Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210589/24/Wim/Bu

Linz, 14.03.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Freistadt vom 3.8.2011, UR96-10-2011, wegen Übertretung des OÖ. Abwasserentsorgungsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 22.6.2012 zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis ersatzlos aufgehoben und das Verwaltungs­straf­verfahren eingestellt.

 

II.   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 23 Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit § 12 des Oö. Abwasserentsorgungsgesetzes 2001 iVm mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde x vom 28. Juli 2009, Bau-209-2009 bzw. dem Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde x (Baubehörde II. Instanz) vom 18. Dezember 2009, Bau-209-2009 eine Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro, bei Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheits­strafe von 21 Stunden sowie ein 10 %-iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

" Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde x vom 28. Juli 2009, Bau-209-2009 bzw. Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde x (Baubehörde II. Instanz) vom 18. Dezember 2009, Bau-209-2009, welche seit dem 8. März 2010 rechtskräftig und vollstreckbar sind, wurde gemäß § 12 Oö. Abwasserentsorgungsgesetzes 2001 für das Objekt x Nr. x auf Parzelle Nr. x, KG x, die Anschlusspflicht an den öffentlichen Kanal festgestellt und ihnen aufgetragen, die für den Anschluss erforderlichen Einrichtungen binnen 3 Monate nach Rechtskraft der oben zitierten Bescheide unter Einhaltung der Bedingungen und Auflagen der Kanalordnung der Wassergenossenschaft x herzustellen.

Sie sind jedoch, als Eigentümer des Objektes x Nr. x auf Parzelle Nr.  , KG x, wie anlässlich einer Überprüfung durch die Baubehörde x am 14. Februar 2011 festgestellt wurde, der oben angeführten Verpflichtung zur Herstellung der für den Anschluss an die öffentliche Kanalisation erforderlichen Einrichtungen bis zum Zeitpunkt der Überprüfung durch die Baubehörde nicht nachgekommen."

 

2. Dagegen hat der Antragsteller rechtzeitig einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Verteidigers im Verwaltungsstrafverfahren eingebracht. Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 30.11.2011, VwSen-210589/7/Wim/Bu wurde dieser Antrag abgewiesen. Vom Berufungswerber wurde daraufhin binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides und somit rechtzeitig eine eigene Berufung gegen das angefochtene Straferkenntnis eingebracht.

Darin wurde zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass er detailliert ausgeführt bzw. glaubhaft gemacht habe, dass ihn an der hypothetischen Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Aufgrund seines extrem geringen Einkommens sei die Bezahlung der vom Kanalnetzbetreiber geforderten Anschlussgebühr illusorisch und verunmöglicht. Diese Kanalanschlussgebühr und damit die Einwilligung des Kanalbetreibers sei allerdings auch erforderlich für die Herstellung des technischen Anschlusses an das Kanalnetz. Da das Erzielen eines so geringen Einkommens, dass zwar das Überleben noch ermögliche, nicht jedoch das Ansparen eines Betrages in der Höhe der geforderten Anschlussgebühr, nicht gegen bestehende Rechtsvorschriften verstoße, könne keinesfalls von fahrlässigem Verhalten und schon gar nicht von vorsätzlichem Verhalten die Rede sein. Durch die rigorose Vorschreibung des Kanalanschlusses trotz dieser Umstände liege Rechtswidrigkeit und Verschulden seitens der Behörde vor.

Überdies weise die Kanalisationsanlage eine rückständige Technologie auf und verweise er auf seine Ausführungen bezüglich Emissionsbilanzen des Wasserklosetts und der Trockentoilette.

 

Der Berufungswerber beantragte das Verfahren einzustellen und für den ihm entstandenen bürokratischen Aufwand, Kostenersatz zu leisten.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. 6. 2012. Im Anschluss an diese Verhandlung wurden mit Schreiben vom 5. Juli 2012 und vom 9. Oktober 2012 noch ergänzende Unterlagen bzw. Informationen zu anhängigen Verfahren übermittelt. Weiters wurden auch vom Amt der Oö. Landesregierung Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesent­lichen Sachverhalt aus:

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde x vom 28. Juli 2009, Bau-209-2009 bzw. Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde x (Baubehörde II. Instanz) vom 18. Dezember 2009, Bau-209-2009, welche seit dem 8. März 2010 rechtskräftig und vollstreckbar sind, wurde gemäß § 12 Oö. Abwasserentsorgungsgesetzes 2001 für das Objekt x Nr. x auf Parzelle Nr. x, KG x, die Anschlusspflicht an den öffentlichen Kanal festgestellt und dem Berufungswerber aufgetragen, die für den Anschluss erforderlichen Einrichtungen binnen 3 Monaten nach Rechtskraft der oben zitierten Bescheide unter Einhaltung der Bedingungen und Auflagen der Kanalordnung der Wassergenossenschaft x herzustellen.

Der Berufungswerber ist dieser Verpflichtung bislang nicht nachgekommen.

 

Mit Eingabe vom 28 April 2011 hat der Berufungswerber einen Antrag auf Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht für das gegenständliche Objekt gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde x vom 18. Juli 2011 nach Einholung eines agrartechnischen Gutachtens im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei der gegenständlichen Liegenschaft um keinen landwirtschaftlichen Betrieb handle. Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde x vom 21. September 2011 wurde eine dagegen erhobene Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Eine dagegen erhobene Vorstellung wurde von der Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 30. Jänner 2012, UR-2010-3950/6 keine Folge gegeben. Einer dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde zunächst mit Beschluss vom 12. Juli 2012, Zl. AW 2012/05/0033-6 keine aufschiebende Wirkung zuerkannt, da keine Begründung für eine solche Zuerkennung im Antrag enthalten war. Mit nachfolgendem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 2012, Zl. AW 2012/05/0066-14 wurde schließlich dem Antrag doch stattgegeben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Als Begründung wurde dazu angeführt, dass durch eine Ersatzvornahme der Herstellung des Kanalanschlusses im Vollstreckungsverfahren eine Situation geschaffen würde, die im Hinblick auf ihre schwer zu bewerkstelligende Reversibilität den allfälligen Erfolg der Beschwerde für den Beschwerdeführer weitgehend hinfällig machen würde.

 

3.3. Der gegenständliche Sachverhalt ergibt sich auch dem erstinstanzlichen Verfahrensakt, den weiteren übermittelten Unterlagen und den Angaben des Berufungswerbers.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Aus dem für den Unabhängigen Verwaltungssenat nur schwer nachvollziehbaren Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 2012 erschließt sich offensichtlich der Wille des Höchstgerichtes keine vollendeten Tatsachen hinsichtlich des Kanalanschlusses vor endgültiger höchstgerichtlicher Entscheidung zu schaffen. Wenn die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung gegen eine Abweisung eines Antrags auf Ausnahme von Anschlusszwang bei gleichzeitig rechtskräftigem Kanalanschlussbescheid anscheinend die oben genannte Wirkung haben soll, so ist bei einer solchen Sach- und Rechtslage innerhalb der gemäß § 51 Abs. 7 VStG mit 20.3.2013 ablaufenden 15-monatigen Entscheidungsfrist für das gegenständliche Berufungsverfahren davon auszugehen, dass Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Dies bedeutet jedoch keinesfalls eine allgemeine Billigung des Unabhängigen Verwaltungssenates für das bisherige Verhalten des Berufungswerbers und auch nicht, dass bei negativer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der Hauptsache betreffend die Frage der Ausnahme von Anschlusszwang, nicht wiederum eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungs­werbers entsteht.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Ein Kostenersatz für Aufwände des Berufungswerbers ist im Verwaltungsstrafverfahren nicht vorgesehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

 

 

 

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