Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167791/2/MZ/WU

Linz, 22.05.2013

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, X, Deutschland, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 15. April 2013, VerkR96-1933-1-2013, betreffend eine Übertretung des Kraftfahrgesetzes zu Recht erkannt:

 

I.            Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als die Wortfolge "Mit Ablauf des 3.3.2013 Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems" ersatzlos entfällt.

 

II.         Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten in I. Instanz als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 40 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.

zu II.: § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 15. April 2013, VerkR96-1933-1-2013, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) angelastet, nicht innerhalb der vorgeschriebenen zweiwöchigen Frist Auskunft darüber erteilt zu haben, wer den auf ihn zugelassenen PKW mit dem Kennzeichen X am 25.12.2012 um 06.59 Uhr in Wartberg an der Krems, Pyhrnautobahn A9, km 10,600, Richtung Liezen gelenkt hat. Auch habe der Bw keine andere Person benannt, die die Auskunft hätte erteilen können.

 

Der Bw habe dadurch § 103 Abs 2 KFG 1967 verletzt, weshalb gemäß § 134 Abs 1 leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von 200,00,- EUR, ersatzweise 70 Stunden Freiheitsstrafe, verhängt wurden.

Ihre Entscheidung begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf hat Ihnen in der angefochtenen Strafverfügung vom 4.3.2013 vorgeworfen, dass Sie als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennz. X mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 12.2.2013, nachweislich zugestellt am 25.2.2013, gemäß § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert waren, binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der anfragenden Behörde bekannt zu geben, wer das angeführte Kraftfahrzeug am 25.12.2012 um 06.59 Uhr in Wartberg an der Krems, Pyhrnautobahn A9, km 10,600, Richtung Liezen gelenkt hat oder die Person zu benennen, die diese Auskunft erteilen kann.

 

Dieser gesetzlichen Auskunftspflicht sind Sie nicht nachgekommen, weil innerhalb der Frist keine entsprechende Auskunft bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf eingelangt ist. In unserem Schreiben wurde auf die Strafbarkeit einer unterlassenen bzw. unvollständigen oder falschen Auskunftserteilung hingewiesen.

 

Mit Schreiben vom 3.3.2013 beantworteten Sie die Lenkeranfrage dahingehend, dass Sie den Lenker ohne Foto nicht feststellen können.

 

1.1. Mit Schriftstück vom 18.3.2013 erhoben Sie gegen die an Sie ergangene Strafverfügung Einspruch. In Ihren Einspruchsangaben äußerten Sie sich im Wesentlichen dahingehend, dass Sie den für die Geschwindigkeitsüberschreitung verantwortlichen Fahrzeuglenker aufgrund des übermittelten Radarfotos nicht ermitteln können. Weiters wiesen Sie auf Ihr Recht hin, die Aussage zu verweigern.

 

2. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

2.1.         Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 29.12013, VerkR96-1933-2013, wurde erstmals gegen Sie der Tatvorwurf der Übertretung nach § 52 lit. a Ziff. 10a StVO 1960 erhoben. Der der Bestrafung zugrunde liegende Sachverhalt wurde durch die Anzeige der Landesverkehrsabteilung vom 15.1.2013 zur Kenntnis gebracht. Demnach wurde das auf Sie zugelassene Kraftfahrzeug, Kennz. X am 25.12.2012 um 06.59 Uhr im Bereich des Stkm 10,600 der Pyhnrautobahn A9 im Gemeindegebiet von Wartberg an der Krems mittels eines stationären Radarmessgerätes (MUVR6FA 216) mit einer Geschwindigkeit, wie aus der im Akt aufliegenden Kopie des Radarfotos ersichtlich ist, von 152 km/h gemessen. Zwar wurde ausgeführt, dass die Messtoleranz nicht berücksichtigt worden sei, tatsächlich wurde jedoch eine relevante Überschreitung von 44 km/h angezeigt.

 

2.2.         Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

 

Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Nichterfüllung der Auskunftspflicht ein Unterlassungsdelikt, wobei Erfüllungsort der Sitz der anfragenden Behörde ist. § 103 Abs. 2 KFG 1967 sieht keine bestimmte Form für die Erfüllung der Auskunftspflicht vor. Der Zulassungsbesitzer kann die Auskunft mündlich, schriftlich durch Abgabe in der zuständigen Kanzleistelle, durch Einwurf in einen Einlaufkasten, mit der Post oder auch fernmündlich erteilen, wobei er sich auch eines Bevollmächtigten oder Boten bedienen kann. Die Auskunftspflicht wird aber nur dann erfüllt, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich bei der Behörde einlangt. Tatort der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft ist somit der Sitz der anfragenden Behörde (vgl u.a. verst. Sen. VwGH 31.1.1996, 93/03/0156=ZVR 1996/74; VwGH 10.5.1996, 96/02/0055; VwGH 5.7.1996, 96/02/0023

 

2.3. Die Aufforderung gem. § 103 Abs. 2 KFG 1967 beinhaltet nicht nur Angaben über den Grund der Anfrage sondern auch den Hinweis, dass das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei.

 

§ 103 Abs. 2 KFG 1967 schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die in Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, also das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung. Laut Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es, wenn die Ahndung des Grunddeliktes nicht möglich ist, nicht rechtswidrig, wenn ein nicht unerhebliches Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung bzw. Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, angenommen wird (VwGH 99/03/0434 vom 22.3.2000). jedenfalls ist zur Wahrnehmung der dargelegten Interessen auch aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten.

 

Die Regelung des § 103 Abs.2 KFG 1967 dient einer geordneten und wirksamen Kontrolle des Straßenverkehrs. Die Nichtbefolgung dieser Bestimmung hat zur Folge, dass sowohl bei Verwaltungsübertretungen durch Kraftfahrzeuglenker als auch im Zusammenhang mit der Ausforschung von Zeugen und Straftätern geordnete und zielführende Amtshandlungen nicht möglich sind. Dieses Interesse wurde mit der Erfüllung des gegenständlichen Tatbestandes gefährdet, weil das Grunddelikt nicht geahndet werden konnte.

 

Das Ersuchen um Lenkerauskunft dient dazu, den Lenker persönlich ausfindig zu machen und zu erreichen. Eine solche kann aber nur der Zulassungsbesitzer, der über das Fahrzeug verfügungsberechtigt ist, erteilen, weshalb sich das Ersuchen gem. § 103 Abs. 2 KFG an diesen richtet. Dass eine Nichterteilung der Lenkerauskunft nicht sanktionslos sein kann, liegt auf der Hand - wäre es sonst ein Leichtes, durch die bloße Auskunftsverweigerung der Strafverfolgung zu entgehen.

Die an Sie ergangene Lenkeranfrage war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Falle einer Nichterteilung war unmissverständlich.

 

2.4. Aufgrund des Akteninhaltes ist es offensichtlich, dass Sie als Zulassungsbesitzer die geforderte Auskunft nicht innerhalb der gesetzlich eingeräumten Frist von zwei Wochen erteilt haben. Nachdem sich der Tatort in Österreich befindet wird darauf hingewiesen, dass es in Österreich (noch) keine Frontfotos gibt. Gerade bei Geschwindigkeitsüberschreitungen handelt es sich um besonders schwere Verstöße im Straßenverkehr weil diese eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle darstellen. Schon aus generalpräventiven Gründen sind derartige Übertretungen daher entsprechend konsequent zu ahnden.

 

Der Verweis in Ihrem Einspruch auf deutsches Recht geht damit fehl, weil der Tatort an dem Sie die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung begangen haben (Nichterteilung der Auskunft) in Österreich gelegen ist, sodass österreichisches Recht anzuwenden ist (VwGH 26.5.1999, 99/3/0074). Es spielt sohin keine Rolle, dass die deutsche Rechtsordnung eine Lenkerauskunft im Sinne des § 103 Abs,2 KFG nicht kennt, wenn der Tatort in Österreich gelegen ist. Tatort der Verweigerung der Auskunft nach § 103 Abs.2 leg.cit. ist immer der Sitz der anfragenden Behörde (VwGH verstärkter Senat 31.11996, 93/03/0156).

Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof hat damit auch die Geltung der Auskunftserteilungspflicht für ausländische Zulassungsbesitzer bzw. Fahrzeughalter ausdrücklich klargestellt.

Die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG verstößt auch nicht gegen Artikel 6 EMRK, wie EGMR in den Entscheidungen zu den Fällen O'Halloran und Francis (Beschwerdenummern 15809/02 bzw. 25624/02) in einer großen Kammer mit 15:2 Stimmen entscheiden hat.

 

Nach der (österreichischen) Rechtslage gibt es eben das Rechtsinstitut der Lenkeranfrage. Die Verpflichtungen des Zulassungsbesitzers ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz, es bedarf also keiner vorangegangener Verfügungen durch die Behörde, etwa die bescheidmäßige Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches an den Zulassungsbesitzer. Dass die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 in einem Spannungsverhältnis zum Anklageprinzip steht, ist ebenso unbestritten, allerdings hat der Bundesverfassungsgesetzgeber hier vorgesorgt, indem er einen Teil der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 in Verfassungsrang erhoben hat. Jeden Zulassungsbesitzer trifft diese Auskunftspflicht, egal ob das Fahrzeug im In- oder Ausland zugelassen ist.

Vom Gesetzgeber wird die Notwendigkeit der Möglichkeit einer Lenkeranfrage für das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit als wichtig angesehen. Es soll damit ermöglicht werden, auch solche Fahrzeuglenker belangen zu können, die nicht auf frischer Tat betreten werden, etwa wo Radar- oder Lasermessungen durchgeführt werden, ohne dass der Lenker angehalten und seine Daten aufgenommen wurden.

 

Der zur Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft ist eine eigenständige Verwaltungsübertretung - unabhängig vom Grunddelikt der Geschwindigkeitsüberschreitung, welche im Bundesgebiet der Republik Österreich begangen wurde - und mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft - zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG - verwirklicht.

 

Ihrem Vorbringen, es sei zu beachten, niemand zu Unrecht einer Tat zu bezichtigen, die möglicherweise von Ihnen nicht begangen worden sei, ist diesem Argument zu erwidern, dass die Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG lediglich dazu dient, den Fahrzeuglenker festzustellen bzw. nur den Zweck hat, einen Verdächtigen zu ermitteln. Sie bezieht sich bloß auf die Tatsache, nämlich darauf, wer das gegenständliche Kraftfahrzeug zum oben angeführten Zeitpunkt an der oben angeführten Örtlichkeit gelenkt hat. Sie waren keineswegs verhalten ein "Geständnis" bzw. ein "Bekenntnis" hinsichtlich der zugrundeliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung abzugeben. Sie waren lediglich verpflichtet, wahrheitsgemäß anzugeben, wer dieses Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat. Sie wurden lediglich in Ihrer Eigenschaft als Zulassungsbesitzer Ihres Fahrzeuges aufgefordert, eine einfache Tatsache mitzuteilen, nämlich, wer Ihr Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat. Keinesfalls wurden Sie verpflichtet, sich selbst oder eine Ihnen nahestehende Person einer konkreten Verwaltungsübertretung zu bezichtigen. An die Lenkerauskunft sind strenge Anforderungen geknüpft. Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die Auskunft unter anderem verletzt durch keine Auskunftserteilung, durch unvollständige Auskunftserteilung, durch bloße Nichterteilung einer Auskunft oder durch eine unrichtige Auskunft. Der zu Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft ist eine eigenständige Verwaltungsübertretung - unabhängig vom Grunddelikt der Geschwindigkeitsüberschreitung - und mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft verwirklicht. Es ist nicht Voraussetzung eines auf § 103 Abs. 2 KFG 1967 gestützten behördlichen Auskunftsverlangens, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einem bestimmten Kraftfahrzeug eine Verwaltungsübertretung oder sonstige strafbare Handlung begangen wurde. Die Behörde kann eine solche Auskunft auch dann verlangen, wenn eine Bestrafung wegen des Anlassdeliktes etwa aus dem Grunde der eingetretenen Verjährung nicht mehr erfolgen kann. Weiters könnte die Behörde die ihr mit § 103 Abs. 2 KFG 1967 eingeräumte Befugnis dazu benützen, einen Zeugen zu suchen, wenn lediglich feststeht, dass der unbekannte Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt für ein anfälliges Strafverfahren relevante Beobachtungen gemacht haben könnte. Schließlich handelt es sich bei der Rechtsvorschrift des § 103 Abs. 2 KFG 1967 um ein Instrument der Kontrolle und Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung und des Kraftfahrgesetzes.

 

3. Bezüglich des Strafausmaßes ist anzuführen:
§ 134 Abs. 1 KFG lautet auszugsweise:

Wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.

 

4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der§§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Was die subjektive Tatseite anlangt, so war das Verschulden nicht geringfügig, weil als Ursache für die gegenständliche Lenkeranfrage der Verdacht einer gravierenden Übertretung der StVO zugrunde liegt. Der Unrechts- und dadurch indizierte Schuldgehalt dieser Übertretung ist erheblich, liegt doch das durch § 103 Abs. 2 KFG 1967 geschützte Interesse zweifellos darin, jederzeit und ohne unnötige Verzögerung Personen zu ermitteln, die verdächtig sind, unter anderem eine straßenpolizeiliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung. Aufgrund Ihres Verhaltens konnte jedoch diese Verwaltungsübertretung nicht verfolgt werden.

 

Ein Anhaltspunkt für eine Herabsetzung der verhängten Strafe findet sich nicht, zumal es Ihnen freisteht, die Bezahlung der verhängten Geldstrafe in Teilbeträgen anzusuchen.

 

Die Voraussetzungen des § 21 VStG lagen mangels geringfügigen Verschuldens in Ihrem Falle nicht vor. Auch haben Sie im Verfahren keinerlei Argumente vorgebracht, die geeignet wären, um ein geringfügiges Verschulden zu begründen.

 

Da Sie gemäß § 5 VStG nicht glaubhaft machen konnten, dass Sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, war daher spruchgemäß zu entscheiden und die verhängte Geldstrafe unter Bedachtnahme auf § 19 VStG festzusetzen, wobei Ihnen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute kommt.

 

Im übrigen erscheint die verhängte Geldstrafe dem Unrechtsgehalt der Tat angemessen, da sich die Strafe im untersten möglichen Bereich bewegt. Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens ist gesetzlich begründet.

 

2. Gegen das Straferkenntnis erhob der Bw mit E-Mail vom 28. April 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Inhaltlich bringt der Bw Folgendes vor:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren, mit erstaunen habe ich am 27.04.2013 erneut einen Schreiben von Ihnen mit dem oben genannten Aktenzeichen erhalten. In diesem wird mir vorgeworfen, dass ich auf ein Schreiben vom 12.02.2013 nicht fristgerecht geantwortet haben. Wie Sie der Ihnen vorliegenden Korrespondenz entnehmen können, gab es bzg. der am 25.12.2013 begangenen Geschwindigkeitsübertretung einen regen Schriftwechsel. Ich habe mich stets kooperativ gezeigt und lediglich um die Zusendung von Frontfotos gebeten um den Fahrer feststellen zu können (u.a. 18.02.2013). Des Weiteren habe ich wiederholt darauf hingewiesen, dass ich als deutscher Staatsbürger ein Aussageverweigerungsrecht habe, von welchem ich entsprechend gebrauch gemacht habe (u.a. 18.02.2013).

 

Daher ist der in Ihrem Schreiben vom 14.04.2013 ( zugestellt am 27.04.2013) erhoben Vorwurf der Fristversäumnis für mich nicht nachvollziehbar. Ich möchte wiederum Einspruch erheben, Berufe mich auf mein Aussageverweigerungsrecht und bitte um Zusendung der Frontfotos. Ich möchte mich in aller Form für Ihre Bemühungen bedanken, fühle mich aber von Ihnen zunehmend in die Ecke gedrängt und mit Vorwürfen konfrontiert, die ich so nicht nachvollziehen kann."

 

3.1. Die belangte Behörde hat die als Einspruch bezeichnete Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 8. Mai 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs 3 VStG abgesehen werden, da der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, im angefochtenen Bescheid keine Geldstrafe von über 500,00 EUR verhängt wurde und der Bw – trotz Belehrung im angefochtenen Bescheid – eine solche auch nicht beantragt hat.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Aufgrund einer am 25. Dezember 2012 um 06.59 Uhr auf der Pyhrnautobahn A9, Gemeindegebiet Wartberg an der Krems, StrKm 10,600 in Fahrtrichtung Liezen vom Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen (deutschen) Kennzeichen X begangenen Geschwindigkeitsübertretung wurde der Bw mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 12. Februar 2013, nachweislich zugestellt am 25. Februar 2013, als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tage der Zustellung des Schreibens, schriftlich mitzuteilen wer das genannte Kraftfahrzeug am genannten Tatort zur genannten Tatzeit gelenkt bzw verwendet habe oder eine Person zu benennen, die die Auskunftspflicht trifft.

 

Mit E-Mail vom 3. März 2013 teilte der Bw mit, er könne auf dem der Lenkeranfrage beiliegenden Radarbild keinen Fahrer identifizieren, und daher der Aufforderung nicht Folge leisten.

 

Der Bw hat – von ihm unwidersprochen – ein monatliches Nettoeinkommen von 1.100,- EUR, kein für dieses Verfahren relevantes Vermögen und keine Sorgepflichten.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG 1967, BGBl 1967/267 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten wie folgt:

 

" § 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

 

(1)                [...]

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

§ 134. Strafbestimmungen.

 

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.“

 

4.2. Der Berufungswerber hat auf die Lenkeranfrage, welche ihm nachweislich zugestellt wurde, lediglich mitgeteilt, dass er den Lenker nicht bekannt geben könne, weil er auf den von der Behörde übermittelten Fotos nicht zu erkennen sei. Er hat damit die geforderte Auskunft nicht erteilt, weil die Auskunft iSd § 103 Abs 2 KFG den Namen und die Anschrift des Lenkers umfassen muss. Nach der diesbezüglich eindeutigen und ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht vor, wenn der Zulassungsbesitzer lediglich angibt, dass er den Lenker nicht benennen könne, weil das Fahrzeug von verschiedenen Personen benutzt werde (statt vieler VwGH 17.03.1982, 81/03/0021). Der Umstand, dass das Fahrzeug in Deutschland zum Verkehr zugelassen ist und die Rechtslage in Deutschland möglicherweise anders gestaltet ist, ändert nichts an der Strafbarkeit der unterlassenen Lenkerauskunft, weil die Auskunft einer österreichischen Behörde zu erteilen war, somit der Tatort in Österreich liegt (vgl VwGH 31.1.1996, 93/03/0156 verst Sen) und daher österreichisches Rechts anzuwenden ist (VwGH 11.12.2002, 2000/03/0025). Entsprechend der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Fällen O´Halloran und Francis (Beschwerde Nr 15809/02 bzw 25624/02) verstößt die Verpflichtung zur Lenkerbekanntgabe auch nicht gegen die Bestimmungen der EMRK.

 

4.3. Umstände, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 Abs 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

4.4. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bezüglich der Strafbemessung kann auf die zutreffenden Ausführungen der Erstinstanz verwiesen werden. Die verhängte Strafe erscheint durchaus angemessen und notwendig, um den Bw in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

4.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden (Spruchpunkt I.). Die Wortfolge „Mit Ablauf des 3.3.2013 Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems“ entfaltet keine Rechtswirkungen, wird durch § 44a VStG nicht bedingt und hatte daher zu entfallen.

 

5. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die zu Spruchpunkt II. angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

 

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