Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-360069/2/AL/HK

Linz, 23.04.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Astrid Lukas über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 7. November 2012, GZ: Pol96-18-2-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 7. November 2012, GZ: Pol96-18-2-2011, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) für schuldig erkannt, er habe es als ständiger Vertreter und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma X, x, x, nach § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zu verantworten, dass am 17. Dezember 2010 anlässlich einer Kontrolle des Finanzamtes Linz im x, x, x, dass an 6 elektronischen Glücksspielgeräten aufgrund mangelnder Mitwirkung des Lokalverantwortlichen in Form von Nicht-Bereitstellen von Spielgeld keine Testspiele möglich waren sowie dass für diese – näher konkretisierten – Geräte auch keine Spielbeschreibungen vorgelegt werden konnten.

 

Als verletzte Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde § 50 Abs 4 GSpG iVm § 52 Abs 1 Z 5 GSpG an, verhängte über den Bw eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 600 Euro – je Gerät 100 Euro – (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) und verpflichtete ihn zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in Höhe von 10 % der Geldstrafe.

 

1.2. Zum Sachverhalt stellte die belangte Behörde fest, dass der Bw als ständiger Vertreter der Firma X anzusehen sei. Diese Firma habe ihren Sitz in X und eine österreichische Zweigniederlassung in X, X. Die 6 Glücksspielgeräte seien im Kontrolllokal, X, X, "X", von der angesprochenen Unternehmung aufgestellt und betrieben worden. Am 17. Dezember 2010 habe ab 11.04 Uhr im besagten Lokal eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz stattgefunden und seien zu Beginn dieser Kontrolle 6 Glücksspielgeräte eingeschaltet und betriebsbereit vorgefunden worden. Unmittelbar nach Beginn der Glücksspielkontrolle habe der bei der X beschäftigte Lokalverantwortliche X Herrn X telefonisch über die Kontrolle informiert. Herr X sei aufgrund eines anderen Termins nicht persönlich erschienen. Herr X habe trotz zweifacher Aufforderung der Kontrollorgane kein Geld für die Durchführung der Testspiele zur Verfügung gestellt und habe auch sonst keine Auskünfte erteilt, die eine ordnungsgemäße Kontrolle ermöglicht hätten. Zudem seien für sämtliche Geräte keine Spielbeschreibungen aufgelegen.

 

1.3. In rechtlicher Hinsicht wurde im wesentlichen erwogen, dass den Organen der öffentlichen Aufsicht die Durchführung von Testspielen durch das Nicht-Bereitstellen von Spielgeld unmöglich gemacht worden sei. Zu der Rechtfertigung des Beschuldigten, dass ursprünglich die entsprechenden Geldmittel im Lokal für Probespiele zurückgelassen worden seien, wird von der belangten Behörde festgehalten, dass das ursprüngliche Zurücklassen der Geldmittel der Mitwirkungspflicht nicht genüge, sondern dass es vielmehr erforderlich sei, dafür zu sorgen, dass das Geld auch ständig bereit stehe und von den lokalverantwortlichen Mitarbeitern den Kontrollorganen ausgehändigt werde, um die Durchführung von Testspielen zu ermöglichen. Außerdem habe trotz Aufforderung keine Spielbeschreibung vorgelegt werden können.

 

In weiterer Folge finden sich Ausführungen, dass der Fa. X als Aufstellerin der Geräte und Dienstgeberin des Lokalverantwortlichen das Fehlverhalten zurechenbar sei und der Bw gem § 9 VStG dafür zur Verantwortung gezogen werden müsse. Abschließend wird die Strafe bemessen.

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung.

 

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass es sich bei den Gerätschaften um keine Glücksspielgeräte iSd GSpG handle, sondern nur Eingabeterminals gegeben seien. Die ausspielenden Gerätschaften befänden sich in der X und würden dort legal betrieben; gegenteilige Feststellungen würden vermisst. Darüber hinaus sei die Begründung der belangten Behörde auch als mangelhaft zu erkennen.

 

Abschließend stellt der Bw die Berufungsanträge

1. das Straferkenntnis wolle abgeändert werden und erkannt werden, dass das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen sei;

2. in eventu wolle das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Ermittlungsverfahren ergänzt werden.

Weiters wird der Antrag gestellt, die verhängte Strafe herabzusetzen.

Darüber hinaus wird der Antrag gestellt, gem § 21 VStG von der Bestrafung abzusehen.

 

 

2.2. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 21. November 2012 die Berufung und ihren Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung macht die belangte Behörde aus Plausibilitätsgründen nicht Gebrauch.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989 in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 73/2010 (in der Folge: GSpG) sind für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG zuständig. Nach § 27 VStG ist im vorliegenden Fall auch die örtliche Zuständigkeit als gegeben anzunehmen.

 

4.2. Gemäß § 50 Abs 4 GSpG in der damals geltenden Fassung – die Novellierung dieser Bestimmung durch das Bundesgesetz BGBl I 112/2012 war auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden – sind die Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG und die im § 50 Abs 2 und 3 leg.cit. genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 GSpG vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 GSpG oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstößt.

 

Gemäß § 52 Abs 5 GSpG beträgt die Verjährungsfrist (§ 31 Abs 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß § 52 Abs 1 GSpG ein Jahr.

 

4.3. § 50 Abs 4 GSpG normiert eine "umfassende" Mitwirkungs- und Duldungspflicht, welche sich an verschiedene Adressaten richtet. Im Grunde soll diese Mitwirkungs- und Duldungspflicht die Effizienz der Kontrolle im Rahmen des GSpG steigern (vgl grundlegend EBRV 658 BlgNR 24. GP, 3) und zur Gewinnung der notwendigen Informationen zur Durchführung der Überwachungsaufgaben im Rahmen des GSpG führen, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (vgl dazu § 50 Abs 4 1. Satz GSpG).

 

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung wird eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht – welcher im Kern des Begriffes notwendig ein begründeter, d.h. auf Tatsachen zurückzuführender, ist (siehe zum retrospektiv diagnostischen Element des Verdachtsbegriffes im Rahmen der abduktiven Entdeckung und Bewertung von Hypothesen Schulz, Normiertes Misstrauen, 224 ff, 312 ff und 528 f) – auf einen Verstoß gegen das GSpG vor, so endet der Anwendungsbereich der Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Denn ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke (arg.: "erforderlich") der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

Diese Auslegung korreliert jedenfalls betreffend die Mitwirkungspflicht in den überwiegenden Fallkonstellationen mit den Vorgaben des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips "nemo tenetur se ipsum accusare", nach dem der Gesetzgeber keine Regelung treffen darf, die eine im Verdacht einer strafbaren Handlung stehende Person verpflichtet, Beweise gegen sich selbst zu liefern (dazu mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 786).

 

Ganz in diesem Sinne verstößt auch nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes die Pflicht des Beschuldigten, seine Unschuld nachzuweisen, gegen die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK; zudem ist nach verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung aus dem Anklageprinzip nach Art. 90 Abs. 2 B-VG abzuleiten, dass der Beschuldigte nicht gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten und insbesondere auch nicht zu einer aktiven Mitwirkung an der Beweiserhebung gegen ihn (vgl. mwN aus Rechtsprechung und Lehre Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 885).

 

Darüber hinaus ist aus dem Wortlaut des § 50 Abs. 4 GSpG abzuleiten, dass die Duldungs- und Mitwirkungspflicht nicht nur ad personam (hinsichtlich einer konkret beschuldigten Person) durch die Anwendbarkeit des Selbstbezichtigungsverbotes begrenzt ist, sondern dass das Entstehen der Verdachtslage auch generell die maßgebliche Zäsur für den Anwendungsbereich der Verpflichtung nach § 50 Abs. 4 GSpG darstellt.

 

Ist somit aus der objektiven Sichtweise ex ante eine Verdachtslage auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz gegeben, so endet zumindest die Mitwirkungspflicht mit diesem Zeitpunkt (siehe zur vorzunehmenden Art der Abgrenzung in ähnlichen Konstellationen Lienbacher, Ist staatsanwaltliches Handeln ein zulässiger Kontrollgegenstand, in Lienbacher/Wielinger, Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 73 f). Denn es geht dann nicht mehr nur um die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben zur Kontrolle der Einhaltung des Glücksspielgesetzes, sondern um strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen im Hinblick auf einen Verstoß.

 

Selbst wenn man im bloßen Einschreiten von Hilfsorganen der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) – deren Verhalten der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zuzurechnen ist – noch keinen formalen Beginn eines Strafverfahrens im Sinne des § 32 VStG (arg. noch keine behördliche Verfolgungshandlung) erkennen sollte, vermöge dies am oben dargelegten, verfassungsrechtlich gebotenen Interpretationsergebnis, das nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs aus der materiellen Bedeutung des Anklageprinzips nach Art 90 Abs 2 B-VG folgt und daher auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt (vgl mN Mayer, B-VG4 [2007] Art 90 B-VG Anm III), sachlich nichts zu ändern. Es liegt auf der Hand, dass das bloße Abstellen auf behördliche Verfolgungshandlungen und ein Ausblenden des Verfolgungsverhaltens von Hilfsorganen nur ein der Aushöhlung und Umgehung dienender Formalismus wäre, der dem Wesensgehalt des verfassungsrechtlichen Selbstbezichtigungsverbots und der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK diametral zuwiderliefe. Denn wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Strafverfahren wegen verbotenen Glücksspiels wäre eine strafbewehrte Mitwirkungspflicht an einer zum Zwecke der Strafverfolgung durchgeführten Glücksspielkontrolle unverhältnismäßig und dem Kerngehalt der Garantie eines fairen Verfahrens widersprechend (vgl. dazu eingehend mN Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] 456 ff Rz 123).

 

Vor diesem Hintergrund ist nun aus der Zusammenschau des Akteninhalts, insbesondere der Anzeige der Finanzpolizei samt der aufgenommenen Niederschrift mit ihren offenkundig dem Ziel der strafrechtlichen Aufklärung (Strafverfolgung) dienenden Fragen und Formulierungen (zB "Verdacht der Übertretung nach dem Glücksspielgesetz"), und aus dem Umstand, dass in Oberösterreich auch das kleine Glücksspiel immer verboten war (weshalb keine Übergangsfristen gemäß § 60 Abs 25 GSpG in Betracht kommen) zu erkennen, dass für das Einschreiten der Finanzpolizei im gegenständlichen Fall der Verdacht von Eingriffen in das Glücksspielmonopol und damit von Übertretungen der Strafbestimmung des § 52 GSpG im Vordergrund stand. So wurden laut Feststellungen der Finanzpolizei beim Eintreffen im Lokal 6 Geräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden. Schon in diesem Zeitpunkt lag die oben beschriebene Verdachtslage vor und endete bei verfassungskonformer Auslegung die Mitwirkungspflicht gemäß dem § 50 Abs 4 GSpG. Mangels einer Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung und Aufklärung von Delikten war auch keine mit Strafe bedrohte Handlung möglich.

 

Die Bestrafung des Bw erfolgte damit schon aus diesem Grund nicht zu Recht.

 

4.4. Weiters ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Spruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

4.5.1. Die Bestimmung des § 50 Abs 4 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung verpflichtet verschiedene Adressaten, nämlich Veranstalter und Anbieter von Glücksspielen und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, unmittelbar zur Mitwirkung. Zu diesen Varianten unmittelbarer Täterschaft kann jeweils eine Beteiligungssituation hinzutreten. Beispielsweise ist denkbar, dass der Veranstalter oder Anbieter von Glücksspielen dazu beiträgt oder anstiftet, dass eine bereithaltende Person der Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Weiters ist zu bedenken, dass – wie es im gegenständlichen Fall gegeben ist – eine juristische Person als Veranstalter bzw Anbieter in Frage kommt und wiederum ein außenvertretungsbefugtes Organ (zB der Geschäftsführer) im Rahmen des § 9 VStG verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang haftet das außenvertretungsbefugte Organ wiederum in zwei Varianten. Entweder setzt das Organ selbst in zurechenbarer Weise ein rechtswidriges Verhalten für die juristische Person oder das außenvertretungsbefugte Organ muss sich ein rechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern als Organisationsverschulden zurechnen lassen.

 

Da nun die Art der Täterschaft einer Verwaltungsübertretung nach dem § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in vielen Erscheinungsformen möglich ist, hat im Spruch des Straferkenntnisses eine genaue Aus- und Anführung zur Täterschaft und Beteiligung iSd § 7 VStG zu erfolgen, um dem Beschuldigten eine entsprechende Verteidigung zu ermöglichen. Erfolgt diese Differenzierung und Konkretisierung nicht, so ist der Spruch des Straferkenntnisses nicht iSd Anforderungen nach § 44a Z 1 VStG bestimmt und unverwechselbar und daher mit Rechtswidrigkeit behaftet. So hat beispielsweise der Verwaltungsgerichtshof zur Beteiligungsform der Beihilfe klargestellt, dass im Spruch sowohl die Tatumstände zu konkretisieren sind, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht, als auch jenes konkrete Verhalten darzustellen ist, durch welches der Tatbestand der Beihilfe verwirklicht wird (vgl VwSlg 13112 A/1990 und VwSlg 13224 A/1990).

 

4.5.2. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Tatbegehungsformen hätte die belangte Behörde eine differenzierte und konkretisierte Fassung des Tatvorwurfes vornehmen müssen. Ihre Ausführungen decken sich stattdessen weitgehend mit dem Gesetzeswortlaut im § 50 Abs 4 GSpG und reichen für die Bestimmtheit iSd § 44a Z 1 VStG nicht hin. Durch die substanzlose Verwendung der verba legalia wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch keine Konkretisierung im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Denn es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Diese einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches iSd § 44a Z 1 VStG ist einerseits deshalb erforderlich, damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und andererseits um den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.3.2010, Zl. 2010/17/0017).

 

4.5.3. Im konkreten Spruch hat es die belangte Behörde bezüglich jedes einzelnen Tatvorwurfes unterlassen, hinreichend zu konkretisieren, worin die Tathandlung des Bw gelegen ist. Es wird lediglich formuliert, dass der Bw es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der X "zu verantworten" habe, dass an den Gerätschaften aufgrund mangelnder Mitwirkung des Lokalverantwortlichen in Form von Nicht-Bereitstellen von Spielgeld keine Testspiele möglich waren, sowie dass keine Spielbeschreibungen vorgelegt werden konnten.

 

Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist grundsätzlich nach § 9 Abs 1 VStG strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Soweit eine juristische Person Adressat einer Verwaltungsstrafnorm ist, treten an ihre Stelle die zur Vertretung nach außen berufenen Personen oder allfällige verantwortliche Beauftragte. Dabei ist das Organ auch dann verantwortlich, wenn das Tatbild durch andere Personen im Unternehmen verwirklicht wird, weil es nicht genügend Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. Es kann aber nur für solche Verhaltensweisen Dritter bestraft werden, die der juristischen Person zurechenbar sind (vgl näher Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 [2000], Anm 3 zu § 9 VStG).

 

Die Bestrafung des verantwortlichen Organs setzt zwar die vom unmittelbaren Täter begangene Tat voraus, gründet sich aber auf Seiten des verantwortlichen Organs auf ein anderes Verhalten. Wie Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2009], 422 ff, zu Recht ausführen, darf § 9 VStG nicht in verfassungswidriger Weise als strafrechtliche Verantwortung für fremdes Verhalten verstanden werden. Vielmehr folgt aus dieser Vorschrift ein spezifisches Unterlassungsdelikt, das bei der Pflicht der Organe der juristischen Person ansetzt, die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln sicherzustellen. Die Strafbarkeit des verantwortlichen Organs gründet auf dem Vorwurf, dass dieses schuldhaft keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um die Tat des unmittelbaren Täters zu verhindern.

 

Einen derart gelagerten Vorwurf hat die belangte Behörde dem Bw nicht gemacht, sondern ihm vielmehr – und das lediglich in der Begründung – nur angelastet, dass das Fehlverhalten des Lokalverantwortlichen der X zuzurechnen sei und der Bw daher dafür strafrechtlich verantwortlich wäre. Inwiefern den Bw dabei ein Verschulden hinsichtlich seiner Überwachungs- und Anweisungspflichten trifft, wird von der Behörde in keiner Weise ausgeführt.

 

Eine strafrechtliche Verantwortung für das Handeln oder Unterlassen von Angestellten und Mitarbeitern dem verantwortlichen Organ gegenüber wäre allenfalls auch im Rahmen einer mittelbaren Täterschaft nach § 7 VStG denkbar. Auch ein solcher Vorwurf wurde gegenständlich im Spruch des Straferkenntnisses aber nicht erhoben. Der allgemeine Hinweis in der Begründung, dass am Kontrollort die Bereitstellung von Spielgeld durch einen Lokalverantwortlichen verweigert wurde, zeigt keinen konkreten Zusammenhang zum Bw auf und vermag daher nichts zu ändern.

 

4.5.4. Durch die im § 50 Abs 4 GSpG geregelten Mitwirkungspflichten für Personen mit bestimmten Eigenschaften und Verhältnissen (arg.: Veranstalter, Anbieter bzw Inhaber und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten) wird ein Sonderdelikt statuiert, das nur Personen mit diesen Eigenschaften als unmittelbare Täter, nicht aber andere Personen begehen können. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenat ist die Regelung dieser Verantwortlichkeit wohl auch als Sonderregelung zur (subsidiären) verantwortlichen Beauftragung im § 9 VStG aufzufassen. Dies zeigt auch die nunmehr mit Novelle BGBl I Nr. 112/2012 vorgenommene Ergänzung des § 50 Abs 2 GSpG, wonach die genannten Sonderpflichtigen nunmehr auch dafür zu sorgen haben, dass eine anwesende Person den Auskunfts- und Mitwirkungsverpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.

 

Die Erweiterung der Mitwirkungspflicht von Veranstalter, Inhaber und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, erst durch die Novelle BGBl I Nr. 112/2012, wonach diese sonderpflichtigen Personen "dafür zu sorgen [haben], dass eine anwesende Person den in § 50 Abs 4 GSpG normierten Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt" war auf den vorliegenden Tatzeitpunkt noch nicht anzuwenden.

 

Entgegen den diesbezüglichen Parlamentarischen Materialien (vgl. die Regierungsvorlage BlgNR 1960 24. GP zu § 50 Abs 4 zweiter Satz GSpG), war eine derartige Vorkehrungspflicht des genannten Personenkreises aus dem auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Gesetzestext – schon allein vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich gebotenen, besonders strengen Legalitätsprinzips im Strafrecht – keineswegs abzuleiten (vgl mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 573). So reichen nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im strafrechtlichen Kontext bereits für den Rechtsunterworfenen oder die vollziehende Behörde bestehende "rechtliche Unklarheiten" einer Norm aus, um einen Verstoß gegen das Determinierungsgebot zu begründen (VfSlg 15.543/1999). Eine in diesem Zusammenhang "einwandfreie Gesetzesanwendung" war aber – wie von den zitierten Erläuternden Bemerkungen selbst eingeräumt – aufgrund der offensichtlich notwendigen "Klarstellung" des Normtextes nicht möglich. Schon aus diesem Grund war im Lichte dieser restriktiven verfassungsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich § 50 Abs 4 GSpG streng am (eindeutigen) Gesetzeswortlaut festzuhalten und war daher zum Tatzeitpunkt die mangelnde Vorkehrung, dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person den Mitwirkungspflichten entsprechend nachkommt, nicht strafbar.

 

Hinsichtlich des ersten Vorwurfs (Nicht-Ermöglichung von Testspielen durch Nicht-Bereitstellen von Spielgeld aufgrund mangelnder Mitwirkung des Lokalverantwortlichen) wird allein in der Begründung angedeutet, dass das vom Bw behauptete Zurücklassen von Geldmitteln zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht nicht genüge. Inwiefern der Bw dabei Schuld daran trägt, dass eine andere Person einer glücksspielrechtlichen Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, wird im Spruch ebenso wenig ausgeführt, wie die Frage, um welche konkrete lokalverantwortliche Person es sich überhaupt handelt bzw. welches Verhalten dieser Person überhaupt als rechtswidrig und damit der juristischen Person zurechenbar qualifiziert wird. Bloße – im Übrigen ebenfalls nicht hinreichend konkretisierte – Ausführungen in der Bescheidbegründung genügen dabei im Lichte der unter Punkt 4.4. ausgeführten höchstgerichtlichen Vorgaben nicht.

 

4.5.5. Weiters findet der Vorwurf, dass kein Spielgeld für Testspiele zur Verfügung gestellt werden konnte, in der zur Tatzeit geltenden Fassung des § 50 Abs 4 GSpG keine Stütze im Gesetzeswortlaut. Die extensive "Auslegung" für eine solche Pflicht zu einem von der belangten Behörde bezeichneten sog. "Aktivverhalten" überschreitet nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates die Wortlautgrenze und läuft auf eine im Strafrecht verbotene Analogie hinaus, wodurch das rechtsstaatliche Prinzip "nullum crimen sine lege" verletzt wird. Erst § 50 Abs 4 GSpG in der geänderten Fassung BGBl I Nr. 112/2012 stellt im Zusammenhang mit der Ermöglichung von Testspielen ausdrücklich durch die Beifügung "unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen" auch eine aktive Pflicht klar.

 

Durch die Weigerung, entsprechendes Spielgeld zur Verfügung zu stellen, wird den Kontrollorganen die Durchführung von Testspielen keineswegs faktisch unmöglich gemacht und ist diese damit jedenfalls nicht mit der Verunmöglichung von Probespielen gleichzusetzen. Nicht zuletzt aufgrund des unter Punkt 4.5.4. dargelegten Ausflusses eines besonders strengen Legalitiätsprinzips im Strafrecht war die im gegenständlichen Fall anzuwendende glücksspielrechtliche Bestimmung keinesfalls derart extensiv auszulegen. Streng am Gesetzeswortlaut orientiert war daher zum Tatzeitpunkt die Nicht-Bereitstellung von Spielgeld zur Durchführung von Testspielen nicht strafbar.

 

4.5.6. Hinsichtlich dem Tatvorwurf, dass der Bw es "zu verantworten [hat], … dass für diese Geräte auch keine Spielbeschreibungen vorgelegt werden konnten", ist aus dem erstbehördlichen Spruch schon nicht ersichtlich, ob der Bw nun eine Tathandlung selbst gesetzt hat oder eben nicht dafür Sorge getragen hat, dass durch eine andere (ebenfalls nicht näher konkretisierte) Person – etwa die Lokalverantwortliche – die entsprechende Handlung (konkret: Gewähren von Einblick in Spielbeschreibungen) gesetzt wird. Der für § 9 VStG erforderliche eigene Tatvorwurf für das zuzurechnende Organ – sei es nun in Anlehnung an eine Beteiligungshaftung oder ein unechtes Unterlassungsdelikt (s dazu W. Wessely in N. Raschauer/W. Wessely, VStG § 9 Rz 1, 2 sowie § 5 Rz 11, 25 ff.) – erfolgte seitens der belangten Behörde ebenfalls nicht in hinreichend konkretisierter Form und war auch aufgrund der eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht sanierbar. Weder in der Strafverfügung vom 26. April 2011 noch im Schreiben vom 20. Juli 2011 wurde ein entsprechend hinreichender Tatvorwurf angelastet.

 

Hinsichtlich der diesbezüglichen Unklarheiten des in Rede stehenden Spruches ist auf die unbestrittene Aktenlage hinzuweisen, aus der sich unzweifelhaft ergibt, dass der Bw gar nicht am Tatort anwesend war und daher persönlich die Vorlage von Spielbeschreibungen gar nicht ermöglichen bzw. gewähren hätte können. Es mangelt dem Spruch, der diesbezüglich überhaupt keine näheren Ausführungen enthält, daher an einer entsprechenden Konkretisierung. Der Vorwurf, dass dem Bw unmittelbar selbst ein entsprechendes gesetzwidriges Verhalten vorgehalten wird, ginge schon mangels entsprechender Tatsachengrundlage ins Leere. Für den allfälligen Vorwurf aber, dass der Bw für das Verhalten eines Dritten zur Verantwortung gezogen werde, gelten die Ausführungen unter Punkt 4.5.3. und 4.5.4. sinngemäß; auch diesbezüglich war daher die mangelnde Vorkehrung, dass eine anwesende Person den Mitwirkungspflichten entsprechend nachkommt, im Tatzeitpunkt (noch) nicht strafbar.

 

Im Übrigen wurden dem Bw diesbezüglich auch unterschiedliche Sachverhalte vorgeworfen:

 

So haben gem. § 50 Abs 4 GSpG in der hier maßgeblichen Fassung die näher bezeichneten Personen ua. Einblick in "die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren".

Nach § 12a Abs 3 Satz 2 GSpG müssen für die Spielteilnehmer Spielbeschreibungen aller Spiele der VLT jederzeit in deutscher Sprache ersichtlich gemacht werden; § 5 GSpG normiert eine vergleichbare Verpflichtung für den Bereich der Landesausspielungen.

 

Nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG sind zwei streng voneinander zu trennende Tatbestände unter Strafe gestellt:

Einerseits ist zu bestrafen, wer gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen (iSd § 12a Abs 3 Satz 2 GSpG) verstößt. Strafbar ist demnach, wer Spielbeschreibungen für die Spielteilnehmer nicht ersichtlich macht – mit anderen Worten also gar nicht auflegt; eine Spielbeschreibung existiert somit gar nicht.

 

Weiters ist nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG strafbar, wer gegen eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 leg.cit. – worunter auch expressis verbis die Pflicht zur Gewährung von Einblick in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen fällt – verstößt. Strafbar nach dieser Bestimmung ist daher, wer – tatsächlich vorhandene, den Spielteilnehmern grundsätzlich ersichtlich gemachte – Spielbeschreibungen den näher genannten Behördenorganen nicht zeigt.

 

Der Unterschied in den beiden Tatbeständen findet sich daher zusammengefasst in dem Umstand, dass im einen Fall eine Spielbeschreibung gar nicht existiert und im anderen Fall eine grundsätzlich bestehende Spielbeschreibung den Behördenorganen nicht gezeigt wird.

 

Dem Bw wurde sowohl in der Strafverfügung vom 26. April 2011 als auch im behördlichen Schreiben vom 20. Juli 2011 (mit dem Betreff "Akteneinsicht") zur Last gelegt, dass "keine Spielbeschreibungen auflagen". Im bekämpften Straferkenntnis wird der Bw nunmehr aber dafür bestraft, dass "keine Spielbeschreibungen vorgelegt werden konnten".

 

Damit wurden dem Bw aber unterschiedliche Sachverhalte angelastet. Wurde ihm ursprünglich vorgeworfen, dass gar keine Spielbeschreibungen auflagen (§ 52 Abs 1 Z 5 zweiter Tatbestand iVm § 5 und § 12a GSpG), wird er nunmehr dafür bestraft, dass er grundsätzlich existente Spielbeschreibungen im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG den Behördenorganen nicht gezeigt hat (§ 52 Abs 1 Z 5 vierter Tatbestand iVm § 50 Abs 4 GSpG).

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses vom 7. November 2012 war die Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr (§ 52 Abs 5 GSpG) gerechnet ab dem Tatzeitpunkt des 17. Dezember 2010 bereits abgelaufen. Der Austausch des diesbezüglichen Tatvorwurfes durch die belangte Behörde war daher im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses nicht mehr zulässig.

 

Allein die dargelegten Mängel zeigen deutlich, dass der Tatvorwurf keineswegs hinreichend klar und für den Beschuldigten unzweifelhaft zuordenbar formuliert ist.

 

4.6. Aus den genannten Gründen ist der Spruch des Bescheides der belangten Behörde daher verfehlt und mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

4.7. Die belangte Behörde hat weder im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung oder in der Strafverfügung mit der teilweise abweichenden Anlastung einen entsprechend den Umständen des Einzelfalles konkretisierten Tatvorwurf erhoben, der die Identität der Tat mit ausreichender Bestimmtheit unverwechselbar formuliert. Mangels einer geeigneten behördlichen Verfolgungshandlung ist insofern nach Ablauf der Jahresfrist des § 52 Abs 5 GSpG auch die Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Dem Unabhängigen Verwaltungssenat war es außerdem als Berufungsbehörde, die gemäß dem § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG bei ihrer Entscheidungsbefugnis auf den Gegenstand des Spruches des Straferkenntnisses beschränkt ist, verwehrt, eine ganz neue Anlastung vorzunehmen und dabei wesentliche Tatmerkmale auszutauschen.

 

In diesem Zusammenhang ist schließlich noch zu bemerken, dass auch Unstimmigkeiten hinsichtlich des in Rede stehenden Wettlokals zu erheblichen Zweifeln in Bezug auf die hinreichende Konkretisierung des Tatvorwurfs führen: So findet sich im Verwaltungsakt anfänglich die Angabe, dass es sich um eine der Mitwirkungspflicht zugrundeliegende Kontrolle im Lokal X an der Adresse "X, X" handle; im Straferkenntnis wird aber als Adresse sowohl im Spruch als auch in der Begründung ausschließlich die "X, X" genannt.

 

5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf das Nichtvorliegen einer strafbaren Handlung mangels einer Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung einerseits sowie im Hinblick auf wesentliche Spruchmängel mangels einer zutreffend angelasteten Verwaltungsübertretung andererseits aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Astrid Lukas

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum