Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-523407/9/Ki/CG

Linz, 23.05.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn x, x x, xstraße x/x/x, vom 4. Februar 2013, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion OÖ. (Polizeikommissariat Steyr) vom 1. Februar 2013, FE 32/2013, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4. April 2013, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 FSG iVm §§ 64 Abs.2 und 66 Abs.4 AVG  

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid vom 1. Februar 2013, FE 32/2013, hat die Landespolizeidirektion OÖ. (Polizeikommissariat Steyr) dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A2, A, B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung – jedenfalls aber bis zur behördlichen Feststellung der Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung – gerechnet ab dem Tag der Verkündung des Bescheides entzogen und überdies einer Berufung die aufschiebende Wirkung versagt. Die belangte Behörde legt der Begründung des Bescheides ein amtsärztliches Gutachten vom 15. Jänner 2013 sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme vom 9. Jänner 2013 zu Grunde.

 

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 4. Februar 2013. Im Wesentlichen führt der Berufungswerber aus, er sei körperlich und geistig voll fit und würde seine Arbeiten immer zur vollsten Zufriedenheit seines Chefs bzw. der jeweiligen Firmen ausführen. Der Besitz des Führerscheins sei für ihn wichtig, da er ein wesentlicher Bestandteil seiner Arbeit sei. Er trinke seit Mitte Jänner keinen Alkohol mehr und so werde es auch 100 %ig bleiben. Weiters ersuchte er um Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

 

2.1. Die Landespolizeidirektion OÖ. (Polizeikommissariat Steyr) hat die Berufung samt Verfahrensakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 26. Februar 2013 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das lt. Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der belangten Behörde eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4. April 2013. Weiters wurde eine weitere verkehrspsychologische Stellungnahme hinsichtlich des Berufungswerbers veranlasst.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

In einem amtsärztlichen Gutachten des Polizeiarztes (polizeiärztlicher Dienst der Landespolizeidirektion OÖ.) vom 15. Jänner 2013 stellte die Gutachterin fest, dass bei Herrn Stockinger lt. VPU in mehreren Teilbereichen eine nicht ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit bestehe. Sein Trinkverhalten werde häufig mit Trinkanlässen gerechtfertigt. Er zeige eine Neigung der Alkoholtrinkgewohnheiten durch gesellschaftliche Alkoholtrinknormen zu rechtfertigen. Die Explorationsdaten sprechen für eine pathologisch erhöhte Alkoholtoleranz. Die Einhaltung einer Alkoholabstinenz sei zu empfehlen. Lt. Test fehle ein Problembewusstsein bezüglich seines Umgangs mit dem Alkohol und dem Straßenverkehr. Eine psychologische Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei derzeit nicht ausreichend gegeben. Da lt. VPU eine eindeutige derzeitige Nichteignung erklärt werde, sei aus amtsärztlicher Sicht vorerst eine Nichteignung auf ein halbes Jahr mit Vorlage von vierteljährlichen alkoholrelevanten Laborparameter (GGT, GPT, GOT, CD-Tect und MCV) und einer neuerlichen VPU angezeigt.

 

Die dem amtsärztlichen Gutachten zu Grunde liegende verkehrspsychologische Stellungnahme vom 9. Jänner 2013 basiert auf einer Untersuchung des Rechtsmittelwerbers am 18. Dezember 2012. In diesem Gutachten wird resümierend festgehalten, dass aus verkehrspsychologischer Sicht Herr x zum Lenken von Kraftfahrzeugen derzeit nicht geeignet sei.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung am 4. April 2013 erklärte sich der Rechtsmittelwerber bereit, sich einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen und es wurde dem Berufungswerber eine Zuweisung zu einer weiteren verkehrspsychologischen Untersuchung überreicht.

 

Die neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung fand am 6. April 2013 statt, im Gutachten der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle "alles-führerschein" wurde jedoch der Berufungswerber wiederum aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B als derzeit nicht geeignet befunden.

 

Nach entsprechender Befundaufnahme führte die Verkehrspsychologin nachstehendes zusammenfassend aus:

 

"Kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit

Bei den erhobenen kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zeigt sich ein lediglich teilweise negatives Ergebnis im Bereich der reaktiven Belastbarkeit (DT), wo trotz einer erhöhten Anzahl falscher Reaktionen die Leistung insgesamt aufgrund der durchschnittlichen Mengenleistung als noch ausreichend zu bewerten ist. Ebenso ist die Gesamtleistung im Bereich der Sensomotorik (2Hand) als knapp ausreichend zu beurteilen, nachdem bei einem leicht herabgesetzten Arbeitstempo eine durchschnittliche Genauigkeit der Muskel­koordination ausgewiesen ist.

 

Hinreichende Ergebnisse zeigen sich in allen übrigen Leistungsbereichen der visuellen Orientierung, der visuellen Auffassungsfähigkeit, der Reaktionssicherheit sowie des Konzentrationsvermögens.

 

Im Bereich der intellektuellen Begabung erweist sich die Leistung hinsichtlich des abstrakt-logischen Denkvermögens als herabgesetzt. Die kurzfristige Gedächtnisleistung hingegen liegt im alterstypischen Durchschnittsbereich.

Insgesamt ist die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit derzeit somit im Sinne der Fragestellung ausreichend gegeben.

 

Bereitschaft zur Verkehrsanpassung

Da innerhalb des Verfahrens zur Erfassung verkehrsrelevanter Persönlichkeitseigenschaften (IVPE) zu geringe Offenheitswerte vorliegen und daher eine ausgeprägte Tendenz besteht, sozial erwünscht zu antworten, ist von einer Interpretation der einzelnen Skalenbereiche Abstand zu nehmen. Ebenso kann ein weiteres Verfahren zur Erfassung von aggressivem Verhalten im Straßenverkehr (AVIS) aus zuvor erwähnten Gründen nicht interpretiert werden. Aufgrund der Angaben im Zuge des Explorationsgesprächs ist jedoch weder eine erhöhte Aggressionsneigung im Straßenverkehr noch ein auffälliger emotionaler Bezug zum Autofahren erkennbar. Ebenso ist innerhalb eines Verfahrens zur Bestimmung des subjektiv akzeptierten Risikoniveaus in Verkehrssituationen (WRBTV) keine erhöhte Risikobereitschaft ableitbar. Die innerhalb des Fragebogens zur Erfassung des funktionalen Trinkens (FFT) ausgewiesenen Werte lassen keine Hinweise auf eine Tendenz zu einem funktionalen Einsatz des Alkoholkonsums schließen.

 

Explorativ ist jedoch eine auffällige Verkehrsvorgeschichte in Form eines gesetzten Alkoholdelikts und eines damit in Zusammenhang stehenden Verkehrsunfalls fassbar, was neben einer unzureichenden Verhaltenskontrolle nach erfolgtem Alkoholkonsum auf eine verminderte Normorientierung sowie erhöhte Risikobereitschaft schließen lässt. Besonders problematisch erscheint dabei die deutlich gewordene erhöhte Alkoholtoleranz. Da die im Rahmen des Alkoholdelikts erreichte Alkoholisierung von 1,64 Promille BAK mit gesellschaftlich üblichen Trinkmengen nicht zu erreichen ist, ist beim Untersuchten von einem deutlich erhöhten Alkoholkonsum in der Vergangenheit, was durch die während des Explorationsgesprächs getätigten Angaben des Untersuchten Bestätigung findet, sowie von einer deutlich erhöhten Alkoholtoleranz auszugehen. Diese findet beispielsweise dadurch Bestätigung, dass sich der Untersuchte beispielsweise am Vorfallstag nach dem Konsum von 8 bis 9 Bier noch fahrtauglich gefühlt habe. Aus verkehrspsychologischer Sicht ergeben sich dadurch gravierende Risikofaktoren für die künftige Verkehrsteilnahme. Durch die erhöhte Alkoholgewöhnung fehlen körperliche Warnsignale für die geltende Promillegrenze. Ein subjektives Trunkenheitsgefühl tritt erst bei hoher Alkoholisierung ein, wenn die willentliche Verhaltenskontrolle bereits deutlich reduziert ist, wodurch die weitere Gefahr besteht, dass auch in diesem Zustand entgegen aller Vorsätze auf das Lenken eines Kfz nicht verzichtet wird.

 

Wenngleich der Untersuchte eine Änderung seiner Trinkgewohnheiten einleitete und eine derzeit bestehende Alkoholabstinenz zum Ausdruck bringt, ist bei Würdigung der Vorgeschichte zur Senkung der deutlich gewordenen Alkoholtoleranz eine strikte, zumindest 6-monatige Alkoholabstinenz zu fordern. Da sich der Untersuchte erst seit Mitte Jänner 2013, also seit 3 Monaten, vom Alkoholkonsum lossagte, werden die zu fordernden Voraussetzungen trotz der beschriebenen, veränderten Lebensbedingungen derzeit noch nicht erfüllt. Weiters lässt die Tatsache, dass der Untersuchte im Zuge des aktuell gesetzten Alkoholdelikts einen Verkehrsunfall verursachte (vgl. Vorgeschichte) und diesen ausschließlich extern attribuiert, d.h. auf die fehlende Beleuchtung des Mopedfahrers zurückführt, auf ein unzureichendes Problem- und Gefahrenbewusstsein in Bezug auf eine alkoholisierte Verkehrsteilnahme schließen.

 

Eine ausreichend selbstkritische und problembewusste Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten, welche aus psychologischer Sicht die Grundlage für eine entscheidende Einstellungs- und Verhaltensänderung wäre, kann insgesamt derzeit zwar als beginnend, aber als noch nicht in ausreichendem Maß erfolgt, angenommen werden. Zudem ist angesichts der deutlich erhöhten Alkoholtoleranz einer zumindest 6monatige Alkoholabstinenz zu fordern.

 

Konsequenterweise ist unter den aktuell gegebenen Umständen die Wahrscheinlichkeit für weitere Auffälligkeiten im Straßenverkehr aus derzeitiger Sicht noch erhöht.

 

Eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung kann derzeit daher nicht abgeleitet werden."

 

Die verkehrspsychologische Stellungnahme wurde dem Rechtsmittelwerber im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben vom 2. Mai 2013 zur Kenntnis gebracht, dies mit der Einladung, binnen zwei Wochen ab Zustellung hiezu Stellung zu nehmen. Die Zustellung erfolgte am 6. Mai 2013, bis dato wurde keine Stellungnahme vorgelegt.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass das vorliegende amtsärztliche Gutachten bzw. die verkehrspsychologischen Beurteilungen schlüssig sind und nicht den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen widersprechen. Die Amtsärztin legte ihrer Entscheidung ursprünglich das verkehrspsychologische Gutachten des Institutes für Nachschulung und Fahrer–Rehabilitation vom 9. Jänner 2013 zu Grunde. Ein weiteres verkehrspsychologisches Gutachten ergab ebenfalls ein negatives Urteil. Es bestehen sohin keine Bedenken, diese Gutachten der Berufungsentscheidung zu Grunde zu legen.

 

3.1. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z.2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z.3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit zwar ausreichend gegeben ist, jedoch eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht abgeleitet werden kann. Somit ist die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derzeit nicht gegeben.

 

Im Interesse der Verkehrssicherheit hat daher die belangte Behörde zu Recht mangels Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen.

 

3.2. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Diesbezüglich wird festgestellt, dass Kraftfahrzeuglenker, welche die im FSG festgelegten Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung bzw. deren Erhalt nicht erfüllen, eine Gefährdung der öffentlichen Verkehrssicherheit darstellen würden, sodass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Sinne des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten war.

 

4.            Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Rechtsmittelwerber durch die Entziehung der Lenkberechtigung sowie weiters durch den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung nicht in seinen Rechten verletzt wurde. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Mag.  Alfred  K i s c h

 

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum