Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523434/20/MZ/JO/AE

Linz, 15.05.2013

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, geboren am X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 2. April 2013, GZ: 10/110179, betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung und die Anordnung begleitender Maßnahmen nach dem Führerscheingesetz zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs 4 und 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm

§§ 3 Abs 1 Z 2, 7 Abs 1 Z 1, 7 Abs 3 Z 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 7.3.2013, 10/110179, wurden dem Berufungswerber (in Folge: Bw) die ihm erteilten Lenkberechtigungen bis einschließlich 30.5.2013 mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen.

 

Mit Eingabe vom 11.3.2013 hat der Bw gegen diesen Bescheid Vorstellung erhoben.

 

Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens erging mit Bescheid der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 2. April 2013, GZ: 10/110179, betreffend den Bw folgender Spruch:

 

1.     Der Vorstellung wird keine Folge gegeben.

 

2.     Es wird Ihnen hiermit die von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 29.4.2005 für die Klasse A, am 23.4.2010 für die Klassen C1, C, BE, C1E, CE und F erteilte Lenkberechtigung (Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 23.4.2010 10/110179) für die Dauer von 9 Monaten, gerechnet ab dem 8. März 2013 (Tag der Zustellung des Mandatsbescheides), somit bis einschließlich 8. Dezember 2013 entzogen. Weiters wird ihnen die Lenkberechtigung der Klasse AM hinsichtlich vierrädriger Leichtkraftfahrzeuge bis einschließlich 8. Dezember 2013 entzogen. Code 79.01

 

3. Sie haben Ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.

 

4.     Als begleitende Maßnahme wird die Absolvierung einer Nachschulung bei einer hiezu ermächtigten Stelle bis zum Ablauf der Entziehungszeit angeordnet.

 

5.     Weiters haben Sie sich vor Ablauf der Entziehungszeit einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

 

6. Da weitere Maßnahmen angeordnet wurden, endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen.

 

7. Es wird Ihnen das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung, die nicht von einem EWR-Staat ausgestellt wurde, auf die Dauer des Entzugs der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Eine von einem EWR-Staat ausgestellte Lenkberechtigung wird auf die unter Punkt 1. dieses Bescheides ausgesprochene Dauer des Entzugs der österreichischen Lenkberechtigung entzogen.

 

8. Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung, d.h., Sie dürfen während der
Entziehungsdauer kein Kraftfahrzeug, für welches eine Lenkberechtigung der entzogenen Klassen erforderlich ist, lenken.

 

Den angefochtenen Bescheid begründend führt die belangte Behörde nach Zitierung einschlägiger Rechtsvorschriften des Führerscheingesetzes wie folgt aus:

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion X vom 3.3.2013, A1/1259/2013, wurde die Sonderstreife von einem Fahrzeuglenker auf einen Unfall in der Nähe des X aufmerksam gemacht. Als die Polizeibeamten am besagten Ort eintrafen, konnten sie feststellen, dass der PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X (A) bei Str. Km 31,620 von der Fahrbahn abgekommen und in einer Schneewechte stecken blieb. Es waren mehrer Personen anwesend, welche Sie als Lenker angaben. Sie kamen auch nach einiger Zeit zur Unfallstelle. Da die Personen angegeben hatten, dass Sie der Lenker des Fahrzeuges waren und dieses Fahrzeug auch auf Sie zugelassen war, wurden Sie auf Grund von Alkoholisierungsmerkmalen (deutlicher Alkoholgeruch, unsicherer Gang, veränderte Sprache und renitentes Benehmen) aufgefordert, das Vortestgerät zu beatmen. Dieser Test ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,79 mg/l.

 

Da Sie somit verdächtig waren, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, wurden Sie aufgefordert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Sie haben sich jedoch geweigert dieser Aufforderung nachzukommen.

 

Sie erschienen am 11.3.2013 bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach und gaben folgendes an: "Ich habe am 2.3.2013 eine Geburtstagsfeier gehabt. Das Fahrzeug wurde am 2.3.2013 zwischen 01.00 Uhr und 01.30 Uhr von meinem Bruder X, geb. am 22.7.1978 gelenkt. Als ich zur Unfallstelle gekommen bin hat mich der Polizist zuerst aufgefordert, den Vortester zu beatmen. Ich habe auch den Vortester beatmet. In weiterer Folge hat der Polizist zu mir gesagt, wir fahren jetzt nach Rohrbach um Blut abzunehmen. Da ich mir aber kein Blut abnehmen lasse, bin ich nicht mit nach Rohrbach gefahren. Hätte der Beamte zu mir gesagt, dass ich auf den Posten mitkommen soll um den Alkomat zu beatmen, wäre ich selbstverständlich mitgefahren. Ich erhebe hier auch Vorstellung gegen den Führerscheinentzugsbescheid vom 7.3.2013. Der Polizist hat zu mir gesagt, ob ich weiß, dass das eine Verweigerung ist, da ich aber extreme Angst vor Spritzen habe, bin ich nicht mitgefahren. Der Polizist hat zu mir nicht gesagt, dass meine Verweigerung einen Entzug der Lenkberechtigung nach sich zieht."

 

Es wurde der einschreitende Polizist einvernommen, welcher folgendes zeugenschaftlich aussagte:

 

"Ich war vom 1.3.2013, 20.00 Uhr bis 2.3.2013, 05.00 Uhr gemeinsam mit Gr.lnsp X zu einer Sonderstreife eingeteilt. Ab 01.30 Uhr führten wir Verkehrsüberwachung neben der Rohrbacher Straße B127 auf Höhe der X durch. Um 2.15 Uhr kontrollierten wir einen Autofahrer, welcher uns anlässlich der Kontrolle mitteilte, dass sich in der Nähe der Firma X ein Verkehrsunfall ereignet hat. Wir fuhren Richtung X und stellten um 02.20 Uhr fest, dass bei Str. Km 31,620 das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X von der Straße abgekommen war und in einer Schneewechte steckengeblieben ist. Es waren einige Burschen an der Stelle und versuchten das Fahrzeug herauszuziehen. Sie hatten dabei schon ein Abschleppseil abgerissen. Ich übernahm die Amtshandlung. Ich fragte die anwesenden Personen wer das verunfallte Fahrzeug gelenkt hat und erhielt widersprüchliche Angaben zum Lenker. Deshalb forderte ich X auf, dass er den Lenker des Fahrzeugs verständigt und dieser unverzüglich zur Unfallstelle zurückkommen soll. Nach ca. 5 Minuten erschien Herr X. Bei Herrn X konnte ich eindeutige Alkoholisierungsmerkmale feststellen (deutlicher Alkoholgeruch, unsicherer Gang, veränderte Sprache und renitentes Benehmen), weshalb ich Herrn X zum Test mit dem Vortestgerät aufforderte. Das Ergebnis war um 02.36 Uhr 0,79 mg/l.

 

Da durch die Aussage sowie dem Anruf des Herrn X der begründete Verdacht bestand, dass Herr X das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, forderte ich um 02.38 Uhr Herrn X auf, mit uns zum nächsten Alkomat zu fahren, um seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu können. Herr X verweigerte die Mitfahrt mit den Worten: "Blas'z eng selber eini - ihr Arschlöcher - ihr korrupten Schweine - ihr Hosenbrunzer - leckts mich am Arsch, etc, etc. Ich machte Herrn X darauf aufmerksam, dass eine Verweigerung der Untersuchung der Atemluft einen Führerscheinentzug zur Folge haben wird, Herr X setzte jedoch seine Beschimpfungen weiter fort. Für mich war die Amtshandlung durch die Verweigerung beendet. Wenn nunmehr Herr X angibt, dass ich ihn aufgefordert hätte, mit nach Rohrbach zu fahren um Blut abzunehmen gebe ich an, dass während der gesamten Amtshandlung niemals die Rede von einer Blutabnahme war. Zweitens fordere ich immer die Personen mit dem Satz auf "Herr/Frau xxx ich fordere Sie zum Alkotest mit dem Alkomaten beim nächsten Polizeiposten auf. Dies war auch beim gegenständlichen Vorfall so. Ich habe gesagt "Herr X ich fordere Sie zum Alkotest mit dem Alkomaten beim nächsten Polizeiposten auf. Dies ist ein Standardsatz und wird von mir immer verwendet. Ich habe sogar Herrn X zweimal zum Alkotest mit dem Standardsatz aufgefordert. In diesem Zusammenhang gab es noch weitere Sachen, welche jedoch nicht Gegenstand der angeführten Verwaltungsübertretung sind. Eine Blutabnahme war im gegenständlichen Fall auch gesetzlich bedingt, nicht vorgesehen."

 

Zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme gaben Sie am 22.3.2013 folgendes an:

 

"Ich kenne keinen X. Der Polizist hat angegeben, dass der Fahrzeuglenker kommen muss. Beim Auto hat er gesagt, der Fahrzeugbesitzer muss kommen. Laut Polizist hat Herr X angegeben, dass ich das Fahrzeug gelenkt habe, dass stimmt nicht, Herr X hat nur gesagt, dass der X gefahren ist. Der Polizist hat zu mir gesagt, dass wir zur Blutabnahme fahren und nie von einer Atemluftkontrolle geredet. Er hat nie darauf hingewiesen, dass die Verweigerung einer Führerscheinabnahme zur Folge hat. Es ist für mich als Berufskraftfahrer ein Führerscheinbesitz nötig und ich wäre sogar zur Blutabnahme mitgefahren wenn ich gewusst hätte, dass die Verweigerung einen Führerscheinentzug nach sich zieht, obwohl ich große Angst vor Spritzen habe. Wie ich die Vermutung gehabt habe, dass der Polizist auf Grund seiner Fahne alkoholisiert ist habe ich zu ihm gesagt, dass er blasen soll. Er hat dann die Beatmung verweigert, weshalb ich Linz angerufen habe. Der Polizist hat mich gefragt, ob ich eh weiß, dass dies eine Verweigerung ist. Diese Frage habe ich bejaht. Er hat mich aber nie darauf hingewiesen, dass dies eine Entziehung des Führerscheines zur Folge hat. Ich werde durch einen Rechtsanwalt vertreten werden. Derzeit soll noch ich den gesamten Schriftverkehr bekommen. Anführen möchte ich, dass ich für 3 Kinder sorgepflichtig bin. Ansonsten verweise ich auf die Aussage vom 11. März 2013."

 

Nachstehende Gründe gaben den Ausschlag, dass mit diesem Bescheid Ihrer Vorstellung keine Folge gegeben wurde:

1.    Herr X hat gegenüber dem Polizeibeamten angegeben, dass Sie das verunfallte Fahrzeug gelenkt haben und hat Sie auch am Handy angerufen, dass Sie zur Unfallstelle kommen sollen.

2.    Sie sind Zulassungsbesitzer des verunfallten Fahrzeuges.

3.    Sie waren verdächtig, ein Fahrzeug gelenkt zu haben und haben eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen.

4.    Sie haben selbst angegeben, dass der Polizist zu Ihnen gesagt hat, dass Sie eine Verweigerung begangen haben.

5.    Als Berufskraftfahrer, bzw. Führerscheinbesitzer müssen Sie wissen, dass eine Verweigerung der Untersuchung der Atemluft einen Führerscheinentzug nach sich zieht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach erachtet es auf Grund der nachvollziehbaren und schlüssigen Zeugenaussage daher als erwiesen, dass Sie verdächtig waren ein Kraftfahrzeug gelenkt und eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO begangen haben.

 

Die angeführten Tatsachen wurden einer Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG unterzogen. Es darf weiters festgestellt werden, dass in diesem Verfahren, dem ein vehementes öffentliches Interesse zugrunde liegt, bloße private und sonstige wirtschaftliche Interessen unberücksichtigt zu bleiben haben. In diesem Verwaltungsverfahren steht der Schutzzweck an oberster Stelle, was bedeutet, dass der Behörde die Verpflichtung zukommt, alle ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen, die der Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs entgegenzuwirken geeignet sind.

 

Die behördliche Anordnung, eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren, ist gesetzlich begründet. Die Teilnahme und Mitwirkung am vorgeschriebenen Training soll Sie veranlassen, eine risikobewusste Einstellung im Straßenverkehr zu entwickeln und sich dort sicher und rücksichtsvoll zu verhalten. Durch die amtsärztliche Begutachtung soll geklärt werden, ob Sie die erforderliche gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch besitzen.

 

 

2.1. Gegen den in Rede stehenden Bescheid erhob der Bw im Zuge einer Vorsprache bei der belangten Behörde am 8. April 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Das Rechtsmittel begründend führt der Bw an, es seien keine Zeugen einvernommen worden. Des weiteren verweise er auf seine bereits getätigten (und im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen) Aussagen.

 

2.2. In einer E-Mail (protokolliert zu VwSen-523434/4) vom 19. April 2013 an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich machte der Bw auf Aufforderung hin Zeugen namhaft. Darüber hinaus gab er an, den Lenker des Fahrzeuges sofort bei der Kontrolle bekannt gegeben zu haben und dass dieser auch sofort zur Bezirkshauptmannschaft Rohrbach mitgefahren sei, um eine Niederschrift aufzunehmen. Der Bearbeiter auf der Bezirkshauptmannschaft habe unter Hinweis darauf, dass es egal sei, wer gelenkt habe, die Person jedoch nicht vernommen.

 

Sein Bruder, der Fahrzeuglenker, sei auch nicht von der Polizei vernommen worden. Gleiches gelte für seine Freundin und Herrn X.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 11. April 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Mai 2013.

 

3.3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist Zulassungsbesitzer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X. Am 2. März 2013 zwischen 01.00 und 02.00 Uhr kam der genannte PKW von der Straße ab und blieb in einer Schneewechte stecken. Wer das Unfallfahrzeug gelenkt hat, konnte im Verfahren nicht erwiesen werden.

 

3.3.2. Folgende Indizien sprechen aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich für die Annahme des im vorigen Punkt dargestellten Sachverhalts:

 

Im Allgemeinen wird einleitend festgestellt, dass sämtliche Zeugen während der öffentlichen mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck vermittelten. Gerade dass sie während der Einvernahmen immer wieder nachdenken mussten bzw auch angaben, sich im Detail an Wortfolgen usw nicht mehr erinnern zu können, legt nahe, dass keine Zeugenabsprachen erfolgten und die Aussage die jeweils eigene Wahrnehmung richtig wiedergab. Weder die dem Bw zurechenbaren Zeugen noch die Exekutivorgane verstrickten sich, trotz oftmaligen nachfragens durch den Verhandlungsleiter, in Widersprüche. Auch mehrfache Hinweise auf die strafrechtlichen Sanktionen bei einer Falschaussage führten zu keinem Zögern bei den Antworten oder gar zur Abkehr von bereits gemachten Aussagen.

 

Für die Annahme, dass der Bw das Unfallfahrzeug gelenkt hat, sprechen folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gemachten Aussagen bzw folgende Fakten:

 

·         Beim Bw handelt es sich um den Zulassungsbesitzer des Unfallfahrzeuges. In einer Vielzahl von Fällen ist dieser zugleich Lenker des auf ihn zugelassenen Fahrzeuges.

 

·         Der Bw verweigerte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (die Feststellung, ob dies der Fall war, ist nicht in diesem Verfahren zu treffen) den Alkotest, wofür, wenn er nicht gelenkt hat, an sich kein Grund besteht.

 

·         Laut Aussage der Exekutivorgane wurde der Bw von den am Unfallort anwesenden Herren X und X – nach längerem hin und her – als Lenker namhaft gemacht.

 

Für die Annahme, dass der Bw das Unfallfahrzeug nicht gelenkt hat, sprechen folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gemachten Aussagen bzw folgende Fakten:

 

·         Der Bw wurde weder von (im Verfahren bekannt gewordenen) Zivilisten noch von Exekutivorganen beim Lenken beobachtet und hat bislang auch noch kein Alkodelikt verwirklicht.

 

·         Der Bruder des Bw gab mit Nachdruck an, das Unfallfahrzeug gelenkt zu haben. Unstrittig hat der Bw zudem im Rahmen der Amtshandlung seinen Bruder als Lenker namhaft gemacht. Ob dies – wie der Bw behauptet – bereits am Beginn der Amtshandlung erfolgte, oder ob er seinen Bruder erst als die Polizei bereits den Unfallort verlassen wollte als Lenker nannte, erscheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht ausschlaggebend. Nach Ansicht des erkennenden Mitgliedes hätte die Exekutive, selbst wenn vom Bw nicht die genaue Anschrift des Bruders bekannt gegeben wurde, ohne große Mühen sofort diesbezügliche Ermittlungsschritte unternehmen können und auch müssen.

 

Auch dass der Bw mit seinem Bruder kurz nach dem Vorfall – wie vom Vertreter der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt wurde – bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach erschien und der Bruder dort angab, der Unfalllenker zu sein, führt zumindest dazu, dass entsprechende weitere Nachforschungen in diese Richtung hätten erfolgen müssen, um die Lenkereigenschaft des Bw sicherzustellen.

 

·         Wie oben dargelegt handelt es sich beim Bw um den Zulassungsbesitzer des Unfallfahrzeuges und damit oftmals auch um den Lenker des auf ihn zugelassenen Fahrzeuges. Der Bruder des Bw gab in der Verhandlung (wie auch der Bw selbst) an, mit dem Unfallfahrzeug unterwegs gewesen zu sein, da es sich um eine "Taxifahrt" zugunsten von Gästen des Bruders handelte, welche ihm nicht näher bekannt waren. Wenn die Erklärung zwar aufgrund der Nähe des Fahrzieles und damit einhergehenden Geringfügigkeit der Fahrkosten nicht unbedingt restlos zu überzeugen vermag, so kann sie doch nicht als lebensfremd bezeichnet werden.

 

·         Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist es unwahrscheinlich, dass eine Person – in diesem Fall der Bw – anlässlich ihres Geburtstages eine Feier veranstaltet und in weiterer Folge vor Beendigung der eigenen Feier diese verlässt, um einen Teil der Gäste zu einem Lokal zu befördern. Gegen diese Annahme spricht insbesondere auch, dass der Bw unstrittig stark betrunken war. Dass er den Entzug der Lenkberechtigung riskiert, nur um zwei – laut eigenen Angaben ihm nicht näher bekannte Gäste – zu einer Diskothek zu bringen, obwohl er bei sich zuhause ist und eine Feier im Gange ist, scheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als nicht sehr wahrscheinlich.

 

·         Dem Bw musst aufgrund seines Alkoholkonsums bereits bei der Beatmung des Vortestgerätes klar sein, dass ein entsprechend hohes Ergebnis angezeigt werden würde. Dass er in Folge den Alkotest verweigert hat, ist zwar – siehe oben – unschlüssig, steht aber der Annahme, dass der Bw das Fahrzeug nicht gelenkt hat, auch nicht unbedingt entgegen.

 

·         Laut Aussage des Zeugen X hat dieser den Exekutivorganen gegenüber den Lenker bloß mit dem Familiennamen bezeichnet. Da sowohl der Bw als auch sein Bruder, der angibt gelenkt zu haben, den gleichen Nachnamen tragen, kann sich die Angabe des Zeugen gegenüber der Polizei auf jeden der beiden Brüder bezogen haben.

 

·         Die Lebensgefährtin des Bw hat glaubwürdig angegeben, dass der Bw, bis er zur Unfallstelle beordert wurde, mit ihr als Gastgeber fungiert und das Haus nicht verlassen hat.

 

Eine Gesamtschau der Umstände im ggst Verfahren führt daher zum Ergebnis, dass nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass der Bw am 2. März 2013 das Unfallfahrzeug tatsächlich gelenkt hat. Dem Grundsatz "in dubio pro reo" Rechnung tragend ist daher von dem für den Bw günstigeren, oben dargestellten, Sachverhalt auszugehen.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. . Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs 5 ein neuer Führerschein auszustellen.
 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs 1 Z 2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 FSG gilt eine Person dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs 1 hat gemäß § 7 Abs 3 Z 1 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl 1991/566, zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung "wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht."

 

4.2. Aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich steht aufgrund der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung erlangten Beweisergebnisse zwar außer Frage, dass für die amtshandelnden Exekutivorgane zu Recht der begründete Verdacht bestand, der Bw habe das Unfallfahrzeug gelenkt.

 

Die Aufforderung zum Alkotest war daher grundsätzlich unzweifelhaft gerechtfertigt.

 

§ 7 Abs 3 Z 1 FSG zufolge verwirklich eine bestimmte Tatsache im Sinn des Abs 1 jedoch nur, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat. Im Gegensatz zum Anwendungsbereich des § 5 Abs 2 StVO 1960 genügt hier also nicht der bloße Verdacht, dass eine Person ein Fahrzeug gelenkt hat, um den Tatbestand zu verwirklichen. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Person auch tatsächlich gelenkt hat. Es ist daher ohne weiteres denkbar, dass eine Person zwar den Tatbestand der Verweigerung des Alkotests verwirklicht, es sich in Folge jedoch herausstellt, dass die Person nicht gelenkt hat und daher kein Entzug der Lenkberechtigung auszusprechen ist.

 

Im ggst Fall konnte – wie oben dargestellt – nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob der Bw das Unfallfahrzeug gelenkt hat. Dies hat zur Folge, dass auch nicht mit der für ein rechtsstaatliches Verfahren notwendigen äußerst hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden darf, dass der Bw eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs 3 Z 1 FSG verwirklicht hat.

 

Der angefochtene Bescheid ist daher ersatzlos aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2.    Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

 

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