Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730727/2/BP/JO

Linz, 03.05.2013

 

                  E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X (geborener X), geboren am X, dzt. X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 28. März 2013, Zl. Sich41-49-2012, betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von fünf Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

1.1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 28. März 2013, Zl. Sich41-49-2012, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 65b iVm § 67 Abs.1 und Abs.2 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Gleichgehend wurde dem Bw gemäß § 70 Abs. 3 FPG von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt Folgendes aus:

Sie besitzen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, sind bosnischer Staatsangehöriger und somit Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG.

 

Sie wurden am X in Tuzla, Bosnien, als X geboren. Anfang der Neunziger Jahre kamen Sie in Begleitung Ihrer Eltern X und X sowie Ihrer Schwester X, geb. X, nach Österreich und wohnten mit diesen ge­meinsam zunächst in X. Am X wurde Ihre jüngere Schwester X in X geboren. In X haben Sie nach einem mehrmonatigen Kindergartenbesuch vier Jahre Volksschule absolviert und gingen dann zur Hauptschule in X, wo Sie die dritte Klasse wiederholen mussten. Zum Besuch der vierten Klasse Hauptschule kam es nicht. Sie besuch­ten aber 2001/2002 die Polytechnische Schule in X, wobei Sie diese positiv abschlossen und auch den Hauptschulabschluss nachholten.

 

In weiterer Folge haben Sie zunächst eine Lehre als Koch und Kellner begonnen, diese jedoch aufgrund von Problemen mit dem Arbeitgeber nach ca. 1 Jahr abgebrochen. Danach begannen Sie eine Lehre als Dachdecker und Spengler, welche Sie nach ca. 3 Jahren ebenfalls abgebro­chen haben, weil Sie mit der Lehrlingsentschädigung zu wenig verdienten. Sie ließen sich dann als (Hilfs)arbeiter entlohnen. Damals waren Sie mit einer Freundin zusammen gezogen, die ebenfalls nur über eine Lehrlingsentschädigung verfügte, was für zwei Personen nicht reichte. In den vergangenen 10 Jahren sind Sie in Österreich diversen Beschäftigungen nachgegangen. Dabei kam es zu saisonbedingten Zeiten von Arbeitslosigkeit Einmal waren Sie sechs Monate ohne Beschäftigung. Sie arbeiteten als Elektriker, Dachdecker, Spengler und vorwiegend in der Gastronomie. Ihre Versicherungsnummer lautet xxxx XX.

 

Ihre Eltern haben sich vor etwa 10 oder 11 Jahren scheiden lassen und sich getrennt. Ihre Mut­ter und Ihrer Schwester X besitzen zwischenzeitlich die österreichische Staatsbürgerschaft. Ihr eigenes Ansuchen um Verleihung der Staatsbürgerschaft wurde seinerzeit wegen eines an­hängigen Strafverfahrens abgewiesen. Ihr Vater x ist am X verstor­ben.

 

Zu Ihrem Aufenthaltsstatus ist folgendes festzuhalten:

Aus dem Fremdenakt geht hervor, dass Sie zumindest ab 01.04.1992 im Bundesgebiet Aufent­halt genommen hatten, hingegen brachten Sie im Ermittlungsverfahren vor, eventuell schon 1990 oder 1991 nach Österreich eingereist zu sein.

 

Es wurden Ihnen befristete Aufenthaltstitel jedenfalls im Zeitraum 11.12.1993 bis 12.05.2010 ausgestellt. Das auf Grund des Verlängerungsantrages vom 12.05.2010 eingeleitete Verfahren wurde vom Magistrat Salzburg mit 15.10.2010 (gemäß § 19 Abs. 6 NAG) eingestellt, weil Sie keine taugliche Zustelladresse bekannt gegeben hatten. Sie haben den Ladungen des Magist­rats Salzburg vom 23.06.2010 und 12.07.2010 zwecks Abholung des Aufenthaltstitels keine Folge geleistet. Eine Änderung der Zustelladresse haben Sie nicht bekannt gegeben. Mit 30.11.2010 wurden Sie an der Adresse X, amtlich ab­gemeldet, da Sie dort - auch nach eigenen Angaben - seit Februar oder März 2010 nicht mehr aufhältig waren. In diesem Sinne ist Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet seit der Einstellung des Verfahrens am 15.10.2010 als nicht rechtmäßig zu qualifizieren. Damit ist das Niederlassungs­recht untergegangen. Erst im Februar 2012 wurden Sie beim Magistrat Salzburg wegen Ihres Aufenthaltstitels vorstellig, wo man Ihnen mitteilte, dass Sie den Titel nicht abgeholt hätten und dass das Verfahren eingestellt worden sei.

 

Nach eigenen Angaben wohnten Sie von Februar/März 2010 bis etwa Juni 2010 bei einer Freundin namens X (den Nachnamen haben Sie vergessen) in X in der Nähe des X, ohne sich anzumelden. Vom 17.08.2007 bis 06.04.2011 waren Sie noch in X (Wohnung der Mutter) mit Nebenwohnsitz gemeldet. Sie sind derzeit an keinem ordentlichen Wohnsitz gemeldet. Sie besitzen einen noch gültigen bosni­schen, nicht biometrischen Pass.

Beginnend mit dem Jahr 2001 traten Sie regelmäßig nachteilig in Erscheinung. Diverse Straf­verfahren wurden von den Gerichten bzw. der Staatsanwaltschaft - zum Teil nach diversioneller Erledigung - eingestellt:

1) Das Bezirksgericht X stellte das Strafverfahren wegen des Vergehens der Körperverlet­zung nach § 83 Abs. 1 StGB am 18.10.2001, zu GZ. 23 BAZ 745/01g nach erfolgreichem au­ßergerichtlichem Tatausgleich (Diversion) gemäß § 90g Abs. 1 StPO ein.

2) Das Bezirksgericht X stellte das Strafverfahren wegen des Vergehens der Körperverlet­zung nach § 83 Abs. 1 StGB am 04.04.2002 zu GZ. 23 BAZ 371/02h, gemäß § 6 Abs. 1 JGG ein.

3) Das Bezirksgericht X stellte das Strafverfahren wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 129 StGB am 05.02.2004 zu GZ. 12St 392/03t, gemäß § 90 Abs. 1 StPO ein.

4) Das Landesgericht Salzburg stellte das Strafverfahren wegen Beitrags zum Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 12 3. Fall, 146,147 Abs. 1 Z. 1 StGB und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB am 19.11.2004, zu Zahl 41 Hv 216/04b, gemäß § 90b iVm § 90f Abs. 1 und 2 StPO unter der Bestimmung einer Probezeit von 2 Jahren und der An­ordnung der Bewährungshilfe vorläufig ein.

 

Weiters scheinen folgende rechtskräftige Verurteilungen auf:

1) Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 16.04.2007 zu Zahl 30 Hv 8/07p, wurden Sie wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB, des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung gemäß § 87 Abs. 1, § 15 Abs. 1 StGB und des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt gemäß § 269 Abs. 1, § 15 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten - bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren und Anordnung einer Bewährungshilfe - verurteilt (rechtskräftig seit 20.04.2007).

 

2) Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25.03.2009 zu Zahl 33 Hv 213/08h, wurden Sie wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und des Vergehens des Raufhandels gemäß § 91 Abs. 2 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten - bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren - verurteilt (rechtskräftig seit 31.03.2009). Vom Widerruf der bedingten Nachsicht zu 30 Hv 8/2007p des LG Salzburg vom 16.04.2007 wurde abgesehen.

 

3) Mit Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 28.05.2010, zu Zahl 27 U 106/201 Oz, wurden Sie wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 2 StGB zu einer Freiheits­strafe von 3 Monaten - bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren -verurteilt (rechtskräftig seit 01.06.2010).

Sie wurden schuldig gesprochen, dass Sie am 13.06.2009 in Salzburg, Rudolfskai, dadurch, dass Sie versuchten, X einen Faustschlag zu versetzen, diesen jedoch verfehlten und dafür X im Gesicht trafen, was Schmerzen im Bereich des linken Auges zur Folge hatte, X am Körper misshandelt und hierdurch fahrlässig verletzt wurde.

Als mildernd wurde das Geständnis, als erschwerend wurden einschlägige Vorstrafen gewertet. Vom Widerruf der bedingten Nachsicht zu 33 Hv 213/2008k des LG Salzburg vom 25.03.2008 wurde abgesehen.

 

4) Mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 30.08.2012, zu Zahl 9 Hv 78/12s, wur­den Sie wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach den §§87 Abs. 1, 15 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und 2 StGB und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt (rechtskräftig seit 27.09.2012).

Sie wurden schuldig gesprochen, dass Sie I) am 08. März 2012 in Braunau am Inn,

1. X dadurch, dass Sie ihr mehrere Schläge mit einem "Schnitzelklopfer" sowie einem Kerzenständer aus Glas auf den Hinterkopf und auf die Stirn versetzten, sie mit Ihren Händen würgten und Ihren Unterarm gegen ihren Hals drückten, wodurch diese sieben Riss­quetschwunden am Kopf, Prellungen des Gesichts sowie ein Brillenhämatom erlitt, absichtlich am Körper schwer zu verletzen versucht haben,

2. X durch die Aufforderung, sie solle nicht auf die Idee kommen, aufzustehen um aus dem Fenster um Hilfe zu schreien, sonst würden Sie dort weitermachen, wo Sie zuerst auf­gehört haben, mithin durch gefährliche Drohung mit zumindest der Zufügung einer Körperver­letzung zur Unterlassung des Herbeiholens von Hilfe genötigt haben,

3. dadurch, dass Sie die SIM-Karte von X aus deren Handy nahmen und sie zer­störten, eine fremde Sache zerstört bzw. beschädigt haben,

4. X dadurch widerrechtlich die Freiheit entzogen haben, dass Sie die Wohnung von außen zusperrten,

5. dadurch, dass Sie mit dem PKW Fiat Palio mit dem amtlichen Kennzeichen X der X wegfuhren, ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch genommen haben, wobei Sie sich den Schlüs­sel widerrechtlicht beschafft haben;

II) anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1. in der Nacht zum 08.06.2011 in Wien durch Aufbrechen eines Fensters und Einsteigen in das Büffet der X, wobei Zigaretten sowie zwölf Geschäftsschlüssel in unbekanntem Wert weggenommen wurden,

2. am 08.03.2012 in Braunau am Inn der X durch Entnahme von 80,00 Euro aus deren Geldtasche sowie durch Mitnahme ihres Laptops in unbekanntem Wert.

Bei der Strafbemessung wurden das teilweise Geständnis sowie die Tatsache, dass es bei ei­ner Tathandlung - und zwar jener, die den Ausschlag für den Strafrahmen gibt - beim Versuch geblieben ist, gewertet. Als straferschwerend wurden hingegen das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art, die drei einschlägigen Vorstrafen sowie die brutale und hinterhältige Vorgehensweise bei der absichtlich schweren Körperverletzung gewertet. Das Landesgericht Ried im Innkreis stellte dazu weiters fest, dass insbesondere die Grausam­keit und Brutalität des Vorgehens Ihrer Tat am 08.03.2012 einer strengen Ahndung bedürfe weil darin erneut das erhebliche, bei Ihnen vorhandene Aggressionspotenzial zum Ausbruch ge­kommen sei und sich dadurch zeige, dass die bisherige Verhängung von bedingten Freiheits­strafen keinerlei Wirkung auf Sie zeigte. Bereits aus diesen spezialpräventiven Gesichtspunkten sei die Verhängung einer gänzlich unbedingten Freiheitsstrafe erforderlich gewesen, zumal Ih­nen offenkundig nur so hinreichend vor Augen geführt werden könne, dass ein derartiges Ver­halten nicht geduldet wird. Des weiteren müsse auch der Öffentlichen demonstriert werden, dass gerade auf derart brutale Taten die Strafgerichtsbarkeit mit empfindlichen Freiheitsstrafen reagiert.

Weiters wurde der Widerruf der zu 33 Hv 213/08h des LG Salzburg vom 25.03.2009 gewährten bedingten Strafnachsicht ausgesprochen.

 

Zuletzt wurden Sie am 08.03.2012 in Z im Zuge einer Fahndungsmaßnahme fest­genommen. Seit 09.03.2012 wurden Sie in der Justizanstalt X in Untersuchungs­haft angehalten und befanden sich ab 27.09.2012 dort in Strafhaft. Am 21.12.2012 wurden Sie in die Justizanstalt X überstellt.

 

Zu Ihren persönlichen bzw. familiären Verhältnissen in Österreich und in Bosnien ist weiters auszuführen:

Folgende Verwandte von Ihnen leben derzeit in Österreich:

-          Ihre Ehegattin X in X,

-          Ihre Mutter X, geb. X, österr. StA, wohnhaft in X;

-          Ihr Schwester X, geb. X, bosn. StA, wohnhaft in X, sowie deren Ehegatte und drei Kinder;

-          Ihre Schwester X, geb. X, österr. StA, ledig, wohnhaft in X.

Im Bundesgebiet leben noch 3 Onkel, 3 Tanten und 8 Cousins bzw. Cousinen. Alle wohnen im Raum X.

 

Sie sind derzeit nirgends Vereinsmitglied. Als Kind waren Sie Mitglied in einem Fußballverein. In Österreich haben Sie 2 bis 3 sehr gute Freunde und viele normale Freunde. Durch Ihre Arbeit haben Sie viele Leute kennen gelernt.

 

In Bosnien halten sich Ihre Großeltern mütterlicherseits, 3 Onkel und 3 Tanten sowie 5 bis 6 Cousins bzw. Cousinen auf. Ihre Großeltern väterlicherseits sind schon verstorben. Zu den Ver­wandten in Bosnien haben Sie praktisch keinen Kontakt.

Vor der Zuwanderung nach Österreich wohnten Ihre Eltern mit Ihnen und der Schwester in ei­nem Wohnhaus in Lopare. Das ist ein zweistöckiges Gebäude. Im Erdgeschoß wohnt jetzt noch eine Tante, den zweiten Stock dürfte ein Cousin nutzen. Über die Eigentumsverhältnisse kön­nen Sie nichts Genaueres sagen.

Mit Ihrer Mutter und den 2 Schwestern pflegen Sie jetzt einen guten Kontakt und werden von ihnen regelmäßig in der Justizanstalt besucht. Zwischen 2010 und 2012 hatten Sie den meisten Kontakt mit Ihrer jüngeren Schwester. Die Mutter haben Sie zwischen Ende 2010 und 2012 gar nicht besucht. Es gab nur wenige Telefonate.

 

Ihre Muttersprache ist Deutsch. Dagegen verfügen Sie nur über geringe Bosnisch-Kenntnisse. Sie sprechen sogar besser Englisch als Bosnisch.

 

Als Kind verbrachten Sie jährlich mit den Eltern den Sommerurlaub in Bosnien. Seit Ihrer Voll­jährigkeit reisten Sie höchstens zweimal nach Bosnien. Einmal halfen Sie dem Schwager, Sa­chen nach Bosnien zu bringen und verbrachten diesbezüglich ein Wochenende dort. Von etwa Mitte Juni 2010 bis Dezember 2010 waren Sie nach eigenen Angaben bei Verwand­ten in Lopare aufhältig. Diesen Bosnienaufenthalt haben Sie lediglich einmal für ca. 48 Stunden unterbrochen, um kurz nach Österreich einzureisen. Der mehrmonatige Aufenthalt in Bosnien hatte einerseits mit dem Begräbnis Ihres Vaters in Bosnien zu tun, weil Sie nach dessen Tod in Bosnien die Verlassenschaft sowie Familienangelegenheiten zu regeln hatten. Außerdem hatte im Juni 2010 ein Onkel in Bosnien Suizid begangen.

Zum Versicherungsdatenauszug, dem in dem von Ihnen genannten Abwesenheitszeitraum Versicherungszeiten zu entnehmen sind, teilten Sie mit, dass Sie bei der X Ihres Wissens schon 4 bis 5 Wochen beschäftigt waren, vermutlich von ca. Mitte Mai bis Mitte Juni 2010. Definitiv seien Sie aber um den 18.06.2010 nach Bosnien ausgereist und hätten die Fir­ma X hiervon nicht in Kenntnis gesetzt. Bei der X in X hätten Sie erst im Dezember 2010 für rund 2 Wochen ausgeholfen, nicht aber zuvor. Die gegenteiligen Versi­cherungszeiten könnten Sie sich nicht erklären, da Sie von Mitte Juni bis Dezember 2010 - mit Ausnahme von 1-2 Tagen - ausschließlich in Bosnien gewesen seien. Um Silvester 2010/2011 herum hätten Sie dann bei der Firma X zu arbeiten begonnen. Nach Ihrer Rückkehr nach Österreich im Dezember 2010 haben Sie bei einem afrikanischen Freund in X, ohne Meldung Unterkunft genommen. Den Namen und die genaue Adresse konnten Sie nicht mehr sagen. Von Mitte April 2011 bis September 2011 wohnten Sie daraufhin bei Ihrem Freund X in der X, wo Sie im Juli 2011 einen Tag gemeldet waren - was Sie erst später erfuhren.

 

Im September 2011 zogen Sie bei Ihrer Freundin X, geb. X, österr. StA, in X, ein. Sie haben Frau X am 10.06.2011 in Wien kennen gelernt hatten, und führten quasi eine Lebensgemeinschaft. Ca. 2 oder 3 Tage vor der letzten Verhaftung (März 2012) sind Sie nach einem Streit ausgezo­gen. Sie verbrachten 2 Nächte bei der Facebook-Bekanntschaft X in X, mit der Sie jedoch keine Beziehung hatten. Frau X war im Zeitpunkt Ihrer Festnahme im dritten Monat schwanger. Sie hat aber das Kind nach Ihrer Festnahme abtreiben lassen.

Während Ihrer Anhaltung in der Justizanstalt X kam es dann aber zu einem Brief­wechsel und zur Aussöhnung mit Frau X, die Sie letztlich am 10.07.2012 - im Stand der Untersuchungshaft - geheiratet haben.

Ihre Frau hat von Ihrem rechtswidrigen Aufenthaltsstatus - wie Sie selbst - auch erst im Februar 2012 erfahren. Auslandsaufenthalte Ihrer Frau - außerhalb von Urlauben - sind Ihnen nicht bekannt. Sie war noch nie in Bosnien und spricht die dortige Sprache nicht. Ihre Frau arbeitet in einem Büro und möchte sich auf Buchhalterin umschulen lassen.

Im Haushalt Ihrer Ehegattin in X wohnen noch deren zwei Kinder X, geb. X, und X, geb. X. Zu den beiden Kindern haben Sie ein sehr gutes Verhältnis. Die beiden sprechen Sie als Papa an und Sie haben sich viel um sie gekümmert.

 

Im Rahmen der Niederschrift vom 17.12.2012 wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass auf­grund des von Ihnen in Österreich gesetzten Gesamtfehlverhaltens die Bezirkshauptmann­schaft Ried im Innkreis als Fremdenpolizeibehörde beabsichtigt, gegen Sie gemäß § 65b in Verbindung mit § 67 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf 10 Jahre befristetes Aufent­haltsverbot für Österreich zu erlassen.

 

Dazu ersuchten Sie im Rahmen des Parteiengehörs, im Hinblick auf Ihre persönlichen Bindun­gen in Österreich von der Verhängung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen. Ihr Leben passiere in Österreich. In Bosnien hätten Sie keine Unterbringung. Es täte Ihnen auch leid, dass Sie die Fristen beim Magistrat Salzburg versäumt haben. Sie möchten noch eine letzte Chance bekommen.

Hinsichtlich der Verurteilung wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt wollten Sie noch fest­halten, dass Sie die Widerstandshandlungen gegen den Polizeibeamten aus Ihrer Sicht aus Notwehr heraus gesetzt hätten.

 

1.1.2. Die Behörde ging bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes von folgender rechtlicher Beurteilung aus:

Zu Punkt 1.:

Die Wortwahl "ist ... zulässig" in § 67 Abs. 1 FPG 2005 deutet darauf hin, dass im gegebenen Zusammenhang Ermessen der Behörde besteht. Für die Ausübung dieses Ermessens ist nicht bloß das Gewicht der privaten und familiären Interessen des betroffenen Fremden, das bereits für die Entscheidung, ob die Voraussetzung des § 67 Abs. 1 FPG 2005 gegeben ist, maßgeb­lich ist, von entscheidender Bedeutung. Die Behörde hat vielmehr bei ihrer Ermessensentschei­dung unter Orientierung an § 53 Abs. 2 und Abs. 3 FPG 2005 in Erwägung zu ziehen, ob und wenn ja welche Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung für und gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechen, und sich hierbei insbesondere von den Vorschriften des Fremdenpolizeigesetzes 2005 leiten zu lassen.

Weil Sie bosnischer Staatsbürger sind und mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sind, die in Österreich lebt und keinen grenzüberschreitenden Freizügigkeitssachverhalt im Sin­ne der Unionsbürgerrichtlinie verwirklicht hat, sind in Ihrem Fall die Bestimmungen für begüns­tigte Drittstaatsangehörige gemäß § 65b in Verbindung mit § 67 Abs. 1 FPG 2005 maßgeblich. Danach ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtig­te EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss dabei eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind daher nicht zulässig.

 

(...)

 

§ 53 Abs. 2 und Abs. 3 FPG 2005 enthält eine demonstrative Aufzählung solcher bestimmter Tatsachen, welche die Annahme des Vorliegens eines Grundes für die Verhängung eines Auf­enthaltsverbotes im Sinne des § 67 Abs. 1 rechtfertigen. Eine solche ausdrücklich im Gesetz erwähnte Tatsache liegt nach § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG 2005 dann vor, wenn ein Drittstaatsangehö­riger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten, oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Wie oben ausführlich dargestellt, wurden Sie zuletzt vom Landesgericht Ried im Innkreis am 30.08.2012 unter Zahl 9 Hv 78/12s, wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach den §§ 87 Abs. 1, 15 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Nö­tigung nach § 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB, des Vergehens des unbe­fugten Gebrauches von Fahrzeug nach § 136 Abs. 1 und 2 StGB und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127,129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jah­ren verurteilt (rechtskräftig seit 27.09.2012).

Zuvor wurden Sie bereits im Jahr 2007 vom Landesgericht Salzburg wegen des Vergehens der Körperverletzung, des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverlet­zung und des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt gemäß § 269 Abs. 1, § 15 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten - bedingt nachgesehen unter Bestim­mung einer Probezeit von 3 Jahren - verurteilt (rechtskräftig seit 20.04.2007). Weiters wurden Sie vom Landesgericht Salzburg im Jahr 2009 wegen des Vergehens der schweren Körper­verletzung und des Vergehens des Raufhandels zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten -bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren - verurteilt (rechtskräftig seit 31.03.2009). Im Jahr 2010 wurden Sie zudem vom Bezirksgericht Salzburg wegen des Vergehens der Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten - bedingt nachge­sehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren - verurteilt (rechtskräftig seit 01.06.2010).

 

Ganz abgesehen von den angeführten rechtskräftigen Verurteilungen wurden Sie bereits ab dem Jahr 2001 hinsichtlich zweier Vergehen der Körperverletzung (2001 und 2002), des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch (2004) sowie des Beitrags zum Vergehen des schweren Betrugs und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel (2004) gerichtlich auffällig. Die­se Verfahren wurden jedoch - zum Teil nach diversioneller Erledigung - eingestellt.

 

Bereits mit den Verurteilungen des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 30.09.2012 und des Landesgerichtes Salzburg vom 16.04.2007 werden die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG 2005 für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bei weitem über­troffen.

Zum Einen wurden sie zuletzt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt, zum Anderen wurden Sie bereits 4 Mal wegen Verletzung eines anderen am Körper - also mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen -rechtskräftig verurteilt. Das bedeutet, dass sogar zwei der Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG 2005 erfüllt sind, wobei jedoch bereits das Vorliegen eines einzigen Tatbestandsmerk­mals ausreichend wäre.

 

Bei den von Ihnen begangenen Straftaten handelt es sich vorwiegend um (großteils qualifizier­te) Delikte gegen Leib und Leben, wie das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 StGB, das Vergehen der schweren Körperverletzung nach § 84 StGB, das Verbrechen der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 StGB sowie das Vergehen des Raufhan­dels. Hinzu treten aber auch strafbare Handlungen gegen die Freiheit (Vergehen der Nötigung gemäß § 105 StGB, Vergehen der Freiheitsentziehung gemäß § 99 StGB) sowie - zum Teil qualifizierte - Eigentumsdelikte (Vergehen der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB, Verge­hen des unbefugten Gebrauches eines Fahrzeuges gemäß § 136 StGB, Verbrechen des Dieb­stahls durch Einbruch gemäß § 127 iVm § 129 StGB).

Diese Vielzahl und auch Vielfalt an strafbaren Handlungen zeigt dabei deutlich, dass bei Ihnen ein sehr hohes Aggressionspotenzial sowie eine ausgeprägte kriminelle Neigung gegeben sind und dass Sie nicht gewillt sind, die körperliche Integrität sowie das Eigentum anderer und die in Österreich geschützten Werte zu respektieren.

Bemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass das Landesgericht Ried im Innkreis bei der letzten Verurteilung 3 einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Hand­lungen verschiedener Art sowie die brutale und hinterhältige Vorgehensweise bei der ver­suchten absichtlichen schweren Körperverletzung als straferschwerend gewertet hat. Das Landesgericht Ried im Innkreis führte in diesem Zusammenhang auch aus, dass insbe­sondere die Grausamkeit und Brutalität des Vorgehens Ihrer Tat am 08.03.2012 einer strengen Ahndung bedürfe, weil darin erneut das erhebliche, bei Ihnen vorhandene Aggressionspotenzial zum Ausbruch gekommen sei und sich dadurch zeige, dass die bisherige Verhängung von be­dingten Freiheitsstrafen keinerlei Wirkung auf Sie zeigte.

Dem Urteil ist weiter zu entnehmen, dass die Verhängung einer gänzlich unbedingten Freiheits­strafe von 3 Jahren bereits aus spezialpräventiven Gesichtspunkten erforderlich gewesen sei, zumal Ihnen offenkundig nur so hinreichend vor Augen geführt werden könne, dass ein derarti­ges Verhalten nicht geduldet wird.

 

Aufgrund der Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren sowie aufgrund der zahlreichen, zum Teil einschlägigen Vorstrafen zieht die Behörde letztlich den Schluss, dass Ihr weiterer Verbleib im Bundesgebiet nach Verbüßung der Freiheitsstrafe die öffentli­che Ordnung und Sicherheit nachhaltig und maßgeblich gefährdet. Das von Ihnen gesetz­te persönliche Gesamtfehlverhalten stellt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dies insbesondere auch aufgrund des Umstandes, dass die letzte Tatbegehung (versuchte absichtliche schwere Körperverletzung) von besonderer Brutalität und Grausamkeit gekennzeichnet ist.

 

Bei Betrachtung Ihres Gesamtfehlverhaltens wiegen die öffentlichen Interessen an Ihrer Außerlandesschaffung bedeutend schwerer als Ihre privaten Interessen an einem allfälligen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet, besteht doch an der Verhinderung von strafbaren Handlungen ge­gen Leib und Leben sowie von (qualifizierten) Eigentumsdelikten ein großes, im Sinne eines Grundinteresses der Gesellschaft zu verstehendes, öffentliches Interesse. Sie haben, selbst wenn man Ihr Fehlverhalten der Jahre 2001, 2002 und 2004 Acht lässt, in den Jahren 2007, 2009, 2010 und 2012 in Österreich jeweils zum Teil qualifizierte Delikte gegen Leib und Leben (Körperverletzungen gemäß § 83, 84 und 87 StGB, Raufhandel) sowie eine Vielzahl an - zum Teil qualifizierten - Delikten gegen das Vermögen anderer begangen. Dieser Umstand zeigt, dass bei Ihnen eine ausgeprägte kriminelle Neigung und ein hohes und unberechenbares Aggressionspotenzial gegeben ist. Hinsichtlich der Ihnen der Aktenlage nach zur Last gelegten Aggressionsdelikte besteht eine besonders große Rückfallgefahr. Die Achtung vor der kör­perlichen Integrität und Gesundheit anderer ist bei Ihnen stark eingeschränkt und ist bei Ihnen zudem, wenn man berücksichtigt, dass Sie innerhalb von nur 5 Jahren 4 Mal wegen Delikten gegen Leib und Leben rechtskräftig verurteilt und jedes Mal sehr rasch wieder rückfällig wur­den, kein ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein vorhanden. Aus den ersten Verurteilungen haben Sie absolut keine Lehren gezogen, was unter Umständen auch an den jeweils bedingt nachge­sehenen Freiheitsstrafen liegt. Trotz der 3 rechtskräftigen Verurteilungen haben Sie zuletzt Ihr deliktisches Verhalten sogar noch gesteigert und gleichzeitig eine Vielzahl verschiedenartiger Straftaten - Körperverletzung, Nötigung, Freiheitsentziehung, Sachbeschädigung, unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen, Diebstahl durch Einbruch - begangen. Dabei richtet sich Ihr ag­gressives Verhalten sowohl gegen Ihnen nahe stehende als auch gegen andere Personen. Durch das zuletzt verhängte Strafausmaß von 3 Jahren kommt der hohe soziale Störwert Ihres Verhaltens klar zum Ausdruck.

Die von Ihnen begangenen Straftaten unterstreichen in ihrer Gesamtheit überdies Ihre man­gelnde Verbundenheit mit den in Österreich geschützten Werten und der geltenden Rechtsord­nung. Aufgrund des von Ihnen in der Vergangenheit gesetzten Verhaltens (beginnend ab dem Jahr 2001) besteht guter Grund zur Annahme, dass Sie nach Ihrer Strafverbüßung wiederum einschlägig straffällig werden. Wenn man weiters berücksichtigt, dass Sie keine abgeschlosse­ne Berufsausbildung haben und Sie bereits vor Ihrer Verhaftung keinen Hauptwohnsitz (keine Meldeadresse) in Österreich mehr hatten, so ist die Rückfallsgefahr bei Ihnen als noch größer einzustufen.

Ihr in Österreich an den Tag gelegtes Fehlverhalten lässt aus jetziger Sicht daher nur eine für Sie negative Zukunftsprognose zu. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist folglich im Inte­resse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie anderer im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Ziele, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutze der Rechte anderer dringend geboten. Die in § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme trifft - vor allem auch im Hinblick auf das als Grundinteresse der Gesellschaft einzustufende öffentliche Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben sowie Eigentumskriminalität - zu.

 

Da Sie sich jedoch seit Anfang der Neunzigerjahre - also seit Kindesalter - durchgehend in Ös­terreich aufgehalten haben, von 11.12.1993 bis 15.10.2010 hier rechtmäßig niedergelassen waren, Sie hier Familienangehörige und zahlreiche Verwandte haben und in Österreich nach dem Schulbesuch auch unselbstständig erwerbstätig waren, befindet sich der Mittelpunkt Ihrer Lebensinteressen zweifellos in Österreich und greift das Aufenthaltsverbot daher jedenfalls in Ihr Privat- und Familienleben ein.

Festgestellt sei an dieser Stelle, dass die Unzulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 64 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 FPG in Ihrem Fall nicht gegeben ist, weil Sie seit 15.10.2010 über keine rechtmäßige Niederlassung in Österreich mehr verfügen, da Sie im Zuge der Be­antragung der Verlängerung des Aufenthaltstitels eine ungültige Zustelladresse angegeben hat­ten und das Verfahren vom Magistrat Salzburg letztlich auf Grundlage von § 19 Abs. 6 NAG eingestellt wurde.

 

Die in Österreich bestehende Integration wird durch die Vielzahl der von Ihnen begangenen Straftaten und den Umstand, dass die meisten Ihrer Arbeitsverhältnisse nur von kurzer Dauer waren, Sie laut Versicherungsdatenauszug seit 04.11.2011 bis 30.01.2012 nur noch geringfügig beschäftigt waren, und seit Mitte 2011 über keine feste Wohnsitzmeldung mehr in Österreich verfügen, erheblich geschmälert.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Sie im Stand der Untersuchungshaft am 10.07.2012 die österreichische Staatsbürgerin X geheiratet haben. Die Eheschließung erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem sowohl Ihnen als auch Ihrer Ehefrau be­kannt war, dass Ihr Aufenthalt unrechtmäßig ist. Diesen Umstand haben Sie beide nach eige­nen Angaben im Februar 2012 erfahren. Überdies musste Ihnen bewusst sein, dass aus Anlass Ihres gravierenden Fehlverhaltens fremdenpolizeiliche Konsequenzen drohen. Und dennoch oder vielleicht auch gerade deshalb haben Sie im Juli 2012 geheiratet. Zudem haben Sie Ihre Ehefrau erst im Juni 2011 kennengelernt und wohnten lediglich von September 2011 bis März 2012 mit ihr zusammen in ihrer Wohnung - gemeinsam mit deren minderjährigen Kindern. 2-3 Tage vor Ihrer Verhaftung im März 2012 hatten Sie mit Frau X einen Streit, nachdem Sie auszogen und bei Ihrer Facebook-Bekanntschaft X in X Un­terkunft nahmen. Ebendiese haben Sie in weiterer Folge mit einem Schnitzelklopfer brutal und hinterrücks angegriffen und verletzt.

Zu Ihrer nunmehrigen Ehefrau ist auch noch anzuführen, dass Sie im Zeitpunkt Ihrer Verhaftung schwanger war und das Kind daraufhin hat abtreiben lassen. Sie haben also keine gemeinsa­men Kinder. Eine Beziehung zu den Kindern Ihrer Ehegattin (X, geb. X, X, geb. X) konnten Sie daher nur in dem kurzen Zeitraum aufbauen, in dem Sie bei Frau X wohnten, eine starke Eltern-Kind-Beziehung sollte daher noch nicht vorliegen. Es ist somit zusammenzufassen, dass Sie Frau X in dem Bewusstsein Ihres unrecht­mäßigen Aufenthaltes und nach Ihrer Verhaftung wegen erheblicher Straffälligkeit geheiratet haben. Dem ist noch hinzuzufügen, dass sich Frau X bisher nicht bei der Behörde gemeldet hat, um sich für Sie zu verwenden, obwohl Sie von dem Ihnen drohenden Aufent­haltsverbot Kenntnis haben müsste. Es verwundert, dass Frau X nach Ihrem streitbe­dingten Auszug bzw. Ihrer Festnahme eine Abtreibung hat vornehmen lassen und dass Sie dann durch bloßen Briefwechsel wieder in einer derart innigen Form zueinander gefunden ha­ben, dass Sie innerhalb kürzester Zeit heiraten. Das Gewicht der Ehe wird durch die besagten Umstände jedenfalls geschmälert. Von einer sehr engen familiären Beziehung kann hier nicht gesprochen werden.

 

Auch wenn Sie durch den Aufenthalt der Gattin und der Stiefkinder sowie weiterer Angehöriger im Bundesgebiet (Mutter, 2 Schwestern, mehrere Onkel, Tanten, Cousinen/Cousins) in Öster­reich verankert sind, haben Sie nach eigenen Angaben auch in Bosnien einen familiären An­knüpfungspunkt, leben doch dort immerhin ihre Großeltern mütterlicherseits, 3 Onkel, 3 Tanten sowie 5-6 Cousinen/Cousins von Ihnen. Auch wenn Sie anlässlich Ihrer niederschriftlichen Ein­vernahme einerseits angegeben haben, dass zu den Verwandten in Bosnien praktisch kein Kontakt besteht, so haben Sie andererseits auch angeführt, dass Sie als Kind bzw. Jugendli­cher (bis zur Volljährigkeit) Sommerurlaube gemeinsam mit den Eltern in Bosnien verbracht haben. Zudem haben Sie von Juni 2010 bis Dezember 2010 in Lopare, Bosnien verbracht um dort die Verlassenschaft Ihres verstorbenen Vaters sowie andere Familienangelegenheiten zu regeln. Die Behörde geht daher davon aus, dass Sie sehr wohl über ausreichende Sprach­kenntnisse und Kontakte zur Familie in Lopare verfügen. Einer Berufsausübung in Bosnien (beispielsweise im Gastgewerbe) würde daher aus sprachlicher Sicht nichts entgegen stehen, da Sie auch in Österreich mangels abgeschlossener Ausbildung vorwiegend als Hilfsarbeiter entlohnt wurden, wobei ebenfalls keine ausgezeichneten Sprachkenntnisse in Wort und Schrift erforderlich waren. Zudem wird das Haus, in dem Sie mit Ihren Eltern in Lopare gewohnt haben, nach wie vor von Ihren Familienangehörigen bewohnt, wobei anzunehmen ist, dass Sie dort zumindest vorübergehend ebenfalls Unterkunft nehmen könnten. Bei einer Rückkehr nach Bosnien wären Sie somit nicht gänzlich entwurzelt. Sie haben selbst angegeben, dass Sie zwischen 2010 und 2012 keinen bzw. nur selten telefo­nischen Kontakt mit der Mutter hatten. Der Kontakt mit Ihrer Mutter und Ihren Schwestern hat sich offenbar erst seit Ihrer Inhaftierung verbessert. Dennoch ist davon abzuleiten, dass Ihnen in den zwei Jahren vor ihrer Verhaftung der Kontakt zu Ihrer Mutter und Ihren Schwestern nicht so wichtig war. Der Kontakt mit Ihren in Österreich lebenden Familienangehörigen - dieser war in Bezug auf die Mutter und die Schwestern in den letzten Jahren wenig ausgeprägt - kann sehr wohl auch über die modernen Medien (Telefonie, Internet) sowie durch Besuchs- und Ur­laubsaufenthalte in Bosnien aufrecht erhalten werden, sodass sich der durch das Aufenthalts­verbot entstehende Einschnitt in Ihr Privat- und Familienleben in Grenzen gehalten werden kann.

 

Die von Ihnen gesetzten strafbaren Handlungen, Ihr an den Tag gelegtes aggressives und bru­tales Verhalten Ihren Mitmenschen gegenüber sowie der mangelnde Respekt vor dem Eigen­tum anderer lassen in ihrer Gesamtheit doch auf so wesentliche Charaktermängel schließen, die ein künftiges Wohlverhalten in Österreich unwahrscheinlich machen. Obwohl Sie bereits mehrmals rechtskräftig zu bedingten Freiheitsstrafen verurteilt wurden, konnte Sie dies von wei­teren Tatbegehungen nicht abhalten. Zuletzt haben Sie sogar das Vertrauen Ihrer Bekannten X missbraucht und diese auf brutale und hinterhältige Art und Weise mit einem Schnitzelklopfer angegriffen und dabei auch verletzt, genötigt, in ihrer Wohnung eingesperrt, sie bestohlen und ihr Fahrzeug unbefugt in Gebrauch genommen. Offenbar haben Sie keine Skru­pel, Ihnen gut bekannten Menschen Gewalt anzutun und diese darüber hinaus auch noch an ihrem Vermögen zu schädigen.

 

Die Behörde hat sich im konkreten Fall mit der Frage der Verhältnismäßigkeit auseinanderge­setzt und gelangte zu dem Ergebnis, dass der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in Ihre persönliche Freiheit im Hinblick auf die oben ins Treffen geführten öffentlichen Interessen nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht. In ein bestehendes Familienleben wird durch ein Aufenthaltsverbot zweifelsfrei eingegriffen, da ein großer Teil Ihrer Familie sowie Ihre Ehefrau in Österreich leben und Sie seit dem Kindesalter im Wesentlichen in Österreich leben. Familiäre Bindungen sind daher jedenfalls gegeben. Zu den sozialen Bindungen ist jedoch noch festzuhalten, dass Sie in Österreich an keinem Vereinsleben teilnehmen und haben auch sonst keine konkreten sozialen Bindungen - mit Ausnahme einiger Freunde - ins Treffen geführt ha­ben. Sie verfügen jedoch auch über familiäre Bindungen in Bosnien und wären dort nicht auf sich allein gestellt.. Sie verfügen über ausreichende Sprachkenntnisse und Kontakte um in Bos­nien leben bzw. sowohl sozial als auch beruflich Fuß fassen zu können. Die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Auswirkungen auf Ihr Privat- und Familienleben müssen somit im öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Kriminalität gegen Leib, Leben und Vermögen in Kauf genommen werden. Als Ergebnis der Interessensabwägung kann Ihnen trotz des Umstandes, dass Sie von klein auf legal in Österreich aufhältig waren (zumindest bis 15.10.2010), keine so ausgeprägte inländische Integration zuerkannt werden, die in Ihrem Ge­wicht an das beschriebene öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes her­anreicht. Daher muss festgestellt werden, dass die öffentlichen Interessen schwerer wiegen als Ihre privaten Interessen an einem (weiteren) Aufenthalt im Bundesgebiet. Dazu wird insbeson­dere nochmals betont, dass Sie in Österreich seit Mitte 2011 keine Wohnsitzmeldung mehr ha­ben, unmittelbar vor Ihrer letzten Verhaftung unsteten Aufenthaltes waren, keine abgeschlosse­ne Ausbildung haben und zuletzt bis 30.01.2012 nur noch geringfügigen Beschäftigung nach­gegangen sind. Hervorzuheben ist, dass Sie sich seit 15.10.2010 im Bundesgebiet unrechtmä­ßig aufhalten. Durch Ihre auffallende Sorglosigkeit hinsichtlich der Verlängerung Ihres Aufent­haltstitels haben Sie den unrechtmäßigen Aufenthalt und dessen Rechtsfolgen selbst zu ver­antworten. Erst nach mehr als 1,5 Jahren wurden Sie diesbezüglich beim Magistrat Salzburg vorstellig.

 

Bei Betrachtung Ihres Gesamtfehlverhaltens wiegen daher die öffentlichen Interessen an Ihrer Aufenthaltsbeendigung schwerer als Ihre privaten Interessen an einem allfälligen Aufenthalt im Bundesgebiet, besteht doch an der Verhinderung von Delikten gegen Leib und Leben sowie Eigentumskriminalität ein großes, im Sinne eines Grundinteresses der Gesellschaft zu ver­stehendes öffentliches Interesse.

 

Die Behörde zieht insgesamt den Schluss, dass Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maße gefährdet, weil das von Ihnen gesetzte persönliche Fehlverhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die jeden­falls ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Die Ihnen zur Last liegende Straftaten, die zum Teil als Verbrechen einzustufen sind, stellen aufgrund ihrer Häufigkeit und Schwere in ihrer Gesamtheit eine schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar, dass sie die im § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme rechtfertigt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist folglich aus spezialpräventiven Überlegungen, im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie anderer im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Ziele, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer, dringend geboten.

 

Aufgrund der maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Verhinderung von Delikten gegen Leib und Leben sowie von Eigentumskriminalität war das im § 67 Abs. 1 FPG 2005 eingeräum­te Ermessen zu Ihren Ungunsten auszulegen.

 

Um einen gerechten Ausgleich zwischen den öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung und Ihren privaten Interessen zu erzielen, war das Aufenthaltsverbot letztlich nicht mit 10 Jahren, sondern mit fünf Jahren zu bemessen. Bei die­sem Zeitraum ist auch objektiv davon auszugehen, dass die Gründe für das Aufenthaltsverbot nach dessen Ablauf weggefallen sein werden.

 

Zu Punkt 2.:

Vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Lebensumstände in Österreich war von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub nach § 70 Abs. 3 FPG 2005 zu erteilen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw mit Schriftsatz vom 15. April 2013 rechtzeitig Berufung, in welcher er ausführt, dass er den Bescheid bekämpfe, da er zum Zeitpunkt seiner ersten strafbaren Handlung bereits die Staatsbürgerschaft hätte erhalten können. Er sei daher aufenthaltsverfestigt und es hätte gemäß § 64 FPG ein Aufenthaltsverbot gegen ihn nicht erlassen werden dürfen. Er stelle daher den Antrag, seiner Berufung Folge zu geben und das erlassene Verbot zu beheben.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 23. April 2013 – eingelangt am 25. April 2013 – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vor.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei und völlig unwidersprochen aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren primär die Klärung  von Rechtsfragen vorzunehmen ist und auch kein diesbezüglicher Parteienantrag gestellt wurde, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 67d AVG verzichtet werden.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 65b des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 68/2013, unterliegen Familienangehörige (§ 2 Abs. 4 Z. 12) der Visumpflicht. Für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den §§ 41a, 65a Abs. 2, 66, 67 und 70 Abs. 3.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 12 FPG ist Familienangehöriger: wer Drittstaatsangehöriger und Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, die Drittstaatsangehörige sind.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bw aufgrund seiner im Jahr 2012 geschlossenen Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen unter den Begünstigtenkreis des § 65b FPG zu subsumieren ist, weshalb auf ihn betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes § 67 FPG Anwendung findet.

 

3.1.3.1. In der Berufung wird nun geltend gemacht, dass der Bw aufgrund absoluter Aufenthaltsverfestigung im Sinne des § 64 Abs. 1 FPG gänzlich gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes immunisiert sei. Dazu ist aber Nachstehendes festzuhalten.

 

Gemäß § 64 Abs. 1 FPG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Ausweisung gemäß § 62 und ein Aufenthaltsverbot gemäß § 63 nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

 

3.1.3.2. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, war der Bw zwar nicht von klein auf (ab seinem 3. Lebensjahr) in Österreich aufhältig, könnte sich wohl aber eventuell auf den Umstand stützen, dass ihm die Staatsbürgerschaft bereits hätte verliehen werden können, wenn auch zu bedenken ist, dass gerade dies von den österreichischen Behörden angesichts der damaligen Anhängigkeit von strafgerichtlichen Verfahren nicht erfolgte. Es erübrigt sich aber eine nähere Untersuchung dahingehend, ob angesichts der durch Einstellung bzw. Diversion erledigten Verfahren ein Hindernis gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes bei Ex-Post-Betrachtung bestanden hatte.

 

Denn es ist weiters auszuführen, dass § 64 Abs. 1 FPG klar dem Wortlaut nach die dort enthaltenen Begünstigungen nur Personen gewährt, die sich aufgrund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Aus der Formulierung "aufhalten" wird deutlich, dass ein Verlust eines Titels (aus welchem Grund auch immer) zu berücksichtigen ist, da ansonsten auch die Vergangenheitsform des Aufhaltens gewählt worden wäre.

 

Für die Zeit von 1992 bis 2010 kann der Bw auf einen rechtmäßigen Aufenthalt verweisen. Seit der Einstellung des Verfahrens zur Verlängerung des Aufenthaltstitels am 15. Oktober 2010 verfügte der Bw hingegen über keinen Aufenthaltstitel und somit über keinen rechtmäßigen Aufenthalt mehr im Bundesgebiet.

 

3.1.3.3. Daraus folgt aber, dass konsequenter Weise die Anwendung des § 64 Abs. 1 FPG im Fall des Bw ausscheidet.

 

Es wäre zwar anzudenken, dass Personen, die – wie der Bw – unter § 65 b iVm. § 67 FPG fallen, wobei letztere Bestimmung keinen absoluten Ausschluss von Aufenthaltsverboten bei Aufenthaltsverfestigung kennt, sich auf § 64 stützen können, dies aber wohl nur dann, wenn sie subsidiär zu § 65 b auch unter § 63 (rechtmäßiger Aufenthaltstitel) fallen würden, weil sie ansonsten durch die grundsätzliche Bevorzugung des § 67 im Verhältnis zu § 63 dennoch schlechter gestellt wären. Diese Konstellation ist aber im vorliegenden Fall nicht gegeben, da der Bw ohne seine Eheschließung betreffend Aufenthaltsbeendigung nach § 52 f. FPG qualifiziert werden müsste.

 

3.1.3.4. Diesem Berufungseinwand war sohin nicht zu folgen.

 

3.2.1. Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

3.2.2.1. Fraglich ist nun zunächst, ob im vorliegenden Fall § 67 Abs. 1 vorletzter Satz FPG zur Anwendung gebracht werden kann, zumal der Bw nicht die letzten 10 Jahre durchgängig im Bundesgebiet aufhältig war, sondern im Jahr 2010 rund 6 Monate in Bosnien verweilte. Unbestritten ist aber, dass er aufgrund seines seit dem Jahr 1992 dokumentierten Aufenthalts grundsätzlich auf eine mehr als 10-jährige durchgängige Aufenthaltsdauer verweisen kann.

 

3.2.2.2. Bei grammatikalischer Interpretation wird ersichtlich – wenn auch vom Gesetzgeber wohl nicht in dieser Schärfe beabsichtigt -, dass § 67 Abs. 1 vorletzter Satz FPG die Formulierung "Aufenthalt hatten" wählt. Aus dieser Vergangenheitsform kann man aber ableiten, dass ein hier relevanter Sachverhalt auch in der Vergangenheit abgeschlossen sein kann, um dennoch die Rechtsfolgen auszulösen.

 

Weiters ist wohl aufgrund der gewählten Formulierung nicht erforderlich, dass ein in Rede stehender Aufenthalt während der gesamten 10-jährigen Dauer den Status der §§ 65, 65a oder 65b bedingt.

 

3.2.2.3. Im Ergebnis bedeutet dies also, dass zur Überprüfung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes der Maßstab des vorletzten Satzes von § 67 Abs. 1 FPG heranzuziehen ist.

 

Es muss also aufgrund des persönlichen Verhaltens des Bw davon ausgegangen werden können, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und  maßgeblich gefährdet würde.

 

3.2.3. Es ist – im Hinblick auf die oa Bestimmung - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich zu gefährden. Es ergibt sich fraglos aus dieser Bestimmung, dass der Gesetzgeber in den Fällen, in denen ein EWR-Bürger oder Schweizer Bürger schon über eine besondere Aufenthaltsverfestigung im Bundesgebiet verfügt, die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes erheblich intensiviert, weshalb die normierte maßgebliche und nachhaltige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich ein bedeutend höheres Maß an krimineller Disposition eines Fremden und schwerwiegendere Konsequenzen für die Sicherheit des Staates erfordert, als die für nicht verfestigte Aufenthalte vorgesehene tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

 

3.2.4. Über den Bw scheinen folgende rechtskräftige Verurteilungen auf:

1) Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 16.04.2007 zu Zahl 30 Hv 8/07p, wurde er wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB, des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung gemäß § 87 Abs. 1, § 15 Abs. 1 StGB und des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt gemäß § 269 Abs. 1, § 15 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten - bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren und Anordnung einer Bewährungshilfe - verurteilt (rechtskräftig seit 20.04.2007).

 

2) Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25.03.2009 zu Zahl 33 Hv 213/08h, wurde der Bw wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und des Vergehens des Raufhandels gemäß § 91 Abs. 2 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten - bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren - verurteilt (rechtskräftig seit 31.03.2009). Vom Widerruf der bedingten Nachsicht zu 30 Hv 8/2007p des LG Salzburg vom 16.04.2007 wurde abgesehen.

 

3) Mit Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 28.05.2010, zu Zahl 27 U 106/201 Oz, wurde der Bw weiters wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 2 StGB zu einer Freiheits­strafe von 3 Monaten - bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren -verurteilt (rechtskräftig seit 01.06.2010).

Vom Widerruf der bedingten Nachsicht zu 33 Hv 213/2008k des LG Salzburg vom 25.03.2008 wurde abgesehen.

 

4) Mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 30.08.2012, zu Zahl 9 Hv 78/12s, wur­de der Bw wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach den §§87 Abs. 1, 15 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und 2 StGB und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt (rechtskräftig seit 27.09.2012).

Bei der Strafbemessung wurden das teilweise Geständnis sowie die Tatsache, dass es bei ei­ner Tathandlung - und zwar jener, die den Ausschlag für den Strafrahmen gibt - beim Versuch geblieben ist, gewertet. Als straferschwerend wurden hingegen das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art, die drei einschlägigen Vorstrafen sowie die brutale und hinterhältige Vorgehensweise bei der absichtlich schweren Körperverletzung gewertet. Das Landesgericht Ried im Innkreis stellte dazu weiters fest, dass insbesondere die Grausam­keit und Brutalität des Vorgehens der Tat am 08.03.2012 einer strengen Ahndung bedürfe weil darin erneut das erhebliche, beim Bw vorhandene Aggressionspotenzial zum Ausbruch ge­kommen sei und sich dadurch zeige, dass die bisherige Verhängung von bedingten Freiheits­strafen keinerlei Wirkung auf ihn gezeigt habe. Bereits aus diesen spezialpräventiven Gesichtspunkten sei die Verhängung einer gänzlich unbedingten Freiheitsstrafe erforderlich gewesen, zumal ihm offenkundig nur so hinreichend vor Augen geführt werden könne, dass ein derartiges Ver­halten nicht geduldet wird..

 

Weiters wurde der Widerruf der zu 33 Hv 213/08h des LG Salzburg vom 25.03.2009 gewährten bedingten Strafnachsicht ausgesprochen.

 

3.2.5.1. Grundsätzlich ist – wie oben erwähnt – weiter auszuführen, dass § 67 Abs. 1 vorletzter Satz die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes – korrespondierend zur unionsrechtlichen Rückführungsrichtlinie – an Gefährdungsszenarien der Sicherheit der Republik Österreich knüpft, die in einem besonderen Maß zu Tage treten. Dies beschränkt sich zwar nicht bloß auf "staatsgefährdende Kapitalverbrechen" wie Terrorismus udgl. per se, bedingt jedoch einen besonders weitreichenden bzw. gesellschaftlich und rechtlich anerkannten Unwertgehalt,  eine weitreichende drohende erhebliche Schädigung der Gesundheit bzw. des Lebens von Menschen oder von nationalen ökonomischen Interessen. 

 

3.2.5.2. Es besteht wohl kein Zweifel daran, dass das konstante und besonders brutale Auftreten des Bw ein immenses Aggressionspotential aufweist, das auch durch strafgerichtliche Verurteilungen offenbar nicht in Griff zu bekommen ist. Die mehrfachen Angriffe des Bw gegen Mitmenschen verbunden mit Eigentumsdelikten bedingen ein hohes und gefestigtes kriminelles Potential, was weder übersehen noch verharmlost werden soll.

 

Alleine, diese Straftaten sind nicht geeignet eine nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der Sicherheit der Republik Österreich annehmen zu lassen. Hiezu würde es eines Szenarios - wie unter Punkt 3.2.5.1. darzustellen versucht – bedürfen. Es mangelt hier sowohl an der Staatsgefährdung im engeren Sinn, als auch an der weitreichenden Schädigung für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder nationalökonomischer Interessen. 

 

3.2.5.3. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass aufgrund seines persönlichen Verhaltens nicht davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib des Bw im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet wird.

 

3.3.1. Nachdem es aber im vorliegenden Fall schon an der Tatbestandsmäßigkeit mangelt, war ohne auf die Aspekte des Schutzes des Privat- und Familienlebens einzugehen, der angefochtene Bescheid aufzuheben. 

 

3.3.2. Da der Bw über ausreichende Deutschsprachkenntnisse verfügt konnte gemäß § 67 Abs. 5 FPG auf die Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides verzichtet werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

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