Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-570049/2/Gf/Rt

Linz, 20.03.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des Dr. W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 25. Februar 2013, Zl. Wa10-2013, mit dem eine Ordnungsstrafe verhängt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 25. Februar 2013, Zl. Wa10-2013, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 AVG eine Ordnungsstrafe in Höhe von 500 Euro verhängt, weil er sich in einem auf das Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz- und Informationsweitergabegesetz, LBGl.Nr. 46/1988, i.d.g.F. LGBl.Nr. 97/2012 (im Folgenden: OöADI-G), gestützten Auskunftsbegehren insofern einer beleidigenden Schreibweise bedient habe, als er u.a. vorbrachte, dass (namentlich explizit genannte) Bedienstete der BH Perg "aus dem Amt zu jagen" bzw. "Verbrecher" seien sowie "amtsmissbräuchlich gehandelt" und "einen ungeheuren Wasserraub begangen" hätten.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich diesbezüglich zweifelsfrei jeweils um eine beleidigende Schreibweise (vgl. z.B. VwGH vom 2. Juli 1990, Zlen. 1990/07/02 bzw. 90/19/0299) gehandelt habe, wobei die als grob beleidigend einzustufende Wortwahl eine Ausschöpfung von zwei Dritteln des Strafrahmens erfordert habe.

 

1.2. Gegen diesen ihm am 1. März 2013 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 7. März 2013 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

 

Darin wendet der Beschwerdeführer ein, dass er lediglich die Wahrheit festgestellt habe und es den Betroffenen im Übrigen frei stehe, eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen ihn einzubringen.

 

Daher wird die  Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Bezirkshauptmannschaft Perg zu Zl. Wa10-2013 vorgelegten Akt; da die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 6 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 6 Abs. 4 OöADI-G entscheidet u.a. über Berufungen gegen Bescheide einer Bezirksverwaltungsbehörde der Unabhängige Verwaltungssenat, und zwar – mangels abweichender sondergesetzlicher Regelung – gemäß § 67a Z. 1 erster Satz AVG durch Einzelmitglied.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 und 2 AVG kann von der Behörde gegen eine Person, die sich in einer schriftlichen Eingabe einer beleidigenden Schreibweise bedient, eine Ordnungsstrafe verhängt werden.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall kann es einerseits keinem Zweifel unterliegen, dass jene im Spruch des angefochtenen Bescheides wörtlich wiedergegebenen Äußerungen, deren sich der Rechtsmittelwerber in seinen schriftlichen Eingaben bedient hat, im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr als sachliche Kritik an der Amtsführung, sondern als eine Ausdrucksweise, die den gebotenen Anstand im Umgang mit Behörden in gröbster Art und Weise verletzt, zu qualifizieren ist (vgl. z.B. VwGH vom 22. Dezember 1997, Zl. 97/10/0211; vom 28. Juni 1991, Zl. 91/18/0089; und vom 14. Dezember 1990, Zl. 90/18/0262).

 

Andererseits kommt in diesen Entscheidungen aber auch zum Ausdruck, dass eine derartige Ordnungsstrafe nicht von jenem Organwalter verhängt werden darf, der durch die schriftliche Eingabe unmittelbar persönlich beleidigt wurde. Vielmehr hat sich dieser insoweit wegen Befangenheit i.S.d. § 7 Abs. 1 Z. 1 AVG der Amtsführung zu enthalten. Dies geht aus den zuvor angeführten, zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 31 Abs. 1 VwGG ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes deshalb hervor, weil über die Frage der Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise nicht das unmittelbar dadurch betroffene Mitglied bzw. der unmittelbar dadurch betroffene Senat, sondern jeweils ein aus anderen Mitgliedern bestehender Senat des Verwaltungsgerichtshofes entschieden hat (vgl. insbes. VwGH vom 28. Juni 1991, Zl. 91/18/0089).

 

3.3. Im vorliegenden Fall wurde jedoch der angefochtene Bescheid von jenem Sachbearbeiter erlassen, der (auch) explizit durch die Eingaben des Rechtsmittelwerbers beleidigt wurde. Als in der Sache selbst Beteiligter hätte sich dieser Bedienstete jedoch der Amtsführung enthalten müssen. Dies ergibt sich nicht nur unmittelbar aus § 7 Abs. 1 Z. 1 AVG, sondern auch aus dem – für staatliche Eingriffe mit disziplinierender (und sohin zivilrechtlicher) Natur (vgl. z.B. J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 1, Wien 2004, RN 27 zu § 34) maßgeblichen (vgl. jüngst EGMR vom 19. Februar 2013, 47195/06, RN 37 ff) – Grundsatz der Fairness des Verfahrens i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EMRK.

 

Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensfehlers zu einem anderen Ergebnis (insbesondere bezüglich des Ausmaßes der verhängten Geldstrafe) gekommen wäre, war daher keine reformatorische Entscheidung zu treffen, sondern (wie der Oö. Verwaltungssenat schon mehrfach ausgesprochen hat; vgl. z.B. jüngst VwSen-590338 vom 21. Dezember 2012) der gegenständlichen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben war.

 

Ob, in welcher Form und mit welchem Ergebnis das Verfahren weitergeführt wird, hat die belangte Behörde aus eigenem zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

VwSen-570049/2/Gf/Rt vom 20. März 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

MRK Art6 Abs1;

AVG §7 Abs1 Z1;

AVG §34 Abs3

 

Nicht nur aus § 7 Abs. 1 Z. 1 AVG, sondern auch aus dem – für staatliche Eingriffe mit disziplinierender (und sohin zivilrechtlicher) Natur maßgeblichen (vgl. EGMR 19. 2. 2013, Nr 47195/06, Rz 37 ff, Müller-Hartburg gegen Österreich) – Grundsatz der Fairness des Verfahrens iSd. Art. 6 Abs. 1 EMRK ergibt sich, dass ein Bescheid, mit dem eine Ordnungsstrafe gemäß § 34 Abs. 3 AVG verhängt wird, nicht von jenem Organwalter, der in der schriftlichen Eingabe persönlich bezeichnet und beleidigt wurde, sondern nur von einem anderen Bediensteten dieser Behörde erlassen werden kann.

 

 

 

 

 

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