Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730726/2/BP/Jo

Linz, 06.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, StA ungeklärt, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 9. April 2013, GZ: 1020612/FRB, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines auf 10 Jahre befristeten Einreiseverbots gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 7 Jahre herabgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 9. April 2013, GZ: 1020612/FRB, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung und ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum ausgesprochen.

 

Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt Folgendes aus:

Sie gelangten im Juli 2002 illegal nach Österreich und stellten einen Asylantrag, der mit 12.11.2007 rechtskräftig abgewiesen wurde.

Seither halten Sie sich ohne jegliche fremden- bzw. asylrechtliche Bewilligung und somit nicht rechtmäßig in Österreich auf.

 

Über Sie scheinen mittlerweile 7 gerichtliche Verurteilungen auf:

1)     LG Linz 44 Hv 2002 v vom 07.01.2003 (rk 13.05.2003), wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 104 Abs. 1 und 3 1. Und 2. Fall FrG und des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 30 Monate;

2)     LG Linz 23 Hv 161/2004 f vom 14.01.2005 (rk 18.01.2005), wegen der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB, Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt auf 3 Jahre;

3)     LG Linz 34 Hv 36/2006 g vom 17.05.2006 (rk 17.05.2006), wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schwer Diebstahls, teils durch Einbruch, nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und Z. 3, 130 1. und 4. Fall, 15 Abs. 1 StGB und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 5 StGB, Freiheitsstrafe 15 Monate;

4)     LG Linz 27 Hv 101/2008 t vom 16.12.2008 (rk 16.12.2008), wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach§§ 127, 129 Z. 3, 15 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 15 Monate;

5)     LG Linz 20 Hv 119/2010 s vom 16.12.2010 (rk 07.03.2012), wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls, teilweise durch Einbruch, nach §§ 127, 129 Z. 3, 130 1. Fall und 15 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 9 Monate;

6)     LG Innsbruck 25 Hv 242/2011 a vom 25.07.2012 (rk 25.07.2012), wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 1. Satz 1. Fall, 15 StGB, Freiheitsstrafe 8 Monate;

7)     LG Linz 34 Hv 76/2012 y vom 01.08.2012 (rk 01.08.2012), wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB, Zusatzfreiheitsstrafe 2 Monate und 15 Tage.

 

ad 1): Sie haben im Gemeindegebiet von X gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung die rechtswidrige Einreise eines Fremden in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz gefördert, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für Sie oder einen anderen geschehe, und zwar:

von 05.10.2002 bis 10.11.2002 dadurch, dass Sie jeweils mit einem bislang unbekannt gebliebenen Tschechen per Handy Kontakt aufnahmen bzw. mit ihm Kontakt aufgenommen wurde, um den Treffpunkt sowie die Anzahl der zu schleppenden Personen abzusprechen, einzuteilen, welche Personen die Schleppungen durchführen sollten und in weiterer Folge X und X mit den Schleppungen beauftragten; in der Nacht vom 07.11. auf 08.11.2002 dadurch, dass Sie 21 indische und pakistanische Staatsbürger von einem vereinbarten Treffpunkt in Tschechien abholten und über die grüne Grenze von Tschechien nach Österreich brachten.

 

ad 2): Sie haben am 16.11.2004 in X Verfügungsberechtigten der Fa. X fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Doppelliterflasche Weißwein im Wert von € 2,49 mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

am 27.10.2004 haben Sie in X Verfügungsberechtigten der Fa. X fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Jacke im Wert von € 148,99 und einen Gürtel im Wert von € 7,99 mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

 

ad 3): Sie haben in X, in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung gleichartiger Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, fremde bewegliche Sachen in einem € 3.000,- übersteigenden Wert von insgesamt € 5.185,71 teils durch Einbruch (§ 129) mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Im Einzelnen wird hier auf die schriftliche Urteilsausfertigung verwiesen, die an dieser Stelle zum integrierenden Bestandteilt des Bescheides erhoben wird;

Am 14.12.2005 haben Sie eine fremde Sache zerstört, beschädigt oder unbrauchbar gemacht, indem Sie ein Verkehrszeichen „Halten und Parken verboten" der X, sohin eine Sache, die dem öffentlichen Verkehr dient, dadurch, dass Sie das Schild einschließlich der Standsäule aus seiner Verankerung rissen.

 

ad 4): Sie haben in X fremde bewegliche Sachen, teils durch Einbruch, mit dem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

am 11.06.2008 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit X dem X und der X zwei Fahrräder in einem Gesamtwert von ca. € 450,- durch Öffnen einer Sperrvorrichtung mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug, indem Sie die Fahrradschlösser der Fahrräder mit einem Seitenschneider durchschnitten;

am 18.08.2008 X, indem Sie nach einem geeigneten Angriffspunkt an deren Kellerabteilstür zum Aufbrechen dieser Tür mittels eines Schraubenziehers suchten und darin befindliche Gegenstände mitzunehmen versuchten;

am 19.08.2008 der Fa. X eine Flasche Zwetschkenschnaps im Wert von € 4,99, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

am 25.09.2008 in X der Fa. X eine Flasche Wodka im Wert von € 4,99, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist.

 

ad 5): Sie haben in X fremde bewegliche Sachen Verfügungsberechtigten teilweise durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei Sie die Taten in der Absicht vornahmen, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar: am 17.06.2010 3 Packungen Batterien im Wert von € 14,97 zum Nachteil Verfügungsberechtigter der Fa. X, wobei es beim Versuch geblieben ist;

in der Zeit zwischen 03.05.2010 und 05.05.2010 zum Nachteil des X, Pächter der X, insgesamt 18 Liter Motoröl im Gesamtwert von rund € 390,-, wobei es teilweise (hinsichtlich 4 Flaschen) beim Versuch geblieben ist;

am 16.09.2010 zum Nachteil der Fa. X 3 Bücher im Gesamtwert von € 102,39; am 22.11.2010 ein Fahrrad unbekannten Wertes zum Nachteil der X, indem Sie mit einem Seitenschneider das Fahrradschloss abzwickten, sohin indem Sie eine Sperrvorrichtung aufbrachen, wobei es beim Versuch geblieben ist.

 

ad 6): Sie haben in X und X in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Personen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, nachangeführte fremde bewegliche Sachen weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, und zwar: am 19.12.2011 in X Verfügungsberechtigten des Geschäftes X, Filiale X, eine Flasche Rotwein sowie einen Raumspray unerhobenen Wertes, ferner Verfügungsberechtigten des Schuhgeschäftes X zwei Schuhe im Wert von € 119,90; am 21.12.2011 in X versucht, 1 Flasche Absolut-Wodka im Wert von € 13,99 zum Nachteil der Fa. X;

am 20.01.2012 in X versucht, Verantwortlichen der Fa. X eine Sierra Tequilla Flasche im Wert von € 13,99;

am 08.03.2012 in X versucht, Verantwortlichen des X je eine Flasche Sekt, Wein und Likör im Gesamtwert von € 26,47;

am 06.03.2012 in X versucht, Verantwortlichen des X eine Flasche Rum im Wert von €41,40.

 

ad 7): Sie haben am 26.05.2012 in X eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Sonnenbrille im Wert von € 24,90 Verfügungsberechtigten der Fa. X mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und mit Gewalt, indem Sie X an den Unterarmen und am Shirt packten und durch einen Stoß gegen die Brust von sich wegstießen, diesen zu einer Unterlassung, nämlich Sie nach dem Ladendiebstahl anzuhalten, zu nötigen versucht.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde ua. aus, dass sich der Bw trotz seines beinahe elfjährigen Aufenthaltes in Österreich weder sozial noch beruflich integrieren habe können.

 

Es könne aufgrund der vom Bw begangenen Eigentumsdelikte zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass sich aus seinem Verhalten eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigentums manifestiere, die dadurch noch erheblich verstärkt werde, dass der Bw die ihm zur Last gelegten Straftaten teilweise gewerbsmäßig begangen habe.

Das 2003 gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot und nachfolgende Verurteilungen haben den Bw nicht von weiteren Straftaten abhalten können.

 

Der weitere Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet stelle eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar und laufe anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwider. Daher müssten neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um derartigen Straftaten entgegenzuwirken.

 

Abgesehen davon, dass der Bw in Österreich weder familiäre, berufliche oder andere soziale Anknüpfungspunkte habe, scheine in seinem Fall aufgrund des bereits geschilderten strafbaren Verhaltens die Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht nur zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten, sondern auch im Licht des § 61 Abs. 2 FPG zulässig.

 

Die Festlegung einer Frist gem. § 55 zur freiwilligen Ausreise erübrige sich insofern, als gegen den Bw eine seit 2.2.2008 durchsetzbare Ausweisung bestehe und der Bw schon aufgrund dieser Ausweisung zur Ausreise verpflichtet sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seine rechtsfreundliche Vertretung mit Schreiben vom 21. April 2013 rechtzeitig Berufung.

 

Zunächst stellt der Bw den Antrag, die Berufungsbehörde möge

-       der Berufung des Bw Folge geben und den angefochtenen Bescheid restlos beheben, in eventu

-       die Dauer des Einreiseverbotes einschränken, in eventu

-       das Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum aufheben (und lediglich auf das österreichische Bundesgebiet beschränken).

 

Begründend führt der Bw aus, dass er im Juli 2002 illegal nach Österreich eingereist sei und einen Asylantrag, der mit 12.11.2007 rechtskräftig abgewiesen worden sei, gestellt habe. Mit dem gegenständlichen Bescheid sei gegen den Bw eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum erlassen worden. Die Erlassung eines Einreiseverbotes für den gesamten Schengenraum sei jedoch rechtswidrig – diesbezüglich werde auf die Entscheidung des UVS Wien vom 14.11.2011, FRG/46/12805/2011 verwiesen:

 

(...)

 

Daher möge die Behörde das Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum aufheben. Sollte die Behörde sich außerstande sehen, gänzlich von der Erlassung eines Einreiseverbotes abzusehen, werde angeregt, die Gültigkeitsdauer angemessen zu verkürzen.

 

Hinsichtlich Art. 8 EMRK sei erwähnt, dass der Bw bereits sehr gut Deutsch sprechen und schreiben könne, er habe auch während seiner Inhaftierung gearbeitet, diesbezügliche Bestätigungen würden nachgereicht.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 23. April 2013 dem UVS des Landes Oberösterreich vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG). Darüber hinaus wurde auch vom "vertretenen" Bw kein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten unwidersprochen gebliebenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 68/2013, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er schon seit Jahren über keinen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügt und gegen ihn auch ein Aufenthaltsverbot im Jahr 2003 erlassen worden war. Grundsätzlich ist sohin der Tatbestand des § 52 Abs. 1 FPG erfüllt.

 

Es ist jedoch bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung bzw. des Einreiseverbotes auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.2.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.2.3.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Um so mehr gilt dies, wenn durch das persönliche Verhalten eines Fremden und durch dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet werden.

 

3.2.3.2. Im Fall des Bw ist von der fremdenpolizeilichen Maßnahme  lediglich das Privatleben betroffen, zumal er im Bundesgebiet nicht verheiratet ist und über keinerlei verwandtschaftliche oder familiäre Beziehungen oder Sorgepflichten verfügt.

 

3.2.3.3. Der Bw hält sich zwar seit nunmehr 11 Jahren im Bundesgebiet auf; dies jedoch weitgehend rechtswidrig. Von einer beruflichen Integration oder gar Selbsterhaltungsfähigkeit kann – nach Aktenlage – wohl keine Rede sein. Weiters ist ihm eine unterdurchschnittliche soziale Integration zuzumessen, da er nicht unbeträchtliche Teile des Aufenthalts in Strafhaft verbrachte. Die vorgebrachten Deutschkenntnisse ändern an dieser Feststellung nichts. Das Privatleben scheint zudem nicht besonders schutzwürdig. Der Bw verbrachte mehr als 20 Jahre in seinem Herkunftsstaat, weshalb ihm grundsätzlich eine Rückkehr zumutbar wäre, zumal er hier in Österreich über keine nennenswerten Bindungen verfügt. Die zahlreichen strafgerichtlichen Verurteilungen wiegen in der Interessensabwägung schwer. Das Privatleben entwickelte sich während unrechtmäßigem Aufenthaltsstatus.

 

3.2.3.4. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den persönlichen Interessen des Bw gegeben werden muss; insbesondere, da letztere überdies nicht in erheblicher Weise vorliegen, verlagert sich das Hauptgewicht auf den Schutz der öffentlichen Interessen.

 

Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.3.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren, in den Fällen der Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder gerichtlich strafbaren Handlung im sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7. aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

3.3.2.1.  Mit einer Rückkehrentscheidung ist also gemäß § 53 Abs. 1 FPG gleichzeitig ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bemessung dessen Dauer hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 Z. 1 bis 4 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für bis zu 10 Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Als Fiktion dieser Umstände wird in Z. 1 dieser Bestimmung ua. das Vorliegen einer rechtskräftigen, strafgerichtlichen, dreimonatigen oder bedingt oder teilbedingt nachgelassenen Verurteilung von mehr als 6 Monaten angeführt.  

 

3.3.2.2. Der Bw wurde in Österreich bislang immerhin sieben mal strafgerichtlich verurteilt:

1.   LG Linz 44 Hv 2002 v vom 07.01.2003 (rk 13.05.2003), wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 104 Abs. 1 und 3 1. Und 2. Fall FrG und des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 30 Monate;

2.   LG Linz 23 Hv 161/2004 f vom 14.01.2005 (rk 18.01.2005), wegen der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB, Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt auf 3 Jahre;

3.   LG Linz 34 Hv 36/2006 g vom 17.05.2006 (rk 17.05.2006), wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schwer Diebstahls, teils durch Einbruch, nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und Z. 3, 130 1. und 4. Fall, 15 Abs. 1 StGB und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 5 StGB, Freiheitsstrafe 15 Monate;

4.   LG Linz 27 Hv 101/2008 t vom 16.12.2008 (rk 16.12.2008), wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach§§ 127, 129 Z. 3, 15 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 15 Monate;

5.   LG Linz 20 Hv 119/2010 s vom 16.12.2010 (rk 07.03.2012), wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls, teilweise durch Einbruch, nach §§ 127, 129 Z. 3, 130 1. Fall und 15 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 9 Monate;

6.   LG Innsbruck 25 Hv 242/2011 a vom 25.07.2012 (rk 25.07.2012), wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 1. Satz 1. Fall, 15 StGB, Freiheitsstrafe 8 Monate;

7.   LG Linz 34 Hv 76/2012 y vom 01.08.2012 (rk 01.08.2012), wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB, Zusatzfreiheitsstrafe 2 Monate und 15 Tage.

 

3.3.3. Es ist – im Hinblick auf die festzusetzende Dauer des Einreiseverbotes sowie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich schwerwiegend zu gefährden.

 

Die Verhinderung von Straftaten gerade im so sensiblen Bereich der Eigentumsdelikte zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.

 

3.3.4. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung   ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Es zeugt fraglos von konstanter und erheblicher krimineller Energie über eine knapp 10-jährige Zeitspanne hinweg ua. neben Schlepperei teils schwerwiegende Eigentumsdelikte zu begehen. Dabei ist nicht nur die Unzahl an einzelnen Angriffen, sondern vor allem der Umstand zu betonen, dass der Bw – kaum wieder auf freiem Fuß – ein nächstes Delikt verwirklichte ohne auch nur im Geringsten durch vorhergegangene Verurteilungen geläutert worden zu sein. Es ist somit von einem massiven und besonders gefestigten kriminellen Potential auszugehen, das der Bw fraglos aufweist.

 

Angesichts der hier konkret hohen Rückfallswahrscheinlichkeit und des gänzlich fehlenden nachträglichen Wohlverhaltens fehlen sämtlich Aspekte, um vom Wegfall der kriminellen Disposition ausgehen zu können.

 

Es kann dem Bw also keinesfalls eine günstige Zukunftsprognose ausgestellt werden.

 

3.3.5. Ohne den Grundsatz in dubio pro "reo" außer Acht zu lassen, folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

3.4. Die belangte Behörde verhängte das in Rede stehende Einreiseverbot im höchstzulässigen Ausmaß von 10 Jahren. Angesichts des Umstandes, dass in diesem Zeitrahmen auch Straftaten umfasst sind, die mit Haftstrafen bis zu 5 Jahren geahndet wurden, scheint – trotz der mehrfachen Verurteilungen des Bw – eine 7-jährige Dauer für verhältnismäßig und angemessen. Ab diesem Zeitpunkt kann aber erst frühestens damit gerechnet werden, dass das oben beschriebene kriminelle Potential nicht mehr vorliegt; nachträgliches Wohlverhalten vorausgesetzt.

 

In diesem Punkt war der angefochtene Bescheid also abzuändern.

 

3.5.1. Allerdings stellt der Bw nunmehr auch den Eventualantrag den Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend einzuschränken, dass die Wortfolge "für den gesamten Schengenraum" entfallen möge.

 

3.5.2. § 53 Abs. 1 FPG normiert zwar, dass das Einreiseverbot für das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gilt; das FPG bleibt aber sowohl nach grammatikalischer Interpretation dieser Bestimmung als auch nach allfälligen expliziten Begriffsbestimmungen die Antwort schuldig, um welche Mitgliedstaaten, welchen internationalen Vertragswerks es sich handelt. Bei Heranziehen der teleologischen Interpretation wie auch der "Erläuternden Bemerkungen" wird deutlich, dass unter dem Begriff "Mitgliedstaaten" hier die Mitgliedstaaten des Schengen-Aquis zu verstehen sind.

 

Wie sich aus dem – vom Bw zitierten Erkenntnis des UVS Wien zutreffend ablesen lässt – ergibt sich das Verbot für einen Fremden, gegen den eine Rückkehrentscheidung eines Schengenstaates erlassen wurde, in andere Schengenstaaten einzureisen oder sich dort aufzuhalten aus der Verordnung (EG) 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex). Dabei handelt es sich aber um einen unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Union, der keiner innerstaatlichen Umsetzung bedarf, bzw. ist eine solche grundsätzlich ausgeschlossen.

 

3.5.3. Mit dem vorliegenden Bescheid wurde ein Einreiseverbot angeordnet. Dieses Einreiseverbot gilt (gemäß dem Schengener Grenzkodex) für den gesamten Schengenraum. Es mag zwar fraglich sein, ob die explizite Anführung des Geltungsbereichs erforderlich ist, zumal sich dieser per se schon aus der oa. Verordnung ergibt. Es ist aber dadurch für den Bw materiell nichts gewonnen, da das Einreiseverbot jedenfalls im gesamten Schengenraum gilt, es aber einzelnen Mitgliedstaaten offensteht, davon abzugehen. Diesfalls wäre die nationale österreichische Normierung nicht anwendbar.

 

In diesem Sinn geht aber auch der Spruch nicht zu weit, da er den gesetzlichen Vorgaben des § 53 Abs. 1 folgt und darüber hinaus eine deskriptive Nennung des Geltungsbereichs nicht entgegen dem Umsetzungsverbot des EU-Rechts scheint.

 

3.5.4. Es war also auch diesem Berufungsantrag nicht zu folgen.

 

3.6.1. Es war also im Ergebnis der Berufung hinsichtlich der Dauer des Einreiseverbotes stattzugeben, ansonsten aber der angefochtene Bescheid zu bestätigen. 

 

3.6.2. Nachdem der Bw angibt über ausreichende Deutschkenntnisse zu verfügen, konnte gemäß § 59 Abs. 1 FPG auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides Verzichtet werden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 18,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

Bernhard Pree

 

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