Linz, 22.04.2013
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, vom 12. November 2012, Zl.: VerkR96-21899-2012, wegen einer Übertretung der StVO 1960 und des KFG 1967, nach der am 22.4.2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird in beiden Punkten als unbegründet abgewiesen;
im Punkt 2. hat der Spruch bei gleichbleibendem Tatort, Tatzeit und Fahrzeugbezeichnung in Abänderung jedoch zu lauten: „Sie haben, wie im Zuge der Anhaltung vom Organ der Straßenaufsicht iSd § 97 Abs.5 StVO festgestellt wurde, den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet, wobei die Bezahlung eines Organmandates Ihrerseits abgelehnt wurde.“
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren insgesamt 20 Euro auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 – AVG iVm § 19, § 24, § 51e Abs.1 Z1, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 – VStG.
Zu II.: §§ 66 Abs.1 u. 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 11 Abs.2 StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit.a StV0 1960 und nach § 134 Abs.3d Ziffer 1 iVm § 106 Abs.2 KFG 1967 und § 134 Abs.1 KFG 1967, Geldstrafen in Höhe von 40 Euro und 50 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von je 24 Stunden verhängt.
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht bei der Behörde erster Instanz per Email eingebrachten Berufung mit inhaltlich nachfolgenden Ausführungen:
B E R U F U N G
3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung vom 18. April 2013, Zl.: VwSen-920058/7/SR/WF, zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien mit Blick auf die im Ergebnis bestreitende Verantwortung erforderlich.
Beweis erhoben wurde durch Beischaffung eines Luftbildes aus dem System DORIS vom Punkt der Wahrnehmung des angezeigten Sachverhaltes, sowie durch Einvernahme des Meldungslegers als Zeugen. Der Berufungswerber nahm unentschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil. Ein Vertreter der belangten Behörde wurde laut Schreiben vom 20.3.2013 wegen Personalmangels entschuldigt.
4. Sachverhalt u. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt im Hinblick auf die Wahrnehmung des Meldungslegers wurde vom Berufungswerber im Rahmen des Verfahrens nicht konkret in Abrede gestellt. Im Ergebnis verwies er betreffend des nicht angelegt gewesenen Sicherheitsgurtes, diesen zum Zeitpunkt der Anhaltung angelegt gehabt zu haben und betreffend des unterbliebenen Anzeigens des Rechtsabbiegevorganges, wurde erst im Rahmen des Verfahrens ein Lampendefekt behauptet, welcher jedoch gegenüber dem Meldungsleger noch nicht eingewendet worden war.
Der Zeuge BI X lege anlässlich der Berufungsverhandlung an Hand eines vom Unabhängigen Verwaltungssenat beigeschafften Luftbildes die Situation dahingehend dar, dass er nach links in die X einbiegen wollte und wegen des in Richtung X fließenden Verkehrs zum Anhalten gezwungen war. Mehrere auf der X von links kommende und bevorrangte Fahrzeuge passierten dabei den Kreuzungsbereich, wobei das letzte Fahrzeug, welches vom Berufungswerber gelenkt wurde, schließlich nach rechts in die Landesstraße abbog, ohne dies vorher durch Blinken anzuzeigen. Er hätte bereits früher fahren können, hätte er nicht die zu vermutende Vorrangsituation des Angezeigtenfahrzeuges abgewartet, so im Ergebnis der Zeuge. Im Zuge des Einbiegens bewegte sich das Angezeigtenfahrzeug nur wenige Meter an ihm vorbei, wobei er erkennen konnte, dass der ein blaues T-Shirt tragende Lenker keinen Gurt angelegte hatte. Im Zuge der nachfolgenden Anhaltung, etwa einen Kilometer nach dem Abbiegen des Berufungswerbers, machte er zu den Vorhalten des Meldungslegers inhaltlich keine Angaben und er war auch nicht bereit ein ihm angebotenes Organmandat zu bezahlen.
Der Zeuge wirke im Rahmen seiner Vernehmung in jeder Richtung hin überzeugend, während demgegenüber der Berufungswerber der Verhandlung fern blieb wobei er etwa eine halbe Stunde vor Verhandlungsbeginn wegen angeblicher Krankheit per FAX-Mitteilung eine Vertagung herbeiführen wollte. Konkrete Nachweise einer tatsächlichen Verhinderung an der Verhandlung teilzunehmen, etwa ein ärztliches Attest, legte der Berufungswerber nicht vor. Wie beim Unabhängige Verwaltungssenat evident pflegte der Berufungswerber schon öfter kurzfristig vor einer anberaumten Verhandlung wegen behaupteter Erkrankung eine Vertagung zu erwirken. Hätte er in einem tatsächlichen Verhinderungsfall ernsthaft die Absicht gehegt seine vorgetragenen Einwände darzulegen, wäre es ihm wohl auch zuzumuten gewesen sich eine Vertretung der von ihm betriebenen „Rechtschutzgruppe“ zu organisieren.
Mit dem Hinweis, wonach im Ergebnis einem Straßenaufsichtsorgan nie geglaubt werden dürfte, sondern seinem Einwand des erst im Rahmen des Verfahrens vorgetragenen Lichtdefektes zu folgen (gewesen) wäre – wie er dies in einer Nachricht vom 22.4.2013 bereits um 10:41 Uhr in einem Email darzustellen versuchte – konnte nicht gefolgt werden. Dass er offenbar selbst die Aussichtslosigkeit seiner Verantwortung als solche offenbar selbst erkannte, belegt seine Antwort auf die Ablehnung des Vertagungsersuchens um 09:09 Uhr mit dem Inhalt, „er könne sich den Sachausgang schon jetzt ausmalen.“ Bei seiner Darstellung handelt es sich offenbar nur um den Versuch einer Schutzbehauptung, die - wie gesagt – der Berufungswerber offenbar selbst als solche zu erkennende ankündigte.
Wäre tatsächlich ein Lampendefekt vorgelegen, wäre es wohl naheliegend gewesen dies gegenüber dem Meldungsleger im Zuge der Anhaltung sofort darzulegen. Dann hätte der einschreitende Polizeibeamte den Einwand auch leicht überprüfen können. Dass etwa nachfolgend eine Reparatur in Form eines Lampentausches erfolgt wäre, wurde vom Berufungswerber ebenfalls nie behauptet.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Die Spruchänderung diente einer präziseren Tatumschreibung, wobei der besseren Verständlichkeit wegen der Tatort und die Tatzeit nur einmal an der sprachgebräuchlichen Stelle dargestellt werden sollte, wobei mit der Benennung des Straßenzuges und der Straßenkilometrierung das Auslangen gefunden werden könnte. „Gemeinde X in Oberösterreich, Landesstraße Freiland, Nr. X bei km 41.710“ verdeutlicht den Ort einer Verwaltungsübertretung nicht wirklich.
5.1. Nach § 11 Abs.2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können.
Das wesentliche Tatbestandsmerkmal der Übertretung nach § 11 Abs.2 StVO liegt in dem Vorwurf, dass der Fahrzeuglenker die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht so rechtzeitig angezeigt hat, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten (VwGH 22.3.1995, 94/03/0319). Das der Meldungsleger im Sinne des Gebotes der Flüssigkeit des Verkehrs bei Anzeigen des Rechtsabbiegevorganges wohl bereits früher in die B138 einfahren hätte können liegt wohl auf der Hand.
Beide Aspekte lagen somit als Voraussetzung im Sinne dieser Rechtsnorm vor (vgl. ZfVB 1989/1254 mit Hinweis auf VwGH verst. Sen. 3.10.1985, 85/02/0053 u. ZfVB 1986/3/1344).
Demnach liegt auf der Hand, dass andere Verkehrsteilnehmer – hier der Meldungsleger - sich auf diesen Vorgang hätte einstellen können bzw. durch das Nichtanzeigen des Berufungswerber irritiert und im Verkehrsfluss bzw. beim Einbiegen unnötig verzögert wurde. Das Tatbildmerkmal des § 11 Abs.2 StVO besteht eben darin, ob andere Straßenbenützer vom Abbiegevorgang in deren Verhaltensdisposition betroffen werden konnten bzw. sich darauf einzustellen können sollten (vgl. auch VwGH 17.4.1996, 95/03/0330 mit Hinweis auf VwGH 19.12.1990, 90/03/0159; s. auch VwGH 20.12.1989, 89/03/0082 u. UVS-Ktn. v. 1.7.2004, KUVS-22-23/6/2004 sowie UVS-Stmk v. 28.10.1996, 30.6-29/96).
5.2. Nach § 134 Abs.3d KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person
1. die im § 106 Abs.2 angeführte Verpflichtung (= die Verpflichtung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes), oder
2. die im § 106 Abs.7 angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 35 Euro zu ahnden ist.
Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.
Auch nach der früheren Bestimmung über den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes (nach Art. III Abs.1 erster Satz der 3. KFG-Novelle), ist ein Verstoß unabhängig davon gegeben, ob dies bei einer Anhaltung durch ein Straßenaufsichtsorgan (noch) der Fall ist oder sich der Betroffene allenfalls – wovon hier auszugehen ist - zwischenzeitig angegurtet hatte.
6. Zur Strafzumessung
Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch – StGB sinngemäß anzuwenden.
6.1. In der hier vorgenommenen Strafzumessung kann im Lichte der Kriterien des § 19 VStG ein Ermessensfehler nicht erblickt werden (vgl. hiezu auch die bei HAUER-LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4 zitierten Entscheidungen 23b, 24 und 25 zu § 19 VStG). Da im Falle der Verletzung der Gurtenpflicht Verweigerung der Bezahlung einer Organmandatstrafe eine Geldstrafe bis zu 72 Euro zu verhängen ist, kann im Ausspruch einer Geldstrafe von 50 Euro ein Ermessensfehler nicht erblickt werden. Dieses zu beiden Punkten ausgesprochene Strafausmaß scheint hier insbesondere erforderlich um beim Berufungswerber das Unrechtsbewusstsein und die Bereitschaft zur Einhaltung kraftfahrrechtlicher Bestimmungen zu stärken. Sein bisheriges Verhalten lässt eine diesbezügliche Wertverbundenheit vermissen. Wenngleich der Berufungswerber nicht einschlägig vorgemerkt ist, kann ihm angesichts der doch mehr als zehn Regelverstöße gegen straßenpolizeiliche Vorschriften kein strafmildernder Umstand zuerkannt werden. Vielmehr ist der Behörde zu folgen, wonach es aus Gründen der Prävention eine entsprechenden Bestrafung bedarf um dem Berufungswerber in seiner Unrechtseinsicht zu stärken und die Schutzziele auch dieser an sich mindergradig geltenden Regelverstöße zu unterstreichen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r