Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401296/4/MZ/WU

Linz, 21.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des X, geboren am X, StA von Pakistan, derzeit Polizeianhaltezentrum X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 14. Mai 2013 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs 1 und 83 Abs 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl I 2005/100, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I 2012/50) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl II 2008/456.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 14. Mai 2013, GZ: Sich40-2187-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs 2 Z 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgF in Verbindung mit § 57 Abs 1 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) sowie der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und vollzogen. Der Bf befindet sich im Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich weiterhin in Schubhaft.

Ihren Bescheid begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Gemäß § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

 

Gemäß § 27 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 gilt ein Ausweisungsverfahren als eingeleitet, wenn

X im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt

O das Verfahren vor dem Asylgerichtshof einzustellen (§ 24 Abs. 2) war und die Entscheidung des Bundesasylamtes in diesem Verfahren mit einer Ausweisung (§ 10) verbunden war.

 

Gemäß § 80 Abs. 5 FPG 2005 kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus :

 

Sie wurden gemeinsam mit 5 pakistanischen Landsleuten am 08.05.2013, gegen 02:00 Uhr, am Bahnhof X, in X, von Beamten der PI Saalfelden einer Personenkontrolle unterzogen. Im Rahmen dieser Kontrolle waren Sie nicht im Stande sich mit einem gültigen Reisedokument auszuweisen. Ebenso waren Sie auch nicht im Stande den Besitz eines Einreise- oder Aufenthaltsorten für Österreich oder für den Schengenraum nachzuweisen. Zudem waren Sie auch nicht im Stande ein anderweitiges staatlich ausgestelltes Dokument, welches einen Rückschluss auf Ihre Identität und Herkunft zulassen würde, in Vorlage zu bringen. Gegenüber den einschreitenden Beamten gaben Sie an, dass Sie nicht im Besitz eines Lichtbilddokumentes seien und mit der Bahn weiter nach Innsbruck fahren wollen. Sie wurden daraufhin am 08.05.2013, um 02:00 Uhr an Ort und Stelle Ihrer Anhaltung nach den Bestimmungen des FPG. 2005 vorläufig festgenommen und der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde - der BH Zell am See - zur weiteren fremdenpolizeilichen Behandlung vorgeführt. Gegenüber den Beamten der Fremdenpolizei der BH Zell am See äußerten Sie schließlich unter den von Ihnen genannten Personalien: "X, geb. X, StA. v. Pakistan" einen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz (Asyl) in Österreich.

 

Im Zuge des Abgleiches Ihrer Fingerabdrücke konnte schließlich in Erfahrung gebracht werden, dass - ehe Sie illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sind -bereits folgende erkennungsdienstliche Behandlung im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Ihrer Person vorliegt:

 

= = = > 30.04.2013 : Asylantragstellung in Bah Dari Bcs

(UNGARN)

 

Eine daraufhin via dem Polizeikooperationszentrum Nickelsdorf zu Ihrer Person durchgeführte Anfrage bei den ungarischen Polizeibehörden führte zu dem Ergebnis, dass Sie am 30.04.2013 unter den von Ihnen gegenüber den ungarischen Behörden verwendeten Personalien "X, geb. X in X" einen Asylantrag in Ungarn eingebracht haben.

 

In weiterer Folge wurden Sie von Seiten des Landeskriminalamtes Salzburg am 08.05.2013 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache URDU -als entgeltlich geschleppte Person- als Zeuge niederschriftlich einvernommen:

 

In diesem Zusammenhang wurden folgende Angaben von Ihnen zu Protokoll genommen:

 

 

Es folgt eine Kopie der (im Akt befindlichen) Niederschrift im Rahmen der Zeugenvernehmung des Bf wegen Schlepperei, erstellt durch die LPD Salzburg am 8. Mai 2013.

 

In weiterer Folge wurden Sie am 10.05.2013 von Beamten der PI Saaffelden unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Urdu, zu Ihrem Asylantrag niederschriftlich erstbefragt.

 

In diesem Zusammenhang wurden folgende Angaben von Ihnen zu Protokoll genommen:

 

Es folgt eine Kopie der (im Akt befindlichen) Niederschrift im Rahmen der Erstbefragung des Bf nach dem Asylgesetz, erstellt durch die LPD Salzburg am 10. Mai 2013.

 

Mit Schriftsatz des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle X, vom 13.05.2013, AIS-ZI.: 13 06.087, wurde Ihnen in weiterer Folge gemäß § 29 Abs. 3 Ziffer 4 AsylG. 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag vom 08.05.2013 gemäß § 5 AsylG. 2005 zurückzuweisen. Gleich gehend wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass Konsultationen gemäß dem Dubliner Abkommen mit UNGARN seit dem 13.05.2013 geführt werden und gleichzeitig das Ausweisungsverfahren aus dem österr. Bundesgebiet über Sie eröffnet worden ist.

 

Diese zitierte Verfahrensanordnung wurde ihnen am 14.05.2013 von Seiten des österr. Bundesasylamtes nachweislich ausgefolgt.

 

Das Ausweisungsverfahren gegen Sie nach dem Asylgesetz gilt ab diesem Zeitpunkt formell als eingeleitet.

 

Am 14.05.2013, um 07:50 Uhr, und demzufolge im unmittelbaren Anschluss an die Ausfolgung der behördlichen Verfahrensanordnung im Asyl- und nunmehr eröffneten Ausweisungsverfahren, wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion St. Georgen i. A.-EAST in der X, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig - nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind und zudem das Ausweisungsverfahren gegen Sie eröffnet ist - unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Zudem können Sie auch nicht den Besitz eines Nationalreisedokumentes oder den Besitz eines anderweitigen Dokumentes, welches einen Rückschluss auf Ihre tatsächliche Identität und Herkunft zulassen würde, nachweisen.

 

===> Ihre tatsächliche Identität und Herkunft sind demzufolge nicht gesichert!

 

Eine am 14.05.2013 zu Ihrer Person durchgeführte Überprüfung im bundesweiten zentralen Melderegister hat ergeben, dass Sie -abseits der Ihnen im Rahmen der Einbringung Ihres Asylantrages aus öffentlichen Mitteln finanzierten Unterkunft in der Erstaufnahmestelle West - über keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich verfügen.

 

Weiters sind Sie völlig mittellos.

 

Im Rahmen der Erstbefragung nach dem AsylG. als auch im Rahmen Ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme vor der österr. Kriminalpolizei haben Sie nachhaltig in Abrede gestellt in Ungarn einen Asylantrag eingebracht zu haben. Die Gesamtheit Ihrer diesbezüglichen Aussagen im Rahmen Ihrer Erstbefragung zeigen zudem, dass Sie kein Interesse daran haben, durch vollständige und wahrheitsgemäße Angaben an der Klärung des tatsächlichen Sachverhaltes mitzuwirken. Weiters haben Sie sich kategorisch gegen eine Rückkehr nach Ungarn ausgesprochen.

 

Schriftstücke bzw. Dokumente zu ihrem Asylgesuch in Ungarn - welche ebenso wichtige Beweismittel darstellen - wurden von Ihnen offenbar vorsätzlich in Ungarn zurückgelassen, oder aber wurden diese von Ihnen vernichtet und damit jedenfalls den österr. Behörden vorenthalten.

 

Nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde ist dem von Ihnen praktizierten „Asylantragstourismus“ mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten um für ein geordnetes Fremdenwesen sorgen zu können.

 

Im Hinblick darauf, dass Sie in Ihrem Asylverfahren nunmehr Kenntnis davon bekommen haben, dass Ihr Fingerabdruckvergleich in Österreich mit bereits in Ungarn von Ihnen im Rahmen eines angestrengten Asylverfahrens erkennungsdienstlich sichergestellten Fingerabdrücken positiv verlaufen ist, und Sie insbesondere nun auch Kenntnis davon erlangt haben, dass das Ausweisungsverfahren gegen Sie nach Ungarn von Seiten des österr. Bundesasylamtes eröffnet wurde, besteht - ohne Sicherungsmaßnahme nach den Bestimmungen des FPG. - die unmittelbare und eminente Gefahr, dass Sie sich dem weiteren Zugriff der Behörde in Österreich entziehen werden. Demzufolge ist die Sicherung des Ausweisungsverfahrens sowie die Sicherung deren Durchsetzung (Abschiebung) unbedingt erforderlich.

 

Sie nehmen für Ihr Vorhaben, nämlich Ihr Reiseziel ITALIEN zu erreichen, offensichtlich mehr als einen irregulären Grenzübertritt innerhalb der Schengen-Mitgliedstaaten ganz bewusst in Kauf, welche sich jedoch (objektiv betrachtet) keinesfalls mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung in Ihrem vermeintlichen Herkunftsstaat Pakistan rechtfertigen lassen. Durch Ihr Verhalten - gemeint Ihre irreguläre Einreise ins Bundesgebiet der Republik Österreich - haben Sie damit vorsätzlich und schwerwiegend (auch) gegen die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen Ihres Gastlandes Österreich verstoßen.

 

Die Gesamtheit Ihrer Verhaltensweise lässt in schlüssiger und nachvollziehbarer Form Ihre nachhaltige und kategorische Abneigung gegen den EU-Mitgliedstaat Ungarn erkennen. Sie sind offenbar nicht gewillt, in jenen Mitgliedstaat der Europäischen Union, von welchem Sie ursprünglich kommend ihre weitere Migrationsbewegung in Richtung Innsbruck / Österreich bzw. Italien angetreten haben, bzw. welcher offensichtlich für die rechtsstaatliche Prüfung Ihres Asylantrages gemäß den Bestimmungen des Dubliner Abkommens zuständig ist - nämlich Ungarn - zurückzukehren. Durch Ihr nachhaltiges in Abrede stellen, dass Sie bereits in Ungarn ein Asylbegehren eingebracht haben zeigen Sie, dass Sie nicht das geringste Interesse daran haben sich den Behörden in Ungarn zu stellen um sich dort dem Asylverfahren zu unterziehen.

 

Bei der Bewertung Ihrer Motivation und der Wahl Ihrer Mittel (Verschleierung Ihrer Asylantragstellung in Ungarn; Vorenthaltung wichtiger Beweismittel zur Klärung des relevanten Sachverhaltes; Verwendung von völlig unterschiedlichen Personalien im Rahmen Ihrer Gastaufenthalte in Ungarn und in Österreich) zur Erreichung Ihres nachhaltigen Zieles (Aufenthalt innerhalb der Europäischen Union, vorzugsweise ITALIEN, wenngleich auch unrechtmäßig, mittellos und unstet und unter offensichtlich tunlichster Vermeidung eines weiteren Aufenthaltes in UNGARN) ist im vorliegenden Fall von einer besonders hohen Sicherungsnotwendigkeit auszugehen.

 

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Sie selbst zum Zeitpunkt Ihrer polizeilichen Anhaltung durch Beamte der österr. Polizei (PI Saalfelden) zunächst noch anführten, dass Sie mit der Bahn weiter nach Innsbruck fahren möchten und erst in weiterer Folge und bereits im Stande der polizeilichen Festnahme bei der BH Zell am See einen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz (Asyl) in Österreich geäußert haben, gepaart mit der Tatsache, dass Sie sich am Transit, von Wien kommend in Richtung Innsbruck und mit Reiseziel Italien befunden haben, ist zudem der Schluss zulässig, dass ihre tatsächliche Motivation zur unrechtmäßigen Einreise nach Österreich nicht in der Absicht gelegen sein kann, ein Asylbegehren einbringen zu wollen.

 

Mit der Asylantragstellung in Österreich wollten Sie offensichtlich die Gefahr einer sofortigen Zurückschiebung nach Ungarn gemäß dem bilateralen Abkommen zwischen Österreich und Ungarn umgehen und somit Ihre Absicht, nämlich das Erreichen Ihres eigentlichen Reisezieles ITALIEN, weiter verfolgen zu können. Ihr Reiseziel haben Sie - so Ihre eigenen Ausführungen - nicht nur bereits anlässlich des Verlassens Ihres Herkunftsstaates ins Auge gefasst, sondern Sie haben für Ihre Schleppung von Griechenland bis nach Italien auch bereits den Schlepperlohn in der beträchtlichen Höhe von Euro 1.800,- im voraus bezahlt.

 

Die weitere Kombination Ihrer eigenen Ausführungen - Sie hätten sich in der Ihnen von den ungarischen Behörden in einem Asylheim in Debrecen zur Verfügung gestellten Unterkunft für die Weiterschleppung nach Italien bereitgehalten - als auch die Situation Ihres polizeilichen Aufgriffes in Österreich (Transit von Wien in Richtung Innsbruck in Begleitung einer im dringenden Schlepperverdacht stehenden Person) lässt weiters den Schluss ableiten, dass Sie ein äußerst hohes Maß an räumlicher Mobilität und einen Zugang zu Schlepperorganisationen innerhalb der Europäischen Union aufweisen und Sie losgelöst von etwaigen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren und trotz gesetzlicher Barrieren, jeweils versuchen die für Sie am günstigsten scheinende Reiseroute umzusetzen.

 

Infolge der Ihnen drohenden behördlichen Außerlandesbringung von Österreich nach Ungarn laufen Sie somit auch Gefahr den Einsatz Ihrer finanziellen Mittel, als auch den Einsatz Ihrer persönlichen Aufwendungen für Ihre irreguläre schlepperunterstützte Reisebewegung von Ungarn nach Österreich als ertraglos abschreiben zu müssen. Durch eine behördliche Abschiebung von Österreich nach Ungarn würden Sie an einen der Ausgangspunkte Ihrer vormaligen irregulären Reisebewegungen zurückgeführt.

 

Familiäre und/oder soziale Bezugspunkte zu Österreich haben Sie auf Befragen nicht ins Treffen gebracht. Demzufolge sind Sie im Bundesgebiet auch in keiner Art und Weise an eine Örtlichkeit gebunden. Sie sind - wie Sie im Rahmen Ihrer unrechtmäßigen Reisebewegungen innerhalb der Europäischen Union bereits unter Beweis gestellt haben -sehr flexibel in Ihrer Lebensgestaltung, und Sie sind weder in einem sozialen noch in einem familiären Umfeld in Österreich verwurzelt. Der einzige von Ihnen benannte Familienangehörige in einem EU-Staat sei Ihr in Italien lebender Schwager. Dieser Umstand trägt offenbar ebenfalls dazu bei, dass Sie Italien als Ihr eigentliches Zielland in der Europäischen Union auserkoren haben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner ständigen Judikatur fest, dass die Einhaltung fremdenpolizeilicher Vorschriften für den österreichischen Staat, vor allem in Zeiten eines erhöhten Zuwanderungsdruckes, von eminentem Interesse ist.

 

Ebenso kommt bei der Wahl der Mittel zur Sicherung fremdenpolizeilicher Maßnahmen dem Grad der Bereitschaft des Fremden an der Mitwirkung zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes hohe Bedeutung zu.

 

Aufgrund der Tatsache, dass Sie nicht dazu bereit sind an der Mitwirkung zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes im Hinblick auf den von Ihnen in Ungarn eingebrachten Asylantrag stichhaltig und wahrheitsgemäß beizutragen, ist, gepaart mit der weiteren Tatsache, dass Sie sich in Österreich bis zu Ihrer polizeilichen Anhaltung hin lediglich auf der (schlepperunterstützten) Durchreise befanden und zumindest das nächste in Ihrer Motivation ganz oben stehende Reiseziel offensichtlich in Italien liegt, ist jegliches Vertrauen in Sie derart erschüttert, welches jedoch für die allfällige Anordnung eines Gelinderen Mittels (anstelle der Schubhaft) zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung Ihrer Außerlandesbringung von Österreich nach Ungarn elementar dazu notwendig wäre.

 

Selbst bei der Anordnung eines Gelinderen Mittels unter Anwendung von verschärften Auflagen, z.B.: die behördliche Anordnung zur Unterkunftsaufnahme in einem von der Behörde bestimmten Wohnobjekt unter gleich gehender Anordnung einer periodisch kurz gehaltenen Meldeverpflichtung bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle, wäre der von Ihnen bereits innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeit (seit zumindest 30.04.2013) in der Europäischen Union unter Beweis gestellten äußerst hohen räumlichen Mobilität kein effektiver Einhalt geboten und demzufolge könne somit das von der Behörde zu verfolgende Ziel, nämlich die Sicherung des Ausweisungsverfahrens sowie die Sicherung der Außerlandesbringung - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - auch nicht adäquat erreicht werden. Die Möglichkeit einer im Rahmen des Gelinderen Mittels allfällig darüber hinausgehenden zusätzlich anwendbaren Auflage, nämlich eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen, scheidet in Ihrem Fall, und zwar in Anbetracht Ihrer vorliegenden völligen Mittellosigkeit, ohnehin aus.

 

Im Hinblick auf die bisher von Ihnen gezeigte Motivation, nämlich eine nationale Staatsgrenze innerhalb der EU Ihrem freien Belieben nach irregulär zu überschreiten um sich dadurch eine größtmögliche räumliche Mobilität zu verschaffen, ist auch die von der bescheiderlassenden Behörde mit der gegenständlichen Anordnung einer Schubhaft getroffene Prognose, nämlich dass Sie - mit wiederum an Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit - einer unrechtmäßigen weiteren irregulären Reisebewegung von Österreich in einen weiteren Mitgliedstaat der Europäischen Union - vorzugsweise in Ihr Zielland ITALIEN - den Vorzug geben werden gegenüber einer behördlichen Überstellung von Österreich nach Ungarn, zulässig.

 

Die Anordnung der Schubhaft über Sie ist - nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung - verhältnismäßig, denn Ihrem Recht als Fremder auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das - in diesem Fall überwiegende- Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen (sowie insbesondere die Einhaltung des für die Republik Österreich von nachhaltiger Wichtigkeit bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens) gegenüber.

 

In diesem Einzelfall ist eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie eine Sicherung Ihrer Außerlandesbringung durch die Anordnung eines Gelinderen Mittels nicht ausreichend, da mit dieser Maßnahme dass der Sicherung zugrunde liegende Endziel nämlich die behördliche Außerlandesbringung aus Österreich nach Ungarn - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden kann. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig und demzufolge war von der Alternative der Anordnung eines Gelinderen Mittels Abstand zu nehmen und eine konkrete und akute Sicherungsnotwendigkeit - welcher in der gegenständlich vorliegenden individuellen Sachverhaltskonstellation ausschließlich durch die Anordnung einer Schubhaft Folge getragen werden kann - zu bejahen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

1.2. Gegen den Schubhaftbescheid sowie gegen die darauf basierende Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf per Telefax am Mittwoch den 15. Mai 2013 um 18.54 Uhr Schubhaftbeschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Die Beschwerde führt der Bf wie folgt aus:

 

Sachverhalt:

 

Der BF wurde in Ungarn durch andere Asylwerber bedroht und musste um sein Leben fürchten. Daher ist der BF weiter nach Österreich geflüchtet.

 

Da in Italien ein der Schwager seines Bruders lebt, wollte der BF in der Folge weiter nach Italien fliehen.

 

Im Zulassungsverfahren wurde festgestellt, dass der BF laut EÜRODAC bereits am 30.04.2013 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat. Der BF weiß nur, dass er Fingerabdrücke abgeben musste. Der BF hatte noch kein Interview.

 

Wegen nachhaltiger und kategorischer Ablehnung einer Rückkehr nach Ungarn, wegen mangelnder Mitwirkung und wegen Absicht nach Italien weiter zu reisen hat die belangte die Behörde einen Sicherungsbedarf angenommen und die Schubhaft verhängt.

 

Dagegen richtet sich die eingebrachte Beschwerde.

 

Die Schubhaftverhängung ist rechtswidrig.

 

Begründung:

 

§ 76 Abs. 2 FPG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011) lautet:

 

Es folgt die Zitierung der angeführten Bestimmung. Im Anschluss setzt der Bf wie folgt fort:

 

1. Unverhältnismäßigkeit der Haft

 

 

Art. 1 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit lautet:

 

Es folgt die Zitierung der angeführten Bestimmung. Im Anschluss setzt der Bf wie folgt fort:

 

Art 1 Abs 3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit sieht demnach vor, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist.

 

Bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die gesamte Bestimmung des § 76 FPG im Lichte des aus dem Bundesverfassungsgesetz vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit erfließenden unmittelbar anwendbaren Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen ist.

 

Bloß allgemeine Annahmen oder Erfahrungswerte, wie die von der Erstbehörde herangezogenen, können nicht genügen, um die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit eines Freiheitsentzuges im Einzelfall zu begründen (VfGH 28.09.2004, B 292/04 unter Hinweis auf VfSlg.14.981/1997).

 

Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebots und wegen der Formulierung des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG („um zu sichern") kann auch die Ausweisungsabsicht zur Rechtfertigung eines Freiheitsentzuges nur dann hinreichen, wenn die Verhängung der bzw. Anhaltung in Schubhaft tatsächlich notwendig ist, um die Außerlandesschaffung zu sichern.

 

Der BF wusste nicht, dass er ohne Genehmigung der Behörden nicht nach Italien hätte reisen dürfen. Der BF wurde im Flüchtlingslager in Ungarn durch andere Asylwerber bedroht. Nach Ansicht des BF würde daher eine Rückkehr nach Ungarn ein reales Risiko der Verletzung von Art. 2 EMRK oder Art. 3 EMRK bedeuten. Falls die österreichischen Behörden, insbesondere der Asylgerichtshof, jedoch entscheiden, dass eine Zurückschiebung nach Ungarn zulässig sei, so wird sich der BF dieser Entscheidung fügen.

 

Der BF wollte aus verständlichen Gründen nach Italien weiter flüchten. Die Dublin-Verordnung sieht in nur sehr engen Grenzen ein Recht auf Familienzusammenführung innerhalb der Europäischen Union vor. Der Schwager des Bruders des BF fällt nicht unter den Begriff Familienangehöriger. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union wenden die humanitäre Klausel äußerst selten bis gar nicht an.

 

Es gibt erst einen EURODAC-Treffer (Ungarn). Von einem hohen Maß an räumlicher Mobilität und Selbstorganisation innerhalb der Europäischen Union kann deshalb nicht die Rede sein.

 

Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft sind daher nach Ansicht des BF rechtswidrig.

 

2. Nichtanwendung des gelinderen Mittels

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18.05.2001, ZI. 2001/02/0048, ausgesprochen und in ständiger Judikatur bekräftig hat, hat die schubhaftverhängende Behörde die Anwendung des gelinderen Mittels zu prüfen. Dies wurde im konkreten Fall unterlassen. Die Behörde hat lediglich einige allgemeine Angaben zum gelinderen Mittel gemacht, jedoch keine einzelfallbezogene Prüfung der Anwendung vorgenommen. Falls die Behörde befürchtet der BF würde sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen durch Untertauchen entziehen wollen, dann hält der BF dem entgegen, dass es reichlich absurd wäre sich dem Verfahren in Österreich zu entziehen, da sein Ziel die Anerkennung als Flüchtling ist und er auch sogleich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

 

Der BF stellte einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und somit ist auch davon auszugehen, dass er in seinem eigenen Interesse den Ausgang des Verfahrens in Österreich abwarten wird. Dies entspricht auch der ständigen Judikatur des VwGH:

 

Es kann dem Gesetzgeber vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedenfalls nicht zugesonnen werden, er sei davon ausgegangen, alle potenziellen Dublin-Fälle' seien statt in Grundversorgung in Schubhaft zu nehmen. Der Integration kommt primär im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FrPolG 2005 Bedeutung zu. Eine Schubhaftnahme kann sich vielmehr nur dann als gerechtfertigt erweisen, wenn weitere Umstände vorliegen, die den betreffenden Dublin-Fall' In einem besonderen Licht erscheinen und von daher ,in einem erhöhten Grad' ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen [Hinweis E 28. Juni 2007, 2006/21/0051]" (VwGH 19.06.2008, 2007/21/0070).

 

Für eine solche Befürchtung müssten im Einzelfall konkrete bzw. spezifische Hinweise bestehen, wobei auf die vom VfGH (VfSlg. 17.288) zum Ausdruck gebrachte Auffassung zu verweisen ist, der zufolge der Umstand, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen Land die Gewährung von Asyl beantragt hat, für sich nicht den Schluss rechtfertigt, dass er unrechtmäßig in einen anderen Staat weiterziehen und sich so dem Verfahren entziehen werde. Dem hat sich der VwGH wiederholt angeschlossen und ergänzt, dass dies sinngemäß auch für die Annahme eines Untertauchens innerhalb Österreichs gelte.

 

Es ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, weshalb der BF, wäre er nicht in Schubhaft, sondern in Grundversorgung, diese Unterstützung aufgeben und in die Anonymität untertauchen hätte sollen (vgl. auch § 46 AsylG und § 2 Abs. 1 und 2 Grundversorgungsgesetz - Bund 2005). Es erscheint weder verhältnismäßig noch zielführend, einen Asylwerber mit „Dublin-Bezug" mit dem Hinweis auf fehlende Bindungen bzw. Integration in Österreich statt in Grundversorgung in Schubhaft zu nehmen (vgl. VwGH vom 30.8.2007, ZI. 2007/21/0043).

 

Das Gesamtverhalten des BF lässt nicht erkennen, dass er sich dem weiteren Asylverfahren entziehen werde und für die Behörde nicht erreichbar sein werde. Besondere Gesichtspunkte, die erkennen ließen, es handle sich hier um eine von den typischen „Dublin-Fällen" abweichende Konstellation, in der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufgrund konkreter Anhaltspunkte auf eine drohende Verfahrensvereitelung durch den BF (falls dieser nicht in Schubhaft genommen, sondern ihm die Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes gewährt worden wäre) geschlossen werden könnte, sind bei Beurteilung des Gesamtverhaltens des BF nicht gegeben.

 

Selbst wenn die Behörde ein Sicherungserfordernis iSd § 76 Abs. 2 FPG annimmt, so könnte nicht gesagt werden, dass der Zweck der Verfahrenssicherung nicht auch durch Anwendung gelinderer Mittel (insbesondere im Zusammenhang mit der Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes) erreicht werden hätte können. Das Fehlen eines Wohnsitzes bzw. einer Meldung und von sozialen Bindungen kann in Fällen wie dem vorliegenden auch kein tragfähiger Grund sein. um ohne weiteres von der Anwendung gelinderer Mittel Abstand zu nehmen (vgl. UVS Wien 01/18/11103/2009 17.02.2010).

 

Wie bereits oben dargelegt, liegen nach Ansicht des BF auf Grund seines Gesamtverhaltens keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er sich einem allfälligen fremdenrechtlichen Verfahren entziehen würde.

 

Zum Zweck der Sicherung eines allfälligen Verfahrens hätte, wenn ein Sicherungsbedürfnis als rechtmäßig erkannt werden sollte, auch ohne weiteres das gelindere Mittel angewandt werden können.

 

In Betracht kommt die Anordnung der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumen oder die Anordnung, eine Meldeadresse oder einen Zustellungsbevollmächtigten bekannt zu geben.

 

Die belangte Behörde hat die Schubhaft stets als Ultima Ratio zu verhängen (vgl. Judikatur des VwGH) und hat zu prüfen, ob der Sicherungszweck nicht auch durch gelinderes Mittel erreicht werden kann. Dies hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall in rechtswidriger Weise unterlassen.

 

Eine Anhaltung in Schubhaft ist im Fall des BF somit auch deswegen unzulässig, da in seinem Fall gem. § 77 Abs. 1 FPG das gelindere Mittel nicht geprüft wurde.

 

Die Behörde ist verpflichtet, bei Verhängung einer freiheitsentziehenden Maßnahme eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen. Hierzu ist folgende Entscheidung des VwGH anzuführen, die sich gegen eine prinzipielle Verhängung der Schubhaft in „Dublin-Fällen" ausspricht:

„Die Verhängung der Schubhaft darf auch in ´Dublin-Fällen' nicht zu einer Standardmaßnahme , gegen Asylwerber werden' [Hinweis E 30. August 2007, 2007/21/0043; E 24. Oktober 2007, 2006/21/0239] (vgl. Vwgh 2007/21/0068 22.10.2009).

 

Eine Einschätzung, ob die individuellen Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft gegeben waren, hätte zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme bzw. zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schulz des BF ergeben müssen, dass diese nicht vorhanden waren.

 

Nunmehr wurde auch die Rechtslage an die Entscheidungspraxis des VwGH angepasst. Das gelindere Mittel hat nach der neuen Regelung des § 77 Abs. 1 FPG an die Stelle der Schubhaft zu treten, wenn die Gründe des § 76 FPG vorliegen.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 FPG genannten Gründe, gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann.

 

Mangels ausreichender Auseinandersetzung mit dem Gesamtverhalten des BF hat die Erstbehörde nicht hinreichend begründet, weswegen der nach Ansicht der Erstbehörde gegebene Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels nicht erreicht werden könnte.

 

Die Schubhaft ist daher rechtswidrig.

 

3. Verstoß gegen die RL 2008/115/EG

 

Die Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung  illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger („Rückführungsrichtlinie") sieht bestimmte Rechtsschutzgarantien in Zusammenhang mit der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vor. Die Richtlinie war von den Mitgliedstaaten spätestens bis zum 24.12.2010 umzusetzen. Art. 15 der Rückführungsrichtlinie regelt die Inhaftnahme für die Zwecke der Abschiebung. Dort ist vorgesehen, dass die Rechtmäßigkeit der Inhaftnahme gerichtlich zu überprüfen ist (vgl. Abs. 2 lit.b).

 

Da die Umsetzungsfrist für die Richtlinie bereits abgelaufen ist, sind die den Einzelnen betreffenden begünstigenden Richtlinienbestimmungen unmittelbar anwendbar und verdrängen ihnen widersprechende nationale Bestimmungen.

 

Die Anwendbarkeit der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ist im vorliegenden Fall zweifellos gegeben, da es sich um Rückkehrentscheidungen im Sinne der Richtlinie handelt; Rückkehrentscheidung ist gemäß Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie jede behördliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.

 

Dass auch im Anwendungsbereich des Art. 15 der Richtlinie die Entscheidung durch ein Tribunal erforderlich ist, bestätigt die einschlägige Literatur.

 

"The term judicial authority' is to be interpreted in conformity with the case-faw of the ECtHR, i.e. it does not necessahfy have to be a judge or a court as long as the relevant body has slmilar features - independence, impartiality - and guarantees an adversary procedure" (Schieffer, CHAPTER V. TERM (NATION OF RESIDENCE, Directive 200S/115/EC of the European Pariiament and of the Council of 16 December 2008 on common Standards and procedures in Member States for returning illegally staying third-country nationals, in: Haübronner, EU Immigration and Asylum Law - Commentary on EU Regulations and Directives [2010], 1543, Rz 7)

Wenn die Haft durch eine administrative authority" angeordnet wurde, haben die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass die Anhaltung einer raschen richterlichen Überprüfung („speedy judicial review by a court) unterzogen wird, (vgl Schieffer, aaO 1543, Rz 8)

 

Dies ist im österreichischen Gesetz nicht vorgesehen, da eine amtswegige Überprüfung nur durch die Verwaltungsbehörde selbst und eine Überprüfung durch ein unabhängiges Tribunal überhaupt erst nach vier Monaten vorgesehen ist.

 

Der angefochtene Bescheid verstößt daher auch gegen das Unionsrecht.

 

 

Es werden folgende Beschwerdeanträge gestellt:

 

1.   die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung des BF in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären

2.   Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung zuzuerkennen sowie

3.   die Eingabegebühr zu ersetzen.

 

2.1.1. Mit E-Mail vom 17. Mai 2013 übermittelte die belangte Behörde gescannte Unterlagen des Bezug habenden Verwaltungsaktes dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

2.1.2. In einer Gegenschrift vom selben Tag fasst die belangte Behörde die Eckpunkte des angefochtenen Bescheides nochmals zusammen und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Unterlagen festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs 2 FPG abgesehen werden konnte. Eine solche wurde im Übrigen vom Bw auch nicht beantragt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 83 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Gemäß § 82 Abs 1 des FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde von 14. Mai 2013 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, ist gemäß § 83 Abs 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.2. Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs 2 Z 1 FPG.

 

Gemäß § 77 Abs 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

Gemäß § 27 Abs 1 des Asylgesetzes 2005 gilt ein Ausweisungsverfahren als eingeleitet, wenn nach Ziffer 1 im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs 3 Z 4 oder 5 erfolgt.

 

3.3. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bf am 8. Mai 2013 einen Asylantrag in Österreich gestellt hat. Nachdem die fremdenpolizeilichen Ermittlungen ergaben, dass der Bf bereits am 30. April 2013 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatte, lag der Schluss nahe, dass Ungarn zur Prüfung eines Asylbegehrens bzw für nach dem Abschluss des Asylverfahrens zu ergreifende weitere Maßnahmen zuständig ist. Der belangten Behörde folgend kann festgestellt werden, dass der Bf im Rahmen der Schubhaftbeschwerde keinerlei diese Annahme falsifizierende Äußerungen tätigt.

 

In diesem Sinne wurde dem Bf auch nachweislich mit Schriftsatz des Bundesasylamts vom 13. Mai 2013, GZ 1306087, gemäß § 29 Abs 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, sein Asylbegehren zurückzuweisen, da seit diesem Tag Dublin-Konsultationen mit Ungarn geführt werden. Diese Mitteilung gilt gemäß § 29 Abs 3 Z 4 oder 5 AsylG auch als eingeleitetes Ausweisungsverfahren.

 

Es liegen somit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 Z 2 FPG vor.

 

3.4.1. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten lassen, dass er sich dem Verfahren gemäß § 76 Abs 2 FPG entziehen wird. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs – wie wiederum in der Beschwerde mit zahlreichen Belegstellen zu Recht ausgeführt wird – nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.4.2. Grundsätzlich ist vorerst eine Feststellung zu treffen:

 

Im Regelfall wird nicht davon auszugehen sein, dass bei sogenannten Dublinfällen schon bereits wenige Tage nach Antragstellung der Sicherungsbedarf derart verdichtet vorliegt, dass die Verhängung der Schubhaft unbedingt erforderlich ist. Eine generelle Annahme, dass bei derartigen Fällen die Schubhaft zu verhängen wäre, wird – korrespondierend zur auch in der Beschwerdeschrift angeführten Judikatur der Höchstgerichte – vom Oö. Verwaltungssenat kategorisch abgelehnt.

 

Der vorliegende Fall ist jedoch anders gelagert. Zunächst ist anzumerken, dass die Identität des Bf – mangels entsprechender Dokumente – nicht letztgültig geklärt ist und er bereits unter einem anderen Namen in Ungarn aufgetreten ist. Der Bf scheut daher offensichtlich nicht davor zurück, Identitäten zu wechseln, sofern es ihm zur Erreichung seiner persönlichen Ziele dienlich scheint. Dies kann als erstes Indiz angesehen werden, dass der Bf, sollte er das Gefühl haben, dass sich sein Asylverfahren in Österreich nicht in seinem Sinne entwickelt, in die Anonymität untertauchen und unter einem anderen Namen in einem anderen Land wieder auftauchen wird.

 

Selbstverständlich reicht jedoch die Vorgabe einer falschen Identität allein nicht aus, um einen Sicherungsbedarf zu begründen, der in Folge die Inschubhaftnahme einer Person rechtfertigt.

 

In casu concreto ist allerdings zudem der im Rahmen der Erstbefragung nach dem Asylgesetz aufgenommenen Niederschrift zu entnehmen, dass der Bf anfänglich darüber belehrt wurde, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung des Bundesasylamtes sind. Er wurde daher aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsdarstellung mitzuwirken und darauf hingewiesen, dass unwahre Aussagen nachteilige Folgen für ihn zeitigen könnten.

 

Befragt zu seiner Reiseroute von Pakistan nach Österreich gab der Bf daraufhin an, seine Reisebewegung Ende 2011 in Kanwalit / Pakistan begonnen zu haben. Die – wie sich aus der Niederschrift im Rahmen der Zeugenvernehmung betreffend Schlepperei vom 8. Mai 2013 ergibt – schlepperunterstützte Reise mit Ziel Italien habe mit der Bahn begonnen, der Grenzübergang in den Iran sei illegal, ohne Visum, zu Fuß erfolgt. Ein Reisedokument habe der Bf – laut eigenen Angaben – nicht mitgeführt. Die Frage, ob er je ein Reisedokument besessen habe, verneinte der Bf. Im Laufe der weiteren Einvernahme gab er jedoch an, seinen Pakistanischen Reisepass aus dem Jahr 2004 verloren zu haben.

Schon hieraus ist ersichtlich, dass die Angaben des Bf widersprüchlich sind und keinen allzu hohen Glaubwürdigkeitsgrad haben. Dieser Eindruck wird in Folge weiter verfestigt:

 

Vom Iran aus reiste der Bf über die Türkei nach Griechenland, wo er sich mehrere Monate illegal aufhielt. Die Kosten für die Schleppung bis nach Griechenland betrugen 4.500,- EUR (siehe Niederschrift im Rahmen der Zeugenvernehmung betreffend Schlepperei vom 8. Mai 2013). In Folge nahm der Bf wiederum mit einer Schlepperorganisation Kontakt auf und veranlasste seine weitere Schleppung nach Italien für ein – über die Eltern aufgebrachtes – Entgelt von 1.800,- EUR. Über Mazedonien und Serbien erreichte der Bf schließlich Ungarn, wo er und seine Mitreisenden schon nach dem Grenzübertritt aufgegriffen wurden.

 

Laut mehrfachen eigenen Angaben vor österreichischen Behörden hat der Bf in Ungarn keinen Asylantrag gestellt, da er nach Italien weiterwollte. Die eindeutige und nicht misszuverstehende Frage, ob er in einem anderen Land um Asyl angesucht habe, beantwortete der Bf mit "Nein". Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der dem Bf aufgrund seiner Fingerabdrücke zuordenbare EURODAC-Treffer nach der Länderkennung HU (für Ungarn) mit der Ziffer 1 beginnt. Dies bedeutet, dass die ungarischen Behörden aufgrund eines Asylantrages eingeschritten sind. Hätte es sich – wie vom Bf behauptet – lediglich um eine erkennungsdienstliche Behandlung aus fremdenpolizeilicher Sicht gehandelt, würde der EURODAC-Treffer mit der Ziffer 2 beginnen. Auch dass der Bf nach dem Aufgriff – wie von ihm selbst angegeben – in ein Asylheim verbracht wurde, spricht eindeutig dafür, dass der Bf – entgegen seiner mehrfachen Behauptungen in Österreich – in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat. Bis dato bestreitet der Bf dies jedoch.

 

Auch dieses Verhalten lässt massive Bedenken in Bezug auf die Absichten des Bf in Österreich aufkommen. Obwohl er ausdrücklich von den möglichen negativen Folgen einer unwahren Aussage in Kenntnis gesetzt wurde, ließ sich der Bf nicht davon abhalten, den Behörden gegenüber nicht die Wahrheit anzugeben. Ins Bild passt, dass der Bf in Ungarn unter einer anderen Identität als in Österreich auftrat, er also offenbar versuchte, seine wahre Identität zu verschleiern und die Behörden in die Irre zu führen.

 

Nach wenigen Tagen Aufenthalt im Asylheim in Ungarn erfolgte wiederum eine Kontaktaufnahme mit dem Schlepper, um die Weiterreise ins Zielland Italien zu bewerkstelligen. In Wien wurde der Bf schließlich – mit zwei Mitreisenden – seinem weiteren Schicksal überantwortet. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf ganz bewusst und geplant den Aufenthalt im Asylheim in Ungarn genutzt hat, um sich von den Strapazen der Reise zu erholen, und in weiterer Folge gestärkt und weitgehend regeneriert sein eigentliches – auch in der Beschwerde genanntes – Ziel, nämlich nach Italien zu gelangen, weiter verfolgte. Vor diesem Hintergrund ist auch anzuzweifeln, ob der Bf tatsächlich Interesse daran hat, in Österreich internationalen Schutz zu erhalten, oder ob die diesbezügliche Antragstellung nicht ebenfalls nur aus taktischen Gründen erfolgt ist, um schließlich doch an das Reiseziel Italien zu gelangen. Dies vor allem auch, als der Bf wissen müsste, dass sein Vorbringen, nicht vom pakistanischen Staat sondern von einer Zivilperson bedroht zu werden (siehe Punkt 14. der im Rahmen der Erstbefragung nach dem Asylgesetz aufgenommenen Niederschrift), eine Asylgewährung nicht rechtfertigen dürfte.

 

Darüber hinaus muss beachtet werden, dass der Bf im Verfahren mehrfach Italien als Zielland angegeben und ausgesagt hat, er wolle nicht nach Ungarn zurückkehren. Wenn der Bf nunmehr in der Beschwerde, in welcher er wiederum Italien als Ziel nennt, geltend macht, sich einer allfälligen behördlichen Anordnung, nach Ungarn zurückzukehren, zu fügen, vermag dieser Aussage aufgrund des bisherigen Verfahrensganges kein Glauben geschenkt zu werden.

 

Vielmehr wirft die Tatsache, dass der Bf nach Asylantragstellung in Ungarn nicht davor zurückgescheut ist, in die Anonymität unterzutauchen, wiederum Ländergrenzen zu überqueren und dann – unter Leugnen der bereits erfolgten Asylantragstellung im EU-Raum – neuerlich ein Asylverfahren in Gang zu setzen, ein bezeichnendes Bild auf seine Einstellung zu den in Österreich bzw in Europa geltenden Normen.

 

Die Asylantragstellung am 8. Mai 2013 in Österreich wird in diesem Sinne vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als strategische Maßnahme angesehen, um seine Reisebewegung möglichst ungehindert fortsetzen zu können, wobei der Bf – offensichtlich – nicht erwartet hatte, dass trotz der von ihm verwendeten neuen Identität seine Asylantragstellung in Ungarn ans Tageslicht kommen würde.

 

Da nun aber die drohende Abschiebung nach Ungarn dem Bf bewusst vor Augen geführt wurde (vgl die Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 AsylG vom 13. Mai 2013), verdichteten sich die Umstände dermaßen, dass mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden muss, dass der Bf wiederum in die Anonymität abtauchen werde, um – wie schon bisher – seinen Aufenthalt in einem für ihn wirtschaftlich interessanten Staat Europas nehmen zu können. Für dieses Szenario spricht auch, dass der Bf sowie seine Familie (der Bf gab an, dass auch seine Eltern für die Schleppung ab Griechenland bezahlt haben) eine sehr hohe Summe Geldes eingesetzt haben, um dem Bf die Reise von Pakistan nach Europa zu ermöglichen. Eine Rückschiebung nach Ungarn und in Folge eine weitere Abschiebung nach Pakistan würde freilich sämtliche getätigte finanzielle Aufwände frustrieren.

 

Nahtlos fügt sich in das bislang gezeichnete Bild des Bf dessen Behauptung in der Beschwerdeschrift ein, er sei in Ungarn durch andere Asylwerber bedroht worden und deshalb nach Österreich geflüchtet. Dieses Vorbringen scheint schon deshalb unglaubwürdig, als eine solche Flucht wohl nicht mithilfe eines Schleppers bewerkstelligt worden wäre. Zudem wäre es weitaus naheliegender gewesen, die ungarischen Behörden von der Bedrohung in Kenntnis zu setzen und um entsprechenden Schutz zu ersuchen (insofern geht auch das Beschwerdevorbringen einer allfälligen Verletzung der Art 2 und/oder 3 EMRK ins Leere). Auch aus diesen Unstimmigkeiten ist klar zu erkennen, dass der Bf nicht gewillt ist, im fremdenrechtlichen Verfahren wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Daraus wiederum ist abzuleiten, dass der Bf auch nicht bereit ist, sich den Rechtsordnungen seiner Gastländer unterzuordnen und er die Absicht hegt, solange fremdenrechtliche Vorschriften zu verletzen, bis sich seine Aufenthaltsvorstellungen verwirklicht haben.

 

Der Umstand, dass der Bf im Bundesgebiet über keinen Wohnsitz und keine familiären bzw sozialen Kontakte verfügt, rundet, ebenso wie dessen Mittellosigkeit, das Gesamtbild ab. Er ist als völlig ungebunden und – wie er schon in der Vergangenheit gezeigt hat – auch als äußerst flexibel in seiner Lebensführung anzusehen. Gründe, die ihn dazu animieren könnten, sich den österreichischen Behörden zur Verfügung zu halten, sind somit für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht ersichtlich.

 

3.4.3. Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente – von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – ab dem Zeitpunkt, in dem er über die beabsichtigte Abschiebung nach Ungarn informiert wurde, fraglos dem Zugriff der Behörde entzogen haben würde.

 

3.5. Vor dem Hintergrund des oben erzielten Ergebnisses scheidet auch die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, zumal der Bf schon in der Vergangenheit bewies, dass er nicht bereit ist, behördlichen Anordnungen zu entsprechen. Wenn der Bf in seiner Beschwerdeschrift vorbringt, die belangte Behörde habe die Anwendung gelinderer Mittel nicht geprüft, so ist er auf Seite 20 des angefochtenen Bescheides zu verweisen, wo ausführlich diesbezügliche Erwägungen angestellt wurden, die vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich auch geteilt werden.

 

3.6. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf über keine familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt und sämtliche Familienmitglieder – nach eigenen Angaben des Bf – in Pakistan aufhältig sind.

 

3.7.1. Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs 3 und 4 vorliegt.

 

3.7.2. Der Bf wird gegenwärtig seit 7 Tagen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch beträchtliche Zeit andauern werde, zumal die für eine Außerlandesbringung des Bf getroffenen Maßnahmen durch die belangte Behörde offenbar konsequent verfolgt werden.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Ausweisung und Abschiebung nach Ungarn, ist zum Entscheidungszeitpunkt vermutlich absolut zeitnah erreichbar. Umstände, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung des Bf sprechen würden, sind aktuell keine bekannt. So ist auch zu erwarten, dass Ungarn – Konsultationen wurden bereits am 13. Mai 2013 aufgenommen – der Rückführung im Rahmen des Dublinverfahrens nicht entgegentreten wird.

 

3.8. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

3.9. Hinsichtlich der in der Beschwerde geltend gemachten Bedenken im Hinblick auf die RL 2008/115/EG ist festzuhalten:

 

Richtig ist, dass nach dem die Haft für Zwecke der Abschiebung behandelnden Art 15 Abs 2 der Rückführungsrichtlinie im Fall der Inhaftnahme durch eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich eine gerichtliche Überprüfung vorgesehen wird. Dabei ist aber entgegen der Beschwerdedarstellung nicht bloß auf die amtswegige Überprüfung der Schubhaft nach vier Monaten abzustellen. Die RL überlässt es vielmehr dem Mitgliedstaat, die Rechtmäßigkeit entweder nach Haftbeginn innerhalb kurzer Frist gerichtlich überprüfen zu lassen (Abs 2 lit a) oder dem Drittstaatsangehörigen das Recht einzuräumen, einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der Haft innerhalb kurzer Frist zu stellen, worüber er auch zu belehren ist (Abs 2 lit b).

 

Die Regelung der §§ 82 f FPG mit dem Recht, die Prüfung der Schubhaft durch den unabhängigen Verwaltungssenat jederzeit zu beantragen, und die Entscheidungspflicht binnen einer Woche bei aufrechter Anhaltung, entspricht daher den Vorgaben der Richtlinie. Eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung hat der Schubhaftbescheid in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten (vgl § 76 Abs. 3 FPG). Die behauptete Verletzung der Rückführungsrichtlinie ist demnach unzutreffend.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs 1, Abs 3 und Abs 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 76 (2) Z2 FPG; Schubhaft

 

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