Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523440/5/Br/Ai

Linz, 16.04.2013

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn D K, geb. X, B, T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.02.2013, Zl. VerkR21-825-2012/LL, wegen Entzug der Lenkberechtigung im Zuge einer Aufforderung nach § 24 Abs.4 FSG 1997, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird statt gegeben;  der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013; §§ 24 Abs.4 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2013.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem oben bezeichneten Bescheid als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung I. Instanz dem Berufungswerber wegen Nichtbefolgung ihrer Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung,  die von dieser Behörde am 09.12.2010 unter der GZ: 10469284 erteilte Lenkberechtigung für die Klassen AM, B, C1, C, BE, C1E, CE und F, ab Rechtskraft dieses Bescheides entzogen.

Gestützt wurde der Spruch auf § 24 Abs.4 Führerscheingesetz 1997.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte dazu begründend folgendes aus:

Mit Bescheid der BH Linz-Land vom 12.11.2012, obige Zahl, wurden Sie aufgefordert, sich binnen 2 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen sowie die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beizubringen. Auf Nachfrage wurde vom Sanitätsdienst bekanntgegeben, dass Sie sich bis jetzt weder gemeldet, noch um einen Termin bemüht haben und daher auch keine amtsärztliche Untersuchung stattfinden konnte.

 

Rechtliche Grundlagen für die Beurteilung des Sachverhalts:

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs.4 Führerscheingesetz 1991 - FSG BGBl.Nr. 120/1997, idgF. ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

Nachdem die gesetzte Frist von 2 Monaten bereits am 13.02.2013 abgelaufen ist, ist Ihnen gemäß § 24 Abs.4 Führerscheingesetz die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht am 19.3.2013 bei der Behörde erster Instanz protokollarisch eingebrachten Berufung entgegen.

Darin bringt er zum Ausdruck zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Aufforderung zu amtsärztlichen Untersuchung in Serbien gewesen zu sein. Er befinde sich auch nicht mehr in Behandlung im W-J-Krankenhaus. Die Vorfälle im Zuge der Ehestreitigkeiten hätten sich zwischenzeitig gelegt. Er werde wegen der von ihm begehrten Untersuchung heute noch einen Termin bei der Sanitätsabteilung vereinbaren, berufe jedoch binnen offener Frist gegen den ausgesprochenen Entzug der Lenkberechtigung.

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte in Verbindung mit dem gewährten schriftlichen Parteingehör auf Grund der inhaltlich weitgehend gesichert geltende Faktenlage unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, sowie durch Beischaffung eines Auszuges aus dem Führerscheinregister und einer Anfrage aus dem Verwaltungsvormerkregister bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land. Ebenfalls wurde eine Anfrage beim Postamt T betreffend den Zustellvorganges des Titelbescheides getätigt.

 

4. Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist offenbar ein polizeiliches Einschreiten gegen den Berufungswerber im Zuge eines Ehestreites im November 2012 im Zusammenhang mit einem Ehestreit in Verbindung mit einer Selbstmordandrohung seitens des Berufungswerbers. Bereits am 15.9.2012 soll der Berufungswerber bereits seine Ehefrau laut deren Angaben mit dem Umbringen bedroht haben. Am 1.11.2012 um 22:30 Uhr ist der Berufungswerber mit einer Reisetasche und einem Nylostrick zur Polizeiinspektion T gegangen. Dort habe er weinend seine Eheprobleme beklagt und erklärt sich erhängen zu wollen. Am 2.11.2012 wurde von der Polizei die stationäre Behandlung des Berufungswerbers in der Psychiatrie des WJK erhoben. Bereits vorher dürfte gegen den Berufungswerber betreffend die Ehewohnung ein Betretungsverbot ausgesprochen worden sein.

Im Zuge der Beschuldigtenvernehmung bestritt der Berufungswerber im Zuge einer polizeilichen Einvernahme am 3.11.2012 gegen seine Frau Morddrohungen ausgesprochen zu haben.

Seine ebenfalls als Zeugin einvernommene Ehefrau bestätigte die gegen sie mehrfach in der Zeit von Mitte September und zuletzt am 1.11.2012 telefonisch ausgesprochenen Drohungen.

Am 12.11.2012 wurde auf Grund der beschriebenen Fakten ein Aufforderungsbescheid erlassen, wonach sich der Berufungswerber innerhalb von zwei Monaten nach Rechtskraft mit Blick auf seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen lassen müsse.

Wann dem Berufungswerber dieser Bescheid zugestellt wurde lässt sich dem Akt nicht schlüssig entnehmen. Zweimal dürfte laut Rückscheinkuvert die Sendung als nicht zustellbar an die Behörde rückgelangt sein. Laut Rückschein (Aktenseite 37) ist ein Zustellvorgang am 16.11.2012 verzeichnet.

Laut Anmerkung der Behörde langte die Sendung nicht mehr zurück. Der Berufungswerber bestreitet jedoch eine diesbezügliche Zustellung erhalten zu haben. Er habe sich in dieser Zeit vermutlich in Serbien aufgehalten. Sich einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen zu müssen sehe er jedoch ein.

Der Berufungswerber ist laut Führerschein- u. Vormerkregister bislang kraftfahrrechtlich an sich nie negativ in Erscheinung getreten.

Die Behörde fügte dem Verfahrensakt jedoch eine neuerliche Anzeige wg. des Verdachtes der schweren Nötigung und gefährlichen Drohung am 22.3.2013 gegen seine Ehefrau bei. Im Zuge dieser neuen Anzeige legt der Berufungswerber ein psychiatrisches Attest eines Arztes aus M bei. Darin gelangt keine Suizidgefahr zum Ausdruck.

Die Anfrage beim Postamt T führte zum Ergebnis, dass eine Behebung des Aufforderungsbescheides nicht dokumentiert ist. Demnach ist davon auszugehen, dass dem Berufungswerber der Aufforderungsbescheid vom 12.11.2012 nicht zugestellt wurde.

 

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Vorweg ist betreffend einen Aufforderungsbescheid festzuhalten, dass dieser mangels Zustellung keine Rechtswirkung zukommt. Des Weiteren ist mit Blick auf die Judikatur zum Aufforderungsbescheid festzuhalten, dass es jedenfalls begründeter Bedenken in der Richtung bedarf, dass der Inhaber / die Inhaberin der Lenkerberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Es müssen hiefür zwar nicht Umstände vorliegen, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Überprüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. hiezu VwGH vom 25.5.2005, GZ. 2004/11/0016 und andere). Hiefür spricht auch der klare Wortlaut des § 24 Abs.4 1. Satz FSG, dessen Inhalt besagt, dass zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Diese Formulierung setzt jedenfalls ein aktuelles Ereignis voraus, das begründete Bedenken hinsichtlich des Wegfalls der – im Zweifel jedenfalls vorliegenden – gesundheitlichen Voraussetzungen bei der Behörde hervorruft.

Ob jedoch alleine die im Rahmen der Ehestreitigkeiten allenfalls bloß „rhetorisch“ gegenüber der Polizei geäußerte Selbstmordabsicht die Bedenken der gesundheitlichen Nichteignung begründet sein lässt, wird vor dem Hintergrund der diesbezüglich strengen Judikatur (vgl. VwGH 13.12.2005, 2005/11/0185), der Sachausgang bei Gericht und fachlich auch der Befund vom 12.3.2013 zu würdigen sein.

Aus § 24 Abs.4 letzter Satz FSG 1997 ist der Aufforderung sich binnen einer angemessenen Frist sich amtsärztlich untersuchen zu lassen Folge zu leisten. Widrigenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen wäre (VwGH 15.5.2007, 2006/11/0272).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von € 14,30 angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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