Linz, 22.05.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, X, Deutschland, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 15. April 2013, VerkR96-1933-1-2013, betreffend eine Übertretung des Kraftfahrgesetzes zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als die Wortfolge "Mit Ablauf des 3.3.2013 Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems" ersatzlos entfällt.
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten in I. Instanz als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 40 Euro, zu leisten.
zu I.: §§ 24, 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.
zu II.: § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 15. April 2013, VerkR96-1933-1-2013, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) angelastet, nicht innerhalb der vorgeschriebenen zweiwöchigen Frist Auskunft darüber erteilt zu haben, wer den auf ihn zugelassenen PKW mit dem Kennzeichen X am 25.12.2012 um 06.59 Uhr in Wartberg an der Krems, Pyhrnautobahn A9, km 10,600, Richtung Liezen gelenkt hat. Auch habe der Bw keine andere Person benannt, die die Auskunft hätte erteilen können.
Der Bw habe dadurch § 103 Abs 2 KFG 1967 verletzt, weshalb gemäß § 134 Abs 1 leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von 200,00,- EUR, ersatzweise 70 Stunden Freiheitsstrafe, verhängt wurden.
Ihre Entscheidung begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:
§ 134 Abs. 1 KFG lautet auszugsweise:
2. Gegen das Straferkenntnis erhob der Bw mit E-Mail vom 28. April 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.
Inhaltlich bringt der Bw Folgendes vor:
"Sehr geehrte Damen und Herren, mit erstaunen habe ich am 27.04.2013 erneut einen Schreiben von Ihnen mit dem oben genannten Aktenzeichen erhalten. In diesem wird mir vorgeworfen, dass ich auf ein Schreiben vom 12.02.2013 nicht fristgerecht geantwortet haben. Wie Sie der Ihnen vorliegenden Korrespondenz entnehmen können, gab es bzg. der am 25.12.2013 begangenen Geschwindigkeitsübertretung einen regen Schriftwechsel. Ich habe mich stets kooperativ gezeigt und lediglich um die Zusendung von Frontfotos gebeten um den Fahrer feststellen zu können (u.a. 18.02.2013). Des Weiteren habe ich wiederholt darauf hingewiesen, dass ich als deutscher Staatsbürger ein Aussageverweigerungsrecht habe, von welchem ich entsprechend gebrauch gemacht habe (u.a. 18.02.2013).
Daher ist der in Ihrem Schreiben vom 14.04.2013 ( zugestellt am 27.04.2013) erhoben Vorwurf der Fristversäumnis für mich nicht nachvollziehbar. Ich möchte wiederum Einspruch erheben, Berufe mich auf mein Aussageverweigerungsrecht und bitte um Zusendung der Frontfotos. Ich möchte mich in aller Form für Ihre Bemühungen bedanken, fühle mich aber von Ihnen zunehmend in die Ecke gedrängt und mit Vorwürfen konfrontiert, die ich so nicht nachvollziehen kann."
3.1. Die belangte Behörde hat die als Einspruch bezeichnete Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 8. Mai 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.
3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs 3 VStG abgesehen werden, da der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, im angefochtenen Bescheid keine Geldstrafe von über 500,00 EUR verhängt wurde und der Bw – trotz Belehrung im angefochtenen Bescheid – eine solche auch nicht beantragt hat.
3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Aufgrund einer am 25. Dezember 2012 um 06.59 Uhr auf der Pyhrnautobahn A9, Gemeindegebiet Wartberg an der Krems, StrKm 10,600 in Fahrtrichtung Liezen vom Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen (deutschen) Kennzeichen X begangenen Geschwindigkeitsübertretung wurde der Bw mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 12. Februar 2013, nachweislich zugestellt am 25. Februar 2013, als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tage der Zustellung des Schreibens, schriftlich mitzuteilen wer das genannte Kraftfahrzeug am genannten Tatort zur genannten Tatzeit gelenkt bzw verwendet habe oder eine Person zu benennen, die die Auskunftspflicht trifft.
Mit E-Mail vom 3. März 2013 teilte der Bw mit, er könne auf dem der Lenkeranfrage beiliegenden Radarbild keinen Fahrer identifizieren, und daher der Aufforderung nicht Folge leisten.
Der Bw hat – von ihm unwidersprochen – ein monatliches Nettoeinkommen von 1.100,- EUR, kein für dieses Verfahren relevantes Vermögen und keine Sorgepflichten.
3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 51c VStG).
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG 1967, BGBl 1967/267 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten wie folgt:
" § 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers
(1) [...]
(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
§ 134. Strafbestimmungen.
(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.“
4.2. Der Berufungswerber hat auf die Lenkeranfrage, welche ihm nachweislich zugestellt wurde, lediglich mitgeteilt, dass er den Lenker nicht bekannt geben könne, weil er auf den von der Behörde übermittelten Fotos nicht zu erkennen sei. Er hat damit die geforderte Auskunft nicht erteilt, weil die Auskunft iSd § 103 Abs 2 KFG den Namen und die Anschrift des Lenkers umfassen muss. Nach der diesbezüglich eindeutigen und ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht vor, wenn der Zulassungsbesitzer lediglich angibt, dass er den Lenker nicht benennen könne, weil das Fahrzeug von verschiedenen Personen benutzt werde (statt vieler VwGH 17.03.1982, 81/03/0021). Der Umstand, dass das Fahrzeug in Deutschland zum Verkehr zugelassen ist und die Rechtslage in Deutschland möglicherweise anders gestaltet ist, ändert nichts an der Strafbarkeit der unterlassenen Lenkerauskunft, weil die Auskunft einer österreichischen Behörde zu erteilen war, somit der Tatort in Österreich liegt (vgl VwGH 31.1.1996, 93/03/0156 verst Sen) und daher österreichisches Rechts anzuwenden ist (VwGH 11.12.2002, 2000/03/0025). Entsprechend der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Fällen O´Halloran und Francis (Beschwerde Nr 15809/02 bzw 25624/02) verstößt die Verpflichtung zur Lenkerbekanntgabe auch nicht gegen die Bestimmungen der EMRK.
4.3. Umstände, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 Abs 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.
4.4. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Bezüglich der Strafbemessung kann auf die zutreffenden Ausführungen der Erstinstanz verwiesen werden. Die verhängte Strafe erscheint durchaus angemessen und notwendig, um den Bw in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.
4.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden (Spruchpunkt I.). Die Wortfolge „Mit Ablauf des 3.3.2013 Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems“ entfaltet keine Rechtswirkungen, wird durch § 44a VStG nicht bedingt und hatte daher zu entfallen.
5. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die zu Spruchpunkt II. angeführten gesetzlichen Bestimmungen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.
Markus Zeinhofer