Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-301272/2/MB/WU

Linz, 27.05.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X, gegen die Ermahnung des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 13. März 2012, GZ: Pol96-1042-2012, wegen Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes zu Recht erkannt:

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, die angefochtene Ermahnung aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

Zu II.: §§ 65 f.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 13. März 2013 zu GZ: Pol96-1042-2012 würde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gem. §§ 3 Abs. 2 Z 1 iVm § 15 Abs. 1 Z 2 Oö. Hundehaltegesetz, LGBl. 147/2002 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung eine Ermahnung ausgesprochen, weil der Bw Hundehalter des 5-jährigen Dackelmischlingsrüden „X“ (Hundemarkennummer X) sei und mit Anzeige der PI X vom 28. November 2012 der belangten Behörde als zuständige Behörde nach dem Oö. Hundehaltegesetz 2002 bekannt wurde, dass der Hund des Bw am 8. November 2012 gegen 11.30 Uhr X in die linke Wade gebissen habe.

Nach Anführung der Rechtsgrundlagen begründet die belangte Behörde wie folgt: Die belangte Behörde könne ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten gering sei und die Folgen der Übertretung als unbedeutend angesehen werden können. Die belangte Behörde könne den Beschuldigten jedoch unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich sei, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. In seiner Rechtfertigung habe der Bw dargelegt, dass seine Hunde im Hof der Landwirtschaft immer frei herumlaufen um die vorhandene Rattenpopulation einzudämmen. Der Bw halte darüber hinaus ausdrücklich fest, dass seine Hunde noch nie jemanden gebissen haben und auch den Hof nicht verlassen würden. Des Weiteren brachte der Bw vor, dass am Tag des Vorfalles, der Hof nicht versperrt werden konnte, da Installationsarbeiter zwischen dem Innenhof und dem angrenzenden Gebäude gehen mussten. Auch sei festzuhalten, dass die belangte Behörde nicht feststellen konnte, ob X in den Hof hineingegangen sei oder außerhalb der Hofanlage gebissen wurde. Abschließend stellt die belangte Behörde fest, dass weitere einschlägige Vorfälle der belangten Behörde nicht bekannt seien und eine Verletzung der Sorgfaltspflichten in der Hundehaltung allenfalls in geringem Ausmaß gegeben sei, weswegen mit einer Ermahnung vorzugehen sei.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige vollumfängliche Berufung des Bw womit er die ersatzlose Behebung beantragt.

Begründend führt der Bw im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde bei der Anlastung der Tat es unterlässt konkret festzustellen, inwieweit das Halten von Hunden in der vorliegenden Form auf dem Hof des Bw als rechtswidrig und schuldhaft im Lichte der Bestimmungen des Oö. Hundehaltegesetzes 2002 zu erkennen ist. Zudem lasse die belangte Behörde selbst Zweifel an der überhaupt vorhandenen Rechtswidrigkeit erkennen, als sie selbst ausführt, dass ein Sorgfaltsverstoß „allenfalls“ in geringem Ausmaß gegeben sei. Zudem bezieht sich der Bw auf seine Aussage vor der PI X und führt an, dass seine Hunde noch nie jemanden gebissen und auch den Hof nicht verlassen haben. Darüber hinaus sei der stattgefundene Biss der Risikosphäre des Herrn X zuzurechnen und bestehe keinerlei Indikation für weitere Sicherheitsvorkehrungen.

2.1. Mit Schreiben vom 3. April 2013 legte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da sich bereits daraus ergab, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 VStG zu entfallen.

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Pkt. 1.1 und 1.2. dargestellten – im Wesentlichen auch nicht strittigen – Sachverhalt aus.

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen kein 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

3. Der Oö Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Eine Verwaltungsübertretung begeht gem. § 15 Abs 1 Z 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 idF LGBl. 124/2006 (in der Folge: Oö. HundehalteG 2002), wer einen Hund entgegen der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 hält.

§ 3 Abs 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002 normiert, dass ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden.

Insofern kann bereits an dieser Stelle erkannt werden, dass das Delikt des § 15 Abs 1 Z 2 Oö. HundehalteG 2002 kein verhaltensungebundenes Erfolgsverursachungsdelikt ist. Vielmehr handelt es sich um ein verhaltensgebundenes Gefährdungsdelikt, welches eine vom Gesetzgeber umschriebene Tathandlung voraussetzt – das Halten (verwahren oder beaufsichtigen – s § 1 Abs 2 Z 2 Oö. HundehalteG 2002) eines Hundes entgegen § 3 Abs 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002. Vor diesem Hintergrund ist aber auch die Tat notwendig im Sinne der Feststellung eines Lebenssachverhaltes entsprechend umrissen.

3.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Gegenstand des Spruchs im angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl ua VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

3.3. Wie bereits unter Pkt 1.1. dargelegt, formuliert der Spruch des bekämpften Bescheides die vorgeworfene Tat lediglich in der Form, als der Bw Hundehalter eines Hundes ist, der einen anderen Menschen am 8. November 2012 um 11.30 Uhr in die linke Wade gebissen hat. Unabhängig von der fehlenden Tathandlung im Lichte der Ausführungen in Pkt. 3.1. muss bereits an dieser Stelle erkannt werden, dass das deliktsspezifisch wesentliche Kriterium des Tatortes gänzlich fehlt. Vielmehr führt die belangte Behörde sogar in der Begründung an, dass dieser von der belangten Behörde samt dem zu Grunde liegenden Tathergang nicht festgestellt werden kann. Da das Thema der Verwahrung bzw. Beaufsichtigung von Hunden im Rahmen eines Gebäudekomplexes letztlich aber wesentlich davon abhängt, ob sich der Hund innerhalb oder außerhalb eines Gebäudes befunden hat, fehlt ein wesentliches Tatelement.

Darüber hinaus ist zu erkennen, dass die alleinige Hundehaltereigenschaft samt dem Umstand, dass eine Körperverletzung durch den Hund erfolgt ist, gerade nicht dem von §§ 15 Abs 1 Z 2 iVm 3 Abs. 2 Z 1 Oö. HundehalteG 2002 unter Strafe gestellte Verhalten entspricht (siehe auch weiter unter Pkt. 3.1.). Gefordert ist vielmehr, dass der Hund nicht so verwahrt, geführt oder beaufsichtigt wurde, dass er Menschen und Tiere nicht gefährdet. Das Eintreten des „Gefährdungserfolges“ ohne dem notwenigen Handlungsunrecht wird gerade nicht unter Strafe gestellt. Insofern ist die von der belangten Behörde vorgeworfene Tat nicht mit Strafe bedroht.

Eine dahingehende Sanierung des Spruches war dem Oö. Verwaltungssenate auch verwehrt, da dies einem Austausch der Tat gleichkommen würde, zudem war bereits die Frist der Verfolgungsverjährung im Entscheidungszeitpunkt verstrichen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Markus Brandstetter

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum