Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730725/7/BP/WU

Linz, 21.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, StA des Iran, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 31. Jänner 2013, GZ.: Sich40-388/2-2012, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines auf 5 Jahre befristeten Einreiseverbots gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2013, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 30 Monate herabgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 31. Jänner 2013, GZ.: Sich40-388/2-2012, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung und ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum ausgesprochen.

 

Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt ua. aus, dass der Bw nach erfolgter unrechtmäßiger Einreise am 19. Jänner 2009 noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Während dieses Asylverfahrens habe der Bw ein Aufenthaltsrecht nach den asylrechtlichen Bestimmungen genossen. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 4. Juli 2012 sei der Antrag des Bw abgewiesen worden. Ein subsidiärer Schutz sei nicht erteilt worden und es sei entschieden worden, dass eine Ausweisung zulässig sei. Mit diesem Erkenntnis habe das Aufenthaltsrecht des Bw geendet. Der Verpflichtung, Österreich zu verlassen, sei der Bw nicht nachgekommen, sondern sei er in der Betreuungsstelle X verblieben.

Diese Betreuungsstelle habe der belangten Behörde am 2. Dezember 2012 mitgeteilt, dass der Bw ohne Hinterlassung einer Adresse die Betreuungsstelle verlassen habe. Am 5. Dezember 2012 sei er wieder in dieser Einrichtung erschienen, jedoch sei die Grundversorgung des Bundes beendigt worden. Der Bw könne demnach dort nicht mehr aufhältig sein, es werde keinerlei Versorgung geleistet und es sei auch mit Beendigung der Grundversorgung keinerlei Versicherungsschutz mehr gegeben.

Aufgrund dieses Sachverhaltes und vor allem aufgrund der eingetretenen Obdachlosigkeit sei der Bw von der belangten Behörde in Schubhaft genommen worden, welche zwischenzeitlich in die fremdenrechtliche Maßnahme des gelinderen Mittels abgeändert worden sei.

 

In der Folge sei aufgrund des Fehlens der Mittel zum Lebensunterhalt und eines umfassenden Unfall- und Krankenversicherungsschutzes sowie des beständigen unrechtmäßigen Verbleibes des Bw im Bundesgebiet das gegenständliche Verfahren eingeleitet worden.

 

Ein Verständigungsschreiben sei dem Bw am 6. Dezember 2012 im PAZ persönlich ausgefolgt worden. Der Bw habe die Möglichkeit erhalten, sich innerhalb von zwei Wochen zur geplanten fremdengesetzlichen Maßnahme zu äußern. Laut Abrechnung der Rechtsberatungseinrichtung sei mit dem Bw am 12. Dezember 2012 hinsichtlich dieses Verfahrens ein Gespräch geführt worden. Eine Stellungnahme sei bis heute nicht eingebracht worden.

 

Fest stehe und sei auch vom Bw zu keinem Zeitpunkt widersprochen worden, dass der derzeitige Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet unrechtmäßig sei.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde Folgendes aus:

Fest steht und ist auch von ihnen zu keinem Zeitpunkt widersprochen worden, dass ihr derzeitiger Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig ist. Das beantragte Asylverfahren ist wie bereits ausgeführt rechtskräftig negativ beendet worden, eine Ausweisung wurde für zulässig erklärt und auch ausgesprochen. Irgendwelches alternatives Aufenthaltsrecht zu jenem das Ihnen nach dem Asylgesetz bis zur rechtskräftigen negativen Asylentscheidung zugestanden ist, können Sie nicht vorweisen.

Die Grundlage zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist deshalb gegeben.

 

In der des weiteren zu treffenden Beurteilung Ihres Privat- oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ist folgendes zu berücksichtigen.

 

(...)

 

Dazu ist auszuführen, dass in Ihrem Fall der erstinstanzliche negative Asylbescheid am 3.11.2009 ergangen ist und Sie sich seither Ihres unsicheren Aufenthaltsstandes bewusst sein mussten.

Sämtliche ins Treffen zu führende integrationsbegründende Umstände haben Sie demnach während des unsicheren Aufenthaltsstatus Ihres Asylverfahrens erworben, welche dadurch in ihrem Gewicht relativiert werden mussten (vgl. etwa Erkenntnis vom 08.11.2006, Zahl 2006/18/0344 sowie Zahl 2006/18/0226 ua.).

 

(...)

 

Der Eingriff (Rückkehrentscheidung oder Ausweisung) muss ferner einen oder mehrere der in Art. 8 Abs. 2 EMRK taxativ aufgezählten öffentlichen Interessen (öffentlichen, legitimen Zielen) dienen. Auch diese Voraussetzung kann insofern bejaht werden, als der VwGH in ständiger Judikatur der Bedeutung eines geordneten Fremdenwesens und hier wiederum der Verhinderung des illegalen Aufenthaltes von Fremden sehr große Bedeutung beimisst.

 

(...)

 

Zusammenfassend ist diesbezüglich festzuhalten, dass Sie sich zwar bereits seit ca. 4 Jahren durchgehend im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalten, von einer bedeutenden Verfestigung im Bundesgebiet der Republik Österreich aber nicht auszugehen ist.

Besondere Integrationsschritte im Sinne des Art.8 EMRK sind mit Ausnahme des 4-jährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet keinesfalls erkennbar und auch von Ihnen nicht geltend gemacht worden. Im übrigen kann auch auf die im Asylverfahren getroffene Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit einer Ausweisung verwiesen werden. Auch dort konnten keine ausreichenden Gründe im Sinne des Art.8 EMRK festgestellt werden, welche gegen eine Ausweisung sprechen würden. Die Rückkehrentscheidung wird daher für zulässig erkannt.

 

Hinsichtlich des Einreiseverbotes ist auszuführen, dass auch dem Vorwurf des Fehlens Ihrer Mittel zum Lebensunterhalt von ihnen selbst nicht widersprochen wurde. Sie verfügen über keine Mittel, welche Ihren Unterhalt sichern könnten. Es ist auch weiterhin gegeben, dass Sie über kei­nen Unfall- und Krankenvorsorgeschutz verfügen.

Eine rechtmäßige Einreise zur Arbeitsaufnahme liegt in Ihrem Fall nicht vor. Darüber hinaus wird angemerkt, dass die Behörde zur Zeit ein Strafverfahren gegen Sie wegen des bereits vorgeworfenen unrechtmäßigen Aufenthalts führt. Dieses ist jedoch noch nicht rechts­kräftig abgeschlossen, weshalb es auch nicht als Grundlage für dieses Einreiseverbot heran gezo­gen wird. Das Vergehen selbst aber doch eine Rolle in der Beurteilung der Gefahr der Störung der öffentlichen Ordnung spielt.

 

Betreffend der Dauer dieses Verbotes wird ausgeführt, dass dieses in diesem Ausmaß ausgespro­chen werden musste, weil erst nach Ablauf dieser Frist und bei weiterem Wohlverhalten davon ausgegangen werden kann, dass das Erfordernis des Schutzes der öffentlichen Interessen an Si­cherheit und Ordnung vor einem Aufenthalt von Ihnen im Bundesgebiet weggefallen ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw mit Schreiben vom 19. Februar 2013 rechtzeitig Berufung.

 

Begründend führt der Bw Folgendes aus:

 

Die belangte Behörde hat die Intensität meines Privat- und Familienlebens nicht entsprechend berücksichtigt und ist - ohne näher dazu zu ermitteln - pauschal davon ausgegangen, dass von einer bedeutenden Verfestigung im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht auszugehen ist.

 

Richtig ist, dass ich mich seit Dezember 2009, somit seit nicht ganz dreieinhalb Jahren in Österreich aufhalte.

 

Ich spreche die deutsche Sprache bereits so gut, dass eine Verständigung im Alltag problemlos möglich ist Schon vor etwa zwei Jahren habe ich meines Wissens nach einen A2-Deutschkurs absolviert, inzwischen sind meine Kenntnisse aber als weit besser (" einzuschätzen, zumindest was die mündliche Kommunikation betrifft Ich beherrsche die Sprache jedenfalls gut genug, um ohne Probleme einem Beruf in Österreich nachgehen zu können. Ich kann deutsch außerdem gut lesen und auch schreiben.

 

Ich habe auch bereits in der Vergangenheit gearbeitet, indem ich selbstständig tätig war (siehe dazu die Schreiben von SVA und WKO im Anhang). Ich hatte einen Kleinstransporter und für verschiedene Unternehmen, etwa X, X oder X in X Post zugestellt und außerdem auch als Pizzalieferant im X Raum gearbeitet. Diese Tätigkeit verübte ich von Oktober 2010 bis zu meiner ersten Inschubhaftnahme Anfang 2012. Schon die Tatsache, dass ich diese Tätigkeiten verüben konnte, zeigt, dass ich über ausreichende Sprachkenntnisse schon damals verfügt habe. Außerdem verdeutlicht dieser Umstand, dass ich durchaus in der Lage bin, mich hier in Österreich selbst zu versorgen, dem Staat also nicht zur Last fallen würde.

Strafrechtlich bin ich unbescholten.

 

In der Zeit meines Aufenthalts habe ich viele Freunde und Bekannte kennen gelernt. Vor allem in meiner Kirchengemeinde habe ich Kontakte geknüpft, denn seit meiner Taufe am 22.02.2009 besuche ich dort regelmäßig die Gottesdienste. Ich werde mich darum, bemühen entsprechende Unterstützungserklärungen nachzuliefern - wegen der knapp bemessenen Zeit war es mir leider nicht möglich.

 

In einem Verein war ich nicht tätig, allerdings habe ich in X off mit Einheimischen Fußball gespielt, konnte jedoch in den Verein nicht aufgenommen werden, weil ich dazu einen Ausweis gebraucht hätte, über den ich nicht verfügte. Ich spiele aber nach wie vor gerne Fußball und würde mich im Fall einer positiven Entscheidung auch darum bemühen, dieses Hobby in Vereinen oder ähnlichen Verbänden weiter zu verfolgen.

 

Meine Integration und gleichzeitig meine Entfremdung von meinem Herkunftsstaat wird außerdem deutlich durch die erfolgte Taufe und meine Distanzierung von der Religion meiner Heimat,

 

Die Ansicht der Behörde, dass ich im Fall einer positiven Entscheidung nicht in der Lage wäre die Mittel für meinen Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften, entspricht somit nicht den Tatsachen. Ein weiteres Indiz, dafür ist neben den obigen Ausführungen die Tatsache, dass ich über einen österreichischen Führerschein verfüge und mir alleine schon dadurch etliche Tätigkeitsmöglichkeiten offen stehen.

 

Im Rahmen einer Interessensabwägung ist somit festzuhalten, dass meine privaten Interessen gem. Art. 8 EMRK etwaigen öffentlichen Interessen an meiner Ausweisung klar überwiegen, da meine lange Aufenthaltsdauer) meine sprachliche und berufliche Integration sowie mein weitreichendes Bekannten- und Freundesnetz hier mit zu berücksichtigen sind. Die alleinige Tatsache, dass mir mein Aufenthalt angeblich stets als unsicher bewusst sein musste, kann das nicht aufwiegen. Als vom Islam konvertierter Christ, dem im Islam strafrechtliche Verfolgung erheblichen Ausmaßes drohen würde, war mir auch nie bewusst, dass über mein Asylverfahren tatsächlich negativ entschieden werden würde.

 

Das von der BH Perg erlassene Einreiseverbot ist daher in Gesamtschau aller Umstände jedenfalls unzulässig.

 

Sollte die belangte Behörde jedoch zu der Ansicht gelangen, dass trotz der vorzunehmenden Interessensabwägung ein Einreiseverbot gerechtfertigt ist, so ist zu betonen, dass eine Dauer von fünf Jahren angesichts der erfolgten Integration und der strafrechtlichen Unbescholtenheit jedenfalls unverhältnismäßig ist.

 

Der Berufung beigelegt sind ein Meldezettel, jeweils eine Kopie der e-Card und des Führerscheins des Bw, eine Urkunde über die Wassertaufe des Bw, ein Schreiben der SVA vom 7. Oktober 2010 und ein Schreiben der WKO X vom 26. Oktober 2010.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 25. Februar 2013 der Landespolizeidirektion Oberösterreich vor. Diese leitete mit Schreiben vom 17. April 2013 den Verwaltungsakt gem. § 6 AVG an den UVS des Landes Oberösterreich weiter.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Zusätzlich wurde am 17. Mai 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem UVS des Landes Oberösterreich anberaumt und durchgeführt. Dieser blieb der Bw allerdings unentschuldigt fern.

 

2.2.2. Im Rahmen der Verhandlung legte der Vertreter der belangten Behörde ein gegen den Bw mit 12. Februar 2013 rechtskräftig erlassenes Straferkenntnis gemäß § 120 Abs. 1a FPG in Kopie vor.

 

Weiters ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus der Fremdeninformation, dass der Bw bereits im Mai 2011 bzw. auch im Dezember 2011 in Asylverfahren rechtskräftig negativ beschieden und aus dem Bundesgebiet gemäß § 10 AsylG ausgewiesen worden war. 

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung zunächst von dem unter den Punkten 1.1., 1.2. und 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten unwidersprochen gebliebenen Sachverhalt aus. Insbesondere ist festzustellen, dass die vom Bw bislang vorgebrachten Integrationsschritte als glaubwürdig eingestuft werden. Im Gegenzug ist aber auch klar hervorgegangen, dass der Bw fremdenpolizeiliche Gegebenheiten beharrlich ignoriert.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 22/2013, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er aktuell über keinen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügt. Es sind die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 FPG somit grundsätzlich gegeben.

 

Es ist jedoch bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung bzw. des Einreiseverbotes auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.2.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.2.3.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen.

 

3.2.3.2. Im Fall des Bw ist von der fremdenpolizeilichen Maßnahme  lediglich das Privatleben betroffen, zumal er im Bundesgebiet weder verheiratet ist noch mit  Angehörigen im selben Haushalt lebt und zudem über keine Sorgepflichten verfügt.

 

3.2.3.3. Die Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet beträgt gut 4 Jahre, wobei ein gewisser Teil davon durch den zeitweiligen Status des Asylwerbers als rechtmäßig anzusehen war. Seit knapp einem Jahr ist der Bw allerdings ununterbrochen illegal aufhältig.

 

3.2.3.4. Hinsichtlich der beruflichen Integration des Bw ist anzumerken, dass diese allenfalls in der Vergangenheit (aufgrund seiner Angaben über seine selbständige Tätigkeit in den Jahren 2010 / 2011) als bedingt gegeben anzusehen ist. Aktuell kann wohl nicht von Selbsterhaltungsfähigkeit gesprochen werden.

 

In sozialer Hinsicht sind dem Bw zwar durchaus gewisse Elemente zuzubilligen; er verfügt – nach eigenen Angaben - über Deutschsprachkenntnisse, einen Freundeskreis und gibt an, in seiner Kirchengemeinschaft integriert zu sein; allein als sozial verfestigt kann die Integration angesichts des relativ kurzen Zeitraums von 4 Jahren nicht angesehen werden.

 

 

3.2.3.5. Das Privatleben des Bw erscheint im Bundesgebiet nicht als besonders schützenswert. Im vollen Wissen seines unsicheren bzw. illegalen Aufenthalts verweigert er auch jegliche Kooperation mit den Behörden, was auch durch den Umstand verdeutlicht wird, dass der Bw der vom UVS anberaumten Verhandlung ohne Entschuldigung bzw. ohne jegliche Kontaktaufnahme fernblieb. Ein während solcher Art entwickeltes Privatleben ist sohin nicht besonders zu berücksichtigen.

 

Der Bw verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat, wo er fraglos als kulturell und sozial integriert gelten kann. Der Ansicht, eine Rückkehr sei ihm aufgrund der Wassertaufe nicht möglich bzw. zumutbar, war schon der Asylgerichtshof nicht gefolgt. Die Rückkehr scheint dem Bw also durchaus zumutbar.

 

3.2.3.6. Strafrechtlich ist der Bw unbescholten. Auch rechtskräftige verwaltungsrechtliche Verurteilungen sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Besondere Verzögerung in behördlichen Verfahren sind nicht hervorgekommen. Das Privatleben des Bw entstand jedoch weitgehend während unsicheren aufenthaltsrechtlichen Status, zumal er seit der erstinstanzlichen negativen Entscheidung im Asylverfahren, die schon frühzeitig erfolgt war, Zweifel am Erfolg seines Asylbegehrens hätte haben müssen.

 

3.2.3.7. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und zum Schutz der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenrechts im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den persönlichen Interessen des Bw gegeben werden muss; insbesondere, da letztere überdies nicht in erheblicher Weise vorliegen, verlagert sich das Hauptgewicht auf den Schutz der öffentlichen Interessen.

 

Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.3.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

3.3.2.1. Mit einer Rückkehrentscheidung ist also gemäß § 53 Abs. 1 FPG gleichzeitig ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bemessung dessen Dauer hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 in der Dauer von 18 Monaten für bis zu höchstens 5 Jahre zu erlassen, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorausgesetzt.

 

Als Fiktion dieser Umstände wird in Z. 6 dieser Bestimmung ua. die Mittellosigkeit eines Drittstaatsangehörigen genannt, es sei denn er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

 

3.3.2.2. Vorab sei angemerkt, dass der Bw weder rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme ins Bundesgebiet eingereist noch im letzten Jahr mehr als 6 Monate einer legalen Beschäftigung nachgegangen war. Mangels anderweitiger Beweisvorbringen von Seiten des Bw hatte der UVS den Feststellungen der belangten Behörde zu folgen, zumal sich auch aus der Aktenlage kein dem entgegenstehendes Bild ergab.

 

Es ist also von der in § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG angesprochenen Mittellosigkeit auszugehen.

 

3.3.2.3. Die Berücksichtigung einer mutmaßlichen aber noch nicht rechtskräftigen Verwaltungsübertretung wegen illegalen Aufenthalts (zum Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde) ist im Sinne des § 53 Abs. 2 Z. 3 FPG wohl nicht angezeigt.

 

Nunmehr verhält sich der Sachverhalt jedoch anders, zumal gegen den Bw mit Wirkung 12. Februar 2013 ein Straferkenntnis der belangten Behörde wegen einer Verletzung des § 120 Abs. 1a FPG in Rechtskraft erwuchs. 

 

Es ist nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des UVS des Landes Oberösterreich in einer Zusammenschau der konkreten Umstände die Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet klar zu bejahen.

 

3.4. Im Lichte der eben getroffenen Feststellungen scheint die Festsetzung der fünfjährigen Dauer des Einreiseverbotes für den gesamten Schengenraum allerdings eindeutig als zu hoch bemessen. Im Lichte einer Verhältnismäßigkeitsprüfung werden 30 Monate den konkreten Umständen des Falles gerecht. Aufgrund seines beharrlichen ignoranten Verhaltens den österreichischen Rechtsnormen gegenüber ist dieser Zeitraum aber unbedingt erforderlich.

 

3.5.1. Es war daher im Ergebnis der Berufung mit der Maßgabe stattzugeben, als die Dauer des verhängten Einreiseverbotes auf 30 Monate herabzusetzen und im Übrigen der angefochtene Bescheid zu bestätigen war.

 

3.5.2. Nachdem der Bw angibt, über ausreichende Deutsch-Sprachkenntnisse zu verfügen, konnte gemäß § 59 Abs. 1 FPG auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides verzichtet werden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 37,70 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

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