Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523431/2/Zo/AK

Linz, 18.04.2013

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau X, geb. 19XX, vertreten durch Rechtsanwalt X, Xgasse 3, 4470 Enns vom 27.03.2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 08.03.2013, Zl. VerkR21-857-2012, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und begleitender Maßnahmen, zu Recht erkannt:

 

 

1.    Hinsichtlich der Punkte 1, 2 und 3 wird der Berufung stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

  1. Hinsichtlich Punkt 4 wird die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Berufungswerberin verpflichtet wird, sich binnen eines Monates ab Zustellung dieses Bescheides hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 3, 7 Abs.1, Abs.3 Z1, 24 Abs.1 und 26 Abs.1 FSG.

zu II.: §§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm § 24 Abs.4 FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat der Berufungswerberin mit dem angefochtenen Bescheid die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für die Dauer von 4 Monaten, beginnend am 13.11.2012, entzogen. Sie wurde zur Absolvierung eines Verkehrscoachings sowie dazu verpflichtet, vor Ablauf der Entziehungsdauer ein amtsärztliches Gutachten über ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Diesen Bescheid begründete die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zusammengefasst damit, dass die Berufungswerberin am 13.11.2012 den PKW mit dem Kennzeichen X auf der X im Gemeindegebiet von Zederhaus bis zur Raststation Krottendorf in einem durch Alkohol beeinträchtigem Zustand von 1,17‰ gelenkt habe. Sie habe die Absicht geäußert, mit ihrem PKW Selbstmord zu begehen und eine größere Menge Schnaps und Medikamente eingenommen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin zusammengefasst aus, dass sie erst auf dem Parkplatz bei abgestelltem Motor die Tabletten gemeinsam mit dem Schnaps eingenommen habe. Die Behörde habe ihren darauf gerichteten Beweisanträgen keine Folge geleistet und stütze sich lediglich auf einen Aktenvermerk über ein Telefongespräch zwischen der Berufungswerberin und einem Polizeibeamten. Die Berufungswerberin sie zum Zeitpunkt des Telefonates mit dem Polizisten bereits auf dem Parkplatz der Raststation Krottendorf gestanden und habe die Tabletten und einen Teil des mitgebrachten Schnapses bereits getrunken gehabt. Zu jenem Zeitpunkt, als sie ihr Fahrzeug gelenkt hatte, habe sie weder Tabletten eingenommen noch Schnaps getrunken. Auch aus der Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion St. Michael im Lungau gehe nicht hervor, dass die Berufungswerberin den PKW tatsächlich nach dem Konsum von alkoholischen Getränken gelenkt habe.

 

Die Blutabnahme sei ohne ihre Zustimmung erfolgt, weil sie bewusstlos gewesen sei. Es handle sich daher um einen zwangsweise Eingriff in ihre körperliche Integrität, der eine Verletzung des Art. 90 Abs. 2 B-VG darstellt, weshalb das Ergebnis der Blutabnahme nicht als Beweismittel verwendet werden dürfe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Von einer solchen wurde auch – im Sinne der Berufungswerberin – zu Gunsten einer raschen Entscheidung abgesehen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Berufungswerberin hatte am 13.11.2012 gegenüber ihrer Hausärztin telefonisch ihren Selbstmord angekündigt, woraufhin diese die Polizeiinspektion Enns verständigt hatte. Die Berufungswerberin konnte von Insp. X telefonisch erreicht werden, wobei sie angab, dass sie mit ihrem PKW auf der Tauernautobahn, kurz nach dem Tauerntunnel, unterwegs sei. Im Zuge der Verhandlung wurde die Berufungswerberin bei der Tankstelle Krottendorf im Bereich der Raststation der Xautobahn um 14.17 Uhr aufgefunden. Der PKW war dort abgestellt, die Berufungswerberin befand sich in einem nicht mehr ansprechbaren Zustand am Fahrersitz sitzend. Im Fahrzeug wurden zahlreiche leere Tablettenpackungen sowie eine fast leere 0,5l Flasche mit Schnaps am Beifahrersitz vorgefunden. Die Berufungswerberin wurde von einer Notärztin versorgt und in weiterer Folge ins Krankenhaus Tamsweg überstellt. Dort wurde eine Alkohol- und Medikamentenvergiftung festgestellt und der Berufungswerberin Blut abgenommen. Eine Analyse dieses Blutes ergab einen Blutalkoholgehalt von 1,17‰.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.    die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.    die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz oder

2. um eine Entziehung der Klasse A wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 gilt gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 StGB zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 26 Abs.1 FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen wird, und es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der im § 7 Abs.3 Z1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von 1 Monat zu entziehen.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Fristen nicht befolgt, oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht, oder wurde die Mitarbeit bei der Absolvierung der begleitenden Maßnahmen unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß   § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 13 Abs.1 FSG-GV gelten Personen als ausreichend frei von psychischen Krankheiten im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 gelten Personen, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt.

 

5.2. Die Berufungswerberin lenkte den angeführten PKW am 13.11.2012 auf der Xautobahn. Sie hatte kurz vorher ihrer Hausärztin gegenüber einen Selbstmord angekündigt und auch im Telefonat mit der Polizeibeamtin angegeben, dass sie mit dem Wagen gegen einen Pfeiler fahren werde, um ihr Leben zu beenden. Sie hatte in diesem Gespräch auch angegeben, dass sie eine größere Menge Tabletten eingenommen und Schnaps getrunken habe. Aus diesen Angaben schloss die Behörde, dass die Berufungswerberin bereits während der Fahrt Schnaps getrunken habe. Dieser Schluss ist zwar möglich und es erscheint auch naheliegend, dass die Berufungswerberin bereits während der Fahrt Alkohol konsumiert hatte. Andererseits können auch die Behauptungen der Berufungswerberin, wonach sie den Schnaps erst auf der Raststation getrunken habe und in dieser Zeit auch die Tabletten eingenommen habe, nicht widerlegt werden. Es erscheint durchaus möglich, dass die Berufungswerberin zumindest einen Teil der ca. 0,4l Schnaps, welche aus der Flasche fehlten, erst auf dem Parkplatz getrunken und auch erst dort die Tabletten eingenommen hat. Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann nicht mit ausreichender Sicherheit bewiesen werden, dass die Berufungswerberin den PKW bei der vorangehenden Fahrt bereits in einem durch Alkohol (in einem relevanten Ausmaß) beeinträchtigtem Zustand gelenkt hat.

 

Dazu ist auch auszuführen, dass eine Berechnung des Blutalkoholgehaltes anhand der bekannten Parameter (Gewicht der Berufungswerberin und konsumierte Menge Alkohol) das Ergebnis der Blutuntersuchung von 1,17‰ durchaus erklären kann. Es ist daher durchaus naheliegend, dass die Berufungswerberin mit Ausnahme des bereits erwähnten Schnapses keine anderen alkoholischen Getränke konsumiert hatte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war daher die Entziehung der Lenkberechtigung sowie das angeordnete Verkehrscoaching aufzuheben.

 

Entgegen dem Berufungsvorbringen war die BH Linz-Land jedoch berechtigt, das Ergebnis der Blutuntersuchung zu verwerten. Das Blut wurde der bewusstlosen Berufungswerberin abgenommen und vom Krankenhaus wegen des Verdachtes einer Alkohol- und Medikamentenvergiftung analysiert. Es bestand daher nach de Rechtsprechung des VfGH kein Beweismittelverwertungsverbot.

 

Es darf nicht übersehen werden, dass die Berufungswerberin beim gegenständlichen Vorfall tatsächlich einen Selbstmordversuch begangen hat. Die im Aktenvermerk der Polizistin festgehaltene Angabe, dass die Berufungswerberin dabei auch angegeben habe, mit ihrem Wagen gegen einen Pfeiler (gemeint wohl einer Autobahnbrücke) zu fahren, ist durchaus glaubwürdig. Wenn man weiters berücksichtigt, dass die Berufungswerberin nach den Angaben ihres Gatten erst zweieinhalb Wochen vor diesem Vorfall nach einer längeren Behandlung aus der psychosomatischen Abteilung der Landesnervenklinik "Wagner Jauregg" wieder nach Hause gekommen ist, besteht der begründete Verdacht, dass die Berufungswerberin an einer psychischen Erkrankung leidet, welche sich auf das Lenken von Kraftfahrzeugen auswirken kann. Eine Überprüfung ihrer gesundheitlichen Eignung ist daher jedenfalls notwendig. Diese war jedoch auf die gesetzliche Bestimmung des § 24 Abs.4 FSG zu stützen, weshalb Punkt 4 des angefochtenen Bescheides entsprechend abzuändern war. Die von der Erstinstanz herangezogene Regelung des § 24 Abs.3 FSG zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung der Berufungswerberin kann nach dem klaren Wortlaut nur im Zusammenhang mit einer Entziehung der Lenkberechtigung verwendet werden. Da die Entziehung aufzuheben war, war eben die Rechtsgrundlage für die erforderliche Abklärung der gesundheitlichen Eignung der Berufungswerberin abzuändern.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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