Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222661/6/Kl/Rd/TK

Linz, 27.05.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Dezember 2012, GZ: 0034624/2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 nach Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. April 2013 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 350 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 32 Stunden herabgesetzt werden.

 

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 35 Euro, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafe. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Dezember 2012, GZ: 0034624/2012, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von  700 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 65 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994, verhängt.

 

Dem Berufungswerber wurde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses Nachstehendes zur Last gelegt:

 

"Die x GmbH & Co KG hat als Gewerbe­inhaberin am 5.7.2012 und am 6.8.2012 im Standort x, eine nach § 74 Abs.2 Z2 GewO genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich eine Tischlerei mit Werkstätten- und Lagerräumen im EG und Lager- und Büroräumlichkeiten im OG und Tischlereimaschinen wie 1 Formatkreissäge, 2 Kappsägen, 1 Tischfräse, 1 Bandschleifmaschine, 1 Kantenschleifer, betrieben, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung gewesen zu sein. Diese Betriebsanlage ist aufgrund ihrer Betriebsart und der verwendeten Maschinen geeignet, Nachbarn durch Lärm zu belästigen und bedarf somit einer Bewilligung durch die Behörde.

-              Die Betriebsanlage wurde am 5.7.2012 betrieben, indem 2 Arbeiter im hinteren Teil der Tischlerei Saunaelemente fertigten, 1 Arbeiter eine Profilleiste fräste, das Lager mit Holz gefüllt war und der Sammel­behälter der Absauganlage mit Spänen und Holzstaub gefüllt war.

-              Die Betriebsanlage wurde am 6.8.2012 betrieben, indem 1 Mitarbeiter eine Lieferung (Saunateile) zusammenstellte und 2 Sammelbehälter der Späneabsaugung weit über das zulässige Maß gefüllt war.

Der Beschuldigte, Herr x hat diese Verwaltungsüber­tretung als gewerberechtlicher Geschäftsführer der x GmbH & Co KG nach § 370 Abs.1 GewO verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten."  

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die ersatzlose Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass aufgrund des Fehlens einer Tatbestandsmäßigkeit und des fehlenden Verschuldens des Berufungswerbers und angesichts der Unbescholten­heiten und des geringen Verschuldens iSd § 21 VStG – allenfalls unter Ausspruch einer Ermahnung – mit einer Einstellung vorzugehen gewesen wäre.  Jedenfalls hätte eine angemessene Strafe maximal 200 Euro betragen dürfen, auf die – in eventu zu einer Aufhebung des Straferkenntnisses (und Ausspruch einer Ermahnung) – eine Herabsetzung der Strafe begehrt werde. Zudem wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und wurde für den 30. April 2013 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht erschienen. Im Zuge der Verhandlung wurde die Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt.

 

4.1. Vom Berufungswerber wurde der Sachverhalt nicht bestritten. Jedoch wurde vorgebracht, dass er stets bemüht gewesen ist, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, weshalb auch um eine Betriebsanlagengenehmigung angesucht wurde. Das Bemühen betreffe auch die Umsetzung der Maßnahmen und Anforderungen des Arbeitsinspektorates. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass mit 5. Dezember 2012 ein positiver Betriebsanlagengenehmigungsbescheid erlassen wurde. Zudem wurde auf die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholten­heit hingewiesen.   

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung,  die mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmi­gungs­pflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmi­gung errichtet oder betreibt.

 

5.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflich­ten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu be­rücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Von der belangten Behörde wurde im nunmehr angefochtenen Strafer­kenntnis eine Geldstrafe von 700 Euro bei einem Strafrahmen bis 3.600 Euro über den Berufungswerber verhängt. Strafmildernd wurde die verwaltungs­strafrechtliche Unbescholtenheit, straferschwerend kein Umstand gewertet. Zudem ist die belangte Behörde von einer Schätzung der Einkommens- und Familienverhältnisse, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro und vom Vorliegen von keinen Sorgepflichten ausgegangen. Dieser Schätzung wurde auch in der Berufung nicht entgegengetreten, weshalb der Oö. Verwaltungssenat diese auch seiner Strafbemessung zugrunde legen konnte.

 

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Betreiben einer Betriebsanlage ohne einer entsprechenden Genehmigung mit einem besonderen Unrechtsgehalt behaftet ist und auch ein beträchtliches öffentliches Interesse, insbesondere von Nachbarn, an einer genehmigten Betriebsanlage besteht, zumal deren Beläs­tigun­gen über das zumutbare Maß hinaus verhindert werden sollen. Überdies stellt der Betrieb einer konsenslos errichteten Betriebsanlage gegenüber anderen Gewerbetreibenden eine Wettbewerbsverzerrung dar, da keine Auf­lagen­punkte, welche meist mit finanziellen Belastungen einhergehen, eingehalten werden müs­sen etc. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass Verwaltungsübertre­tungen betreffend § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 GewO 1994 mit strengeren Strafen zu ahnden sind.

 

Vom Berufungswerber wurde andererseits aber bereits im Juni 2012 – somit vor Tatbegehung - um Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung bei der zu­ständigen Gewerbebe­hörde angesucht. Wenngleich dieser Umstand zwar nicht als Schuld befreiend gewertet werden kann, ist ihm doch das Bemühen um ein gesetzeskonformes Verhalten nicht abzuerkennen. Darüber hinaus befinden sich in der Nachbar­schaft nur Gewerbebetriebe und liegt somit keine Wohnnutzung vor, weshalb mit der nunmehr festgesetzten Geldstrafe noch das Auslangen gefunden werden konnte. Des weiteren wurden auch die vorgeschriebenen Auflagen vom Beru­fungswerber unverzüglich umgesetzt.

 

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG war schon deshalb nicht möglich, weil die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen der Gering­fügigkeit des Verschuldens und unbedeutender Folgen der Übertretung nicht als gegeben erachtet werden können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erheblich zurückgeblieben wäre. Dem Berufungswerber als Gewerbetreibenden hätte bewusst sein müssen, dass, so lange keine Betriebsanlagengenehmigung vorliegt, diese auch von ihm nicht betrieben werden darf. Auch konnte der Berufungswerber nicht davon ausgehen, dass die Genehmigung innerhalb von 4 Wochen erteilt werden wird, handelt es sich doch dabei um Verfahren, welche behördenseits einen größeren organi­satorischen Aufwand (zB Sachverständige aus den unterschiedlichen Bereichen, Arbeitsinspektorat udgl.) beinhalten.    

 

5.4. Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevoll­mächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

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