Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531295/3/Kü/Ba

Linz, 23.04.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der F GmbH, G, H, vom 1. August 2012 gegen Spruch­punkt II. des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Juli 2012, UR-2007-4450/40, betreffend Vorschreibung von Auflagen für eine aufge­lassene Bodenaushubdeponie zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 37 Abs.4 und 63 Abs.2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG), BGBl.I Nr. 102/2002 idF BGBl.I Nr. 9/2011.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Juli 2012, UR-2007-4450/40, wurde festgestellt, dass die Bodenaushubdeponie der F GmbH (im Folgenden: Bw) auf den Grundstücken Nr. X, Y, Z und V, alle KG und Gemeinde P, im Wesentlichen entsprechend den Auflagepunkten des abfallrechtlichen Bewilligungsbescheides der Oö. Landes­regierung vom 7. November 2000, UR-304994/15-2000, aufgelassen und rekultiviert worden ist (Spruchpunkt I.).

 

Im Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde vom Landeshauptmann vorge­schrieben, dass folgende Nebenbestimmungen (Auflagen) einzuhalten sind:

 

1.    Der derzeit existierende Grasfilterstreifen in Form einer bewirtschaftbaren, mind. 10 m breiten Mulde, ist zu erhalten.

 

2.    Der am Hangfuß mit Erdwällen geschaffene Retentionsraum im Süden ist im derzeitigen Aus­maß zu erhalten.

 

3.    Die im Nordwesten im Zuge der Rekultivierung geschaffenen Ableitungs­maßnahmen und Retentionsräume sind zu erhalten. Die Ableitungsgräben und das Sickerbecken sind regel­mäßig zu pflegen und in Stand zu halten. Allfällige Verschlammungen sind umgehend zu be­seitigen. Die Ableitungsgräben sind vom Bewuchs zu befreien, damit die erforderliche hydrau­lische Leistungsfähigkeit weiterhin gewährleistet bleibt. Zudem ist das Sickerbecken von den abgelagerten Feinanteilen zu befreien, um die erforderliche Versickerungsleistung aufrecht zu erhalten.

 

4.    Bei einer dauerhaften landwirtschaftlichen Nutzung der gesamten Deponieoberfläche als Wiese sind die vorher genannten Auflagen als obsolet anzusehen.

 

In der Begründung hielt die belangte Behörde fest, dass der Grundeigentümer die ehemalige Deponiefläche als landwirtschaftlichen Nutzgrund an einen Landwirt verpachtet habe. Dieser habe anstatt der vorgeschlagenen und empfohlenen Wiesenfläche Mais angepflanzt, weshalb es nach Rekultivierung der Deponieoberfläche aufgrund des Maisbestandes wiederholt zu Abschwemmungen von Erdmaterial gekommen sei und dies bereits im Jahr 2008 zu Schäden in den hangabwärts liegenden Fischteichen geführt habe.

 

Da derzeit nicht garantiert werden könne, dass der Landwirt aus der ehemaligen Deponieoberfläche zukünftig eine Wiesenoberfläche gestalte, sei es notwendig gewesen, andere Vorkehrungen zu treffen, weshalb in den Nebenbestimmungen die fachlichen Aspekte der Sachverständigen für Deponiebautechnik sowie Naturschutz als Maßnahmen vorgeschrieben worden seien, um die hangab­wärts liegenden Flächen größtmöglich zu schützen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher grundsätzlich die Feststellung, dass die Bodenaushubdeponie P ordnungsgemäß geschlossen und aufgelassen worden sei, zur Kenntnis genommen wird.

 

Hinsichtlich der Nebenbestimmungen (Auflagen) würde jedoch nicht zugestimmt, weil das beanspruchte Grundstück an den Eigentümer Dr. H zurückge­geben worden sei und die Bw keinerlei Kompetenz und Rechte hätte, darüber mitzuentscheiden, was auf diesem Grundstück passiere. Dies betreffe sowohl die Art der Anpflanzung als auch, inwiefern der Eigentümer die vorgeschriebenen Retentionsräume und Sickergruben belassen würde oder nicht. Auch wenn in einem Hinweis eine Schadenersatzpflicht für den Verursacher als wahrscheinlich gehalten würde, falls es wieder zu Abschwemmungen komme, sei der Bw dies nach den gemachten Erfahrungen mit der betroffenen Grundbesitzerin viel zu unsicher. Es wird daher beantragt, diese Nebenbestimmungen zu streichen.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung mit Schreiben vom 7. August 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungs­entscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme. Gemäß § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von den Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 37 Abs.4 Z 7 AWG 2002 ist die Auflassung der Behandlungsanlage oder eines Anlagenteils oder die Stilllegung der Deponie oder eines Teilbereichs der Deponie – sofern nicht eine Genehmigungspflicht gemäß Abs. 1 oder 3 vorliegt – der Behörde anzuzeigen.

 

Gemäß § 47 Abs.2 Z 3 AWG 2002 hat der Bescheid, mit dem eine Deponie genehmigt wird, zusätzlich zu Abs. 1 jedenfalls Maßnahmen für die Nachsorge der Deponie zu enthalten.

 

Gemäß § 63 Abs.1 AWG 2002 hat die Behörde unmittelbar nach erfolgter Errichtung der Deponie oder eines Teilbereichs der Deponie und vor Einbringung der Abfälle die Übereinstimmung der Anlage und der Maßnahmen mit der erteilten Genehmigung zu überprüfen. Parteistellung in diesem Verfahren hat der Antragsteller und der von einer Abweichung in seinen Rechten Betroffene. Über das Ergebnis dieser Überprüfung ist bescheidmäßig abzusprechen und die Behebung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen ist zu veranlassen. Die Einbringung von Abfällen in die Deponie oder den Teilbereich der Deponie ist erst nach Behebung der wahrgenommenen Mängel oder Abweichungen zulässig. Geringfügige Abweichungen, die den gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen nicht widersprechen oder denen der von der Abweichung in seinen Rechten Betroffene zustimmt, dürfen im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden.

Gemäß § 63 Abs.2 leg. cit. sind Stilllegungsmaßnahmen in sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 von der Behörde zu überprüfen.

 

Gemäß § 3 Z 40 Deponie­verordnung 2008 ist die Nachsorgephase der Zeitraum vom Ende der Ablagerungsphase eines Kompartiments bis zum behördlich festgestellten Ende der Nachsorgephase für dieses Kompartiment; die Dauer der Nachsorgephase richtet sich nach dem Zeitraum, in dem für das Kompartiment noch Nachsorgemaßnahmen erforderlich sind.

 

5.2. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 7. November 2000, UR-304994/15-2000, wurde der Bw die abfallrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Bodenaushubdeponie P auf näher bezeichneten Grundstücken erteilt. Im Auflagepunkt 9. (Deponieoberflächenabdeckung) enthält der Bescheid die Vorschreibung, dass als Oberflächen­abdeckung eine mindestens 0,5 m dicke Rekultivierungsschicht aus kulturfähigem Boden herzustellen ist. Weitergehende Maßnahmen zur Nachsorge für die Deponie finden sich im abfallrechtlichen Bewilligungsbescheid nicht.

 

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2010 hat die Bw beim Landeshauptmann von Oberösterreich die Schließung der Bodenaushubdeponie und die Fertigstellung der angeordneten Rekulti­vierungsarbeiten angezeigt. Der Bw selbst ist nicht Eigentümer der von der Deponie beanspruchten Grundstücke. Die Grundstücke wurden vom Eigentümer nach Beendigung des Deponiebetriebes zur Bewirtschaftung an einen Landwirt verpachtet.

 

Am 3. Februar 2011 hat die Behörde unter Beiziehung von Amtssachverständigen eine Überprüfung des ordnungsgemäßen Abschlusses und der Rekultivierung der gegenständlichen Bodenaushubdeponie durchgeführt. Als Ergebnis dieser Amtshandlung hat die Behörde im Spruchpunkt I. des nunmehr angefochtenen Bescheides festge­stellt, dass die Bodenaushubdeponie der Bw im Wesentlichen entsprechend den Auflagepunkten des abfallrechtlichen Bewilligungsbescheides der Oö. Landes­regierung aufgelassen und rekultiviert worden ist.

 

Unter Heranziehung der Definition der Nachsorgephase in der Deponieverordnung 2008 kann diese Feststellung der Erstinstanz über die ordnungsgemäße Auflassung und Rekultivierung aber nur bedeuten, dass damit die Nachsorgephase beendet ist und den Deponiebetreiber keine weiteren Verpflichtungen aus Anlass seiner Tätigkeit mehr treffen. Mit der Feststellung hat die Behörde die Bw aus ihren Verpflichtungen anlässlich des Deponiebetriebes entlassen, zumal auch der abfallrechtliche Bewilligungsbescheid der Deponie keine Vorschreibungen für die Zeit nach Auflassung der Deponie beinhaltet.

 

Die Bw wendet daher in ihrer Berufung zu Recht ein, dass sie das Deponie­grundstück, das sie während des Deponiebetriebes vom Grundeigentümer gepachtet hat, an den Eigentümer zurückgegeben hat und nunmehr keine Einflussmöglichkeit darauf hat, wie dieses Grundstück nach ordnungsgemäßer Rekultivierung weiter verwendet wird. Die von der Behörde im Spruchpunkt II. festgelegten Auflagen für eine Folgenutzung der Deponieoberfläche stellen nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates neue Dauervorschreibungen dar, die nicht in Zusammenhang mit dem Deponiebetrieb zu bringen sind und somit jedenfalls über die Verpflichtung des Deponiebetreibers zur Nachsorge hinaus­gehen.

 

Zudem ist festzuhalten, dass im Sinne der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes, dem Anlageninhaber - mangels entsprechender Sanktions­möglichkeit - auch keine Verpflichtung auferlegt werden darf, für die Einhaltung von Auflagen durch Dritte Sorge zu tragen, da derartige Auflagen nicht geeignet wären, Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Schutzinteressen zu vermeiden.

Dies ist auch gegenständlich anzunehmen, zumal die Bw als ehemalige Deponiebetreiberin, nicht mehr Inhaberin des Deponiegrundstücks ist, und ihr damit zum gegenwärtigen Zeitpunkt jegliche Einflussnahme auf die künftige landwirtschaftliche Nutzung der Deponieober­fläche verwehrt ist.

 

Sollte es infolge der landwirtschaftlichen Nutzung der rekultivierten Deponie­fläche zur Änderung der Oberflächenwasserabflussverhältnisse kommen, die ursächlich für Beeinträchtigungen unterhalb liegender Wassernutzungen sind, hat zur Abwehr derselben nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die Wasserrechtsbehörde im Sinne des § 38 WRG die geeigneten Vorkehrungen zu treffen.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Berufung der Bw gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich Berechtigung zukommt, weshalb dieser stattzugeben war und der angefochtene Spruchpunkt ersatzlos zu beheben war.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

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