Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167605/5/Zo/AK

Linz, 08.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. 1962, D-52499 Baesweiler, vom 23.01.2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 20.11.2012, Zl. VerkR96-8401-2010 wegen mehrerer Übertretungen des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

 

 

I.          Hinsichtlich der Punkte 1, 2, 3 und 4 wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II.        Hinsichtlich Punkt 5 wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

III.       Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 170 Euro, für das Berufungsverfahren ist ein Kostenbeitrag in Höhe von 340 Euro zu bezahlen (20% der zu den Punkten 1, 3 und 4 bestätigten Geldstrafen).

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG;

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z3 VStG;

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis folgendes vorgeworfen:

"Sehr geehrter Herr X!

Straferkenntnis

Anlässlich einer Kontrolle am 14.06.2010 um 23:10 Uhr auf der X Xautobahn nächst dem Straßenkilometer X, Parkplatz X, Gemeinde Peterskirchen, Bezirk Ried i.l. wurde festgestellt, dass Sie als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X (D) und X (D), welches zur Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,51 übersteigt, Übertretungen nach der EG-VO 561/2006 und dem Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 begangen haben.

 

Konkret haben Sie

 

1. die Tageslenkzeit

• von 10 Stunden von 17.05.2010, 17:26 Uhr bis 18.05.2010, 12:24 Uhr bei einer Lenkzeit von 13 Stunden 13 Minuten um 03 Stunden 13 Minuten überschritten.      

• von 9 Stunden von 18.05.2010, 21:44 Uhr bis 20.05.2010, 12:11 Uhr bei einer Lenkzeit von 21 Stunden 48 Minuten um 12 Stunden 48 Minuten überschritten.

• von 10 Stunden von 20.05.2010, 23:22 Uhr bis 21.05.2010, 22:18 Uhr bei einer Lenkzeit von 14 Stunden 17 Minuten um 4 Stunden 17 Minuten überschritten.

• von 10 Stunden von 25.05.2010, 17:03 Uhr bis 26.05.2010, 11:52 Uhr bei einer Lenkzeit von 11 Stunden 48 Minuten um 1 Stunde und 48 Minuten überschritten.

• von 9 Stunden von 26.05.2010, 22:55 Uhr bis 28.05.2010, 11:22 Uhr bei einer Lenkzeit von 21 Stunden 51 Minuten um 12 Stunden 51 Minuten überschritten.

• von 10 Stunden von 31.05.2010, 06:06 Uhr bis 01.06.2010, 13:49 Uhr bei einer Lenkzeit von 13 Stunden 56 Minuten um 3 Stunden 56 Minuten überschritten.

• von 9 Stunden von 01.06.2010, 22:51 Uhr bis 02.06.2010, 23:10 Uhr bei einer Lenkzeit von 15 Stunden 05 Minuten um 6 Stunden 05 Minuten überschritten.

• von 9 Stunden von 07.06.2010, 19:49 Uhr bis 08.06.2010, 11:09 Uhr bei einer Lenkzeit von 10 Stunden 48 Minuten um 1 Stunde 48 Minuten überschritten.

• von 9 Stunden von 09.06.2010, 19:06 Uhr bis 10.06.2010, 12:02 Uhr bei einer Lenkzeit von 11 Stunden 15 Minuten um 2 Stunden 15 Minuten überschritten.

• von 10 Stunden am 14.06.2010 von 00:50 Uhr bis 23:05 Uhr bei einer Lenkzeit von

12 Stunden 57 Minuten um 2 Stunden 57 Minuten überschritten.

 

2. die erlaubte Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen von höchstens 90 Stunden überschritten, obwohl die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten darf.

• Von 17.05.2010 bis 30.05.2010 wurde die erlaubte Wochenlenkzeit mit einer Lenkzeit von 99 Stunden 16 Minuten um 9 Stunden 16 Minuten überschritten.

• Von 24.05.2010 bis 06.06.2010 wurde die erlaubte Wochenlenkzeit mit einer Lenkzeit von 92 Stunden 20 Minuten um 2 Stunden 20 Minuten überschritten.

• Von 31.05.2010 bis 13.06.2010 wurde die erlaubte Wochenlenkzeit mit einer Lenkzeit von 100 Stunden 0 Minuten um 10 Stunden 0 Minuten überschritten.

 

3. nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden keine Unterbrechung der Lenkzeit von mindestens 45 Minuten eingelegt, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.

• Am 17.05.2010 wurde von 17:28 Uhr bis 22:46 Uhr bei einer Lenkzeit von 04 Stunden 52 Minuten eine Lenkpause von nur 0 Stunden 21 Minuten eingelegt.

• Am 19.05.2010 wurde von 03:09 Uhr bis 09:08 Uhr bei einer Lenkzeit von 05 Stunden 36 Minuten keine Lenkpause eingelegt.

• Am 19.05.2010 wurde von 17:55 Uhr bis 23:38 Uhr bei einer Lenkzeit von 05 Stunden 08 Minuten eine Lenkpause von 0 Stunden 30 Minuten eingelegt.

• Am 21.05.2010 wurde von 05:57 Uhr bis 11:20 Uhr bei einer Lenkzeit von 05 Stunden 11 Minuten keine Lenkpause eingelegt.

• Am 11.06.2010 wurde von 06:41 Uhr bis 11:37 Uhr bei einer Lenkzeit von 04 Stunden 54 Minuten keine Lenkpause eingelegt.

 

4. nicht

• innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde.

• Der Beginn des 24 Stundenzeitraumes war am 17.05.2010 um 17:26 Uhr. Die Ruhezeit betrug 05 Stunden 01 Minuten.

• Der Beginn des 24 Stundenzeitraumes war am 20.05.2010 um 23:22 Uhr. Die Ruhezeit betrug 06 Stunden 17 Minuten.

• Der Beginn des 24 Stundenzeitraumes war am 25.05.2010 um 17:03 Uhr. Die Ruhezeit betrug 5 Stunden 10 Minuten.

• Der Beginn des 24 Stundenzeitraumes war am 09.06.2010 um 19:06 Uhr. Die Ruhezeit betrug 7 Stunden 03 Minuten.

• Der Beginn des 24 Stundenzeitraumes war am 14.06.2010 um 00:50 Uhr. Die Ruhzeit betrug 01 Stunden 44 Minuten.

• innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden eingehalten. Die regelmäßige tägliche Ruhezeit kann auch in zwei Teilen genommen werden, wobei der erste Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 3 Stunden und der zweite Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 9 Stunden umfassen muss.

• Der Beginn des 24 Stundenzeitraumes war am 26.05.2010 um 22:55 Uhr. Die Ruhezeit betrug 5 Stunden 04 Minuten.

• Der Beginn des 24 Stundenzeitraumes war am 31.05.2010 um 06:06 Uhr. Die Ruhezeit betrug 05 Stunden 48 Minuten.

• Der Beginn des 24 Stundenzeitraumes war am 01.06.2010 um 22:51 Uhr. Die Ruhezeit betrug 5 Stunden 23 Minuten.

• innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten, obwohl der Fahrer zwischen zwei

wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen darf. Die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden wurde dabei berücksichtigt.

• Die Ruhezeit von .03.06.2010, 22:02 Uhr bis 04.06.2010, 22:01 Uhr betrug 08 Stunden 56 Minuten. Die drei reduzierten täglichen Ruhzeiten wurden konsumiert.

• Die Ruhzeit von 07.06.2010, 19:49 Uhr bis 08.06.2010, 19:48 Uhr betrug 08 Stunden 39 Minuten. Die drei reduzierten täglichen Ruhzeiten wurden konsumiert.

 

5. nicht die regelmäßig wöchentliche Ruhezeit von mindestens 45 Stunden eingehalten, obwohl der Fahrer eine wöchentliche Ruhezeit spätestens am Ende von sechs 24 Stunden Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit einzuhalten hat.

• Das Ende des sechsten 24 .Stunden Zeitraumes war am 25.05.2010. Sie haben nach einer verkürzten  wöchentlicher! Ruhezeit  keine wöchentliche  Ruhezeit  von  mindestens 45 Stunden eingelegt sondern eine weitere verkürzte wöchentliche  Ruhezeit mit 26 Stunden 46 Minuten, die am 14.06.2010 um 00:49 Uhr endet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

zu 1.: Art. 6 Abs. 1 EG-VO 561/2006 i.V.m. § 134 Abs.1 u.1b Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 i.d.g.F.

zu 2.: Art. 6 Abs. 3 EG-VO 561/2006 i.V.m. § 134 Abs.1 u.1b Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 i.d.g.F.

zu 3.: Art. 7 EG-VO 561/2006 i.V.m. § 134 Abs. 1 u.1 b Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 i.d.g.F.

zu 4.: Art. 8 Abs. 1. und Abs. 2 EG-VO 561/2006 i.V.m. §134 Abs. 1 u. 1b Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 i.d.g.F.

zu 5.: Art. 8 Abs. 1. EG-VO 561/2006 i.V.m. §134 Abs. 1 u.1b Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von Euro   falls diese                     Freiheits-                gemäß

                            uneinbringlich ist                straffe von

                            Ersatzfreiheitsstrafe von

zu 1.: 800,00 Euro   240 Stunden                     ---                         § 134 Abs. 1 KFG 1967

zu 3.: 200,00 Euro   60 Stunden                       ---                         § 134 Abs. 1 KFG 1967

zu 4.: 700,00 Euro   210 Stunden                     ---                         § 134 Abs. 1 KFG 1967

zu 5,: 300,00 Euro   90 Stunden                       ---                         § 134 Abs. 1 KFG 1967

 

Zu den Übertretungen im Punkt 2. wird gemäß § 21 Abs.1 VStG ausnahmsweise wegen Geringfügigkeit eine Ermahnung erteilt.

 

Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung der Vorhaft, Verfallsausspruch):

------

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

 

200,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.200,00 Euro."

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass die Verfolgungsfrist abgelaufen sei, weil ihm das Straferkenntnis erst am 19.01.2013 zugestellt wurde. Mit Schreiben vom 03.03.2013 ergänzte er seine Berufung dahingehend, dass er seit jenem Vorfall nicht mehr beim Speditionsunternehmen X in X arbeite. Dieses Unternehmen habe die Fahrer genötigt, alles daran zu setzen, die Touren zu Ende zu fahren, ohne auf die Lenk- und Ruhezeiten Rücksicht zu nehmen. Er habe die Firma täglich darauf hingewiesen, diese habe ihn jedoch mit der Kündigung seines Arbeitsplatzes gedroht und versprochen, für eventuelle Anzeigen die Kosten zu übernehmen. Dies hätten sie jedoch nie gemacht. Er sei seit mehr als 2 Jahren nicht mehr bei diesem Unternehmen und habe die Firma angezeigt.

 

Zu seinen finanziellen Verhältnissen führte der Berufungswerber aus, dass er in Privatkonkurs sei und lediglich 1200 Euro für seinen Lebensunterhalt behalten dürfe. Das Verfahren laufe noch 5 Jahre. Er ersuchte um eine Milderung der Strafe, um für die Zukunft eine angemessene Ratenvereinbarung zu vereinbaren.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde vom Berufungswerber trotz Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung auch nicht verlangt.

 

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Berufungswerber hat die im Straferkenntnis angeführten Tageslenkzeiten (Punkt 1) sowie die Summe der Wochenlenkzeit zweier aufeinanderfolgender Wochen (Punkt 2) eingehalten. Er hat in den im Punkt 3 des Straferkenntnisses angeführten Zeiträumen die dort angeführten Lenkpausen eingelegt und hat in den in Punkt 4 angeführten 24-Stunden-Zeiträumen die jeweils dort angeführten Ruhezeiten eingehalten. Er hat am 12.06.2010 die zweite verkürzte wöchentliche Ruhezeit hintereinander begonnen (Punkt 5), allerdings war das Ende des 6. 24-Stunden-Zeitraumes nicht am 25.05.2010. Bei diesem Tag handelte es sich um einen Dienstag und der Berufungswerber hatte an diesem Tag seine erste tägliche Lenkzeit in dieser Woche begonnen.

 

Für die Strafbemessung ist festzuhalten, dass sich der Berufungswerber im Privatkonkurs befindet und lediglich über 1200 Euro monatlich verfügen kann. Er hat Sorgepflichten für 3 Kinder und ist aktenkundig unbescholten.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Artikel 6 Abs.3 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgenden Wochen 90 Stunden nicht überschreiten.

 

Gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) 561/2006 hat ein Fahrer nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens
15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Abs.1 eingehalten werden.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.6 der Verordnung (EG) 561/2006 hat der Fahrer in zwei jeweils aufeinanderfolgenden Wochen mindestens folgende Ruhezeiten einzuhalten:

-      zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder

-      eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit und eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden.

Dabei wird jedoch die Reduzierung durch eine gleichwertige Ruhepause ausgeglichen, die ohne Unterbrechung vor dem Ende der dritten Woche nach der betreffenden Woche genommen werden muss.

Eine wöchentliche Ruhezeit beginnt spätestens am Ende von sechs 24-Stunden-Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit.

 

5.2. Der Berufungswerber hat an den im Spruch des Straferkenntnisses angeführten 10 Tagen die erlaubte Tageslenkzeit von 9 bzw. 10 Stunden überschritten. Er hat die summierte Gesamtlenkzeit zwei aufeinanderfolgender Wochen in den in Punkt 2 angeführten Zeiträumen überschritten und in den in Punkt 3 angeführten Zeiträumen keine ausreichende Lenkpause nach einer Lenkzeit von 4 Stunden und 30 Minuten eingelegt. Er hat in den in Punkt 4 angeführten 10 24-Stunden-Zeiträumen keine ausreichende Ruhezeit von 9 bzw. 11 Stunden eingehalten und er hat nach einer verkürzten wöchentlichen Ruhezeit eine weitere zu kurze wöchentliche Ruhezeit (beginnend am 12.06.2010) eingelegt. Der Berufungswerber hat daher die ihm in den Punkten 1 bis 5 vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht begangen.

 

Bezüglich Punkt 5 ist allerdings festzuhalten, dass dem Berufungswerber im Straferkenntnis sowie in allen vorangegangenen Verfolgungshandlungen vorgeworfen wurde, dass das Ende des 6. 24-Stunden-Zeitraumes bereits am 25.05.2010 gewesen sei, während die verkürzte wöchentliche Ruhezeit am 14.06.2010 geendet hätte. Dieser Vorwurf ist nicht richtig, weil er am 25.05.2010 nicht den 6. 24-Stunden-Zeitraum beendet sondern nach einer ausreichenden Wochenruhezeit mit einer neuen (ersten) Tageslenkzeit begonnen hatte. Der Vorwurf ist auch insofern widersprüchlich, als es sich bei der wöchentlichen Ruhezeit, welche am 14.06.2010 endete, bereits um die 3. wöchentliche Ruhezeit (gerechnet vom 24-Stunden-Zeitraum am 25.05.2010) handelte. In diesem Punkt liegt daher keine ausreichende Verfolgungshandlung vor, welche alle Tatbestandsmerkmale eindeutig umschreibt, sodass bezüglich dieses Punktes tatsächlich Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

 

Bezüglich der anderen Punkte ist die vom Berufungswerber geltend gemachte Verfolgungsverjährung jedoch nicht eingetreten, weil dem Berufungswerber diese Übertretungen bereits mit dem am 02.11.2010 abgesendeten Schreiben (Aufforderung zur Rechtfertigung) vollständig und richtig vorgehalten wurden. Mit dieser rechtzeitigen Verfolgungshandlung wurde die Verfolgungsverjährung ausgeschlossen.

 

Soweit sich der Berufungswerber auf mangelndes Verschulden beruft, weil er die Übertretungen lediglich aufgrund des Druckes seines Arbeitsgebers und der drohenden Kündigung begangen habe, ist er darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes drohende (auch erhebliche) wirtschaftliche Nachteile das Verschulden nicht ausschließen (VwGH 23.7.1999, 97/02/0506). Es muss von jedermann verlangt werden, sich trotz drohender wirtschaftlicher Nachteile rechtmäßig zu verhalten. Lediglich im Falle einer tatsächlichen Existenz bedrohenden wirtschaftlichen Gefährdung könnte allenfalls mangelndes Verschulden geltend gemacht werden. Da jedoch auch in Deutschland bei einem Verlust des Arbeitsplatzes soziale Unterstützungen geleistet werden, kann die Gefahr eines Arbeitsplatzverlustes die Begehung schwerwiegender Verkehrsübertretungen nicht entschuldigen. Der Berufungswerber hat die Übertretungen daher auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für jede Übertretung beträgt gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 jeweils 5000 Euro.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 30. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers sowie die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens als strafmildernd berücksichtigt. Sonstige Strafmilderungsgründe liegen nicht vor.

 

Als erheblich straferschwerend sind hingegen die Häufung der Übertretungen sowie das teilweise gravierende Ausmaß der Lenkzeitüberschreitungen bzw. Ruhezeitunterschreitungen und zu kurzen Lenkpausen zu werten. Der Berufungswerber hat die erlaubte Tageslenkzeit in insgesamt 10 Fällen überschritten, wobei die längste Tageslenkzeit 21 Stunden und 51 Minuten betragen hat. Innerhalb dieser Tageslenkzeit hatte er nur eine Ruhezeit von ca. 5 Stunden eingehalten. In 7 dieser 10 Fälle hat der Berufungswerber die erlaubte Tageslenkzeit um mehr als 2 Stunden überschritten, der Unrechtsgehalt dieser Übertretungen ist daher ganz massiv. Es handelt sich um einen sehr schwerwiegenden Verstoß, sodass die gesetzliche Mindeststrafe 300 Euro beträgt.

 

Der Berufungswerber hat in 4 Fällen keine erforderliche Lenkpause von mindestens 45 Minuten eingelegt, wobei in 2 Fällen die Lenkzeit mehr als 5 Stunden betragen hat. Es handelt sich daher um einen schwerwiegenden Verstoß, sodass die gesetzliche Mindeststrafe 200 Euro beträgt.

 

Er hat in insgesamt 10 Fällen die erforderliche Ruhezeit nicht eingehalten, in 1 Fall (14.06.2010) betrug die Ruhezeit sogar nur 1 Stunde und 44 Minuten. Insgesamt hat er die erforderliche Ruhezeit in 7 Fällen um mehr als 2 Stunden und 30 Minuten unterschritten, sodass es sich auch hier um einen sehr schwerwiegenden Verstoß handelt. Die gesetzliche Mindeststrafe beträgt daher auch in diesem Fall 300 Euro. Auch bei dieser Übertretung ist der Unrechtsgehalt massiv.

 

Allgemein ist festzuhalten, dass bei deutlich zu langen Lenkzeiten bzw. zu kurzen Ruhezeiten die Konzentration der Kraftfahrer stark nachlässt, weshalb es immer wieder zu gefährlichen Situationen und auch zu Verkehrsunfällen kommt. Diese führen insbesondere wegen der Größe der beteiligten Fahrzeuge oft zu schweren Verletzungen und darüber hinaus zu massiven Verkehrsbeeinträchtigungen auf Durchzugsstraßen. Es ist daher im Interesse der Verkehrssicherheit notwendig, die Einhaltung dieser Bestimmungen durch entsprechend strenge Strafen sicherzustellen.

 

Bezüglich der Lenkpausen hat die Erstinstanz ohnedies nur die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Bezüglich der täglichen Lenkzeiten sowie der täglichen Ruhezeiten konnte aufgrund der Häufung sowie der massiven Überschreitung mit der jeweiligen Mindeststrafe nicht das Auslangen gefunden werden. Die von der Erstinstanz dafür verhängten Geldstrafen von 800 bzw. 700 Euro erscheinen nicht überhöht. Trotz der gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren ungünstigeren finanziellen Verhältnisse (monatlich verfügbarer Betrag in Höhe von 1200 Euro bei Sorgepflichten von 3 Kindern) kommt eine Herabsetzung dieser Strafen sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen nicht in Betracht.

 

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Soweit sich der Berufungswerber auf eine mögliche Ratenvereinbarung bezieht, wird er darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit hat, nach Zustellung dieser Entscheidung bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis um eine entsprechende Ratenzahlung anzusuchen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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