Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523353/3/Sch/AK

Linz, 29.04.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn x, geb. x, x, x, vertreten durch Rechtsanwälte x GmbH, x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 12. Dezember 2012, Zl. VerkR21-457-2012/Ah, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B mit 3 Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Entziehungsbescheides, festgesetzt wird.

Das Lenkverbot für führerscheinfreie Kraftfahrzeuge wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 12. Dezember 2012, Zl. VerkR21-457-2012/Ah, wurde Herrn x die von der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 11. September 2009, Zl. 08422127, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung, für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, Zl. VerkR21-457-2012/Ah, entzogen. Nach Rechtskraft des Bescheides habe er weiters den Führerschein sofort bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding oder bei seiner zuständigen Polizeiinspektion abzugeben.

Gleichzeitig wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen mangels Verkehrszuverlässigkeit für den oben angeführten Zeitraum verboten.

Als Rechtsgrundlagen hiefür angeführt wurden die §§ 7, 24, 25, 29, 30 und 32 Führerscheingesetz (FSG).

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Dem angefochtenen Bescheid liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Berufungswerber mit Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 9. Oktober 2012, 23Hv33/12a, zu 15 Monaten unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt worden war, weil er am 23. Juni 2012, am 21. Juli 2012 und am 29. Juli 2012 mehrere im Urteil namentlich genannte Personen durch Versetzen von Faustschlägen, Anwenden eines Würgegriffes und Schlag mit einem Bierglas auf den Kopf das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB sowie das Verbrechen der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15 und 87 Abs.1 StGB begangen habe. Zudem scheint eine einschlägige Vorstrafe auf. Er war nämlich mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 17. Februar 2010, 20Hv2/10t, wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs.1 und 84 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 4 Euro verurteilt worden.

Im erwähnten Gerichtsurteil vom 9. Oktober 2012 sind die Vorgänge im Detail ausgeführt. Im Wesentlichen kam das Gericht zu der Schlussfolgerung, dass der Berufungswerber eine Vielzahl von Taten in kurzer Abfolge bei Vorliegen schon einer einschlägigen Vorstrafe sowie aggressives Verhalten in der Öffentlichkeit an den Tag gelegt habe. Es müsse die Allgemeinheit vor Personen geschützt werden, die ausschließlich deshalb öffentliche Veranstaltungen besuchen – zu den Taten des Berufungswerbers war es im Rahmen von sommerlichen Festen gekommen - , um ihre Rauflust ausleben zu können. Die von ihm an den Tag gelegte notorische Lust an Raufereien sei nur mit einer unbedingten Freiheitsstrafe zu ahnden gewesen.

 

4. Gegen dieses Urteil hat der Rechtsmittelwerber Berufung erhoben, über welche das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 13. Februar 2013, 9Bs24/13p, in der Weise entschieden hat, dass dieser teilweise Folge gegeben wurde. Es erfolgte ein Freispruch wegen eines angeklagt gewesenen Faktums nach § 83 Abs.1 StGB. Die übrigen Urteilsfakten (zwei nach § 83 Abs.1 StGB und eines nach §§ 15 Abs.1 und 87 Abs.1 StGB) wurden vom Gericht bestätigt, auch die Dauer der 15-monatigen Freiheitsstrafe wurde wiederum ausgesprochen, allerdings ist ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe, nämlich in der Dauer von 10 Monaten, unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen worden.

Für den Oö. Verwaltungssenat als Behörde zweiter Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist durch dieses rechtskräftige Gerichtsurteil Bindungswirkung entstanden.

 

5. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass er aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken von Kfz die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 leg.cit zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß §§ 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß § 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Die urteilsgegenständlichen Tathandlungen zeigen, dass der Berufungswerber eine zu massiven Aggressionen gegen andere Personen neigende Sinnesart besitzt. Dazu kommt noch, dass ihn auch eine einschlägige gerichtliche Verurteilung nicht davon abhalten konnte, wiederum massiv gegen die körperliche Integrität anderer Personen aufzutreten.

Von Kraftfahrzeuglenkern wird wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktsituationen eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt (VwGH 23.4.2002, 2001/11/0346 u.a.). Das Oberlandesgericht Linz hat in seiner Berufungsentscheidung zwar einen Freispruch wegen eines Faktums gefällt und auch einen Teil von 10 Monaten der 15-monatigen Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen. Auch das Obergericht hat allerdings bei der Urteilsbegründung keinen Zweifel daran gelassen, dass beim Berufungswerber offenkundig ein beträchtliches Aggressionspotenzial gegeben ist, wenn es etwa im Urteil heißt, der Angeklagte schlug einer Person "mit voller Wucht einen gläsernen Bierkrug in das Gesicht, wodurch der Bierkrug zerbrach". Nach einer Zeugenaussage habe der Berufungswerber "richtig ausgeholt und zugeschlagen". Es kann also durchaus von einem beträchtlichem Maß an Verwerflichkeit und Gefährlichkeit beim Berufungswerber gesprochen werden. Eine Freiheitsstrafe von 15 Monate, auch wenn ein Teil bedingt nachgesehen wurde, gibt die Einschätzung des Gerichtes der Verhaltensweisen des Berufungswerbers aussagekräftig wieder, der sich die Berufungsbehörde im Führerscheinverfahren im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches nur anschließen kann.

Zu bedenken war allerdings auch, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen ist (VwGH 18.12.2007, 2007/11/0194 uva.). Die letzten Tathandlungen laut Gerichtsurteil haben Ende Juli 2012 stattgefunden, liegen also zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung etwa 9 Monate zurück. Dass der Berufungswerber darüber hinausgehend einen weiteren Zeitraum von 6 Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Entziehungsbescheides, also ab Zustellung der Berufungsentscheidung, noch verkehrsunzuverlässig sein wird, vermag die Berufungsbehörde nicht hinreichend begründbar anzunehmen, insbesondere im Hinblick auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz, wo doch eine etwas günstigere Zukunftsprognose für den Berufungswerber hervorleuchtet, als sie vom Erstgericht erstellt worden war. Dass der Berufungswerber allerdings seine Verkehrsunzuverlässigkeit zumindest für einen Zeitraum von einem Jahr dokumentiert hat, bleibt für die Berufungsbehörde außer Zweifel. Sohin war – auch in Anbetracht dessen, dass dem Berufungswerber nunmehr erstmals die Lenkberechtigung zu entziehen war – eine Entziehungsdauer im Ausmaß des gesetzlichen Mindestmaßes des § 25 Abs.3 FSG von 3 Monaten festzusetzen.

 

6. Bezüglich der Aufhebung des Lenkverbotes für führerscheinfreie Kfz ist auf die diesbezügliche Rechtslage im Führerscheingesetz ab dem 19. Jänner 2013 zu verweisen. Die Bestimmung des § 32 FSG über Lenkverbote ist seither nicht mehr im Rechtsbestand. § 41a Abs.6 FSG sieht vor, dass ein Führerscheinbesitzer als Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klasse AM im jeweiligen Berechtigungsumfang gilt. Das erstbehördlicherseits ausgesprochene Lenkverbot war daher durch eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse AM zu ersetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro für die Berufungsschrift und 27,30 Euro für die Beilagen angefallen.

 

 

S c h ö n

 

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