Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401298/5/Gf/Rt

Linz, 22.05.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Gróf aus Anlass der Beschwerde des M, dzt. Polizeianhaltezentrum W, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich seit dem 16. Mai 2013 zu Recht:

 

I. Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit dem 16. Mai 2013 wird als nicht rechtswidrig festgestellt; unter einem wird festgestellt, dass aus der Sicht des Oö. Verwaltungssenates im Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiter vorliegen.

 

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in einer Höhe von insgesamt 426,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 83 FPG; § 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 16. Mai 2013, Zl. 1077268/FRB, wurde über den Rechtsmittelwerber, einen algerischen Staatsangehörigen, gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 22/2013 (im Folgenden: FPG), zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft verhängt und diese durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) W vollzogen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 15. Mai 2013 in einem Zugabteil dabei betreten worden sei, dass er sich ohne gültige Reisedokumente im Bundesgebiet aufhält. Bei seiner anschließenden fremdenpolizeilichen Befragung sei hervorgekommen, dass er sich zuvor bereits ein Jahr lang in Griechenland aufgehalten und sowohl dort als auch zuletzt in Ungarn einen Asylantrag gestellt habe. Nunmehr habe er über die Schweiz zu einem Onkel in Frankreich bzw. zu einem Freund nach Spanien weiterreisen wollen. Eine Rückkehr in seinen Heimatstaat lehne er hingegen ab; vielmehr habe er auch in Österreich einen Asylantrag gestellt. Allerdings verfüge er hier über keinen Wohnsitz, über keine sozialen Beziehungen und lediglich über 200 Euro Bargeld. Auf Grund seiner früheren Antragstellungen in Griechenland und Ungarn sei davon auszugehen, dass sein Asylantrag in Österreich zurückzuweisen sein wird. Im Zusammenhang mit der Unglaubwürdigkeit seiner bisherigen Angaben und seinen zahlreichen illegalen Reisebewegungen liege daher ein erhöhter Sicherungsbedarf vor. Dem könne durch die bloße Anordnung gelinderer Mittel wie einer täglichen Meldepflicht nicht zweckentsprechend Rechnung getragen werden, zumal er dadurch nicht gehindert sei, sich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde faktisch durch Untertauchen zu entziehen; auch die Einhebung einer angemessenen finanziellen Sicherheit komme mangels entsprechender Barmittel nicht in Betracht.

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft seit dem 16. Mai 2013 richtet sich die vorliegende, am 21. Mai 2013 eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird eingewendet, dass der Beschwerdeführer sein ursprüngliches Vorhaben, nach Frankreich bzw. Spanien weiterzureisen, nach nunmehr erfolgter Rechtsberatung aufgegeben habe und demgemäß versichere, den Ausgang seines Asylverfahrens in Österreich in einer bundesbetreuten Unterkunft abwarten zu wollen. Für eine gegenteilige Annahme würden jedenfalls keine Anhaltspunkte vorliegen. Vielmehr widerspreche die unmittelbare Schubhaftanordnung nicht nur dem Grundrecht auf persönliche Freiheit, sondern auch den Richtlinien des UNHCR und Art. 7 der Verordnung (EG) 1560/2003, woraus sich jeweils eine klare Rangordnung der möglichen fremdenpolizeilichen Eingriffsbefugnisse derart ergebe, dass eine Schubhaftverhängung nur als ultima-ratio-Maßnahme in Betracht käme. Im gegenständlichen Fall hätten angesichts dessen, dass dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Aufnahme in die Grundversorgung zukomme, gelindere Mittel jedenfalls hingereicht.

 

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft beantragt.

 

1.3. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat am 22. Mai 2013 den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

 

Ergänzend wurde in dieser darauf hingewiesen, dass der Rechtsmittelwerber nunmehr auch in Österreich einen Asylantrag gestellt hat. Im Zuge seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme habe er angegeben, nicht in seinen Heimatstaat zurückkehren zu wollen. Mangels sozialer Beziehungen im Inland, mangels der erforderlichen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts und infolge des Nichtvorliegens eines ordnungsgemäßen Wohnsitzes sei daher ein hoher Sicherungsbedarf, der die Verhängung von Schubhaft rechtfertige, evident.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Zl. 1077268/FRB; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Vorbringen der Parteien der – soweit entscheidungsrelevant, von diesen im Wesentlichen ohnehin unbestritten gebliebene – Sachverhalt klären ließ und auch ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen von der Durchführung einer gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG ohnehin nur für Ausnahmsfälle vorgesehenen und auch mit Blick auf die Kürze der gesetzlichen  Entscheidungsfrist nur für echte Sonderkonstellationen gedachten öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Im vorliegenden Fall wurde bzw. wird der Rechtsmittelwerber auf Grund eines auf § 76 FPG gestützten Bescheides einer Behörde, die ihren Sitz im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich hat, angehalten; nach § 83 Abs. 1 FPG ist damit die örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates zur Behandlung der gegenständlichen Beschwerde gegeben.

2.3. Dieser hatte, weil im vorliegen Fall auch die übrigen Prozessvoraussetzungen des § 67c Abs. 1 und 2 AVG vorliegen, gemäß § 83 Abs. 2 FPG i.V.m. § 67a AVG durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. In zahlreichen, zum gegenständlichen Fall ähnlich gelagerten Sachverhaltskonstellationen hat der Oö. Verwaltungssenat bereits mit Schriftsatz vom 25. Juni 2012, Zl. VwSen-401190/2/Gf/Rt, gemäß Art. 140 Abs. 1 i.V.m. Art. 129a Abs. 3 und Art. 89 B-VG einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung einiger Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes wegen Verfassungswidrigkeit gestellt.

 

Mit Erkenntnis vom 3. Oktober 2012, G 140/11 u.a., hat der VfGH die h. Gesetzesprüfungsanträge teilweise zurück- und teilweise abgewiesen.

 

Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass ein Ein­griff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit nur dann und insoweit gerecht­fertigt sei, wenn dieser zur Erreichung des damit verfolgten Zweckes notwendig ist und zu dem mit der Maßnahme verfolgten Zweck nicht außer Verhältnis steht; dieses ausdrücklich formulierte Verhältnismäßigkeitsgebot erlaube der Fremden­polizeibehörde sohin nur dann die Verhängung der Schubhaft, wenn dies zur Si­cherung des Verfahrens notwendig ist und soweit der Freiheitsentzug zu diesem Zweck nicht außer Verhältnis steht. Angesichts der sich schon aus dem Grund­recht ergebenden Verpflichtung der Behörden, von der Anordnung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und ver­hältnismäßig ist (VfSIg 14981/1997 u. 17288/2004), belaste es daher eine ge­setzliche Regelung nicht mit Verfassungswidrigkeit, wenn es der Gesetzgeber den vollziehenden Behörden überlässt, die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahren einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen andererseits vorzunehmen (VfSIg 17891/2006 u. 18145/2007). Weiters gebe § 77 Abs. 1 FPG der Behörde keine freie Wahlmöglichkeit zwischen der Anord­nung gelinderer Mittel und der Verhängung der Schubhaft; vielmehr sei ein – nach Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG auch verfassungsrechtlich gebotener (VfSIg 19323/2011) – klarer Vorrang der Anordnung gelinderer Mittel festgelegt.

 

Auf dem Boden dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist daher zu kon­statieren, dass der Fremdenrechtsgesetzgeber den Organen der Vollziehung für die Erreichung der in § 76 FPG und § 77 FPG normierten, identischen (arg. "bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe" in § 77 Abs. 1 FPG) Zwecksetzung, v.a. jener der Verfahrenssicherung, zwei unterschiedliche Typen von Mitteln zur Hand gegeben hat - nämlich: Schubhaftverhängung einerseits und Anord­nung gelinderer Mittel andererseits -, deren Heranziehung im konkreten Fall nicht im Ermessen der Behörde steht: Vielmehr wird deren wechselseitiges Verhältnis zueinander durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit deter­miniert. Dies in der Weise, dass die Fremdenpolizeibehörde - vorausgesetzt, dass ein Sicherungsbedarf überhaupt vorliegt - zunächst zu prüfen hat, ob die Heranziehung gelinderer Mittel, die ihrer Art nach einen vergleichsweise weniger intensiven Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit nach sich ziehen, zur Zweckerreichung geeignet sind. Dabei steht der Gesetzgeber auf dem Stand­punkt, dass dies im Normalfall grundsätzlich zu bejahen ist, die Anordnung gelinderer Mittel also den Regelfall verkörpert (und zwar ungeachtet des Umstandes, dass diese [aus einer früher noch andersgearteten rechtspolitischen Grundhaltung heraus erklärbar] im Text des FPG systematisch besehen unzutref­fend erst im Anschluss an die Schubhaftverhängung geregelt sind).

 

Davon ausgehend darf das fremdenpolizeiliche Verfahren nur dann im Wege der ultima-ratio-Maßnahme der Schubhaftverhängung gesichert werden, wenn die konkreten Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise (!) ein weniger ein­griffsintensives Vorgehen zweifelsfrei und zwingend ausschließen.

 

3.2. Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde gegenüber einem Fremden, gegen
den die verfahrensrechtliche Erlassung oder die Vollstreckung einer aufenthalts-
beendenden Maßnahme zulässig ist, gelindere Mittel anzuordnen, sofern dies
notwendig ist, um die Durchführung eines solchen Verfahrens bzw. einer solchen
Vollstreckungsmaßnahme zu sichern, und sie zudem Grund zur Annahme hat,
dass der ansonsten mit einer Schubhaftverhängung intendierte Zweck auch
durch die Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden kann.

 

Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist nach § 77 Abs. 2 FPG weit­ers, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, wenn diese zuvor nicht ohnehin schon von Amts wegen erfolgt ist.

 

Als gelinderes Mittel kommt gemäß § 77 Abs. 3 FPG insbesondere die Anord­nung, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen (Z. 1), sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden (Z. 2) und/oder eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen (Z. 3), in Betracht.

 

Nach § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG kann die Fremdenpolizeibehörde über einen Asyl­werber u.a. dann die Schubhaft verhängen, wenn auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

3.3. Davon ausgehend ergibt sich für den gegenständlichen Fall konkret Folgen-
des:

 

3.3.1. Der Beschwerdeführer hatte – was von ihm selbst auch gar nicht in Abrede gestellt wird – vor seiner nunmehrigen Antragstellung in Österreich bereits in anderen Staaten der Europäischen Union, nämlich in Griechenland und in Ungarn, einen Asylantrag gestellt. Nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) 343/2003 i.d.F. 1103/2008 (sog. "Dublin-II-Verordnung") ist damit nicht Österreich, sondern entweder Griechenland oder Ungarn zur Prüfung des Asylantrages des Rechtsmittelwerbers zuständig. Davon ausgehend wird daher sein in Österreich gestellter Asylantrag gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG zurückzuweisen sein.

 

Die gesetzlichen Formalvoraussetzungen für eine Schubhaftverhängung i.S.d. letztgenannten Bestimmung und die subjektiven Haftbedingungen - Letztere insbeson­dere schon mangels gegenteiligen Vorbringens des Beschwerdeführers selbst – waren daher im vorliegenden Fall während seiner Anhaltung gegeben.

 

3.3.2. Auch das von der belangten Behörde in ihrem Schubhaftbescheid ange­nommene – sowohl gelindere Mittel als auch eine Schubhaftanordnung in glei­cher Weise materiell determinierende – Sicherungsbedürfnis erweist sich als vertretbar:

 

Denn dem Schubhaftbescheid ist zu entnehmen, dass – jeweils mit näherer Begründung – die zahlreichen illegalen Grenzübertritte, das Nichtvorliegen eines Wohnsitzes und sozialer Beziehungen sowie das Fehlen finanzieller Mittel zur Bestreitung des Aufenthalts als solche konkreten Umstände aufgezeigt werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sich der Rechtsmittelwerber – in voller Kenntnis über die bevorstehenden fremdenpolizeilichen Maß­nahmen – seiner Abschiebung durch Untertauchen in die Anonymität zu entziehen versuchen wird.

 

Die grundsätzliche Notwendigkeit, konkrete Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um einen ordnungsgemäßen Fortgang des fremdenpolizeilichen Verfahrens zu gewährleisten, liegt daher auf der Hand.

 

3.3.3. Damit erhebt sich an diesem Punkt die Frage nach der Adäquanz, d.h. vom Vorliegen dieses Sicherungsbedürfnisses ausgehend ist im nächsten Schritt   – und zwar prioritär zu prüfen, ob die belangte Behörde die nach dem zuvor unter Pkt. 3.1. näher dargestellten Erkenntnis des VfGH vom 3. Oktober 2012, G 140/11 u.a., absolut vorrangig gebotene Heranziehung gelinderer Mittel –als eine grundlegende negativ-materielle Voraussetzung der allfälligen (nachgeordneten) Zulässigkeit der Schubhaftverhängung – erwo­gen und im Ergebnis zutreffend verworfen hat, sodass sie davon ausgehend auf Grund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles auch tatsächlich zur An­wendung der ultima-ratio-Maßnahme der Inschubhaftnahme berechtigt war.

 

3.3.3.1. Diesbezüglich geht aus dem Schubhaftbescheid vom 16. Mai 2013, ZI. 1077268/FRB, hervor (vgl. S. 5 f.), dass die belangte Behörde die Anordnung gelinderer Mittel, insbesondere eine periodische Meldepflicht und die Einhebung einer finanziellen Sicherheit geprüft, im Ergebnis aber deshalb davon Abstand genommen hat, weil anhand der konkreten, individuell-fallbezogenen Subsumtion ersichtlich ist,

 

"dass aufgrund zwingender Gründe davon ausgegangen werden kann, dass die effektive Umsetzung der beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahme nicht anders als durch einen Entzug der persönlichen Freiheit zu gewährleisten ist, weshalb sich die Anordnung der Schubhaft auch unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsprinzips als gerechtfertigt erweist."

 

Daraus lässt sich jedenfalls entnehmen, dass die Fremdenpolizeibehörde in einer Verpflichtung zu einer periodischen Mel­dung bei einer Sicherheitsdienststelle (und zwar wohl auch dann, wenn diese nicht nur einmal, sondern auch mehrmals täglich zu erfolgen hätte) allein noch keine Gewähr dafür erblickt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der zwangsweisen Durchführung der Abschiebung auch tatsächlich für sie greifbar wäre. Die Vorschreibung des zusätzlichen Sicherungsmittels der Einhebung einer Kaution scheidet gegenständlich deshalb aus, weil der Rechtsmittelwerber – was auch von ihm selbst gar nicht bestritten wird – über keine nennenswerten fi­nanziellen Mittel verfügt. Und schließlich sind auch sonstige gelindere Mittel, die im Verein mit einer periodischen Meldepflicht insgesamt dazu geeignet wären, einigermaßen verlässlich zu gewährleisten, dass der Beschwerdeführer zwecks Durchführung seiner zwangsweisen Abschiebung nach Griechenland oder Ungarn tatsächlich für die Behörde greifbar ist, objektiv nicht erkennbar.

 

3.3.3.2. Zwar hat der Oö. Verwaltungssenat beispielsweise in seinem Erkenntnis vom 21. März 2013, VwSen-401279/4/Gf/Rt, darauf hinge­wiesen, dass durch eine gleichsam routineartige Schubhaftverhängung in jedem "standardmäßigen Durchschnittsfall", der sich dadurch auszeichnet, dass ein örtlich und sozial ungebundener Asylwerber illegal und mittellos ins Bundesgebiet eingereist ist und in der Folge versucht, seinen Aufenthalt in Österreich – auch durch mangelnde Kooperation im Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren – fak­tisch so lange als möglich hinauszuzögern, nicht nur das dem Gesetzgeber nach dem VfGH-Erkenntnis vom 3. Oktober 2012, G 140/11 u.a., zusinnbare Verhält­nis der absoluten Nachrangigkeit zu gelinderen Mitteln ins Gegenteil verkehrt würde: Zu Ende gedacht würde es damit einem Fremden auch kategorisch ver-unmöglicht, nunmehr ein normenkonformes Verhalten an den Tag legen und damit seine Besserungswilligkeit unter Beweis stellen zu können. Dies könnte aber die weitere Gefahr in sich bergen, dass Fremde auf diese Weise dem Pau­schalverdacht ausgesetzt werden, habituell unbekehrbare Gesetzesüber­treter zu sein. Ein solches Ergebnis würde jedoch augenfällig dem Art. 1 EGRC (vgl. dazu jüngst VwGH vom 23. Jänner 2013, ZI. 2010/15/0196, wonach insbe­sondere das fremdenpolizeiliche Verfahren als "Durchführung des Rechts der Union" i.S.d. Art. 51 Abs. 1 EGRC anzusehen ist) insoweit widersprechen, als es nach dieser allgemeinen Grundrechtsgewährleistung kategorisch ausgeschlossen ist, das Verhalten eines Fremden unter Außerachtlassung der Unantastbarkeit der Menschenwürde vorrangig nur auf Basis allgemeiner Erfahrungs- und sta­tistischer Durchschnittswerte zu taxieren und damit als bloßes Objekt eines Auf­enthaltsbeendigungsverfahrens anzusehen. Aus solchen Gründen, wie sie in Fäl­len von schlepperunterstützten Asylwerbern typischerweise vorliegen (wie: Nicht­feststehen der Identität; Fehlen von Reisedokumenten, sozialen Bindungen und finanziellen Mitteln; Rückkehrunwilligkeit; etc.), kann hingegen nicht schon per se darauf geschlossen werden, dass diese stets für die Verhängung von Schub­haft hinreichen; denn bei einer solchen Sichtweise würde eben die Priorität ge­linderer Mittel gerade ins Gegenteil verkehrt.

 

Im Gegensatz dazu liegt jedoch nunmehr mit der Unmöglichkeit, über die bloße Verpflichtung zum Aufenthalt in einer (allfälligen) bundesbetreuten Unterkunft und zur perio­dischen Meldung bei einer Polizeiinspektion hinaus weitere gelindere Mittel (wie insbesondere die Einhebung einer – auch effektiven – finanziellen Sicherheits­leistung) anzuordnen, eine solche ultima-ratio-Situation vor, die die Verhängung von Schub­haft rechtfertigt.

 

3.3.3.3. Die von der belangten Behörde gezogene Schlussfolgerung, dass sich die Schubhaftverhängung angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Fal­les somit im Ergebnis nicht als unverhältnismäßig erweist, kann daher aus allen diesen Gründen nicht als rechtswidrig erkannt werden.

 

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch darauf, dass der Unab­hängige Verwaltungssenat in einem Verfahren nach den §§ 82 f FPG nicht wie in einem sonstigen Administrativ- oder Verwaltungsstrafverfahren nach dem 1. und 2. Abschnitt des IV. Teiles des AVG bzw. nach dem 5. Abschnitt des II. Teiles des VStG – Berufungs-, sondern nur Haftprüfungsbehörde i.S.d. Art. 6 PersFrSchG und Art. 5 Abs. 4 EMRK ist. Dies bedeutet, dass dem UVS nur eine Rechtmäßigkeitskontrolle zukommt, und zwar dahin, ob es unter Zugrundele­gung der von der Haftbehörde vorgenommenen Bewertung der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles verhältnismäßig war, von der Verhängung ge­linderer Mittel abzusehen und stattdessen die Schubhaft zu verhängen.

 

Davon ausgehend kann die originäre Entscheidung darüber, ob bzw. welche gelinderen Mittel – singulär oder kumulativ – anzuordnen sind oder stattdessen die Schubhaft zu verhängen ist, grundsätzlich nur von der Fremdenpolizeibe­hörde selbst getroffen und vom UVS eine dementsprechende Mittelauswahl im Rahmen des Schubhaftbeschwerdeverfahrens nur im Falle von Rechtswidrig­keit, nicht aber auch dann gerügt werden, wenn bzw. solange sich die Behörde im Rahmen des ihr insoweit zustehenden Beurteilungsspielraumes bewegt.

4. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Beschwerde gemäß § 83 Abs. 1 und 4 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführer dazu zu verpflich­ten, dem Bund nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl.Nr. II 456/2008, Aufwendungen in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Gebühren: 57,40 Euro; Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 18,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

 

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