Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101521/14/Weg/Ri

Linz, 22.07.1994

VwSen-101521/14/Weg/Ri Linz, am 22. Juli 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Ing. M vom 3. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. September 1993, VerkR96/1934/1993-Hu, nach der am 4. Mai 1994 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird F o l g e gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil dieser am 5. November 1992 um 23.45 Uhr im Ortsgebiet von Leonding auf der Ruflinger Bezirksstraße zwischen Kilometer 3,1 und 3,7 in Richtung Rufling, den PKW mit dem Kennzeichen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h gelenkt und dadurch die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 40 km/h überschritten hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 150 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dieses Straferkenntnis gründet auf einer Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos L, wonach der Berufungswerber bei Straßenkilometer 2,86 mit einer Geschwindigkeit von mindestens 70 km/h und zwischen Straßenkilometer 3,1 bis 3,7 mit einer Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h fuhr, obwohl in diesen Bereichen Ortsgebiet (50 km/h) ist. Die bei Kilometer 2,86 angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung wurde im Straferkenntnis nicht mehr zum Vorwurf gemacht.

3. Der Berufungswerber bestreitet, zwischen Straßenkilometer 3,1 und 3,7 die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet überschritten zu haben und legt diesbezüglich technische Berechnungen vor, aus denen die Unmöglichkeit der ihm angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitung ableitbar sein soll.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch die Vernehmung des Beschuldigten, durch Vernehmung des Zeugen Insp. M und des Zeugen Insp. H (beide Gendarmeriebeamte) sowie durch Beiziehung des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen Ing. H anläßlich der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 1994.

Anläßlich dieser Verhandlung wurde der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige ersucht, ein Gutachten darüber abzugeben, ob die in der Anzeige festgehaltene Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 km/h technisch nachvollziehbar ist, wobei von den Aussagen des Meldungslegers M wie folgt auszugehen ist: "Die bei Kilometer 3,1 beginnende Rechtskurve wurde vom Berufungswerber noch mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h durchfahren. Erst bei Kilometer 3,215 begann der Berufungswerber mit der Beschleunigung von 50 km/h auf 90 km/h. Bei Kilometer 3,58 (am Scheitelpunkt der dort befindlichen Fahrbahnkuppe) hat der Berufungswerber jedenfalls seine Fahrgeschwindigkeit wieder entsprechend reduziert, sodaß als Tatörtlichkeit nur die Strecke zwischen Kilometer 3,215 bis Kilometer 3,580 vorwerfbar sein kann, wobei jedoch darin noch die Beschleunigungsphase von 50 km/h auf 90 km/h inkludiert ist." Im Hinblick auf diese Fragestellung führt der Sachverständige aus:

"Wird mit einem Fahrzeug der Marke Mazda 626 Diesel Kombi mit einer Leistung von 55 kW (Beschuldigtenfahrzeug) von 50 km/h auf 90 km/h beschleunigt, so dauert dieser Beschleunigungsvorgang ca. 13 Sekunden. In diesen 13 Sekunden legt dieses Fahrzeug einen Weg von 200 m zurück.

Aus diesem Grund wurde die dem Beschuldigten angelastete Geschwindigkeit frühestens bei Kilometer 3,415 erreicht.

Nimmt man die Differenz zu Kilometer 3,580, wo das Fahrzeug schon wieder verzögerte, so ergibt sich eine maximale Nachfahrstrecke von 165 m, in welcher das Fahrzeug des Beschuldigten eine Geschwindigkeit von 90 km/h gefahren sein kann. Die Fahrzeit für diese Fahrstrecke beträgt 6,6 Sekunden. In diesen 6,6 Sekunden muß das verfolgende Fahrzeug in gleichem Abstand hinter dem Beschuldigten nachfahren. Auf Grund verschiedener Versuche sei es schwierig, die Geschwindigkeit bzw. den Abstand des Fahrzeuges genau an das vordere Fahrzeug anzupassen, um eine genaue Geschwindigkeitsschätzung durch ein verfolgendes Fahrzeug durchzuführen. Nach den für das Nachfahren vorgegebenen Richtlinien ist diese Strecke zu kurz, um ein verläßliches Ergebnis - bezogen auf eine Geschwindigkeit von 90 km/h - nachvollziehen zu können. Die Nachfahrstrecke müßte etwa den fünffachen Tachowert - daß ist bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h 450 m - betragen. Abschließend kann aus technischer Sicht ausgeführt werden, daß eine Strecke von 165 m zu kurz ist und nicht geeignet ist, um eine Geschwindigkeit von 90 km/h durch Nachfahren festzustellen." Alleine diese Ausführungen des Sachverständigen zeigen, daß der Tatvorwurf, der Beschuldigte sei zwischen Straßenkilometer 3,1 und 3,7, also 600 m, mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h gefahren, nicht haltbar ist.

Dazu wird noch bemerkt, daß die Berechnungen des Sachverständigen auf Grund der Ausführungen des Zeugen Insp.

M gemacht wurden und die errechnete Nachfahrstrecke von 165 m (die für eine verläßliche Schätzung nicht ausreichend ist) die zu Lasten des Beschuldigten angenommene maximale Nachfahrstrecke ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Wie die Berechnungen des technischen Amtssachverständigen ergaben, ist nicht nachvollziehbar und auch nicht nachweisbar, daß der Beschuldigte zwischen Kilometer 3,1 und 3,7 die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung gesetzt hat. Es ist ihm maximal eine Geschwindigkeitsüberschreitung über eine Fahrstrecke von 165 m vorzuwerfen, welche aber entsprechend der technischen Ausführungen im Sachverständigengutachten nicht mit einer für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit gemessen werden können.

Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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