Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101527/24/Kei/Shn

Linz, 09.02.1995

VwSen-101527/24/Kei/Shn Linz, am 9. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des H K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Franz Gstraße 27, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 21. September 1993, Zl.VerkR0402/1213/1993/Ei/A, wegen zwei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Jänner 1995 und mündlicher Verkündung der Entscheidung am 4. Jänner 1995, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird sowohl im Hinblick auf das Delikt a als auch im Hinblick auf das Delikt b stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG); § 45 Abs.1 und § 51 VStG.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen von a) 800 S und 24 Stunden und b) 10.000 S und 10 Tagen verhängt, weil er "am 23. April 1993 gegen 21.00 Uhr den PKW auf der unbenannten Gemeindestraße im Gebiet der Gemeinde K, ca 50 m nach dem Haus K Richtung der Ortschaft Nadernberg gelenkt" habe und "a) nach rechts von der Fahrbahn abgekommen" sei "und somit nicht so weit rechts gefahren" sei, "wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar gewesen wäre, sodaß der PKW in der Folge in den Straßengraben geriet und hängenblieb, b) und sich am 24. April 1993 um O2.45 Uhr auf der unbenannten Gemeindestraße im Gebiet der Gemeinde Krenglbach, ca m nach dem Hause Krenglbach N in Richtung der Ortschaft Nadernberg nach Aufforderung eines hiezu ermächtigten und besonders geschulten Gendarmerieorganes geweigert" habe, "die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Symptomen einer Alkoholisierung, wie deutlicher Geruch der Atemluft nach Alkohol, stark schwankender Gang und lallende Sprache berechtigt vermutet werden konnte, daß er sich bei der Fahrt am 23. April 1993 gegen 21.00 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden" habe. Dadurch habe er eine Übertretung des zu a) § 7 Abs.1 StVO und zu b) § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO begangen, weshalb er zu a) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO und zu b) gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 22. September 1993 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. Oktober 1993, Zl.VerkR0402/1213/1993/Ei, Einsicht genommen und am 3. Jänner 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt.

Folgender Sachverhalt wurde der Entscheidung zugrunde gelegt:

Am 23. April 1993 um ca 21.00 Uhr ist der Berufungswerber auf der unbenannten Gemeindestraße im Gebiet der Gemeinde Krenglbach in Richtung Ortschaft Nadernberg als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen gefahren. Ca. 50 Meter nach dem Haus Krenglbach Nr kam er - bedingt durch ein Ausweichmanöver (entgegenkommendes Fahrzeug) - nach rechts von der Fahrbahn ab und das Fahrzeug kam im Straßengraben zum Stehen.

Am 24. April 1993 um ca 02.45 Uhr befanden sich zwei Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr K, und zwar Franz und Walter G, die an der Durchführung der Mostkost in K beteiligt waren, mit dem Feuerwehrfahrzeug im Bereich des stehenden Fahrzeuges des Berufungswerbers. Der Berufungswerber, der stark alkoholisiert war, war ebenfalls anwesend. Mit dem Feuerwehrfahrzeug wurde versucht, das Fahrzeug des Berufungswerbers aus dem Straßengraben zu bergen. Dabei hat der Berufungswerber nicht mitgewirkt. Die beiden sich im Dienst mit dem Kraftfahrzeug auf einer Patrouille befindenden Gendarmeriebeamten BI Wilhelm K und Insp.

Andreas P hielten - insbesondere weil sie vermuteten, daß sich ein Verkehrsunfall ereignet hätte - an. Der Berufungswerber wurde von BI K befragt, ob er das Kfz gelenkt hätte. Dies verneinte der Berufungswerber und gab an, daß seine Gattin gefahren sei. Die Beamten erhielten von anwesenden Personen die Auskunft, daß die Gattin des Berufungswerbers nicht gefahren sein könne, weil sich diese im Krankenhaus befunden hätte. Daraufhin wurde der Berufungswerber von BI K zu einem Alkotest aufgefordert, welchen er verweigerte. Es waren durch die Beamten keine weitergehenden Ermittlungen dahingehend erfolgt, ob tatsächlich der Berufungswerber das Fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und dahingehend, zu welcher Zeit dies erfolgt sei. Die Beamten sind davon ausgegangen, daß der Berufungswerber das Fahrzeug in der Zeit bis maximal eine Stunde vor der Aufforderung gelenkt hat und in den Straßengraben gefahren ist. Auch Ermittlungen dahingehend, ob beispielsweise die Motorhaube des Autos warm gewesen sei, wurden nicht durchgeführt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs.2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Gemäß § 7 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Gleise von Schienenfahrzeugen, die an beiden Rändern der Fahrbahn liegen, dürfen jedoch nicht in der Längsrichtung befahren werden, wenn der übrige Teil der Fahrbahn genügend Platz bietet.

Gemäß § 99 Abs.1 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer (lit.b) sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich einem Arzt vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Gemäß § 99 Abs.3 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer (lit.a) als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 2 oder 4 zu bestrafen ist.

4.2. Zum Delikt a des angefochtenen Straferkenntnisses:

Der Berufungswerber mußte wegen eines entgegenkommenden Fahrzeuges nach rechts ausweichen, ist dadurch vom Bankett abgerutscht und das Fahrzeug ist im Straßengraben, der sich neben der - in Fahrtrichtung gesehen - rechten Fahrbahn befand, zum Stehen gekommen. Aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 7 Abs.1 StVO ergibt sich, daß diese abstellt auf ein sich in Bewegung befindendes Fahrzeug und nicht auf eine Situation, daß ein Fahrzeug - wie im gegenständlichen Zusammenhang - zum Stehen kommt. Der gegenständliche Sachverhalt ist nicht dem objektiven Tatbestand des § 7 Abs.1 StVO iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO zu subsumieren. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, daß zB Benes-Messiner (in "Straßenverkehrsordnung", Wien 1989, S 186) ausführen: "Das Abkommen von der Fahrbahn nach einer Schleuderbewegung stellt keine Übertretung des § 7 Abs.1 dar." Zum Delikt b des angefochtenen Straferkenntnisses:

Aus dem in Punkt 3 angeführten Sachverhalt ergibt sich, daß nicht mehr als ein bloßer Verdacht des Beamten dahingehend, daß der Berufungswerber das Kraftfahrzeug gelenkt hätte, vorgelegen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat - zB im Erkenntnis vom 21. April 1969, Zl.1392/68 - zum Ausdruck gebracht, daß bei bloßem Verdacht des Lenkens eines Kraftfahrzeuges ein Alkotest nicht verlangt werden darf und daß eine diesbezügliche Weigerung daher keine Verwaltungsübertretung darstellen kann. Dem oa Verdacht hätten weitergehende Ermittlungen folgen müssen. Da diese nicht erfolgt sind, war - vor dem Hintergrund des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes - im Hinblick auf dieses Delikt spruchgemäß zu entscheiden.

4.3. Insgesamt war der Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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