Linz, 05.03.2013
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Anträge des Herrn Arch. Dipl.-Ing. x, c/o x Rechtsanwälte GmbH, x, vom 28. Februar 2013 auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Marktgemeinde x betreffend das Vorhaben "Direktvergabe im Unterschwellenbereich betreffend Architektur- und Planungsteilleistungen zur Generalsanierung der Neuen x ", zu Recht erkannt:
I. Die Anträge auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom 28. Februar 2013 werden zurückgewiesen.
II. Die Marktgemeinde x wird verpflichtet, Herrn Arch. Dipl.-Ing. x die geleistete Pauschalgebühr in Höhe von insgesamt 300 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
zu I.: §§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 68/2010 iVm § 140 Abs.7 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 idF BGBl. I Nr. 10/2012.
zu II.: § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 idgF.
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Eingabe vom 28. Februar 2013 hat Herr Arch. Dipl.-Ing. x, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, (im Folgenden: Antragsteller) einen Antrag auf Nachprüfung der Wahl des Vergabeverfahrens, in eventu der Ausschreibung, in eventu der Ausschreibungsbestimmungen zu den Zuschlagskriterien sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 300 Euro beantragt.
Begründend führte der Antragsteller hiezu im Wesentlichen aus, dass die Wahl des Vergabeverfahrens bekämpft werde. In der von der Auftraggeberin gewählten Vergabekonstruktion werde einerseits ein Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung im Oberschwellenbereich betreffend einen Bauauftrag inkl. Planungsteilleistungen mit komplexem Leistungsbild durchgeführt. Der in diesem Verhandlungsverfahren ermittelte Generalübernehmer sei sodann nach den Ausschreibungsbedingungen verpflichtet, den von der Auftraggeberin ausgewählten Architekten zu übernehmen und diesen mit allen weiteren Architekten- und Planungsleistungen von Einreichplanung über Detailplanung bis hin zur künstlerischen Oberleitung selbst zu beauftragen. Die Wahl des Architekten erfolge dabei auf direktem Weg durch die Auftraggeberin und damit ohne Nachprüfungskontrolle der Architektenauswahl durch eine Vergabekontrollbehörde.
Zu diesem Zwecke habe die Auftraggeberin zur Umgehung der Bestimmungen des BVergG 2006 willkürlich einzelne Teilleistungen aus den gesamten von ihr für das Vorhaben benötigten Architektur- und Planungsleistungen für ein eigenständiges Direktvergabe-Verfahren ausgewählt, deren vermutlicher Auftragswert – isoliert betrachtet – die Wertgrenze von 100.000 Euro nicht überschreite. Durch diese Vorgehensweise sei ersichtlich, dass die Auftraggeberin die Bestimmungen des BVergG 2006 betreffend die Ausschreibung von Architektur- und Planungsleistungen umgehen wolle. Das Konstrukt der Auftraggeberin habe den alleinigen Zweck, dass die Auftraggeberin die Person des Architekten für die gesamten Architektur- und Planungsleistungen frei wählen möchte, ohne dass die Zuschlagsentscheidung durch eine Vergabekontrollinstanz geprüft werden könne.
Sowohl das Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung betreffend den Bauauftrag als auch die Direktvergabe im Unterschwellenbereich sieht als Auftragsgegenstand Planungsteilleistungen vor, deren gemeinsamer Auftragswert den Schwellenwert nach der Zusammenrechnungsregel des § 16 Abs.1 BVergG 2006 überschreite. Ausgehend von den geschätzten Errichtungskosten inkl. Planungsleistungen in Höhe von 5,5 Mio Euro errechne sich nach der Honorarordnung für Architekten Besonderer Teil A (HOA) ein Schätzhonorar von zumindest 270.000 Euro, wobei die HOA 2002 die Grundlage des Gemeindevertrages in OÖ, an welchem sich jede Beauftragung eines Architekten durch eine Gemeinde zu richten habe, bilde. Damit werde der Auftragswert für die Direktvergabe nach § 41 BVergG 2006 nicht nur überschritten, sondern übersteige der Auftragswert von zumindest 270.000 Euro für die gesamten Architekten- und Planungsleistungen auch den Schwellenwert für ein verpflichtendes Oberschwellenverfahren nach § 12 Abs.1 Z2 BVergG 2006.
Die Trennung der Architektur- und Planungsteilleistungen in Vorentwurf der thermischen Sanierung der Außenhülle, Erstellung einer Kostenberechnungsgrundlage inkl. Maßnahmenkatalog des Landes OÖ, Entwurf einer thermischen Sanierung und der Innenraumsanierung und der Einreichplanung der Außenhülle im Rahmen der Direktvergabe einerseits und der Ausführung- und Detailplanung der thermischen Sanierung der Außenhülle, künstlerische, technische und gesellschaftliche Oberleitung der Bauausführung und der technischen Beratung der Auftraggeberin im Rahmen des Verhandlungsverfahrens mit Bekanntmachung im Rahmen der nachfolgenden Direktbeauftragung durch den Generalübernehmer andererseits sei willkürlich und stelle damit eine unzulässige Auftragssplittung zur Umgehung der Bestimmungen des BVergG 2006 dar. Es wäre vielmehr Aufgabe der Auftraggeberin, etwa im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens iSd § 26 BVergG 2006, Architekturleistungen für die gestalterische Umsetzung der beabsichtigten Generalsanierung auszuschreiben.
Des weiteren wurde noch ausführlich darauf hingewiesen, dass die Zuschlagskriterien eine objektive Bewertung der Angebote nicht zulassen würde, weshalb die Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung der Bieter verletzt würden.
Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Wahl und Durchführung eines rechtmäßigen Vergabeverfahrens, insbesondere auf Nichtumgehung der Bestimmungen des BVergG 2006 durch willkürliches Auftragssplitten von Architektur- und Planungsleistungen und Nichtdurchführung eines Direktvergabeverfahrens entgegen der Bestimmung des § 41 BVergG 2006 sowie auf ordnungsgemäße Anwendung der Bestimmungen des BVergG 2006, insbesondere der Bestimmungen der §§ 13 und 19 BVergG 2006 und auf ordnungsgemäße Prüfung und Bewertung der Angebote, insbesondere auf vergaberechtskonforme Bestbieterermittlung, verletzt.
Die Antragstellerin bekundete ausführlich ihr Interesse am Vergabeverfahren. Zum Schaden wurde ausgeführt, dass der Verlust eines Referenzprojektes drohen würde sowie dass bei Nichterteilung des Zuschlages die Kosten für den Gewinnentgang und den Entgang aus der fehlenden Deckung der Geschäftsgemeinkosten in Höhe von ca. 10.000 Euro frustriert wären.
Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin zunächst auf die Ausführungen zum Hauptantrag und bringt weiters im Wesentlichen vor, dass die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausfallen müsse, zumal kein besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ersichtlich sei. Aus gemeinschafts- und verfassungsrechtlicher Sicht sei grundsätzlich gefordert, dass auch die fehlerhafte Wahl des Vergabeverfahrens effektiv angefochten werden könne und bestehe damit ein öffentliches Interesse an der Nichtfortführung des Vergabeverfahrens.
1.2. Über Ersuchen des Oö. Verwaltungssenates wurde von der Antragstellerin hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Anträge mit Bekanntgabe vom 4. März 2013 im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass die Antragstellerin am 26. Febuar 2013 aufgrund der übermittelten Ausschreibungsunterlagen zur Direktvergabe im Unterschwellenbereich erstmals Kenntnis davon erlangte, dass die Auftraggeberin für die Ausschreibung über Architektur- und Planungsteilleistungen zur Generalsanierung der Neuen x gewählt habe.
2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde x als Auftraggeberin sowie die x GmbH als ausschreibende Stelle am Nachprüfungsverfahren beteiligt.
Mit Eingabe vom 4. März 2013 teilte die Marktgemeinde x mit, dass die Ausschreibung betreffend das Vorhaben "Direktvergabe im Unterschwellenbereich zur Vergabe von Architektur- und Planungsleistungen zur Generalsanierung der " mit 1. März 2013 widerrufen wurde. Diese Tatsache sei den Bewerbern und somit auch dem Antragsteller am 1. März 2013 schriftlich mitgeteilt worden.
3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.
Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.
Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.
3.2. Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.
Gemäß § 5 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 ist ein Nachprüfungsantrag jedenfalls unzulässig, wenn
- er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet,
- er nicht innerhalb der Fristen des § 4 gestellt wird oder
- er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.
Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.nn BVergG 2006 stellt die Wahl des Vergabeverfahrens bei Direktvergaben eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.
Gemäß § 140 Abs.7 BVergG 2006 kann der Auftraggeber von der Vorgangsweise gemäß den Abs.1 bis 7 absehen und den Widerruf unmittelbar und ohne Abwarten einer Stillhaltefrist erklären. Der Auftraggeber hat die im Vergabeverfahren verbliebenen Unternehmer, soweit dies möglich ist, unverzüglich und nachweislich zu verständigen oder die Widerrufserklärung im Internet bekannt zu machen.
Der gegenständliche Antrag richtet sich gegen die Wahl des Vergabeverfahrens. Diese Entscheidung wurde von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 1. März 2013 – zulässiger Weise – widerrufen. Der Widerruf bewirkt, dass im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren die Entscheidung weggefallen ist und daher im Sinne des § 5 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 keinen Anfechtungsgegenstand mehr bildet. Der Nachprüfungsantrag ist daher im laufenden Verfahren durch die Widerrufserklärung vom 1. März 2013 unzulässig geworden, weshalb dieser zurückzuweisen war. Gleiches gilt für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
4. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw die Antragstellerin, der bzw die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.
Vom Antragsteller wurden für die gegenständlichen Anträge Pauschalgebühren in der Gesamthöhe von 300 Euro entrichtet.
Durch den Widerruf der gegenständlichen Ausschreibung im laufenden Nachprüfungsverfahren wurde der Antragsteller insofern klaglos gestellt. Im Sinne der Bestimmung des § 23 Abs.1 zweiter Satz Oö. VergRSG 2006 war daher dem Antragsteller der Ersatz der zu entrichtenden Pauschalgebühren in Höhe von 300 Euro (200 Euro für den Nachprüfungsantrag und 100 Euro für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) zuzuerkennen.
5. In den gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von insgesamt 63,70 Euro (für Nachprüfungsantrag und Antrag auf einstweilige Verfügung) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Ilse Klempt
Beschlagwortung: Widerruf