Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253433/2/Py/Hu

Linz, 16.05.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x,  vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. April 2013, GZ: SV96-16-2011/Gr, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. April 2013, GZ: SV96-16-2011/Gr, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außenvertretungsbefugter der x, mit Sitz in x, gemäß § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Arbeitgeberin zumindest von 9.11.2010 bis 6.1.2011 die rumänische Staatsangehörige x, geb. x, als Bürokraft, jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigt hat, obwohl für diese Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, noch diese Ausländerin eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besaß."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass dem Beschuldigten die Übertretung aufgrund einer Kontrolle durch die Organe des Finanzamtes Linz am 13. Jänner 2011 zur Last gelegt wird. Anhand der vorliegenden Unterlagen ist eindeutig ersichtlich, dass die Beschäftigungsbewilligung für die ausländische Staatsangehörige nur bis 8.11.2010 gültig war. Die Tatsache, dass Frau x seit 9.11.2009 durchgehend beim Bw beschäftigt war, vermag daran nichts zu ändern.

 

Im Übrigen legt die belangte Behörde die für die verhängte Strafhöhe maßgeblichen Gründe dar.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 18. April 2013. Darin bringt der Bw vor, dass die rumänische Staatsbürgerin Frau x seit 9. November 2009 bei der Firma x beschäftigt war und für diese Beschäftigung eine ordnungsgemäße Beschäftigungsbewilligung für die Dauer eines Jahres vorgelegen ist. Es ist auch aktenkundig und unstrittig, dass Frau x nach Ablauf der Beschäftigungsbewilligung sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen für den freien Zugang zum Arbeitsmarkt für neue EU-Bürger erfüllt hat. Das Verhalten des Beschuldigten erfüllt keinesfalls den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung gemäß § 3 VStG iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG, eine eventuelle Übertretung gemäß § 28 Abs.1 Z6 AuslBG wurde dem Beschuldigten im vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren jedoch nicht vorgehalten. Ergänzend wird jedoch angeführt, dass auch eine Übertretung gemäß § 28 Abs.1 Z6 AuslBG nicht vorliegt, da § 32a Abs.4 AuslBG normiert, dass Bestätigungen gemäß Abs.2 und 3 vor Beginn der Beschäftigung einzuholen sind und dass der Arbeitgeber eine Ausfertigung der Bestätigung im Betrieb zur Einsichtnahme bereit zu halten hat, es liegt somit keine Vorschrift vor, dass im Fall eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses während dieses Beschäftigungsverhältnisses eine Freizügigkeitsbestätigung einzuholen und zur Einsichtnahme durch den Arbeitgeber bereit  zu halten wäre.

 

3. Mit Schreiben vom 23. April 2013 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x mit Sitz in x (in der Folge: Firma x).

 

In der Zeit vom 9.11.2009 bis 6.1.2011 beschäftigte die Firma x die rumänische Staatsangehörige Frau x, geb. am x, als Bürokraft. Der Firma x wurde für Frau x vom zuständigen Arbeitsmarktservice Traun mit Bescheid vom 4. November 2009, Gz. 08114/ABB-Nr. 3251718, eine Beschäftigungsbewilligung für die Zeit vom 9. November 2009 bis 8. November 2010 erteilt.

 

Ab 9. November 2010 hatte Frau x das Recht auf freien Arbeitsmarktzugang in Österreich. Eine Bestätigung über das Vorliegen dieses Anspruches wurde ihr jedoch erst am 7. Jänner 2011 ausgestellt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 32a Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl.Nr. 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung gilt § 1 Abs.2 lit.l und m AuslBG – mit Ausnahme der Staatsangehörigen der Republik Malta und der Republik Zypern – nicht für Staatsangehörige jener Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die am 1. Mai 2011 aufgrund des Vertrages über den Beitrag der tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Europäischen Union Nr. L236 vom 23. September 2003, Seite 17, und Nr. C227E vom 23. September 2003, der Union beigetreten sind, es sei denn, sie sind Ehegatten, Kinder oder Schwiegereltern eines freizügigkeitsberechtigten Staatsbürgers eines anderen Mitgliedsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) der bereits vor Inkrafttreten des Beitragsvertrages dem EWR angehörte, oder sie sind Ehegatten oder Kinder eines österreichischen Staatsbürgers oder eines Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedstaates, der sein Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nimmt.

 

Gemäß § 32 Abs.2 leg.cit. ist den Bürgern gemäß Abs.1 vom Arbeitsmarktservice das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt schriftlich zu bestätigen, wenn sie

  1. am Tag des Beitritts oder nach dem Beitritt rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens 12 Monate zum Arbeitsmarkt zugelassen waren oder
  2. die Voraussetzungen für einen Befreiungsschein (§ 15) erfüllen oder
  3. seit 5 Jahren im Bundesgebiet dauernd niedergelassen sind und über ein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfügen.

 

Gemäß § 32a Abs.4 leg.cit. sind Bestätigungen gemäß § 2 vor Beginn der Beschäftigung einzuholen. Der Arbeitgeber hat eine Ausfertigung der Bestätigung im Betrieb zur Einsichtnahme bereit zu halten. Die Bestätigungen erlöschen bei Ausreise aus dem Bundesgebiet aus einem nicht vorübergehenden Grund.

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z6 AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 1.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen dem § 32a Abs.4 einen EU-Bürger, dessen Ehegatten oder Kind ohne Bestätigung gemäß § 32a Abs.2 oder 3 beschäftigt.

 

5.2. Es ist unbestritten, dass für die gegenständliche rumänische Staatsangehörige im Tatzeitraum die Voraussetzungen für die Erteilung einer EU-Freizügigkeitsbestätigung gemäß § 32a Abs.2 vorlagen und sie damit das Recht auf freien Arbeitsmarktzugang besaß.

 

Zunächst ist dem Berufungswerber entgegenzuhalten, dass sein Vorbringen, es habe ein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen, Bestätigungen gemäß § 32a Abs.4 AuslBG seien aber vor Beschäftigungsbeginn einzuholen und würde daher auch die gemäß § 28 Abs.6 Z1 AuslBG unter Strafe gestellte Nichtbereithaltung der Freizügigkeitsbestätigung nicht vorliegen, keine "mit gutem Grund vertretbare" Rechtsauffassung darstellt (vgl. dazu auch VwGH vom 6. September 2012, Zl. 2012/09/0059). Vielmehr geht diese Auslegung an der Norm vorbei, da aus § 32a Abs.2 Z1 und 2 AuslBG ohne Zweifel klar wird, dass es der Regelfall ist, dass einer der in § 32a Abs.1 AuslBG genannten EU-Bürger das Recht auf freien Zugang zum Arbeitsmarkt während einer "durchgehenden" Beschäftigung erwirbt. 

 

Das gegenständliche Straferkenntnis war jedoch aus einem anderen Grund zu beheben. Dem Bw wird von der belangten Behörde eben nicht die Nichtbereithaltung der Bestätigung, mit dem das Recht auf freien Zugang zum Arbeitsmarkt der rumänischen Staatsangehörigen Frau x bestätigt wird, zur Last gelegt. Vielmehr wurde er im erstinstanzlichen Straferkenntnis der unberechtigte Beschäftigung der rumänischen Staatsangehörigen ohne Vorliegen einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung für schuldig gesprochen. Die Einholung einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung für die Beschäftigung von Frau x war für den - dem Bw zur Last gelegten - Tatzeitraum jedoch nicht (mehr) erforderlich, da bei der seit Jahren in den österreichischen Arbeitsmarkt integrierten rumänischen Staatsangehörigen – unbestritten – das Recht auf freien Arbeitsmarktzugang in Österreich vorlag (vgl. VwSen-253239 vom 27. September 2012).

 

Der Bw wäre daher verpflichtet gewesen, zur Vermeidung einer unbefugten Inanspruchnahme dieses Rechts (bei Nichterfüllung der Voraussetzungen) und zur Schaffung von Rechtssicherheit eine Bestätigung über die Rechtsstellung der rumänischen Staatsangehörigen (EU-Freizügigkeitsbestätigung) in seinem Betrieb bereitzuhalten. Diese in § 32a Abs.4 AuslBG normierte und in § 28 Abs.6 AuslBG unter Strafe gestellte Ordnungswidrigkeit stellt jedoch ein anderes rechtwidriges Verhalten dar, als dem Bw im angefochtenen Bescheid zur Last gelegten wurde. Es wird zudem – im Hinblick auf den geringeren Unwertgehalt der Tat – mit einer deutlich geringeren Sanktion geahndet. Während etwa die Verpflichtung zur Bereithaltung einer (EU-Freizügigkeits)Bestätigung rasche Auskunft bei Kontrollen über die Rechtmäßigkeit der Beschäftigung eines ausländischen Staatsangehörigen bezweckt, bildet die Erteilung einer Bewilligung im Sinn des § 3 AuslBG eine erforderliche Maßnahme zur Ordnung des österreichischen Arbeitsmarktes. Diesem jeweils unterschiedlich zu gewichtendem Schutzzweck entsprechend werden beide Zuwiderhandlungen auch mit einem entsprechend unterschiedlichen Strafrahmen bedacht.

 

Da jedoch dem Bw innerhalb der Verjährungsfrist (vgl. § 31 VStG) die in § 32a AuslBG festgelegte und in § 28 Abs.1 Z6 AuslBG unter Strafe gestellte Ordnungswidrigkeit nicht vorgeworfen wurde, besteht für den Unabhängigen Verwaltungssenat auch nicht die Möglichkeit, dem Bw eine andere als die im Spruch des angefochtenen Bescheids vorgeworfene Tathandlung zur Last zu legen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny

 

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