Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401292/4/BP/JO

Linz, 14.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, geboren am X, StA von Mali, derzeit aufhältig im PAZ X, wegen Verhängung und Anhaltung in Schubhaft seit 7. Mai 2013 durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2013) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1.1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Mai 2013, GZ: Sich40-1937-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 2a Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF -iVm. § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG sowie zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und im PAZ X vollzogen.

 

Die belangte Behörde führt zunächst zum Sachverhalt wie folgt aus:

 

Sie brachten am 09.04.2013 - nach vorausgehendem Aufgriff durch Beamte der SOKO X - vor Beamten der Polizeiinspektion X, EAST X, unter den von Ihnen angeführten Personalien "X, geb. X, StA: Mali", einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz (Asyl) in Österreich ein. Weder anlässlich der Einbringung Ihres Asylantrages noch im Rahmen des weiteren Asylverfahrens waren Säe im Stande ein Nationalreisedokument, oder ein anderweitiges Dokument welches einen Rückschluss auf Ihre Identität zulassen würde, den österreichischen Behörden in Vorlage zu bringen.

 

Im Zuge Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung zu Ihrem Asylantrag führten Sie gegenüber Beamten der Polizeiinspektion X, EASt X, am 11.04.2013 an, dass Sie keine Beschwerden oder Krankheiten hätten, die Sie an der Einvernahme hindern oder die das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden.

 

Auf die an Sie herangetragene Frage zu Angaben über Familienangehörige in Österreich oder in einem anderen EU-Staat führten Sie an, dass Sie keine familiären Bezüge zu Österreich oder einen anderen EU-Staat hätten. Auf die weiters an Sie gerichtete Frage, ob Sie über Barmittel oder andere Unterstützung verfügen führten Sie an, dass Sie völlig mittellos seien und auch von niemanden eine Unterstützung bekommen.

 

 

Mit Schriftsatz des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle X, vom 16.04.2013, Zi.: 13 04.512, wurde Ihnen in weiterer Folge gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag vom 09.04.2013 gemäß § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen. Gleich gehend wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass Konsultationen gemäß dem Dubliner Abkommen mit Italien seit dem 12.04.2013 geführt werden und gleichzeitig das Ausweisungsverfahren aus dem österr. Bundesgebiet über Sie eröffnet worden ist.

 

Das Ausweisungsverfahren gegen Sie nach dem Asylgesetz gilt ab diesem Zeitpunkt formell als eingeleitet.

 

Mit Schreiben vom 24.04.2013 stimmten die italienischen Behörden Ihrer Rückübernahme zu.

 

Im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Einvernahme zu Ihrem Asylantrag wiederholten Sie am 02.05.2013 vor Beamten des Bundesasylamtes, EAST-X, im Beisein eines Dolmetschers im Wesentlichen Ihre Angaben von der Erstbefragung durch die Polizeiinspektion X. Des Weiteren gaben Sie an:

 

F: Fühlen Sie sich geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen? A: Ja.

F: Leiden Sie an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten?

A: Ich habe ab und zu Probleme mit meinen Augen, sonst geht es mir gut

F: Sind Sie diesbezüglich in ärztlicher Behandlung?

A: Nein.

Feststellung: Sie wurden bereits im Zuge der Erstbefragung zu Ihren persönlichen Daten befragt.

F: Entsprechen diese Angaben den Tatsachen oder haben Sie etwas zu berichtigen? A: Die Angaben, die ich dort gemacht habe, sind richtig. Ich heiße X, bin am X in X, Mali, geboren, bin Staatsangehöriger von Mali, gehöre zur Volksgruppe der Bambara, spreche Bambara und ein wenig Französisch, bin nicht verheiratet und habe keine Kinder.

F: Besitzen Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen? A: Nein, ich kann meine Identität nicht nachweisen.

F: Haben Sie Verwandte in Österreich, im Bereich der EU bzw. Norwegen oder Island, zu denen  ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw.   eine besonders enge Beziehung besteht? A: Nein.

F: Wie gelangten Sie nach Österreich?

A: Im März 2011 habe ich Mali verlassen und fuhr nach Marokko. Von Marokko aus fuhr ich nach Spanien.

F: Wie kamen Sie von Spanien nach Österreich?

A: Ich fuhr nach Italien, dann zurück nach Spanien. In weiterer Folge fuhr ich nach Frankreich und dann nach Österreich,

V: Der Abgleich der Fingerabdrücke hat ergeben, dass Sie in Italien und Frankreich

Asylanträge gestellt haben.

F: Möchten Sie dazu etwas angeben?

A: In Italien wurden mir die Fingerabdrücke abgenommen in Frankreich nicht

V: Italien hat dem Wiederaufnahmeersuchen der Republik Österreich entsprochen.

Daher wird beabsichtigt, Ihren in Österreich gesteiften Antrag auf internationalen

Schutz als unzulässig zurückzuweisen und Ihre Ausweisung nach Italien zu

veranlassen.

F: Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

A: Ich will nicht nach Italien. Als ich dort war, hatte ich keinen Ort zu schlafen. Auch habe ich nichts zu essen bekommen. F: Wie lange waren Sie in Italien? A: Ich war dort sechs Monate. F: Wo in Italien waren Sie?

A: Ich war zuerst in Lampedusa und dann in Latina. F: Wo in Latina haben Sie sich aufgehalten?

A: Als ich den Asylantrag gestellt habe, habe ich gefragt, ob es einen Ort geben würde, wo ich schlafen könnte. Man hat mir gesagt, dass es keinen geben würde, es hätten auch nicht alle Italiener einen Ort, wo sie schlafen könnten. F: Wo haben Sie sich dann in diesen sechs Monaten aufgehalten? A: Ich war die meiste Zeit am Bahnhof, Essen habe ich von Touristen bekommen. F: Gibt es weitere Gründe, die einer Rückkehr nach Italien entgegenstehen würden? A: Ich werde keinen Ort bekommen, wo ich schlafen kann. Auch mögen die Italiener keine Asylwerber.

F: Möchten Sie zu den Ihnen am 16.04.2013 ausgefolgten Feststellungen zum Mitgliedstaat Italien eine Stellungnahme abgeben? A: Ich konnte es nicht lesen, es war auf Deutsch.

 

Der Rechtsberater hat folgende Fragen an den Antragsteller: Wie lange waren Sie in Spanien aufhältig?

A: Ich war etwa ein Jahr lang in Spanien. Fi Wo haben Sie in Spanien gewohnt? A: Ich war in „Vuefba" (phonetisch).

F: Haben Sie überlegt, in Spanien^ einen Asylantrag zu stellen? A: Nein.

F: Haben Sie gearbeitet in Spanien? A: Ja, ich habe in der Landwirtschaft gearbeitet. F: Im Anschluss sind Sie nach Italien gereist? A: Ja, ich fuhr von Italien nach Spanien.

Frage des Einvernehmenden an den Antragsteller: Wollen Sie noch etwas vorbringen, was nicht zur Sprache gekommen ist und Ihnen wichtig erscheint? A: Ich habe nichts mehr zu sagen.

 

Ihr Asylantrag vom 09.04.2013 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle X, AZ: 13 04.512, vom 06.05.2013, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Gleich gehend wurde festgestellt, dass für die Prüfung des Asylantrages Italien zuständig ist. Ferner wurden Sie mit gleichem Bescheid gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Italien zulässig ist.

 

Dieser zitierte Bescheid wurde Ihnen am 07.05.2013 in der Erstaufnahmestelle X in X persönlich ausgefolgt.

 

Am 07.05.213, um 14:20 Uhr - und demzufolge im unmittelbaren Anschluss nachdem Ihnen seitens des BAA EAST-X der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden ist - wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion X-EAST in der Erstaufnahmestelle X, X im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde ua. aus:

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig - nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind und Sie zudem in Ihrem Asylverfahren durchsetzbar aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen wurden - unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Zudem können Sie auch nicht den Besitz eines Nationalreisedokumentes oder den Besitz eines anderweitigen Dokumentes, welches einen Rückschluss auf Ihre tatsächliche Identität und Herkunft zulassen würde, nachweisen.

 

—=> Ihre tatsächliche Identität und Herkunft sind demzufolge nicht gesichert !

 

Eine zu Ihrer Person durchgeführte Überprüfung im bundesweiten zentralen Melderegister hat ergeben, dass Sie -abseits der Ihnen im Rahmen der Einbringung Ihres Asylantrages aus öffentlichen Mitteln finanzierten Unterkunft in der Erstaufnahmestelle X - über keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich verfügen.

 

Weiters sind Sie - abgesehen eines gegenwärtigen Bargeldbetrages in der Höhe von 43,-Euro - völlig mittellos.

 

(...)

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit wird festgehalten, dass in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde und gleich gehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt wurde, durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRAG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen (und bei Vorliegen einer Ausreiseunwilligkeit) eine Sicherungsnotwendigkeit bereits indiziert ist. Mit einer zeitnahen Abschiebung nach Italien ist in Ihrem Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich Ihr Asylverfahren im finalen Stadium befindet und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren (bei Ausweisungen in einen EU-Staat ==> verkürzte Rechtsmittelfrist ==> 1 Woche) von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen ist.

 

Im Rahmen der Erstbefragung nach dem AsylG haben Sie den tatsächlichen Verlauf Ihrer örtlichen und zeitlichen Migrationsbewegungen innerhalb der Europäischen Union / Italien verschleiert und trotz ausdrücklicher Belehrung, dass unwahre Aussagen nachteilige Folgen für Sie haben können, Ihren Aufenthalt in Italien im Mai/Juni 2011 sowie Ihre Asylantragstellung in Italien komplett und nachhaltig verschwiegen bzw. verleugnet. Zudem haben Sie die Beantwortung der an Sie herangetragenen Fragen zu den Ihrer irregulären Einreise ins Bundesgebiet der Republik Österreich vorausgehenden zwei Asylanträgen in Frankreich, sowie in Italien verneint. Die Gesamtheit Ihrer Aussagen im Rahmen Ihrer Erstbefragung zeigen, dass Sie in keiner Art und Weise gewillt sind, durch wahrheitsgemäße Angaben an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Bekanntgabe von der Behörde nicht bekannten Sachverhaltselementen, die der weiteren Klärung des relevanten Sachverhaltes dienen hätten können, haben Sie tunlichst vermieden.

 

Schriftstücke bzw. Dokumente zu ihren Asylgesuchen in Frankreich und in Italien -welche ebenso wichtige Beweismittel darstellen - wurden von Ihnen offenbar vorsätzlich in Frankreich und/oder in Italien zurückgelassen, oder aber wurden diese von Ihnen vernichtet und damit jedenfalls den Österr. Behörden vorenthalten.

 

Mit der Asylantragstellung in Österreich und Ihren unwahren Aussagen zu Ihrer zeitlichen und örtlichen Migrationsbewegung bzw. zu dem Ihrer irregulären Einreise nach Österreich vorausgehendem Aufenthalt und der Asylantragstellung in Italien, wollten Sie Ihren Aufenthalt in Österreich zumindest temporär legalisieren, eine Abschiebung/Zurückschiebung nach Italien, hintanhalten und damit sowohl die bilateralen Schubabkommen innerhalb der Europäischen Union als auch das in der Dublin-II-VO vorgesehene Regelungsregime damit unterlaufen.

 

Nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde ist dem von Ihnen praktizierten „Asylantragstouräsmus" mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen.

 

Im Hinblick darauf, dass Sie in Ihrem Asylverfahren Kenntnis davon bekommen haben, dass Ihr Fingerabdruckvergleich in Österreich mit bereits in Frankreich als auch in Italien von Ihnen erkennungsdienstlich sichergestellten Fingerabdrücken positiv verlaufen ist, und Sie insbesondere nun auch Kenntnis davon erlangt haben, dass Sie nun gemäß § 10 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen wurden und Ihre Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat Italien in absoluter Zeitnähe erfolgen wird, besteht - ohne Sicherungsmaßnahme nach den Bestimmungen des FPG - die unmittelbare und eminente Gefahr, dass Sie sich dem weiteren Zugriff der Behörde in Österreich entziehen werden. Demzufolge ist die Sicherung der Durchsetzung der Ausweisung (Abschiebung) unbedingt erforderlich.

 

Sie nahmen für Ihr Vorhaben, nämlich Ihr zumindest vorläufiges Reisezwischenziel (Österreich) zu erreichen, bereits mehr als einen irregulären Grenzübertritt innerhalb der Schengenmitgliedstaaten ganz bewusst in Kauf, welche sich jedoch (objektiv betrachtet) keinesfalls mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung in Ihrem vermeintlichen Herkunftsstaat Mali rechtfertigen lassen. Durch Ihr Verhalten haben Säe damit vorsätzlich und schwerwiegend (auch) gegen die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen Ihres Gastlandes Österreich verstoßen.

 

Die Gesamtheit Ihrer Verhaltensweise lässt in schlüssiger und nachvollziehbarer Form Ihre nachhaltige und kategorische Abneigung gegen den EU-Mitgliedstaat Italien erkennen. Sie sind offenbar nicht gewillt, in jenen Mitgliedstaat der Europäischen Union, von welchem Sie ursprünglich kommend illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sind bzw. welcher offensichtlich für die rechtsstaatliche Prüfung Ihres Asylantrages gemäß den Bestimmungen des Dubliner Abkommens zuständig ist -nämlich Italien - zurückzukehren. Sie haben somit auch kein Interesse daran sich den Behörden in Italien zu stellen um sich dort dem Asylverfahren zu unterziehen.

 

Bei der Bewertung Ihrer Motivation und der Wahl Ihrer Mittel (Nachhaltige Verschleierung Ihrer zeitlichen und räumlichen Migration innerhalb der Schengenmitgliedstaaten; Vorenthaltung wichtiger Beweismittel zur Klärung des relevanten Sachverhaltes) zur Erreichung Ihres nachhaltigen Zieles (Aufenthalt innerhalb der Europäischen Union, wenngleich auch unrechtmäßig, mittellos und unstet und unter offensichtlich tunlichster Vermeidung eines weiteren Aufenthaltes in Italien) ist im vorliegenden Fall von einer besonders hohen Sicherungsnotwendigkeit auszugehen.

 

Aus all den getroffenen behördlichen Feststellungen lässt sich ableiten, dass Sie ein äußerst hohes Maß an räumlicher Mobilität und Selbstorganisation innerhalb der Europäischen Union aufweisen und Sie losgelöst von etwaigen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren und trotz gesetzlicher Barrieren, jeweils versuchen die für Sie am günstigsten scheinende Reiseroute umzusetzen.

 

Gepaart mit den von Ihnen gewonnenen Erfahrungen im Rahmen Ihres asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahrens in Italien und in Frankreich lässt sich nun der Schluss ziehen, dass Sie sich in einer Ihnen bereits bekannten Situation gegenwärtig wiedererkennen und Sie sich somit der für Sie ungünstigen Abschiebung nach Italien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entziehen werden, zumal Sie diese Abschiebung wiederum an einen Ihrer Ausgangspunkte Ihrer vormaligen irregulären Reisebewegung bringt.

 

(...)

 

Selbst bei der Anordnung eines Gelinderen Mittels unter Anwendung von verschärften Auflagen, z.B.: die behördliche Anordnung zur Unterkunftsaufnahme in einem von der Behörde bestimmten Wohnobjekt unter gleich gehender Anordnung einer periodisch kurz gehaltenen Meldeverpflichtung bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle, wäre der von Ihnen bereits innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeit in der Europäischen Union unter Beweis gestellten äußerst hohen räumlichen Mobilität kein effektiver Einhalt geboten und demzufolge könne somit das von der Behörde zu verfolgende Ziel, nämlich

 

die Sicherung des Ausweisungsverfahrens sowie die Sicherung der Außerlandesbringung - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - auch nicht adäquat erreicht werden. Die Möglichkeit einer im Rahmen des Gelinderen Mittels allfällig darüber hinausgehenden zusätzlich anwendbaren Auflage, nämlich eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen, scheidet in Ihrem Fall, und zwar in Anbetracht Ihrer vorliegenden völligen Mittellosigkeit, ohnehin aus. Im Hinblick auf die bisher von Ihnen gezeigte Motivation, nämlich nationale Staatsgrenzen innerhalb der EU Ihrem freien Belieben nach irregulär zu überschreiten um sich dadurch eine größtmögliche räumliche Mobilität zu verschaffen, ist auch die von der bescheiderlassenden Behörde mit der gegenständlichen Anordnung einer Schubhaft getroffene Prognose, nämlich dass Sie -mit wiederum an Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit - einer unrechtmäßigen weiteren irregulären Reisebewegung von Österreich in einen weiteren Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorzug geben werden gegenüber einer behördlichen Überstellung von Österreich nach Italien, zulässig.

 

Die Anordnung der Schubhaft über Sie ist - nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung - verhältnismäßig, denn Ihrem Recht als Fremder auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das - in diesem Fall überwiegende - Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen (sowie insbesondere die Einhaltung des für die Republik Österreich von nachhaltiger Wichtigkeit bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens) gegenüber.

 

In diesem Einzelfall ist eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie eine Sicherung Ihrer Außerlandesbringung durch die Anordnung eines Gelinderen Mittels nicht ausreichend* da mit dieser Maßnahme dass der Sicherung zugrunde liegende Endziel - nämlich die behördliche Außerlandesbringung aus Österreich Italien - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden kann. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig und demzufolge war von der Alternative der Anordnung eines Gelinderen Mittels Abstand zu nehmen und eine konkrete und akute Sicherungsnotwendigkeit - welcher in der gegenständlich vorliegenden individuellen Sachverhaltskonstellation ausschließlich durch die Anordnung einer Schubhaft Folge getragen werden kann - zu bejahen.

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf mit Telefax vom 13. Mai 2013 Schubhaftbeschwerde an den UVS des Landes Oberösterreich.

 

Darin führt der Bf ua. aus, dass er Italien wegen der dort herrschenden unzumutbaren Zustände für Asylwerber verlassen habe, um hier in Österreich einen Asylantrag zu stellen. Er sieht sich durch die Anhaltung in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt und ortet insbesondere keinen Sicherungsbedarf, zumal er auch bereit sei, sich einem allfällig negativen Asylbescheid zu fügen und nach Italien zurückzukehren. Die Schubhaft sei nicht verhältnismäßig und die Anwendung gelinderer Mittel nicht entsprechend geprüft worden.

 

Insbesondere führt er an: "Es gibt erst 2 Eurodac-Treffer Italien, Frankreich. Von einem hohen Maß an räumlicher Mobilität und Selbstorganisation innerhalb der Europäischen Union kann deshalb nicht die Rede sein."

 

Auch sieht der Bf in der Verhängung der Schubhaft gegen ihn einen Verstoß gegen die Richtlinie 2008/115/EG.

 

Abschließend werden die Anträge gestellt,

1. die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung des Bf in Schubhaft für rechtswidrig erklären sowie

2. Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung und

3. der Eingabegebühr zuerkennen.

 

 

2.1.1. Mit E-Mail vom 13. Mai 2013 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

2.1.2. In einer Gegenschrift vom selben Tag führt die belangte Behörde ua. aus:

 

Im Besonderen wird auf die ha. Aktenunterlagen und den bereits im Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 07.05.2013 ausgeführten Sachverhalt hingewiesen.

 

Im Weiteren darf auch ein aktueller Auszug aus dem AIS beigefügt werden.

Wie aus dem AIS, dem Schubhaftbescheid und nunmehr auch aus der vorliegenden Beschwerde unbestreitbar hervorgeht, befindet sich das Dublinverfahren des Fremden im finalen Stadium, unmittelbar vor der durch den Beschwerdeführer absolut nicht gewünschten Überstellung nach Italien.

 

Darüber hinaus wird hervorgehoben, dass im vorliegenden Fall ein konkreter Sicherungsbedarf vorliegt und ohne einer freiheitsentziehenden Sicherheitsmaßnahme berechtigt und klar im angefochtenem Schubhaftbescheid begründet, nicht davon ausgegangen werden kann, das vorliegende Ausweisungsverfahren zu beenden und eine Vollstreckung mit der Abschiebung nach Italien vollziehen zu können.

 

Im vorliegenden Fall konnte in der Gesamtschau des Sachverhaltes:

·          Verschleierung der tatsächlichen Reiseroute in der Erstbefragung - Reiseroute laut eigenen Angaben: Mali – Algerien – Marokko – Spanien – Frankreich – Deutschland – Österreich

·          Eurodac-Behandlungen von Italien vom 06.06.2011 (Asylantragstellung) und 06.05.2011 (erkennungsdienstliche Behandlung), und von Frankreich vom 15.11.2012 (Asylantragstellung)

·          offensichtliches Entfernen in Italien, Abtauchen in die Anonymität und illegale Weiterreise in weitere Mitgliedstaaten

·          Identität in Österreich durch Unterdrückung von Unterlagen und Urkunden nicht gesichert

·          bewusstes Vernichten und Unterdrücken von Unterlagen und Papieren, die zur Reiseroute und Identität Hinweise geben (Asylantragstellung in Frankreich und Italien)

·          Falschangaben bzw. Verschleierung von Angaben (zB Reiseroute, Asylantragstellung in Italien und Frankreich) in der Erstbefragung trotz eingänglicher Belehrung

·          Weigerung auf freiwilliger Basis in den zuständigen Mitgliedstaat Italien auszureisen

 

nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer sein Verhalten geändert hätte und eine Tendenz dahingehend nunmehr zeigen würde, die Einhaltung der Rechtsordnung und Rechtsbestimmung zu akzeptieren. Es war nicht zu erkennen und daher auch nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr die Rechtsordnung befolgen und sich zur Verfügung der Behörde halten werde. Folglich konnte mit vorliegenden Sachverhalt kein Anhaltspunkt erkannt werden, der für den Fremden spreche und eine Sicherung des Ausweisungsverfahrens und eine Sicherung der Abschiebung nach Italien abseits der Schubhaft mit einem gelinderen Mittel zulassen würde.

 

Der Bf gab an, von Mali über Algerien, Marokko, Spanien, Frankreich und Deutschland nach Österreich gereist zu sein. Seinen Aufenthalt in Italien im Mai/Juni 2011 gab er erst nach Vorhalt des Eurodac-Ergebnisses zu. Auf die an ihm herangetretenen Frage zu Asylantragstellungen innerhalb der Europäischen Union beantwortetet er mit "Nein". Zudem gab der Bf im Rahmen seiner Erstbefragung an, dass die gesamte Reisebewegung von etwa März 2013 bis April 2013 angedauert hätte. Dies steht widerrum im Widerspruch mit dem vorliegendem Eurodac-Ergebnis (ed-Behandlung in Italien am 06.05.2011, Asylantragstellung in Italien am 06.06.2011, Asylantragstellung in Frankreich am 15.11.2012). Der Bf gab an, von Frankreich, sowie von Italien keinen "guten Eindruck" gehabt zu haben, weshalb er sich dafür entschied, nach Österreich weiterzureisen. Hat der Bf somit auch von Österreich keinen "guten Eindruck" muss davon ausgegangen werden, dass sich der Bf auch in Österreich dem Verfahren entziehen wird und in einen weiteren Mitgliedstaat der Europäischen Union illegal weiterreisen wird, um eine Außerlandesbringung nach Italien zu vereiteln.

 

Es befindet sich nicht nur das Außerlandesbringungsverfahren im absolut letzten Stadium, sondern zeigt auch die Handlungsweise des Beschwerdeführers erneut auf, dass er alles daran setzen werde, um dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme, seiner Außerlandesbringung von Österreich nach Italien, zu entgehen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, EAST X vom 06.05.2013 wurde der Fremde durchsetzbar nach Italien ausgewiesen und sein Asylbegehren nach der Dublin-VO gem. § 5 AsylG 2005 nach Italien zurückgewiesen. Am 10.05.2013 brachte der Genannte Beschwerde beim Asylgerichtshof ein.

Es ist daher beabsichtigt, den Beschwerdeführer – nach Ablauf der Wochenfrist – ca. Ende der KW 21, Anfang der KW 22 nach Italien abzuschieben. Dass der Beschwerdeführer nicht nach Italien zurückkehren will, ist nicht nur auf Grund seiner Handlungsweise, sondern auch auf Grund seiner letztlich nunmehr eingebrachten Schubhaftbeschwerde außer Zweifel. Um letztlich die in Kürze bevorstehende Überstellung in den für den Beschwerdeführer zuständigen Mitgliedstaat Italien auch vollziehen zu können, wird dringend die kostenpflichtige Abweisung vorliegender Beschwerde beantragt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen vom Bf nicht substantiell widersprochenen - unter den Punkten 1.1.1. sowie 2.1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 68/2013, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.  

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 7. Mai 2013 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.2. Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1.     gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2.     eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3.     der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG mehr als einmal verletzt hat;

4.     der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 4 vorletzter Satz AsylG nicht nachgekommen ist, oder

5.     der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde,

6.     sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegen stehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.3.1. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bf am 9. April 2013 einen Asylantrag in Österreich gestellt hat. Er ist somit Asylwerber und unterliegt betreffend Schubhhaftverhängung grundsätzlich dem § 76 Abs. 2 bzw. 2a FPG.

 

3.3.2. Nach § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG hat die Fremdenpolizeibehörde die Schubhaft anzuordnen, wenn gegen einen Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt.

 

Im vorliegenden Fall ist nun allseits unbestritten, dass gegen den Bf mit Bescheid des BAA vom 6. Mai 2013 eine zurückweisende Entscheidung seines Asylantrages vom 9. April 2013 sowie eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde. Daran ändert es auch nichts, dass der Bf mit Beschwerde vom 10. Mai 2013 diese erstinstanzliche Entscheidung anficht. Die oa. Tatbestandsvoraussetzung liegt – ohne näher darauf eingehen zu müssen – also vor.

 

3.3.3. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg. cit., der mit der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 introduziert wurde, grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten 6 Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z. 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z. 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des
§ 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Ein Vergleich mit den Materialien zeigt zudem, dass durch diese Norm das Institut des gelinderen Mittels nach § 77 FPG unberührt bleibt und somit in die Erörterung mit einzubeziehen ist.

 

3.3.4.1. Im vorliegenden Fall ergibt sich betreffend den Sicherungsbedarf – entgegen der Ansicht in der Beschwerde - ein eindeutiges Bild:

 

Es ist zwar zutreffend, dass den Umständen der völligen Mittellosigkeit, Wohnsitzlosigkeit und des Fehlens integrationsbegründender Beziehungen im Bundesgebiet sowie einer Ausreiseunwilligkeit eines Fremden alleine betrachtet nicht zwingend die Annahme eines hohen Sicherungsbedarfes und in der Folge die Verhängung der Schubhaft zu folgen haben, allerdings ergeben sich im vorliegenden Fall doch besondere Aspekte.

 

3.3.4.2. Der Bf muss als beinahezu klassischer Asyltourist bezeichnet werden. Schon im Mai 2011 stellte er einen Asylantrag in Italien, von wo er sich aber – unzufrieden mit den dortigen Lebensbedingungen – frühzeitig nach Spanien verabsentierte. Dort lebte er nicht nur 1 Jahr ohne sich bei den Behörden zu melden, sondern ging auch nach eigenen Angaben einer illegalen Beschäftigung nach. Im Anschluss begab er sich nach Frankreich, wo er wiederum um Asyl ansuchte. Aber auch hier wartete er den Ausgang nicht ab, sondern reiste weiter bis er über welche Wege auch immer nach Österreich gelangte. Sein Verhalten zeigt eindeutig, dass es ihm nicht um die Erlangung von Asyl somit um den Schutz vor staatlicher Verfolgung, sondern um die Sicherung seines Aufenthalts in einem für ihn wirtschaftlich attraktiven Staat der EU geht. Dabei weist er ein Höchstmaß an Flexibilität auf.

 

Kombiniert mit dem Umstand, dass er in Österreich kein entsprechendes Identitätsdokument "vorlegen konnte", dass er hier beinahe völlig mittel- und wohnsitzlos ist und über keinerlei familiäre oder soziale Kontakte verfügt, dass er zunächst die gestellten Asylanträge in Italien und Frankreich bewusst verschwieg, dass er eine Rückkehr nach Italien wegen der dortigen Verhältnisse während der Einvernahmen klar ablehnte, scheint der Sicherungsbedarf äußerst hoch. Die nunmehr in der Beschwerde geäußerte grundsätzliche Bereitschaft zur Rückkehr nach Italien scheint hingegen wenig glaubwürdig, zumal der Bf ansonsten auch die erstinstanzliche Asylentscheidung nicht bekämpft haben würde. Bizarr mutet die Bemerkung in der Beschwerde an, er sei ja lediglich in Frankreich und Italien erkennungsdienstlich behandelt worden, was keinen Hinweis auf eine allfällige Flexibilität gebe.

 

Die durch das bisherige Verhalten des Bf gewonnenen Erkenntnisse führen zu der klaren Feststellung, dass der Bw sich keinesfalls ab Zustellung des negativen Asylbescheides, verbunden mit der evidenten Aussicht ehestbaldig nach Italien abgeschoben zu werden, dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörden zur Verfügung gehalten haben würde.

 

3.3.4.3. Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente – von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – ehestmöglich fraglos dem Zugriff der Behörde entzogen haben würde. Je weiter dieses Verfahren fortschreitet, desto höher ist auch die Fluchtgefahr anzusetzen. Diese bestand aber schon zweifellos zum Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahme massiv.

 

3.4.1. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

3.4.2. Betreffend die vertiefte Verhältnismäßigkeitsprüfung des § 76 Abs. 2a ist die Feststellung zu treffen, dass weder aufgrund des Alters noch aufgrund des Gesundheitszustandes Sachverhaltselemente bekannt wurden, die an der Verhältnismäßigkeit Zweifel aufkommen lassen würden.

 

3.4.3. Zu den in der Beschwerde ganz allgemein behaupteten Verletzungen von Unionsrecht ist wie folgt auszuführen:

 

Zunächst zum behaupteten Widerspruch zur Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (Abl L 348/98 ff):

 

Richtig ist, dass nach dem die Haft für Zwecke der Abschiebung behandelnden Art. 15 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie im Fall der Inhaftnahme durch eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich eine gerichtliche Überprüfung vorgesehen wird. Dabei ist aber entgegen der Beschwerdedarstellung nicht bloß auf die amts-

wegige Überprüfung der Schubhaft nach vier Monaten abzustellen. Die RL überlässt es vielmehr dem Mitgliedstaat, die Rechtmäßigkeit entweder nach Haftbeginn innerhalb kurzer Frist gerichtlich überprüfen zu lassen (Abs. 2 lit. a) oder dem Drittstaatsangehörigen das Recht einzuräumen, einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der Haft innerhalb kurzer Frist zu stellen, worüber er auch zu belehren ist (Abs. 2 lit. b).

 

Die Regelung der §§ 82 ff FPG mit dem Recht, die Prüfung der Schubhaft durch den Unabhängigen Verwaltungssenat jederzeit zu beantragen, und die Entscheidungspflicht binnen einer Woche bei aufrechter Anhaltung entspricht daher den Vorgaben der Richtlinie. Eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung hat der Schubhaftbescheid in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten (vgl § 76 Abs. 3 FPG). Die behauptete Verletzung der Rückführungsrichtlinie ist demnach unzutreffend.

 

Was schließlich den behaupteten Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie betrifft, ist auf die bereits dargelegten Ausführungen zur Prüfung der Möglichkeit der Verhängung eines gelinderen Mittels weiter unten zu verweisen.

 

3.5. In Anbetracht des besonders hohen Sicherungsbedarfes scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht bzw. eine finanzielle Sicherheitsleistung würden das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, zumal der Bf - wie oben dargestellt – spontan die Gelegenheit nutzen würde, um sich den Verfahren zu entziehen, deren kurzfristiges Ergebnis die Abschiebung nach Italien zeitigen würde.

 

Zugegebener Maßen hielt sich der Bf den österreichischen Behörden seit Anfang April zur Verfügung und wirkte – wenn auch mit unlauteren Mitteln und durchaus strategisch motiviert – am Asylverfahren bis zur negativen Entscheidung mit, was aber nicht bedeutet, dass er nun in der Folge für die Behörden zur Verfügung stehen würde bzw. gestanden wäre, wenn es um seine Rückführung ginge bzw. gegangen wäre. Im vollen Wissen der für ihn ungünstigen Entwicklungen durch die durchsetzbare asylrechtliche Ausweisung und die darauf erfolgenden Schritte der österreichischen Behörden, würde eine tägliche Meldepflicht also nicht ausgereicht haben, um ihn zu einer nachhaltigen Mitwirkung zu bewegen. Eine finanzielle Sicherheitsleistung scheitert schon am Umstand der relativen Mittellosigkeit des Bf. 

 

Dies aber hat zur Konsequenz, dass die belangte Behörde die Anwendung eines gelinderen Mittels zurecht ausschloss, wobei anzumerken ist, dass sie dies im angefochtenen Bescheid sehr wohl – auch hinsichtlich der einzelnen Varianten des gelinderen Mittels – thematisierte.

 

3.6. Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf über keine familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt.

 

3.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden,  bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.     zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.7.2. Der Bf wird gegenwärtig seit einer Woche in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Die Abschiebung des Bf nach Italien ist für die Kalenderwoche 21 geplant. Es liegen somit keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch längere Zeit andauern werde, zumal die Abschiebung des Bf nach der Zustimmung Italiens zur Rückübernahme vom 24. April 2013 in naher Zukunft erreichbar scheint.

 

3.7.3. Das Ziel der Schubhaft, die Ausweisung und Abschiebung nach Italien, ist zum Entscheidungszeitpunkt somit absolut zeitnah erreichbar, da aktuell keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung sprechen würden.

 

3.8. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom
7. Mai 2013 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

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