Linz, 29.04.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des x, geb. x, wohnhaft in x, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. x, x Straße 5, x, vom 3. September 2012, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 23. August 2012, GZ VerkR96-2091-2012, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:
I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
II. Für den Berufungswerber entfällt die Verpflichtung zur Leistung von jeglichen Verfahrenskostenbeiträgen.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm
§§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.
zu II.: § 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 23. August 2012, GZ VerkR96-2091-2012, wurde über x (den nunmehrigen Berufungswerber – im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2e StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe 240 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 135 Stunden, verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in Höhe von 24 Euro verpflichtet.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):
"Sie haben im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/ um 51 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.
Tatort: Gemeinde x, Autobahn Ax bei StrKm. 217.638, in Fahrtrichtung x.
Tatzeit: 24.12.2011, 07.36 Uhr.
Fahrzeug: PKW, Kennzeichen x."
2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw laut im Akt befindlichen Rückschein im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung nachweislich am 29. August 2012 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 3. September 2012 – eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Der Bw bekämpft in der Berufung im Wesentlichen einerseits die Richtigkeit der durchgeführten Radarmessung, andererseits wird eine Gesetzwidrigkeit der zu Grunde liegenden Verordnung sowie eine nicht gesetzes- und verordnungskonforme Kundmachung der 60 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung behauptet.
3. Der Bezirkshauptmann vom Gmunden hat die Berufungsschrift unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 9. Oktober 2012, GZ VerkR96-2091-2012, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 51 Abs.1 VStG). Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt sowie Beischaffung des und Einsichtnahme in den bezughabenden Verordnungsakt.
Die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages des anwaltlich vertretenen Bw trotz entsprechenden Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses und angesichts der Tatsache, dass auf Grund der Aktenlage iVm dem Parteienvorbringen feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, unterbleiben (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).
4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem – maßgeblichen - Sachverhalt aus:
Der Bw lenkte am 24. Dezember 2011 um 07.36 Uhr den auf ihn zugelassenen Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen x im Bereich der Gemeinde x, im Baustellenbereich auf der Autobahn A x (xautobahn), in Fahrtrichtung x, bei StrKm 217,638, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, mit einer Geschwindigkeit – abzüglich der entsprechenden Messtoleranz - von 111 km/h (gemessene Geschwindigkeit 117 km/h). Die durch ein Verkehrzeichen gemäß § 52 lit.a Z10a StVO angezeigte höchste zulässige Geschwindigkeit betrug im tatgegenständlichen Straßenabschnitt 60 km/h. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte durch eine sogenannte Radarmessung mittels geeichtem stationären Radargerät, Type MUVR 6FA 360 (stat), Messgerät Nr. 04.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber Folgendes erwogen:
5.1. § 52 lit.a Z10a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 1960/159 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, bildet ein Verkehrszeichen ab, welches anzeigt, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometerzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.
5.2. Im gegenständlichen Fall befand sich – wie aus den Aktenvermerken im beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aufliegenden Verordnungsakt des Bezirkshauptmannes von Gmunden, GZ VerkR10-492-2011, hervorgeht – im Tatzeitpunkt auf der A x in Fahrtrichtung x bei StrKm 217,780 ein Verkehrszeichen, welches eine höchst zulässige Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h verkündete.
5.2.1. Als Rechtsgrundlage für das angesprochene Verkehrszeichen kommt die durch den Bezirkshauptmann von Gmunden erlassene Verordnung von Verkehrsmaßnahmen anlässlich der mit Bescheid [des Bezirkshauptmannes von Gmunden] vom 25. Juli 2011, GZ VerkR10-492-2011, bewilligten Arbeiten auf und neben der A 1 von StrKm 215,880 bis 223,840, in Betracht (im Folgenden: VO VerkR10-492-2011).
Die Präambel der VO VerkR10-492-2011 lautet:
"Gemäß § 43 Abs.1a in Verbindung mit § 94b Abs.1 lit.b der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) werden […] folgende vorübergehende Verkehrsmaßnahmen im Zeitraum von 1. September 2011 bis 30. Dezember 2012 verordnet:"
§ 1 der VO VerkR10-492-2011 lautet:
"Zur Durchführung von Bauarbeiten […] werden jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote erlassen, die aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.5.2011 (sic), Zl.: VerkR10-492-2011, und den beigeschlossenen Spurmarkierungs- und Verkehrszeichenpläne (sic), Zl.: A1/W4/G/3029-B und A1/W4/G/3035 ersichtlich sind, wobei die genannten Planunterlagen einen integrierten Bestandteil dieser Verordnung bilden."
5.2.2. Prima vista ist auf Grund des in der Präambel der VO VerkR10-492-2011 angegebenen Zeitraumes von 1. September 2011 bis 30. Dezember 2012 von einer Anwendbarkeit der Verordnung am dem Bw angelasteten Tattag – dem 24. Dezember 2011 – auszugehen.
Welche konkreten Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsverbote am Tattag gegolten haben, kann jedoch erst anhand § 1 der VO VerkR10-492-2011 in Verbindung mit dem Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 25. Juli 2011, GZ VerkR10-492-2011, welcher in der Verordnung fälschlicherweise als Bescheid vom 27. Mai 2011 bezeichnet wird, ermittelt werden.
5.3. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 25. Juli 2011, GZ VerkR10-492-2011, wurde der Antragstellerin die Bewilligung erteilt, auf der xautobahn A x im Bereich StrKm 215,880 bis 223,840 im Zeitraum von 1. September 2011 bis 30. Dezember 2012 den Neubau des Brückenobjekts Wx (xbrücke x) durchzuführen.
Diese Bewilligung geht ua. mit der Auflage einher, dass die im dem Bescheid beiliegenden Gutachten des technischen Amtssachverständigen genannten Punkte einzuhalten sind (Auflagepunkt 1.).
Punkt 48. des angeführten Gutachtens lautet:
"Die Bewilligung a) A1/W4/G/3035 ist nur in der Zeit vom 27. September 2011 bis 13. November 2011 [,] die Bewilligung b) A1/W4/G/3029-B ist nur in der Zeit vom 31. Mai 2012 bis 30. Dezember 2012"
Wenn die Anordnung in Punkt 48. auch in Form eines unvollständigen Satzes erfolgt, so ist dessen normativer Gehalt dennoch klar: Im Zeitraum vom 27. September 2011 bis 13. November 2011 soll der Spurmarkierungs- und Verkehrszeichenplan mit der Nummer 3035, im Zeitraum vom 31. Mai 2012 bis 30. Dezember 2012 der Plan mit der Nummer 3029-B Geltung entfalten.
5.4. Im Zeitraum vom 14. November 2011 bis 30. Mai 2012 – in diesen Zeitraum fällt der Tattag – wird vom Amtssachverständigen auf keinen Spurmarkierungs- und Verkehrszeichenplan verwiesen. § 1 der VO VerkR10-492-2011 läuft somit ins Leere.
5.5. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass am Tattag zwar durch ein Verkehrszeichen eine höchste zulässige Geschwindigkeit von 60 km/h angezeigt wurde, dieses Verkehrszeichen jedoch ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage aufgestellt wurde.
Das Verkehrszeichen vermochte daher auch keine Rechtswirkungen zu entfalten und die Bestrafung des Bw erfolgte rechtsgrundlos.
5.6. Es war das angefochtene Straferkenntnis aus diesem Grund zu beheben und gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG das Verfahren einzustellen. Angesichts dieses Ergebnisses konnten weitere Feststellungen – insbesondere zur bestrittenen Geschwindigkeitsmessung - unterbleiben.
Zu II.:
Gemäß § 65 VStG ist von einem Beitrag des Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich abzusehen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. Michael K e i n b e r g e r
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