Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253365/24/Wg/WU

Linz, 02.04.2013

 


E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der x, vertreten durch x, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz, vom 6. Dezember 2012, GZ: 0025939/2012, betreffend Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. März 2013, zu Recht erkannt:

 

    I.    Der Berufung wird teilweise stattgegeben. Der in Spruchabschnitt 1. des bekämpften Straferkenntnisses angelastete Tatzeitraum (betr. Beschäftigung der x) wird auf den 22. Mai 2012, der in Spruchabschnitt 2. angelastete Tatzeitraum (betr. Beschäftigung der x) wird auf 18. September 2011 bis 22. Mai 2012, der in Spruchabschnitt 3. angelastete Tatzeitraum (betr. Beschäftigung der x) auf 4. April 2012 bis 22. Mai 2012 und der in Spruchabschnitt 4. angelastete Tatzeitraum (betr. Beschäftigung der x) auf 1. Februar 2012 bis 22. Mai 2012 eingeschränkt. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

 II.    Der im bekämpften Straferkenntnis vorgeschriebene Verfahrenskostenbeitrag idH von 292 Euro bleibt unverändert aufrecht. Die Berufungswerberin hat für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, 24, 51, 51c und 51e Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Bürgermeister der Stadt Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) lastete der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) mit Straferkenntnis vom 6. Dezember 2012, GZ: 0025939/2012, folgende Verwaltungsübertretungen an:

l.     Tatbeschreibung:                                                                                                                   

Sie haben als Gewerbeinhaberin (Gewerbe: „Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen Ausgewogenheit") und Betreiberin des Massage Studio „x", x, x, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, nachstehende Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten:

 

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, nachstehend angeführte Personen, als pflichtversicherter Dienstnehmer, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt, im o.a. Studio, als Masseurinnen beschäftigt.

1.        x, geb. x, x Staatsbürgerin, wohnhaft: x, x, beschäftigt seit 22.05.2012, als Masseurin, gegen Entgelt € 110,00 brutto p.Std., im Ausmaß von 10 Std. pro Woche;

2.     x, geb. x, x Staatsbürgerin, wohnhaft: x, x, beschäftigt seit 18.09.2011, als Masseurin, gegen Entgelt € 110,00 brutto p. Std, im Ausmaß von 15 Std. pro Woche;

3.        x, geb. x, x Staatsbürgerin, wohnhaft: x, x, beschäftigt seit 04.04.2012, als Masseurin, gegen Entgelt € 110,00 brutto p Std, im Ausmaß von 15 Std. pro Woche;.

4.     x, geb. x, x Staatsbürgerin, wohnhaft: x, x, beschäftigt seit 10.06.2011, als Masseurin, gegen Entgelt € 110,00 brutto p. Std, im Ausmaß von 15 Std. pro Woche;

Die in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

Obwohl diese Dienstnehmerinnen nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der x, x, x, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.

II.                 Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

§ 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

 

III.         Strafausspruch:

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von                 Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von     Gemäß

ad 1 €730,00                           113 Stunden

ad 2. €730,00                          113 Stunden

ad 3. €730,00                          113 Stunden

ad 4. €730.00                         113 Stunden

gesamt:€ 2.920,00  gesamt: 452 Stunden                   § 111 ASVG

 

 

IV.           Kostenentscheidung:

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens haben Sie 10% der verhängten Strafe zu leisten:

€292,00

Rechtsgrundlage in der jeweils gültigen Fassung:

§ 64 (1) und (2) Verwaltungsstrafgesetz

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 3.212,00.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 20. Dezember 2012. Darin stellt die Berufungswerberin die Anträge, die Berufungsbehörde möge eine Berufungsverhandlung anberaumen, das angefochtene Erkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. Dezember 2012 ersatzlos beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu das angefochtene Erkenntnis des Bürgermeisters vom 6. Dezember 2012 aufheben und iSd. § 21 VStG von einer Bestrafung absehen; in eventu die Strafe (allenfalls unter Anwendung des § 20 VStG) reduzieren. Sie bestritt jegliche Verwaltungsübertretung. Die im Massagestudio tätigen Damen seien nicht in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit zu ihr beschäftigt. Sie lukriere deren Einkommen aus der Zimmervermietung. Wann welche Damen ein Zimmer anmieten, stehe ausschließlich diesen frei. Die am 22. Mai 2012 angetroffenen Dame sei als Neue Selbstständige versichert und auch beim Finanzamt entsprechend gemeldet. Sie habe keinerlei Vorschriften betreffend der Arbeitszeiten und des Arbeitsortes der Damen vorgegeben. Es bestehe weder eine persönliche Arbeitsverpflichtung noch eine Weisungsgebundenheit. Die vom VwGH diesbezüglich judizierten Kriterien, die für eine Einbindung in den betrieblichen und organisatorischen Ablauf des Unternehmens sprechen könnten, würden hier nicht vorliegen. Es seien keinerlei Bekleidungsvorschriften oder sonstige Maßnahmen, die auf eine Eingliederung in den betrieblichen Ablauf der Berufungswerber hindeuten würden, gesetzt worden. Einziges Kriterium, das die Behörde hier ansetze, sei, dass die zum damaligen Zeitpunkt angetroffenen Damen ausgeführt hätten, in welchem Ausmaß sie tätig wären. Es handle sich dabei jedoch nur um eine Circa-Angabe. Das Straferkenntnis basiere auf einer unrichtigen und unvollständigen Sachverhaltsfeststellung, die dem Akt entnehmbaren Bestandteile betreffend den erhobenen Tatvorwurf würden jeglicher rechtlicher Grundlage entbehren. Nicht nur, dass der gesamte bis dato festgestellte Sachverhalt nur zum Nachteil der Beschuldigten ausgelegt werde, sondern seien nicht einmal die Kriterien und Merkmale geprüft worden, die für eine allfällige Abgrenzung von der selbstständigen zur unselbstständigen Tätigkeit erforderlich seien. Im gegenständlichen Straferkenntnis sei keinerlei Sachverhalt erkennbar. Eine Überprüfung, ob die in Rede stehenden Damen in der Firma organisatorisch, hinsichtlich des Arbeitsortes oder der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen gewesen wären, könne nicht getroffen werden. Die Behörde habe im Sinne des § 37 AVG den zur Beurteilung der Causa maßgeblichen Sachverhalt zu klären. Die hier erfolgte Auslegung spare jeglicher Kriterien, die sich zugunsten der Beschuldigten ergeben könnten, aus. Für die Tätigkeit als Masseurin sei keine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse im Sinne der Bestimmung des ASVG erforderlich. Wann jemand zur Tätigkeit erscheine, sei für die Bw ohne Belang. Lediglich aus einem Protokoll, in dem festgehalten sie, wie oft eine der Damen pro Woche ihre Tätigkeit verrichtet, könne noch kein Schluss auf eine Eingliederung in das Unternehmen der Bw gefolgert werden. Die Damen hätten deren Massageleistungen direkt mit deren Kunden verrechnet; die Bw sei auch hier nicht involviert gewesen. Leistungen in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Bw seien seitens der Damen nie erbracht worden. Selbst wenn seitens der Damen ein wöchentliches Stundenquantum angegeben worden sei, so sei darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um eine ungefähre Stundenangabe gehandelt habe. Bei ordnungsgemäßer Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hätte die Behörde erster Instanz zumindest die Feststellung einfließen lassen müssen, dass es zu keiner organisatorischen Eingliederung gekommen sei. Dass eine der Damen zum Zeitpunkt der Überprüfung tatsächlich eine geschäftlich unselbstständige Tätigkeit verrichtet hätte, habe nicht einmal ansatzweise festgestellt werden können. Es habe keinerlei Bekleidungs- oder sonstige Vorschriften betreffend die Damen gegeben. Die Damen seien während der Zeit ihrer Tätigkeit im Studio der Bw immer in der Lage gewesen, ihre Arbeitskraft wie auch immer für andere Erwerbszwecke einzusetzen. Sie seien daher nicht unter ähnlichen wirtschaftlichen oder sozialen Bedingungen wie der persönlich abhängige Arbeitnehmer tätig gewesen. Auch die Einkommensverhältnisse der Bw seien falsch dargestellt worden. Diese verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von 1.500 Euro.

 

Die belangte Behörde legte dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständiger Berufungsbehörde den Akt zur Entscheidung vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die öffentliche mündliche Verhandlung am 12. März 2013. In dieser mündlichen Verhandlung wurde der Verfahrensakt des Magistrates, ausgenommen die Sachverhaltsdarstellung vom 21. Mai 2012 des LPK Oberösterreich, einvernehmlich verlesen. Im Verfahrensakt des Magistrates befindet sich der Strafantrag vom 5. Juni 2012 (Anlagen: 4 Personenblätter, eine Registerabfrage, Fotobeilagen, 5 ZMR-Abfragen, 5 SV-Abfragen, der – nicht verlesene – Bericht des LPK Oberösterreich vom 21. Mai 2012, ein Aktenvermerk betreffen die FinPol-Kontrolle vom 22. Mai 2012, Auszüge des Internetauftrittes des "Massagestudio x"). Weiters wurde der gesamte Verfahrensakt des UVS, Zahl VwSen-253365, einvernehmlich verlesen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde die Bw als Partei sowie x und x als Zeuginnen einvernommen. Im Anschluss daran verzichteten die Verfahrensparteien auf eine weitere Beweisaufnahme.

 

Bei ihrem Schlussvorbringen verwiesen die Vertreter der belangten Behörde und des Finanzamtes auf das bekämpfte Straferkenntnis und beantragten die Abweisung der Berufung. Der rechtsanwaltliche Vertreter der Bw erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Auf die Ausführungen im Berufungsschriftsatz wird verwiesen. Das Verfahren hat nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ergeben, dass eine unselbstständige Beschäftigung entgegen den Bestimmungen des ASVG vorliegen würde. Bei den Angaben im Internet handelt es sich um unverbindliche Standards, die für Damen in keiner Weise verbindlich waren. Es mangelt insgesamt an den zwingenden Voraussetzungen für ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis. Es lag lediglich ein Mietverhältnis vor. Aus diesem Grund wird die Stattgabe der Berufung und Behebung des Straferkenntnisses, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung beantragt."

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

Die Bw ist seit 1. Juli 2008 Inhaberin des Gewerbes "Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen Ausgewogenheit, ua mittels der Methode von x, Biofeedback oder Bioresonanz, Auswahl von Farben, Düften, Lichtquellen, Aromastoffen, Edelsteinen, Musik, unter Anwendung kinesiologischer Methoden und Interpretation der Aura" am Standort x, x (Gewerberegisterauszug Beilage Strafantrag).

 

Am 22. Mai 2012 führten Organe des Finanzamtes Linz, Team Finanzpolizei, eine Kontrolle nach dem AuslBG, ASVG und § 89 Abs. 4 EStG im Massagestudio "x" der Bw am Standort x, x, durch (Strafantrag vom 5. Juni 2012).

 

Gegen 11.45 Uhr läuteten die Beamten an der genannten Adresse, eine leicht bekleidete Dame, Frau x, öffnete die Tür. Nachdem sich die Beamten legitimiert und den Anlass der Kontrolle bekannt gegeben hatten, betraten diese die Räumlichkeiten. Frau x gab ihren 3 Kolleginnen über die bevorstehende Kontrolle Bescheid, woraufhin sich alle im wohnzimmerähnlichen Gemeinschaftsraum versammelten. Es wurde nochmals der Grund für die Kontrolle erläutert und Personenblätter in rumänischer bzw. spanischer Sprache an die anwesenden Damen verteilt, mit der Bitte, diese auszufüllen (Seite 2 des Strafantrages vom 5. Juni 2012).

 

Bei den angetroffenen Damen handelte es sich um: x, geb. x, StA x, x, geb. x, StA x, x, geb. x, StA x sowie x, geb. x, StA x (Seite 3 des Strafantrages vom 5. Juni 2012, Aussage der Bw Tonbandprotokoll Seite 12, Spruch des bekämpften Straferkenntnisses). Die vier genannten Personen waren als Masseurinnen für die Bw tätig. Die Bw hatte vor Dienstantritt der vier genannten Personen keine Meldung bei der Oö. GKK erstattet.

 

x war am 22. Mai 2012 den ersten Tag im Studio und hatte ihren Dienst um 11.00 Uhr angetreten. Das Beschäftigungsausmaß belief sich auf ca. 10 Stunden pro Woche (Strafantrag, Personalblatt).

 

x war im Massagestudio der Bw seit etwa Juni 2011 etwa 15 Stunden pro Woche tätig.

 

x war ebenfalls etwa 15 Stunden pro Woche als Masseurin tätig und hatte ihren Dienst am 4. April 2012 angetreten (Personalblatt, Strafantrag).

 

Frau x war ebenfalls etwa 15 Stunden pro Woche beschäftigt. Sie war dort seit Jänner 2012 und somit jedenfalls seit 1. Februar 2012 tätig (Zeugenaussage x TP Seite 3, Strafantrag, Personalblatt).

 

Die Bw betrieb eine Internethomepage, auf der das Massagestudio x beworben wurde (Beilage Strafantrag, Aussage der Bw TP Seite 5).

 

Die Bw legte Öffnungszeiten fest. Im Internetauftritt wird zu den Öffnungszeiten ausgeführt: "Unsere Damen sind täglich von 10.00 bis 23.00 Uhr für Sie da." Unter der Rubrik "Sie erreichen uns unter" wird die Telefonnummer der Bw angegeben. Weiters: "Terminvereinbarung nicht erforderlich! Bei Massage läuten!", Services: "Bodymassage, Tantramassage, Duschmassagen, Straps-Spiel, Duo-Massagen, Rollenspiele".

 

Unter der Rubrik "Jobs" wird angegeben: "Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir ständig nette und aufgeschlossene Damen. Du solltest zuverlässig, teamfähig und kontaktfreudig sein, eine natürliche Ausstrahlung und ein gepflegtes Erscheinungsbild haben und gesundes Selbstbewusstsein besitzen. Falls wir dein Interesse geweckt haben, würden wir uns freuen, wenn du dich bei uns meldest. Du kannst selbstverständlich persönlich vorbeikommen, aber auch telefonisch kontaktieren und einfach eine E-Mail schreiben." Die Preise werden auf dieser Homepage einheitlich vorgegeben. So wird ausgeführt: "Whirlpool 1 1/2 Stunden 160 Euro", "Bodymassage 30 Minuten 80 Euro, 60 Minuten 110 Euro", "Tantramassage 30 Minuten 60 Euro, 60 Minuten 80 Euro", weiters: "Duschmassage 30 Minuten 90 Euro, 60 Minuten 120 Euro" (Beilage Strafantrag).

In den Personalblättern gaben die vier angetroffenen Personen jeweils die erwähnten 110 Euro pro Stunde an. Dies entspricht dem Stundentarif für eine Bodymassage. Die Damen kassierten direkt bei den Kunden. Von den 110 Euro durften sie sich 70 Euro behalten. 40 Euro waren an die Bw abzuliefern (Aussage der Bw Tonbandprotokoll Seite 6, Zeugenaussage x, TP Seite 7). Die Damen gaben die 40 Euro in ein Kuvert, schrieben ihren Namen darauf und legten dieses Kuvert in einen Tresor, wo sie von der Bw abgeholt wurden (Aussage der Bw Tonbandprotokoll Seite 14). Es waren 40 Euro pro Stunde Kundenkontakt an die Bw zu entrichten. Ausgehend von den festgestellten Beschäftigungsausmaß überschritt der Entgeltsanspruch jedenfalls die Geringfügigkeitsgrenze iSd § 5 Abs 2 ASVG (376,26 Euro pro Monat).

 

Die Damen besorgten selber das Massageöl. Die Bw reinigte demgegenüber die für die Massagetätigkeit erforderlichen Handtücher. Weiters veranlasste sie die Reinigung der Zimmer (Aussage der Bw Tonbandprotokoll Seite 13).

 

Die Damen hatten kein bestimmtes – ihnen zugewiesenes – Zimmer im Massagesalon. Sie machten sich untereinander aus, welche Zimmer sie benutzten (Aussage der Bw Tonbandprotokoll Seite 15).

 

Entsprechend den Angaben auf der Internethomepage des Massagesalons, in dem betreffend "Unser Service" auch "Gratis Buffet" und "Gratis Getränke" vermerkt ist, baten die Damen den Kunden auch Kaffee, Getränke und Ähnliches an (Aussage der Bw Tonbandprotokoll Seite 5).

 

Die Bw war zwar eigenen Angaben zufolge "nicht so oft" im Massagestudio, ihre Autorität zeigt sich aber anschaulich am Ablauf der Kontrolle vom 22. Mai 2012. So kontaktierten die Damen nach dem Eintreffen der Beamten die Bw. Lt Strafantrag ersuchten die Beamten die genannten Personen, die Personalblätter auszufüllen. Im Strafantrag wurde dazu ausgeführt: "Dem wurde Folge geleistet, allerdings wurde mehrmals telefonisch Rücksprache mit Frau x, der Inhaberin des Studios gehalten bzw wurde untereinander abgesprochen, wie das Personalblatt auszufüllen sei." Die Bw sagte in der mündlichen Verhandlung dazu aus: "Vom Verhandlungsleiter befragt, ob es richtig ist, dass die angetroffenen Damen am 22. Mai 2012 mit mir telefonisch Kontakt aufnahmen, gebe ich an, dass dies richtig ist. Die Beamten waren bei der Kontrolle nicht sehr freundlich. Die Mädchen haben nichts verstanden, darum haben sie mich angerufen."

 

Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen der Bw wird festgestellt: Sie verdient im Monat ca. 800 Euro netto, ist sorgepflichtig für 2 Kinder und besitzt kein Vermögen. Sie hat die verfahrensgegenständliche Tätigkeit aufgrund der Geburt ihres jüngsten Kindes eingestellt und bezieht zurzeit Karenzgeld (Aussage Bw TP Seite 2).

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen stützen sich auf die angegebenen Beweismittel.

 

Die Bw gab zu den in der Internethomepage angegebenen Preisen an, dass es sich dabei um eine Richtlinie gehandelt habe (Tonbandprotokoll Seite 6). Feststeht, dass alle angetroffenen Damen die erwähnten 110 Euro ins Personalblatt eintrugen. Die Zeugin x sagte aus, pro Stunde waren 110 Euro zu verlangen. Pro halber Stunde waren 80 Euro zu verlangen. Von den 110 Euro durfte sie sich dann 70 Euro behalten (Tonbandprotokoll Seite 7). Es steht daher fest, dass es sich hiebei um eine verbindliche Preisgestaltung handelt, die von der Bw vorgegeben war.

 

Aufgrund der eigenen Angaben der Bw steht fest, dass die Damen kein bestimmtes zugewiesenes Zimmer hatten, sondern sich dies untereinander ausmachten (Tonbandprotokoll Seite 15). Die Nutzung einer klar abgegrenzten Räumlichkeit, wie sie für ein Mietverhältnis typischerweise vereinbart wird, ist damit nicht erkennbar. Außerdem war für alle Beteiligten klar, dass nicht etwa für einen bestimmten Zeitraum ein bestimmter Fixbetrag zu entrichten war, sondern sich die an die Bw abzuliefernden 40 Euro auf eine Stunde Kundenkontakt bezogen. Auch dies ist nicht typisch für ein Mietverhältnis, in dem üblicherweise für einen bestimmten Zeitraum einer Raumnutzung ein bestimmtes Fixentgelt vereinbart wird.

 

Die von der Bw im Internet vorgenommene Ankündigung wurde auch insoweit mit Leben erfüllt, als die Damen tatsächlich – wie im Internet angekündigt – Getränke anboten.

 

Es mag sein, dass die Bw keinen Spind oder Kleiderschrank zur Verfügung stellte, dies war aber auch nicht notwendig. Die Zeugin x sagte dazu aus, sie habe immer alle Sachen mit nach Hause genommen und habe diese dann wieder mit ins Massagestudio genommen. Vom Verhandlungsleiter befragt, was mit "Sachen" gemeint ist, gab sie an, dass damit beispielsweise ein T-Shirt, Kleider oder eine enge Hose gemeint waren (Aussage x TP Seite 7). Soweit die Bw bestritt, es gab keine Einteilung betreffend Anwesenheitszeiten und Kleidung, ist ihr zu entgegnen, dass in der Internethomepage eindeutig eine Öffnungszeit für das Massagestudio vorgegeben wird.

 

Weiters wird dort in der Rubrik "Jobs" ausdrücklich festgehalten: "Du solltest zuverlässig, teamfähig und kontaktfreudig sein, eine natürliche Ausstrahlung und ein gepflegtes Erscheinungsbild haben und ein gesundes Selbstbewusstsein besitzen." Inserate für Mietobjekte lesen sich – schon nach der Lebenserfahrung – anders. Bei der Ausschreibung der Bw steht eindeutig das persönliche Erscheinungsbild und damit die Eignung für die Tätigkeit im Massagesalon im Vordergrund.

 

Zum zeitlichen Ausmaß der Beschäftigung wurde im bekämpften Straferkenntnis ausgehend von den Angaben des Strafantrages und den Personalblättern jeweils 15 Stunden pro Woche bzw. im Fall der x 10 Stunden pro Woche angelastet. Dass die Damen dort in diesem Zeitausmaß tätig waren, wird in der Berufung auch nicht weiter bestritten, sondern lediglich darauf verwiesen, es habe sich um eine "Circa-Angabe" gehandelt.

 

Zum Zeitpunkt des Beginns der Beschäftigung wurde im bekämpften Straferkenntnis betreffend x der 18. September 2011 festgestellt. In der Berufungsverhandlung räumte die Bw ein, x sei bereits seit Juni 2011 im Massagesalon tätig gewesen. Die Ausdehnung des Tatzeitraumes wäre unzulässig, weshalb der Berufungsentscheidung des UVS als Beginn der Tätigkeit der 18. September 2011 zugrunde gelegt wird.

 

Der Tätigkeitsbeginn der x mit 4. April 2012 geht auf deren Angaben im Personalblatt zurück und wurde von der Bw nicht bestritten.

 

x gab in der mündlichen Berufungsverhandlung abweichend von den Angaben im Personalblatt und des bekämpften Bescheides an, dass sie im Massagestudio von Jänner 2012 bis Dezember 2012 tätig war (TP Seite 3). Da dies betr. die Aufnahme der Tätigkeit eine Einschränkung des angelasteten Tatzeitraumes darstellt, geht der UVS zugunsten der Bw davon aus, dass x ihre Tätigkeit am 1. Februar 2012 im Massagestudio aufgenommen hat.

 

Das bekämpfte Straferkenntnis lastet der Bw an, die 4 Damen seit näher genannten Zeitpunkten beschäftigt zu haben und dehnt damit den Tatzeitraum bis auf den 6. Dezember 2012, auf den das Straferkenntnis datiert ist, aus. Da die Bw offenkundig die Tätigkeit aufgrund der Geburt ihres jüngsten Kindes eingestellt hat, konnte nicht ohne weiteres festgestellt werden, dass alle 4 Personen bis 6. Dezember 2012 im Massagestudio tätig waren. Der UVS beschränkt den Tatzeitraum im Zweifel zugunsten der Bw durch den Kontrolltag am 22. Mai 2012.

 

Der Unabhängigen Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 111 Abs 1 und 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

 (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

            1.         Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

            2.         Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

            3.         Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

            4.         gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-     mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

-     bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Die Bw war der Ansicht, das Rechtsverhältnis zwischen ihr und den 4 Damen sei als Mietvertrag zu qualifizieren. Inhalt eines Mietvertrages ist ex definitione die Zurverfügungstellung eines bestimmten Raumes bzw. einer Liegenschaft für einen bestimmten Zeitraum gegen ein bestimmtes Entgelt. Dies ist nach den wirtschaftlichen Gehalt bei den vorliegenden Rechtsverhältnissen nicht der Fall (vgl VwGH vom 27. April 2011, GZ: 2010/08/0106). So war, wie die Bw selber einräumt, nicht einmal ein bestimmtes Zimmer Gegenstand der Vereinbarung. Es war von vornherein klar, dass sich die Mädchen untereinander ausmachen, welches Zimmer sie benutzen. Im Vordergrund stand hier die Dienstleistung der 4 Damen. Ausgehend von der Dienstleistung der Damen war das Entgelt (40 Euro pro Stunde Kundenkontakt) an die Bw abzuliefern.

 

Aufgrund der klaren Vorgaben betreffend die Preisgestaltung, die Ablieferung der erwähnten 40 Euro in einem Kuvert, welches mit dem Namen der jeweiligen Dame zu beschriften war, den Öffnungszeiten und Auswahl der Damen nach persönlichen Kriterien, überwiegen Merkmale, die für ein in persönlicher Abhängigkeit eingegangenes Dienstverhältnis sprechen. Zudem war die Bw durch die Reinigung der Räumlichkeiten und das Zurverfügungstellen von Handtüchern, die im gegebenen Zusammenhang sehr wohl als relevantes Betriebsmittel anzusehen sind, direkt an der Dienstleistung beteiligt. Auch dies spricht gegen die Annahme einer Mietkonstruktion. Vielmehr waren die Damen ausgehend vom festgestellten Sachverhalt organisatorisch in den Betrieb der Bw eingegliedert.

 

Der bestehende Entgeltsanspruch wird dadurch nicht infrage gestellt, dass das Entgelt unmittelbar durch Dritte (den Kunden) geleistet wurde (vgl. VwGH vom 12. Juni 2011, GZ 2008/09/0370).

 

Aufgrund des unstrittigen Tätigkeitsausmaßes (ca. 10 bzw. 15 Stunden pro Woche) in Verbindung mit einem Bruttostundenlohn von 110 Euro bzw. 70 Euro, sind die Grenzen der Geringfügigkeit eindeutig überschritten (376,20 Euro gem § 5 Abs 2 ASVG idF BGBl II Nr. 398/2011). Es lagen vollversicherungspflichtige Dienstverhältnisse vor. Es wurde aber keine Meldung bei der Oö. GKK erstattet.

Die Bw führte nun ins Treffen, die angetroffenen Damen seien als Neue Selbstständige versichert und seien auch beim Finanzamt entsprechend gemeldet. Dem ist zu entgegnen, dass im Fall des Vorliegens einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auch die Innehabung eines Gewerbescheins nichts am Eintritt der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ändert (vgl VwGH vom 14. November 2012, GZ 2010/08/0196).

 

Der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen ist erfüllt. Der Tatzeitraum war aber entsprechend den Feststellungen einzuschränken.

 

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gem. § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Verbotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung – wie dies hinsichtlich der Bestimmung des § 111 Abs 1 Z 1 ASVG der Fall ist – der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Bw hätte initiativ alles vorbringen müssen, was zu ihrer Entlastung dienlich sein könnte. Gemäß § 5 Abs. 2 VStG ist im vorliegenden Fall zumindest von leicht fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG sieht im hier relevanten Fall Geldstrafen von 730 Euro bis zu 2.180 Euro vor. Gem. § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

 

Der Strafbemessung sind gem. § 19 Abs 2 VStG die festgestellten Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw zugrunde zulegen.

 

Bei der Strafbemessung wertete die belangte Behörde keinen Umstand als straferschwerend. Strafmildernd wäre – so die Begründung des bekämpften Straferkenntnisses – ebenfalls kein Umstand. Letzteres kann nicht nachvollzogen werden, da sich im vorgelegten Akt keine Hinweise auf rechtskräftige Verwaltungsstrafen befinden. Der Bw ist daher der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zuzubilligen.

 

Eine Herabsetzung der Geldstrafen unter das gesetzliche Mindestmaß (jeweils 730 Euro) gemäß der Bestimmung des § 111 Abs. 2 ASVG kam aber nicht in Betracht, zumal die Bw selbst in der mündlichen Verhandlung noch keinerlei Reue oder Einsicht zeigte. Aus diesem Grund konnte auch nicht mit einer Ermahnung iSd § 21 VStG das Auslangen gefunden werden. Infolgedessen bleibt der von der belangten Behörde vorgeschriebene Kostenbeitrag unverändert aufrecht. Da der Tatzeitraum eingeschränkt wurde, war für das Berufungsverfahren kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

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