Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253379/9/MK/HK

Linz, 19.04.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Berufung der Frau S M, S, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf, vom 30.01.2013, SV96-53-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, zu Recht erkannt:

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.     Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.           Mit Straferkenntnis Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 30.01.2013, SV96-53-2010, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 iVm. § 111 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), eine Geldstrafe in der Höhe von 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 48 Stunden, verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 36,50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Gewerbeinhaberin und Betreiberin des Gasthauses S in P, K an der P, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Sie haben als Dienstgeberin in Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG Herrn J M, geboren am X, von 02.07.2010 bis 15.08.2010, 16:45 Uhr, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt als Kellner beschäftigt und diesen als geringfügig beschäftigten Arbeiter zur Sozialversicherung angemeldet, obwohl dieser laut eigenen Angaben ab 02.07.2010 an 7 Tagen pro Woche zu je 10 Stunden in Ihrem Unternehmen tätig war.

 

Der in Rede stehende Beschäftigte war Ihnen organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des nach dem Kollektivvertrag zu zahlenden Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer daher nicht von der Vollversicherung im Sinn des § 5 ASVG ausge­nommen und in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig ist, wurde er nur als geringfügig beschäftigter Arbeiter bei der Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Krankenversicherungsträger, angemeldet.

 

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen. Die Übertretung wurde anlässlich einer Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr am 15.08.2010 festgestellt."

 

In der Begründung wurde dazu Folgendes ausgeführt:

"Bei einer Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr am 15.08.2010 um 16:45 Uhr im Gasthaus S in K an der P, P, wurden Sie als Inhaberin dieses Lokals sowie sieben weitere Personen bei Tätigkeiten angetroffen und einer Arbeitnehmerkontrolle unterzogen. Unter diesen Personen befand sich auch Ihr Ehemann, Herr J M, welcher auf einem eigens ausgefüllten Personenblatt angab, seit Anfang Juli 2010 als Kellner an sieben Tagen pro Woche zu je 10 Stunden täglich für das oben angeführte Unter­nehmen zu arbeiten. Dafür erhalte er einen Nettolohn in Höhe von 300 Euro.

 

Aufgrund dieses Sachverhalts, nämlich der Anmeldung Ihres Ehegatten als geringfügig Beschäf­tigten mit einem Stundenausmaß von 70 Wochenstunden, wurde mit Strafverfügung vom 15.11.2010, SV96-53-2010, eine Geldstrafe von 365 Euro, für den Fall, dass diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstraße von 48 Stunden verhängt. Gegen diese Strafverfügung haben Sie rechtzeitig Einspruch erhoben, wodurch diese außer Kraft getreten ist.

 

Im ordentlichen Verfahren gaben Sie im Wesentlichen als Rechtfertigung an, dass es sich bei Herrn J M um Ihren Ehegatten handle und dieser lediglich seiner ehelichen Beistands­pflicht im Sinne des § 90 Abs. 2 ABGB nachgekommen sei. Der Betriebsumfang des Gasthauses sei, da es sich ausschließlich um ein Ausflugsgasthaus handle, allein von der Witterung abhängig, weswegen Herr J M in den Monaten Juli und August seine eheliche Pflicht erfüllt habe, im Erwerb des anderen Ehegatten, soweit ihm dies zumutbar gewesen sei, mitzuwirken. Ferner sei Ihnen Ihr Ehegatte weder organisatorisch noch hinsichtlich der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen gewesen. Dieser sei vielmehr selbst Unternehmer und habe aufgrund eigener Wahrnehmung im Betrieb geholfen sowie Tätigkeiten nach seinen Entscheidungen ausgeführt. Auch Weisungen hätten Sie ihm gegenüber nie erteilt. Richtig sei jedoch, dass Ihr Ehegatte geringfügig angemeldet gewesen sei, was als Entgegenkommen Ihrerseits gegenüber der Allgemeinheit verstanden werden könne.

 

Das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr gab dazu als mitbeteiligte Partei im Strafverfahren in der Stellungnahme vom 06.04.2011 zusammengefasst an, dass eine Beschäftigung von 70 Wochen­stunden keine geringfügige Beschäftigung darstelle, sondern im konkreten Fall vielmehr ein Dienstverhältnis im Rahmen der Vollbeschäftigung vorliege. Ein weiteres Indiz für eine Falsch­meldung zur Sozialversicherung zeige sich anhand des Sozialversicherungsauszuges Ihres Ehe­gatten. Dieser sei bereits seit 01.08.2008 ausschließlich bei Ihnen beschäftigt gewesen, von Unterbrechungen durch Arbeitslosengeldbezüge bzw. den Bezug von Krankengeld abgesehen. Des Weiteren sei auffällig, dass von 01.08.2008 bis 10.03.2008, von 01.06.2008 bis 10.10.2008, von 06.02.2009 bis 31.10.2009 sowie von 03.02.2011 bis laufend jeweils ein Dienstverhältnis im Rahmen der Vollbeschäftigung bestanden habe. Lediglich für den Zeitraum von 02.07.2011 bis 31.10.2010, jenem Zeitraum, in welchem die Kontrolle erfolgt sei, sei ein Dienstverhältnis als geringfügig beschäftigter Arbeiter vorgelegen.

Dagegen vertrat die Oö. Gebietskrankenkasse die Ansicht (E-Mail vom 09.05.2011), dass im gegenständlichen Fall aufgrund der vorgelegten Unterlagen ein vollversicherungspflichtiges Dienstverhältnis von Herrn J M nicht festgestellt werden konnte.

 

Die Stellungnahmen des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 06.04.2011 und der Oö. Gebiets­krankenkasse vom 09.05.2011 wurden Ihnen in Wahrung des Parteiengehörs am 21.09.2012 mit der Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen übermittelt.

 

Ihr Ehegatte gab dazu am 26.09.2012 zu Protokoll, dass die Kontrolle zu einem Zeitpunkt stattgefunden habe, an dem im Gasthaus S Vollbetrieb gewesen sei. Es sei ihm ein Formular vorgelegt worden, auf dem er angab, dass er "10 St. x 7 Tage" im Gasthaus S arbeite. Damit sei jedoch nicht gemeint gewesen, dass er täglich 10 Stunden arbeite, sondern dass er pro Woche auf ca. 10 Stunden Arbeitszeit komme. Er gab zu, dass seine Angaben diesbezüglich widersprüchlich seien, er ersuche jedoch zu berücksichtigen, dass er sich aufgrund der schroffen Vorgangsweise der KIAB in einer Stresssituation befunden habe. Er sei zu diesem Zeitpunkt selbstständig erwerbstätig gewesen und habe das Ausflugsschiff mit Bewirtung auf dem Stausee K (Hausboot) betrieben. Wenn Not am Mann gewesen sei, habe er Sie selbstverständlich im angrenzenden Gasthaus S unterstützt, wie dies unter Ehegatten legitim sei, jedoch in einem viel geringeren Zeitsausmaß, nämlich mit ca. 10 Stunden pro Woche. Um ja keinen Gesetzeskonflikt herauf zu beschwören, hätten Sie ihn trotzdem geringfügig angemeldet. Ergänzend wurde noch ausgeführt, dass selbst die Oö. Gebietskranken­kasse kein vollversicherungspflichtiges Dienstverhältnis festgestellt habe, obwohl es doch deren größtes Interesse sein müsste, möglichst hohe Beitragsleistungen zu erlangen.

 

Diese Angaben wurden der Finanzpolizei des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr zur Stellung­nahme übermittelt, welche dazu ausführte, dass eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 St. x 7 Tage zugegeben wurde und die Aussage, dass es sich dabei um eine Wochenarbeitszeit von 10 Stunden handeln soll, zwei Jahre nach der Kontrolle als Schutzbehauptung gewertet werde, weshalb beantragt werde, das Strafverfahren fortzuführen.

 

Mit Schreiben vom 09.10.2012 wurden Ihnen neuerlich Gelegenheit geboten, zu den Ausführungen der Finanzpolizei Stellung zu nehmen.

 

Sie gaben dazu am 18.10.2012 mündlich zu Protokoll, dass es zwar richtig sei, dass Ihr Ehegatte im Zuge der Arbeitnehmerkontrolle bekannt gegeben habe, dass er "10 St. x 7 Tage" in Ihrem Betrieb arbeite, jedoch habe er das ausgehändigte Formular "Personenblatt-Inländer" unter absoluter Stressbelastung und daher in einem "Ausnahmezustand" ausgefüllt, wodurch es zu einem Missverständnis gekommen sei. Er habe nämlich bereits damals gemeint, dass er in 7 Tagen ca. 10 Stunden arbeite. Dies gehe auch aus einem Mail des Steuerberaters vom 19.10.2010 so hervor. Eine wöchentliche Beschäftigung in Ihrem Betrieb im Ausmaß von 70 Stunden sei Ihrem Ehegatten gar nicht möglich gewesen, da er seit 21.04.2010 selbstständig das Hausboot am Stausee K bewirtschaftet habe.

 

Hierüber hat die Behörde erwogen:

Grundsätzlich steht der Ehemann in dem für Rechnung der Ehefrau geführten Betrieb in einem echten Beschäftigungsverhältnis, wenn er seine Tätigkeit in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit - ähnlich einem familienfremden Dienstnehmer - ausübt und zufolge einer ausdrücklichen oder schlüssigen Vereinbarung für diese Tätigkeit einen Entgeltanspruch hat. Für den Fall der Mithilfe von Ehegatten in deren wirtschaftlichem Bereich ist im Zweifel von einer unentgeltlichen Beschäftigung als Ausfluss einer familienrechtlichen Verpflichtung auszugehen (VwGH GZ 2002/08/0211).

 

Bei der Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs.2 ASVG ist entsprechend der höchstgerichtlichen Rechtsprechung darauf abzustellen, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung ­nur beschränkt ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.

 

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschal­tung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbun­dene persönliche Arbeitspflicht unterscheidungsfähige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung. Liegen mehrere dieser unterscheidungsfähigen Kriterien vor, so schließt das gleichzeitige Fehlen anderer Umstände (z.B. eine längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses) eine persönliche Abhängigkeit nicht aus.

 

Entscheidend ist jedenfalls, ob nach dem Gesamtbild der im Einzelfall zu beurteilenden Beschäfti­gung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausge­schaltet und nicht nur beschränkt ist (vgl. VwGH GZ 88/08/0200).

 

Herr J M hat sich Ihnen gegenüber zur persönlichen Arbeitsleistung an sieben Tagen in der Woche verpflichtet. Ebenso war Ihr Ehegatte in Ihrem Betrieb tätig, Sie verfügten daher über die für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel. Die persön­liche und wirtschaftliche Abhängigkeit Ihres Ehegatten Ihnen gegenüber war daher im konkreten Fall gegeben.

 

Ebenso kann aufgrund der lange andauernden und über diesen Zeitraum regelmäßig erbrachten Leistungen Ihres Ehegatten in Ihrem Betrieb, insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass bereits in den Jahren zuvor Ihr Ehegatte im Rahmen der Vollbeschäftigung zur Sozialversicherung angemeldet war, nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsleistung das Gepräge einer - aus dem Familienrecht wurzelnden - Gefälligkeit hatte.

 

Weiters ist auszuführen, dass, wenn zwischen Ehegatten zwar ein Dienstverhältnis im Sinne eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorliegt, die verein­barte oder tatsächlich gewährte Entlohnung - bei Fehlen eines Kollektivvertrages - jedoch unan­gemessen niedrig ist, die aus § 539a ASVG abzuleitende Vermutung im Allgemeinen dafür spricht, dass damit nur die Beitragspflicht gemindert oder die Vollversicherungspflicht vermieden werden sollte. Dem im Betrieb des anderen Ehegatten familienhaft mittätigen Ehegatten steht nämlich ein "Anspruch auf angemessene Abgeltung" seiner Mitwirkung zu, wofür insbesondere die Art und Dauer der erbrachten Leistung maßgeblich sind. Vertragliche Ansprüche aus einem Dienstvertrag zwischen Ehegatten schließen einen Anspruch auf angemessene Abgeltung der Mitwirkung nach § 98 ABGB zwar aus, ist der andere Ehegatte jedoch in einem Dienstverhältnis im Betrieb mittätig und sind die Ansprüche aus dem Dienstverhältnis niedriger als der Anspruch auf angemessene Abgeltung nach § 98 ABGB, dann bleibt diesem Ehegatten insoweit der höhere Anspruch nach § 98 ABGB gewahrt.

 

Es gibt daher im Allgemeinen keinen sachlichen, eine solche Vereinbarung rechtfertigenden Grund dafür, bei einem Dienstverhältnis unter Ehegatten ein deutlich niedrigeres Arbeitsentgelt zu vereinbaren als jenes, welches sich unter Berücksichtigung des Anspruchs nach § 98 ABGB ergeben würde, weil die Differenz auf diesen höheren Anspruch auch im Falle einer solchen Vereinbarung in voller Höhe gewahrt bleibt. Eine den "wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessene rechtliche Gestaltung" im Sinne des § 539a Abs. 3 ASVG würde daher die Höhe des Anspruchs nach § 98 ABGB berücksichtigen. Unterbleibt dies, dann recht­fertigt dies die Vermutung, dass eine Entgeltvereinbarung, welche sowohl das Ausmaß des angemessenen Entgelts als auch die Höhe des Anspruchs nach § 98 ABGB unterschreitet, nur der Vermeidung von Beiträgen zur Sozialversicherung dienen soll.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass Art und Umfang der geleisteten Arbeit weit über eine eheliche Beistandspflicht hinaus geht und Sie als Dienstgeberin des Herrn J M daher jedenfalls die Verpflichtung gehabt hätten, diesen als vollversicherten Dienstnehmer zur Sozial­versicherung anzumelden. Die Höhe des nach dem Kollektivvertrag zu zahlenden Entgelts lag bei einer Beschäftigung im Ausmaß von 70 Wochenstunden jedenfalls über der Geringfügigkeits­grenze des § 5 Abs.2 ASVG, weswegen eine Anmeldung als geringfügig beschäftigter Arbeiter eine Falschmeldung im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG darstellt.

 

Die Aussage, dass es aufgrund der hohen Stressbelastung zu einer falschen Angabe gekommen sei und Ihr Ehegatte tatsächlich lediglich wöchentlich 10 Stunden ausgeholfen habe, erscheint zwei Jahre nach der Durchführung der Arbeitnehmerkontrolle als nicht glaubwürdig. So deutet insbesondere die Tatsache, dass Ihr Einspruch vom 03.12.2010 diesbezüglich keine "Richtig­stellung" enthält, darauf hin, dass es sich hierbei um eine Schutzbehauptung handelt.

 

Zum Verschulden ist auszuführen, dass es sich bei der gegenständlichen Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt. Nach dieser Gesetzesstelle ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder der Nichtbefolgung eines Gebotes ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es besteht daher in solchen Fällen von vornherein die Vermutung eines Verschuldens in Form eines fahrlässigen Verhaltens des Täters, welches aber von ihm widerlegt werden kann.

 

Im gegenständlichen Fall ist von einem vorsätzlichen Verhalten auszugehen, da Ihnen als Dienstgeberin bewusst sein musste, dass Sie Herrn J M bei einer derartigen Beschäftigung als Vollversicherten zur Sozialversicherung anzumelden haben, hat dieser doch schon laut Sozial­versicherungsauszug von 01.08.2008 bis 10.03.2008, von 01.06.2008 bis 10.10.2008 und von 06.02.2009 bis 31.10.2009 in Ihrem Betrieb gearbeitet und erfolgte damals eine ordnungsgemäße Meldung an den zuständigen Sozialversicherungsträger.

 

Grundlage für die Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG 1991 das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im gegenständlichen Fall wurden die im ASVG normierten öffentlichen Interessen, die im Wesentlichen die Eindämmung der Schwarzarbeit und die damit verbundenen volkswirtschaft­lichen Schäden zum Ziel haben, verletzt. Dass dieser Zielsetzung ein hoher Stellenwert beizu­messen ist, lässt sich schon anhand des vom Gesetzgeber festgelegten Strafrahmens von 730 Euro bis zu 2.180 Euro bzw. im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro ableiten.

 

Bei der Strafbemessung wurde, da Sie der diesbezüglichen behördlichen Einschätzung nicht widersprochen haben, von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder ausgegangen.

 

Strafmildernd war Ihre Unbescholtenheit zu berücksichtigen, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Nach § 111 Abs.2 2. Satz ASVG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungs­widrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind. Da Sie erstmals bei einem Verstoß gegen melde­rechtliche Vorschriften des § 111 Abs. 1 ASVG betreten wurden und keine einschlägigen Verwal­tungsvorstrafen aufscheinen, konnte die vorgesehene Mindeststrafe von 730 Euro auf 365 Euro herabgesetzt werden. Dies erscheint angemessen und geeignet, Sie in Zukunft von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

2.           Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw innerhalb offener Frist Berufung in gesamtem Umfang eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt wie folgt:

 

Sie habe, wie bereits mehrfach angegeben, keine Übertretung des ASVG begangen.

 

3.           Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf hat von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung abgesehen und die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 12.02.2013, eingelangt am 15.02.2013, zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Strafe nicht verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4.           Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Am 10.04.2013 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der die Bw, das die Kontrolle am 15.08.2010 leitende Organ der Finanzbehörde und der Ehegatte der Bw einvernommen wurden.

 

Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht fest:

 

Die Bw betrieb im vorgeworfenen Zeitraum vom 02.07. bis 15.08.2010 das Gasthaus "S" und beschäftigte dabei (bis zu) sieben Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer. Es handelte sich dabei um einen (Sommer-)Saisonbetrieb mit der Charakteristik eines Ausflugsgasthauses.

 

Der Ehegatte der Bw, Herr J M, betrieb von 21.04.2010 bis etwa Oktober 2011, also während des gesamten vorgeworfenen Zeitraumes, ein Hausboot mit Buffet, ebenfalls ein Saisonbetrieb. Die mit diesem Hausboot durchgeführten Rundfahrten auf dem Stausee K nahmen (einschließlich Vor- und Nachbereitungszeit) durchschnittlich 20 Stunden pro Woche in Anspruch. Daneben musste das Boot gewartet und gereinigt werden, wobei der dafür zu veranschlagende Zeitaufwand in der Sache zwar nachvollziehbar, quantitativ aber nicht exakt festgelegt werden kann. Herr M war auch damit beschäftigt, sein Angebot zu bewerben bzw. aktiv zu vermarkten.

Die auf dem Hausboot angebotenen Speisen wurden im Gasthaus "S" zubereitet und an Herrn M verkauft.

 

Neben dieser selbständigen Tätigkeit unterstützte Herr M seine Gattin im Gasthaus durch die Ausschank der Getränke bzw. fallweise auch andere Tätigkeiten wie Rasenmähen oder kleinere Reparaturen.

 

Das Ausmaß der Tätigkeit im Gasthaus betrug im Juli 2010 44,5 Stunden, im August 2010 48,5 Stunden, ist also mit durchschnittlich ca. 12 Stunden pro Woche anzunehmen. Die Arbeitsleistung erfolgte in diesem Zeitraum praktisch ausschließlich an den Wochenende bzw. an zwei Montagen, zwei Dienstagen und einem Freitag von etwa Mittag bis in den späteren Nachmittag. Das entspricht der Umsatzcharakteristik eines Ausflugsgasthauses.

Die Mitarbeit im Betrieb der Bw war grundsätzlich auf unbestimmte Zeit vereinbart. Für seine Tätigkeit erhielt Herr M eine Pauschalvergütung von monatlich 300 Euro.

 

Dieses Beschäftigungsausmaß ergibt sich aus handschriftlichen, tabellarischen Arbeitszeitaufzeichnungen, die im Oktober bzw. November 2010 im Wege des Steuerbüros der Bw auch der Oö. Gebietskrankenkasse vorgelegt wurden und Grundlage für die Einstufung der Tätigkeit als geringfügige Beschäftigung waren.

 

5.           Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 5 Abs.2 leg.cit. gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es

1.        für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 29,70 €, insgesamt jedoch von höchstens 386,80 € gebührt oder

2.        für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 386,80 € gebührt.

 

Geringfügig Beschäftigte sind von der Vollversicherung ausgenommen.

 

Gemäß § 111 Abs.1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.         Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.         Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.         Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.         gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Nach Abs.2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

·                mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

·                bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

5.2.        Der im Strafantrag des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr formulierte und dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundeliegende Tatvorwurf basiert ausschließlich – da der übrige Sachverhalt unstrittig ist – auf der im Personenblatt eigenhändig eingetragenen Arbeitszeitangabe des Herrn x. In dieser Rubrik befinden sich die Vermerke "10 x 7" und rechts daneben "10 St x 7 Tage".

 

5.2.1. Herr M hat im Zuge seiner Einvernahme am 10.04.2013 das (im angefochtenen Straferkenntnis nicht behandelte) Zustandekommen dieses "doppelten" Eintrages plausibel geschildert. Er war von der Kontrolle an einem Sonntag Nachmittag bei Vollbetrieb des Gasthauses alles andere als erfreut und hat – bestätigt durch die äußeren Form der Angaben – das Personalblatt offenkundig nur widerwillig ausgefüllt. In das Formularfeld "Tägliche Arbeitszeit (Stunden und Tage):", darunter "Wochenarbeitszeit:" hat er zunächst "10 x 7" eingetragen. Auf Nachfrage der kontrollierenden Beamten hat der dann "10 St x 7 Tage" ergänzt.

 

Die Finanzbehörde schließt aus diesen – durch Nachfrage bestätigten – Angaben, dass Herr "10 Stunden mal 7 Tage" (also 70 Stunden in der Woche) im Betrieb seiner Gattin gearbeitet hat.

 

Herr M hingegen gibt an, diese Angaben als "10 Stunden pro (durch) 7 Tage" gemeint zu haben. Auf Verlangen der Beamten hat er dann die (selben!) Angaben deutlicher notiert.

 

Aus Sicht des erkennenden Mitgliedes ist es in der einhellig als stressbeladen geschilderten Kontrollsituation, und obwohl nachgefragt wurde, an sich nicht unbedingt als erwiesen anzusehen, dass Herrn M der objektive Erklärungsgehalt seiner Darstellungsform auch wirklich bewusst war, da insbesondere nicht (mehr) festzustellen ist, in welcher Art und Weise – etwa auch unter Hinweis auf die Bedeutung des eben Geschriebenen – nachgefragt wurde. Wenn Herr M diesbezüglich aber im Unklaren gelassen wurde, dann ist es in seiner Situation auch nachvollziehbar, dass er über die tatsächliche Bedeutung des Mal-Zeichens weiterhin im Irrtum blieb, und lediglich die Faktorenbenennung ergänzte.

 

5.2.2. Es ist weiters auch nachvollziehbar, dass Herr M diesem (aus seiner Sicht bloßen) Detail selbst trotz des Nachfragens nicht jene Bedeutung beigemessen hat, die die erhebenden Beamten ihrer Beurteilung zu Grunde gelegt haben, da seine Arbeitszeit ja auch auf den im Betrieb aufliegenden Arbeitszeitkarten eingetragen war, die jederzeit eingesehen werden konnten.

 

Im konkreten Fall wurden diese Aufzeichnungen, was aus der im Akt befindlichen Korrespondenz aus den Monaten Oktober und November 2010 eindeutig geschlossen werden kann, nicht nur tatsächlich geführt, sondern im Wege des Steuerberatungsbüros der Bw auch der Oö. GKK vorgelegt, und zwar bereits vor Konkretisierung des aus den mutmaßlichen Diskrepanzen hinsichtlich des Arbeitsumfanges konstruierten Tatvorwurfes, da dies erst in der Strafverfügung vom 15.11.2010 erfolgte.

 

Darüber hinaus spricht auch die durchaus lebensnahe Schilderung der Bw für die Existenz dieser Aufzeichnungen, wenn sie sich in der mündlichen Verhandlung daran erinnert, dass die Unterlagen von den kontrollierenden Beamten hätten fotografiert werden wollen, was aufgrund technischer Probleme mit der Kamera aber nicht gelang. Diese doch eher spezielle Vorgangsweise wurde vom x der Kontrolle der Art nach nicht als unüblich in Abrede gestellt, wenngleich er sich an die technischen Probleme nicht mehr erinnern konnte und der Vorfall im Protokoll auch nicht vermerkt wurde. Die Aussage des einvernommenen Finanzbeamten, dass er die Arbeitszeitaufzeichnungen, wenn sie da gewesen wären, auch zu den Kontrollunterlagen genommen hätte, vermag ob des tatsächlichen Fehlens dieser Unterlagen im Anzeigenkonvolut nicht eindeutig nachzuweisen, dass es diese Aufzeichnungen im Lokal nicht gegeben hat.

 

Von der Gebietskrankenkasse wurden diese Daten der Sachverhaltsbeurteilung im Zusammenhang mit der Geringfügigkeit der Beschäftigung des Herrn M schließlich auch tatsächlich zugrunde gelegt, wurden also als unbedenklich eingestuft, da sie ein für den Betrieb eines Ausflugsgasthauses typisches Bild ergeben. Dieses Faktum kann auch durch das (von den Organen des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr in der mündlichen Verhandlung gerügte) Fehlen der Unterschriften des Arbeitnehmers und der Arbeitgerberin – wodurch der Urkundencharakter der Dokumente eindeutig untermauert worden wäre – nicht nachhaltig in Zweifel gezogen werden. Die Erfassung der Arbeitszeit ist in der hier verwende Form eine durchaus gängige Praxis und wird weder von den steuerrechtlichen Dienstleistungsunternehmen noch von den Behörden beanstandet.

 

Die auf der gleichen Interessenslage basierende Beurteilung durch die Oö. Gebietskrankenkasse, die – abgesehen von den persönlichen Eindrücken bei der Kontrolle – jedenfalls auf dem selben (historischen) Informationsstand erfolgte wie jene der Finanzbehörde, ist zwar nicht präjudiziell, relativiert die von der anzeigenden Stelle gezogenen Schlüsse aber doch nachhaltig.

 

Für die Haltbarkeit des Tatvorwurfes wirkt es sich dabei besonders ungünstig aus, dass das in der Kontrollsituation (u.U. durchaus zu Recht) gewonnene Misstrauen bezüglich der Richtigkeit der Geringfügigkeitsmeldung nicht durch weitere, stichprobenartige, u.U. auch "verdeckte" Überprüfungen, insbesondere zu Zeiten mit anzunehmender Weise weniger Betrieb, verifiziert wurde. Denn auf der Grundlage seiner Angaben hätte es praktisch permanent möglich sein müssen, Herrn M – wenn er nicht gerade mit dem Hausboot unterwegs war – im Gasthaus "S" anzutreffen.

 

5.2.3.    Herrn M war als Ehegatten der Bw die Meldung seiner Beschäftigung als geringfügig mit Sicherheit bekannt, nicht zuletzt, weil es in der Vergangenheit, nämlich in den Jahren 2007 und 2008, auch Zeiten der Vollbeschäftigung im Betrieb seiner Gattin gegeben hat. Diesbezüglich Unkenntnis annehmen zu wollen, entbehrt insbesondere vor dem Eindruck, den die Bw und ihr Ehegatte bzw. ihr Verhältnis zueinander in der mündlichen Verhandlung gemacht haben, jeder rationalen Grundlage.

 

Seinen Angaben nun den Erklärungswillen beizumessen, Kontrollorganen gegenüber eine Wochenarbeitszeit von 70 (!) Stunden bekanntzugeben, entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung und widerspricht – zudem vor dem Hintergrund der ebenfalls unzweifelhaft dokumentierten selbständigen Tätigkeit – den in der österreichischen Rechtsordnung verankerten erklärungstheoretischen Auslegungsansätzen.

 

Die oben angeführten Aufzeichnungen sind im Ausmaß von 10 Stunden pro Woche grundsätzlich mit den Angaben zum Betrieb des Hausbootes vereinbar, während die der Anzeige zugrunde liegende Wochenarbeitszeit von 70 Stunden (10 Stunden x 7 Tage) im Gasthaus "S" in diesem Zusammenhang nicht nachvollzogen werden kann.

 

5.3.      In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird u.a. ausgeführt, dass im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 15.11.2010 keine Richtigstellung der dort vorgeworfenen 70 Wochenstunden erfolgte, sondern diese Argumentation (nach den Ausführungen der Finanzbehörde "jetzt, zwei Jahre nach der Kontrolle") erst deutlich später verfolgt wurde, weshalb sie als Schutzbehauptung bewertet werden müsse.

 

Diese Feststellung ist insoweit unzutreffend, als der Hinweis auf die missverständliche und irrtümliche Darstellungsform der Arbeitszeit durch Herrn M bereits in einer Nachricht des Steuerbüros der Bw an die Oö. Gebietskrankenkasse vom 19.10.2010 (also beinahe einen Monat vor Erlassung der Strafverfügung !) enthalten ist und im Sinne der (somit durchgängigen) Argumentation, es handle sich um die Angabe der Wochenarbeitszeit, aufgeklärt wurde.

 

Warum die Bw im Einspruch diese Erklärung nicht angeführt hat, darüber kann nur gemutmaßt werden. Es ist aber jedenfalls unzutreffend, dass diese Argumentation erst später "kreiert" wurde, um vom vermeintlich "echten" Aussagegehalt der Angaben auf dem Personenblatt abzulenken.

 

5.4. Aus der Tatsache (Jahre !) zurückliegender Vollanmeldungen und dem Umstand, dass die aktuellen Leistungen des Ehegatten über einen längeren Zeitraum erbracht wurden, auf das Nichtvorliegen einer geringfügigen Beschäftigung zu schließen, widerspricht dem Wortlaut des Gesetzes. Dort ist ein auf unbestimmte Zeit vereinbartes geringfügiges Beschäftigungsverhältnis nämlich explizit angeführt (vgl. § 5 Abs.2 Z.2, 2. Variante ASVG).

 

5.5. Die von der Bw im Zuge der mündlichen Verhandlung selbst ins Treffen gebrachten sonstigen Arbeiten ihres Ehegatten (fallweise Rasenmähen, kleinere Reparaturen, etc.) konnten insbesondere für den angelasteten Zeitraum nicht quantifiziert werden, und stellen zudem nach Ansicht des erkennenden Mitgliedes übliche Gefälligkeiten, wie sie unter Eheleuten x sind, dar. Ein (nur) deshalb vorliegende Vollbeschäftigung war daraus jedenfalls nicht abzuleiten.

 

5.6. Ebenfalls in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses bemängelt die die belangte Behörde vor dem Hintergrund der zivilrechtlichen Bestimmungen über die Grundsätze eines Dienstverhältnisses (auch unter Ehegatten) die eklatante Unverhältnismäßigkeit der Entlohnung (70 Wochenstunden gegen ein Entgelt von 300 Euro).

 

Diese Feststellung ist zweifellos richtig, verkennt auf der Grundlage der beweisbaren Sachverhaltselemente aber, dass im konkreten Fall nicht die Entlohnungssumme der diese Diskrepanz verursachende Faktor ist.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der für ein Strafverfahren gebotene sichere Nachweis eines Beschäftigungsausmaßes über dem der Geringfügigkeit (trotz tendenziell vorhandener Ansätze einer anderslautenden Verdachtslage) nicht erbracht werden konnte.

 

Schon aus diesem Grund erübrigt sich die nähere Auseinandersetzung mit den Wesenselementen eines Beschäftigungsverhältnisses iSe persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit.

 

5.7. Durch die Verhängung einer Strafe in der Höhe von 365 Euro wurde von der belangten Behörde die in der Strafnorm verankerte Mindeststrafe im Wege der außerordentlichen Strafmilderung – die quasi normduplizierend auch in den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen konkretisierend festgeschrieben wurde – halbiert.

 

Sie hat dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie dem inkriminierten Verhalten nur geringen Unrechtsgehalt beimisst. Dennoch setzt ein derartiges Vorgehen sowohl tatbildmäßiges als auch schuldhaftes Verhalten voraus.

 

Da der Nachweis tatsächlicher, das Maß der Geringfügigkeit überschreitender Arbeitsleistung auf der Basis der einzelnen Überprüfung an einem Tag mit Hochbetrieb (und daher plausiblem Unterstützungsbedarf) nicht erbracht werden konnte, ist schon die Tatbildmäßigkeit des angelasteten Verhaltens zu verneinen.

 

Ist die objektive Tatseite aber nicht erfüllt, erübrigt sich die Betrachtung und Beurteilung der subjektiven.

 

6.           Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Markus Kitzberger

 

 

 

 

 

 

 

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