Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281529/2/Kl/TK/BRe

Linz, 11.04.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft  Schärding vom 11. März 2013, Ge96-37-2012, wegen eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen Herrn X, X, X, wegen Übertretung nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm §§ 5 Abs. 2 Z 2 und 10 Abs. 1 Z 4 Bauarbeitenkoordinationsgesetz - BauKG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11. März 2013, Ge96-37-2012, wurde das gegen Herrn X, X, X, eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Z 2 und § 10 Abs. 1 Z 4 Baustellenkoordinationsgesetz (gemeint wohl Bauarbeitenkoordinationsgesetz) – BauKG gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt. Folgende Tat wurde zur Last gelegt: "Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der X mit dem Sitz in X, X, und haben es als solcher zu verantworten, dass die X am 11.06.2012 auf der Baustelle des X, X, X, als Baustellenkoordinator nicht darauf geachtet hat, dass die Arbeitgeber die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG anwenden. Am 11.06.2012 arbeitete ein Arbeitnehmer der X, X, X, Herr X, geb. X, auf dem ca. 35° geneigten Dach an der Hofinnenseite bei einer Absturzhöhe von 5,0 m, wobei keine geeigneten Schutzeinrichtungen vorhanden waren. Dies stellt eine Übertretung des § 87 Abs. 3 BauV dar, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht vom Arbeitsinspektorat Wels Berufung eingebracht und die Aufhebung des Bescheides und Bestrafung des Beschuldigten wegen der in der Anzeige vom 21. November 2012 angeführten Übertretung in der beantragten Höhe beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der Baustellenüberprüfung am 11.6.2012 beobachtet und zur Anzeige gebracht wurde, dass an diesem Tage auf der Baustelle Bauherr X, X, X, ein Arbeitnehmer der X, X, X, Herr X, auf dem ca. 35° geneigten Dach an der Hofinnenseite bei einer Absturzhöhe von 5,0 m mit dem Anbringen der Anschlussbleche beschäftigt war, wobei keine geeigneten Schutzeinrichtungen vorhanden waren. Dadurch wurde § 5 Abs. 1 Z 2 BauKG übertreten, wonach der Baustellenkoordinator die Umsetzung der für die betreffende Baustelle geltenden Bestimmungen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu koordinieren hat. Laut Bauvertrag vom 30. März 2012 bzw. Abschluss vom 12. April 2012 wurden die Aufgaben des Baustellenkoordinators gemäß Bauarbeitenkoordinationsgesetz von der Fa. X übernommen.

Im Strafantrag des Arbeitsinspektorates Wels wurde keinesfalls die Nichteinhaltung des § 5 Abs. 2 Z 2 Bauarbeitenkoordinationsgesetz vorgeworfen, sondern die Übertretung des § 5 Abs. 1 Z 2 Bauarbeitenkoordinationsgesetz.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und sich die Berufung nur gegen die rechtliche Beurteilung richtet, war keine mündliche Verhandlung anzuberaumen (§ 51 e VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG, BGBl. I Nr. 37/1999 i.d.F. BGBl. I Nr. 51/2011 hat der Baustellenkoordinator die Umsetzung der für die betreffende Baustelle geltenden Bestimmungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu koordinieren.

Gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 Bau KG hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG anwenden.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Baustellenkoordinator die Verpflichtungen nach § 5 verletzt.

 

Gemäß § 31 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt 6 Monate.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

5.2. Das Arbeitsinspektorat Wels hat mit Strafanzeige vom 21. November 2012 hinsichtlich der X, X, X, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 BauKG zur Anzeige gebracht, wonach der Baustellenkoordinator die Umsetzung der für die betreffende Baustelle geltenden Bestimmungen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu koordinieren hat. Laut Bauvertrag vom 30. März 2012 bzw. Abschluss vom 12. April 2012 wurden die Aufgaben des Baustellenkoordinators gemäß Bauarbeitenkoordinationsgesetz von der Fa. X übernommen. Es wurde am 11.6.2012 bei einer Baustellenüberprüfung festgestellt, dass an einer näher bezeichneten Baustelle ein namentlich genannter Arbeitnehmer der X, X, X, auf dem ca. 35° geneigten Dach an der Hofinnenseite bei einer Absturzhöhe von 5,0 m mit dem Anbringen der Anschlussfläche beschäftigt war, wobei keine geeigneten Schutzeinrichtungen vorhanden waren. Dies stellt eine Übertretung des § 87 Abs. 3 BauV dar.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.11.2012, Ge96-37-2012, ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn X als handelsrechtlichen Geschäftsführer der X wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs. 2 Z 2 und 10 Abs. 1 Z 4 BauKG eingeleitet, weil er als Baustellenkoordinator nicht darauf geachtet hat, dass die Arbeitgeber die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG anwenden.

Sowohl in einem Schreiben vom 23.11.2012 als auch vom 21. Dezember 2012 an das Arbeitsinspektorat Wels bezieht sich die Bezirkshauptmannschaft Schärding auf eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 BauKG. In seiner darauffolgenden Stellungnahme vom 9. Jänner 2013 bekräftigt das Arbeitsinspektorat nochmals, dass § 5 Abs. 1 Z 2 BauKG übertreten wurde, wonach der Baustellenkoordinator die Umsetzung der für die betreffende Baustelle geltenden Bestimmungen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu koordinieren hat. Aber auch bei der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16.1.2013 geht die Bezirkshauptmannschaft von einer Übertretung des § 5 Abs. 2 Z 2 und § 10 Abs. 1 Z 4 BauKG aus und verweist auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.11.2012.

 

Damit wurde innerhalb der gemäß § 31 Abs. 2 VStG festgelegten Verfolgungsverjährungsfrist von 6 Monaten (diese endete am 11.12.2012) dem Berufungswerber eindeutig eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 und § 10 Abs. 1 Z 4 BauKG zur Last gelegt. Diese ist sowohl nach der Anzeige des Arbeitsinspektorates sowie nach dem gesamten Verfahrensergebnis vom Beschuldigten jedoch nicht begangen worden.

Es hat daher die belangte Behörde zu Recht das wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs. 2 Z 2 und 10 Abs. 1 Z 4 BauKG eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt, weil der Beschuldigte diese Tat nicht begangen hat. Es war daher der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu bestätigen.

 

Die vom Arbeitsinspektorat Wels angezeigte Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 BauKG wurde jedoch dem Beschuldigten – wie dem oben aufgezeigten Verwaltungsgang zu entnehmen ist – zu keiner Zeit vorgeworfen. Es wurde daher hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung eine Verfolgungshandlung gegen den Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von der Behörde nicht gesetzt. Es ist daher hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung bereits Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen des angezeigten Deliktes ist daher wegen eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 15.2.2013, Zl. 2012/09/0046, bekräftigt, dass im Verwaltungsstrafverfahren die Berufungsbehörde trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, doch auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt, sodass sie ihn nicht für eine Tat schuldig sprechen darf, die ihm im Verfahren vor der ersten Instanz gar nicht zur Last gelegt worden ist (vgl. dort weitere Judikaturnachweise).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: Tat nicht begangen; Verfolgungsverjährung; "Sache" im Verwaltungsstrafverfahren

 

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