abs.3 Z7 besitzt. Gemäß § 2 Abs.3 Z7 iVm § 2 Abs.1 Z5 und Z15 FSG umfassen die Lenkberechtigungen für die Klassen B und F auch die Klasse AM, gültig für Motorfahrräder und vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindig­keits­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Mit Strafverfügung der BH Gmunden vom 24. Mai 2012, VerkR96-7413-2012, wurde der Bw einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.2e StVO 1960 schuldig erkannt insofern, als ihm zur Last gelegt wurde, am 11. Februar 2012 um 1.22 Uhr mit dem Pkw x in der Gemeinde O. auf der A1 bei km 217.638, einem außerhalb eines Ortsgebietes gelegenen Bereich, in FR W. die dort kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 54 km/h überschritten zu haben, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen sei. 

Die Geschwindigkeitsfeststellung erfolgte mittels geeichtem Radargerät MUVR 6FA Nr.360, letzte Eichung vorher am 1. Oktober 2010 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2013 von Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen.

Das vorgelegte Radarfoto zeigt den Pkw von hinten, das Kennzeichen ist heraus vergrößert und zweifelsfrei als "x" lesbar. Der gemessene Wert beträgt 121 km/h – abzüglich der vorgeschriebenen Toleranz von 5% auf­ge­rundet, das sind 7 km/h, ergibt sich ein vorwerfbarer Geschwindigkeitswert von 114 km/h, dh eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 54 km/h.

 

Beim Radarstandort km 217.638 war am 11. Februar 2012 in FR W. eine Baustelle – Neubau der Traunbrücke in Steyrermühl – mit Verschwenkung der RFB W. nach einem Geschwindigkeitstrichter 100 – 80 – 60 km/h.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung eine Bindungs­wirkung der Berufungs­instanz im Führerscheinentziehungsverfahren an rechts­kräftige Strafbescheide in Verfahren wegen der der Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zugrunde­zulegenden Verwaltungsüber­­tretun­­gen, die die Grundlage für die Annahme einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG bilden, insofern bejaht, als sich die Bindung jedenfalls auf den (im Strafbescheid rechtskräftig festgestellten) Umstand bezieht, dass der Beschuldigte eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde (vgl VwGH 24.2.2009, 2007/11/0042; 27.1.2005, 2003/11/0169; 13.8.2003, 2002/11/0023; 20.9.2001, 2001/11/0237; 23.4.2002, 2002/11/0063; 8.8.2002, 2001/11/0210; 26.11.2002, 2002/11/0083; 25.11.2003, 2003/11/0200; 6.7.2004, 2004/11/0046, jeweils mit Vor­judikatur; uva).

Diese Bindungswirkung besteht nach der Rechtsprechung des VwGH nicht in Ansehung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung (vgl E 24.2.2009, 2007/11/0042; 23.5.2003, 2003/11/0127; 27.1.2005,2003/11/0169; uva).

 

Die Strafverfügung der BH Gmunden vom 24. Mai 2012, VerkR96-7413-2012, wurde laut Rsa-Rückschein am 29. Mai 2012 "Herrn x, geb. x" dem von der Zulassungsbesitzerin des Firmenfahrzeuges x, der x, benanntem Lenker, als "Empfänger" zugestellt und erwuchs in Rechtskraft, da innerhalb der am 12. Juni 2012 endenden Einspruchs­frist kein Rechtsmittel erhoben wurde.

Mit Erkenntnis des UVS OÖ vom 26. Februar 2013, VwSen-167532/7/Bi/CG, wurde über die Berufung des Bw gegen den Bescheid der BH Gmunden vom 18. Dezember 2012, VerkR96-7414-2012, mit dem die Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurden, in letzter Instanz entschieden und der Berufung keine Folge gegeben.

Dem Bw wurde mit h Schreiben vom 26. März 2013 das Radarfoto samt ablesbarem Kennzeichen x und der am Vorfallstag 11. Februar 2012 gültige Eichschein für das verwendete stationäre Radargerät beim Standort km 217.638 zur Kenntnis gebracht und ihm eine Frist zur Abgabe einer Stellung­nahme eingeräumt, die nach Zustellung des Schreibens laut Rückschein an den Rechtsvertreter am 28. März 2013 ohne jede Äußerung verstrichen ist.

 

Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit einem ordnungsgemäß geeichten technischen Gerät, wobei kein Anhaltspunkt für technische Mängel erkennbar ist und auch nicht geltend gemacht wurde. Der nach Toleranzabzug ermittelte Wert von 114 km/h ist demnach auch als Grundlage für das ggst Verfahren heranzuziehen und stellt ohne Zweifel eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um mehr als 50 km/h dar.

Auf der Grundlage der Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens war davon auszugehen, dass der Bw am 11. Februar 2012, 1.22 Uhr, im Gemeindegebiet O., A1 Westautobahn bei km 217.893 in Fahrtrichtung W., als Lenker des Pkw x die in diesem  Bereich erlaubte Höchst­geschwindigkeit von 60 km/h nach Toleranzabzug um 54 km/h überschritten hat. Er hat damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG verwirklicht.

  

Seitens der Erstinstanz wurde das Verfahren betreffend Entziehung der Lenkberechtigung mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 1. Oktober 2012 eingeleitet. Fest steht aber auch, dass der Bw innerhalb des inzwischen verstrichenen Jahres ab der ggst Übertretung im Hinblick auf die Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr nachteilig in Erscheinung getreten ist und sich wohl verhalten hat, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

dortigen Bereich wahrzunehmen. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Beilagen

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Geschwindigkeitsüberschreitung mehr als 50 km/h außerhalb des Ortsgebietes

Wohlverhalten letztes Jahr ab der Tat à Aufhebung

 

 

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